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Wird in einem Kaufvertrag über einen Gebrauchtwagen bezüglich eines Vorschadens des Fahrzeugs explizit auf einen – als „Gebrauchtwagen-Gutachten” bezeichneten und dem Käufer zur Kenntnis gebrachten – „Gebrauchtwagen-Check“ verwiesen, dem das Fahrzeug wenige Monate vor dem Verkauf unterzogen wurde, so liegt darin eine jedenfalls konkludente Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) des Inhalts, dass das Fahrzeug den im „Gebrauchtwagen-Gutachten” näher beschriebenen Vorschaden und darüber hinaus keine (nennenswerten) Vorschäden aufweise.
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Gibt in einem solchen Fall der „Gebrauchtwagen-Check“ die Beschaffenheit des Fahrzeugs nicht zutreffend wieder, liegt ein Mangel im Sinne des § 434 I 1 BGB vor und kann sich der Verkäufer nicht mit Erfolg auf einen – an sich wirksamen – pauschalen Gewährleistungsausschluss berufen. Denn ein solcher Gewährleistungsausschluss gilt nicht für einen Mangel, der darin besteht, dass dem Fahrzeug eine vereinbarte Beschaffenheit fehlt, sondern nur für Mängel i. S. von § 434 I 2 BGB (im Anschluss an BGH, Urt. v. 27.09.2017 – VIII ZR 271/16, juris Rn. 23 m. w. Nachw.).
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Hat aber der Käufer trotz eines an sich wirksamen Gewährleistungsausschlusses Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer, ist ihm mangels Schutzbedürftigkeit derjenige, der den „Gebrauchtwagen-Check“ durchgeführt hat, nicht nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zum Schadensersatz verpflichtet.
OLG Brandenburg, Urteil vom 01.06.2021 – 6 U 90/19
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Zur Frage, wann der Käufer eines Pkw aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls erwarten darf, dass das als „Vorführwagen“ angebotene Fahrzeug ein bestimmtes Alter nicht überschreitet.
OLG Nürnberg, Urteil vom 25.05.2021 – 3 U 3615/20
(vorangehend: LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 15.10.2020 – 7 O 206/20)
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- Dass beide Parteien eines Kaufvertrags (hier: über eine gebrauchte Motoryacht) von einem sehr guten Wartungszustand der Kaufsache ausgehen, begründet jedenfalls dann keine entsprechende Beschaffenheitsvereinbarung i. S. von § 434 I 1 BGB, wenn der Verkäufer dem Käufer – hier: durch Übergabe der Rechnungen – offenlegt, welche Wartungsarbeiten in der Vergangenheit im Einzelnen durchgeführt worden sind, und keine Partei beurteilen kann, ob in Gestalt dieser Wartungsarbeiten alles Erforderliche unternommen worden ist und sämtliche Wartungsintervalle eingehalten worden sind. Denn in einem solchen Fall will der Verkäufer ersichtlich nicht dafür einstehen, dass alle jeweils erforderlichen Wartungsarbeiten ordnungsgemäß durchgeführt worden sind.
- Ein neben einer Beschaffenheitsvereinbarung vereinbarter Gewährleistungsausschluss ist dahin auszulegen, dass er nicht für einen Mangel i. S. von § 434 I 1 BGB, sondern nur für Mängel i. S. von § 434 I 2 BGB gelten soll (im Anschluss an BGH, Urt. v. 26.04.2017 – VIII ZR 233/15, NJW 2017, 3292 Rn. 22 m. w. Nachw.). Denn würde sich der Gewährleistungsausschluss auch auf das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit erstrecken, wäre die Beschaffenheitsvereinbarung für den Käufer ohne Sinn und Wert.
LG Flensburg, Urteil vom 30.04.2021 – 2 O 19/20
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- Die Beurteilung, ob die in der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache liegende Pflichtverletzung des Verkäufers unerheblich und deshalb ein Rücktritt vom Kaufvertrag ausgeschlossen ist (§ 323 V 2 BGB), erfordert eine umfassende Interessenabwägung auf Grundlage der Umstände des Einzelfalls, bei der auf den Zeitpunkt der Rücktritterklärung abzustellen ist (im Anschluss u. a. an BGH, Urt. v. 26.10.2016 – VIII ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 27 ff.; Urt. v. 18.10.2017 – VIII ZR 242/16, DAR 2018, 78 Rn. 12; beide m. w. Nachw.). Dabei indiziert ein Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) zwar regelmäßig die Erheblichkeit der Pflichtverletzung (im Anschluss an BGH, Urt. v. 06.02.2013 – VIII ZR 374/11, NJW 2013, 1365 Rn. 16). Diese Indizwirkung kann allerdings durch besondere Umstände ausgeräumt werden, etwa wenn das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit nur mit sehr geringfügigen Beeinträchtigungen verbunden und sie auch unter Berücksichtigung der mit dem Abschluss einer Beschaffenheitsvereinbarung verfolgten Interessen des Käufers als eine unwesentliche Pflichtverletzung einzustufen wäre (im Anschluss an BGH, Urt. v. 11.12.2019 – VIII ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 54).
