1. Einem Käufer obliegt es im Rahmen eines Nachbesserungsbegehrens nicht, die genaue Ursache des beanstandeten Mangels zu benennen. Vielmehr genügt es, wenn er die Mangelerscheinung laienhaft beschreibt, also darlegt, in welchen Symptomen sich der Mangel äußert.
  2. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein Mangel unerheblich i. S. des § 323 V 2 BGB ist und den Käufer deshalb nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt, trägt nicht der Käufer, sondern der Verkäufer. Das ergibt sich schon daraus, dass das Gesetz den Ausschluss des Rücktrittsrechts bei einem nur unerheblichen Mangel als Ausnahme formuliert.
  3. Die Beurteilung, ob ein Mangel geringfügig i. S. des § 323 V 2 BGB ist, erfordert eine umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist von einer Geringfügigkeit des Mangels in der Regel nicht mehr auszugehen, wenn bei einem behebbaren Mangel der zur Beseitigung erforderliche Kostenaufwand einen Betrag von fünf Prozent des Kaufpreises übersteigt. Das schließt es allerdings nicht aus, dass unter besonderen Umstände – etwa einer nur sehr geringfügigen Gebrauchsbeeinträchtigung – trotz eines Mangelbeseitigungsaufwands von mehr als fünf Prozent des Kaufpreises der Mangel als unerheblich einzustufen ist. Umgekehrt kann aufgrund besonderer Umstände (z. B. besondere Schwierigkeiten oder Dauer einer erforderlichen Ersatzteilbeschaffung) ein erheblicher Mangel zu bejahen sein, obwohl der Mangelbeseitigungsaufwand unter der Fünf-Prozent-Grenze liegt.
  4. Ob ein Mangel behebbar ist, richtet sich nach den im Zeitpunkt des Rücktritts vorliegenden Erkenntnissen. Deshalb kommt es bei der Beurteilung, ob ein Mangel geringfügig i. S. des § 323 V 2 BGB ist, nicht entscheidend auf die Behebbarkeit an, wenn die Mangelursache im Zeitpunkt des Rücktritts noch ungewiss ist, etwa weil es dem Verkäufer in mehreren Nachbesserungsversuchen nicht gelungen ist, die Mangelursache zu finden und den Mangel zu beseitigen. In einem solchen Fall ist vielmehr auf die Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit abzustellen.
  5. Die Annahme eines nur unerheblichen Mangels verbietet sich bei einer schwerwiegenden und in mehreren Nachbesserungsversuchen nicht behobenen Einschränkung der Verkehrssicherheit.

BGH, Urteil vom 18.10.2017 – VIII ZR 242/16

Sachverhalt: Der Kläger begehrt aus abgetretenem Recht nach erklärtem Rücktritt die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über ein von ihm geleastes Fahrzeug. Seine auf Rückzahlung des Kaufpreises von 60.702,85 € an die Volkswagen Leasing GmbH, Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw, sowie auf Zahlung vorgerichtlicher Kosten gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Das Berufungsurteil führt im Eingang der Urteilsgründe aus, dass es sich um ein gemäß §§ 313a I, 540 II ZPO abgekürztes Urteil handele. Dementsprechend enthält es weder eigene tatsächliche Feststellungen, noch nimmt es auf den Tatbestand der landgerichtlichen Entscheidung Bezug.

Auf die Revision des Klägers, mit der er sein Klagebegehren weiterverfolgte, wurde das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Gerichtskosten für das Revisionsverfahren wurden nicht erhoben.

Aus den Gründen: [2]    Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil ist bereits deshalb aufzuheben, weil es mangels tatsächlicher Feststellungen einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht zugänglich ist.

[3]    I. 1. Nach § 540 I 1 Nr. 1 ZPO kann in einem Berufungsurteil der Tatbestand durch die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil der ersten Instanz, verbunden mit erforderlichen Berichtigungen, Änderungen und Ergänzungen, die sich aus dem Vortrag der Parteien und aus einer etwaigen Bezugnahme auf Schriftsätze vor dem Berufungsgericht ergeben, ersetzt werden.

[4]    Die Einhaltung dieser Voraussetzungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH für den Inhalt eines Berufungsurteils nicht entbehrlich (BGH, Urt. v. 19.07.2017 – VIII ZR 3/17, juris Rn. 7 ff.; Urt. v. 21.09.2016 – VIII ZR 188/15, NJW 2016, 3787 Rn. 5; Urt. v. 29.03.2007 – I ZR 152/04, NJW 2007, 2334 Rn. 5 ff.; Urt. v. 08.02.2006 – XII ZR 57/03, NJW 2006, 1523 Rn. 5 ff.; Urt. v. 10.02.2004 – VI ZR 94/