- Haben die Parteien eines Kfz-Kaufvertrags vereinbart, dass für die mitverkauften Felgen der – bei der Übergabe des Fahrzeugs montierten – Winterräder eine Allgemeine Betriebserlaubnis existiert, so begründet deren Fehlen einen Sachmangel (§ 434 I 1 BGB). Dieser Mangel ist jedoch geringfügig, die in der Lieferung des mangelhaften Fahrzeugs liegende Pflichtverletzung des Verkäufers also unerheblich i. S. von § 323 V 2 BGB, wenn er sowohl dadurch folgenlos beseitigt werden kann, dass der Verkäufer eine – ohne Weiteres zu erlangende – Einzelbetriebserlaubnis nach §§ 21, 22 II 4 StVZO beschafft oder die Felgen durch – für das Fahrzeug zugelassene – gleichartige und gleichwertige Felgen ersetzt, und wenn der mit einer solchen Nacherfüllung verbundene Kostenaufwand einen Betrag von fünf Prozent des Kaufpreises nicht übersteigt.
OLG Stuttgart, Urteil vom 09.02.2021 – 10 U 46/18
(vorangehend: BGH, Urt. v. 11.12.2019 – VIII ZR 361/18)
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Haben die Parteien eines Kaufvertrags über einen hochpreisigen Oldtimer eine Beschaffenheitsvereinbarung des Inhalts getroffen, dass das Fahrzeug über einen matching numbers-Motor verfügt, dann liegt ein erheblicher, den Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigender Mangel (§ 434 I 1 BGB) vor, wenn der Oldtimer tatsächlich nicht mehr mit dem ursprünglich vom Fahrzeughersteller eigebauten Motor ausgestattet ist. Daran ändert nichts, dass die Nummer des Austauschmotors und die Nummer des Originalmotors identisch sind.
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Eine Rücktrittserklärung i. S. von § 349 BGB bedarf zu ihrer Wirksamkeit grundsätzlich nicht der Angabe eines Rücktrittsgrunds.
LG Hamburg, Urteil vom 29.01.2021 – 329 O 59/18
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Der Käufer eines Porsche-Oldtimers, der vom Verkäufer als „unrestauriert“ und „in außergewöhnlich gut erhaltenem Originalzustand“ angepriesen wurde, darf die Angabe des Verkäufers, das Fahrzeug sei in einer „Farbe nach Wahl“ (color to sample) bestellt worden, so verstehen, dass das Fahrzeug nach wie vor die Originallackierung aufweist und dass es sich dabei um eine Sonderlackierung nach Kundenwunsch (paint to sample) handelt. Er muss trotz der Angabe, der Oldtimer sei in einer Sonderfarbe „bestellt“ worden, nicht damit rechnen, dass die Sonderlackierung, die das Fahrzeug bei der Erstauslieferung aufwies, später ersetzt wurde.
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Ein Oldtimer, der als „unrestauriertes“ Fahrzeug in einer „Farbe nach Wahl“ (color to sample), das sich in einem „außergewöhnlich gut erhaltenen Originalzustand“ befinde, angepriesen wurde, ist wegen des Fehlens einer vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 I 1 BGB) mangelhaft, wenn er bei Gefahrübergang nicht mehr die originale Sonderlackierung aufweist. Das gilt auch dann, wenn es sich bei der bei Gefahrübergang vorhandenen Lackierung ebenfalls um eine Sonderlackierung handelt.
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Bei einem Agenturgeschäft kann der den Kfz-Kaufvertrag vermeintlich nur vermittelnde Kraftfahrzeughändler auch dann als Verkäufer des Fahrzeugs anzusehen sein, wenn er im Kaufvertrag als „Verkäufer in Agentur“ bezeichnet und dort der derzeitige Eigentumer des Fahrzeugs benannt wird. Denn rechtlich spricht nichts gegen den Verkauf eines im Eigentum eines Dritten stehenden Fahrzeugs, und zwar erst recht nicht, wenn die Eigentümerstellung des Dritten im Kaufvertrag offengelegt wird und der Dritte den Verkäufer zum Verkauf des Fahrzeugs ermächtigt hat.
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Angaben zur Beschaffenheit der Kaufsache, die der Verkäufer in einer invitatio ad offerendum (hier: in einem Newsletter) macht, sind nicht rechtlich unverbindlich. Sie führen vielmehr zu einer Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB), falls der Verkäufer die Angaben nicht bis zum Abschluss des Kaufvertrags korrigiert.
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Ein pauschaler Gewährleistungsausschluss gilt nicht für einen Mangel i. S. von § 434 I 1 BGB, der darin besteht, dass die Kaufsache bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat (im Anschluss an BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 28 ff.).
LG Köln, Urteil vom 07.01.2021 – 36 O 95/19
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Der Verkäufer eines Gebrauchtwagens handelt schon dann arglistig, wenn er gegenüber dem Käufer ohne tatsächliche Grundlage – „ins Blaue hinein“ – Angaben zur Beschaffenheit des Fahrzeugs (hier: zur Unfallfreiheit) macht und dem Käufer dabei den Eindruck vermittelt, dies geschehe auf der Grundlage verlässlicher Kenntnis. Das arglistige Verhalten liegt in einem solchen Fall darin, dass dem Verkäufer – was ihm bewusst ist – jegliche erforderliche Kenntnis fehlt und er dies dem Käufer verschweigt. Der Verkäufer weiß mit anderen Worten zwar nicht, ob die von ihm behauptete Tatsache (hier: „unfallfrei“) der Wahrheit entspricht; er äußert sich aber, obwohl er seine Unwissenheit kennt, und gibt so zumindest konkludent vor, etwas Substanzielles sagen zu können.
OLG Saarbrücken, Urteil vom 21.10.2020 – 2 U 36/20
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Zwar rechtfertigt die Bezeichnung eines Fahrzeugs als „Vorführwagen“ im Allgemeinen keinen Rückschluss auf das Alter des Fahrzeugs, doch kann ein solcher Rückschluss im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände gerechtfertigt sein (vgl. BGH, Urt. v. 15.09.2010 – VIII ZR 61/09, NJW 2010, 3710 Rn. 17 f.). Umstände, die für ein geringes Alter eines Pkw sprechen, sind insbesondere dessen geringe Laufleistung, die Aktualität des betreffenden Modells und eine nur wenige Monate vor dem Verkauf erfolgte Erstzulassung.
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 15.10.2020 – 7 O 206/20
(nachfolgend: OLG Nürnberg, Urteil vom 25.05.2021 – 3 U 3615/20)
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Bei einem Verbrauchsgüterkauf (§ 474 I BGB) ist gemäß § 475 I BGB jede Vereinbarung unabhängig von ihrer Transparenz unwirksam, die unmittelbar oder mittelbar bewirkt, dass der Käufer das Risiko trägt, dass die Kaufsache an einem verborgenen Mangel leidet. Unwirksam ist deshalb insbesondere eine (negative) Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) des Inhalts, dass die verkaufte Sache „möglicherweise mangelhaft“ ist.
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Die Pflichtverletzung des Verkäufers, die in der Lieferung eines Gebrauchtwagens mit dem unbehebbaren Mangel der Eigenschaft als Unfallwagen liegt, ist i. S. von § 323 V 2 BGB unerheblich und rechtfertigt deshalb keinen Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag, wenn sich der Mangel allein in einem merkantilen Minderwert des Fahrzeugs auswirkt und dieser nicht mehr als fünf Prozent des Kaufpreises beträgt (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VIII ZR 253/05, juris Rn. 22).
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Den Verkäufer eines Gebrauchtwagens trifft zwar ohne Vorliegen besonderer Anhaltspunkte für einen Unfallschaden nicht die Obliegenheit, ein zum Kauf angebotenes Fahrzeug auf Unfallschäden zu untersuchen. Sieht der Verkäufer aber von einer Untersuchung des Fahrzeugs ab, muss er die Begrenztheit seines Kenntnisstands deutlich machen, wenn er die Unfallfreiheit in einer Weise behauptet, die dem Käufer den Eindruck vermitteln kann, dies geschehe auf der Grundlage verlässlicher Kenntnis (im Anschluss an BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 15).
OLG Rostock, Urteil vom 28.08.2020 – 4 U 1/19
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Zur Minderung des Kaufpreises für einen Gebrauchtwagen, der – entgegen einer Beschaffenheitsvereinbarung i. S. von § 434 I 1 BGB („unfallfrei“) – mehrere nicht fachgerecht reparierte Unfallschäden aufweist.
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Ob sich die Angabe eines privaten Gebrauchtwagenverkäufers, das Fahrzeug sei unfallfrei, nur auf seine Besitzzeit bezieht, kann offenbleiben, wenn dem Verkäufer bekannt ist, dass das Fahrzeug vor seiner Besitzzeit einen – über einen bloßen Bagatellschaden hinausgehenden und deshalb dem Käufer zu offenbarenden – Unfallschaden erlitten hat, und er diesen dem Käufer verschweigt. Dann nämlich fällt dem Verkäufer insoweit eine arglistige Täuschung (§ 123 I Fall 1 BGB) zur Last, sodass er sich gemäß § 444 Fall 1 BGB auf einen mit dem Käufer vereinbarten Gewährleistungsausschluss nicht berufen darf.
OLG Koblenz, Urteil vom 27.08.2020 – 2 U 2164/19
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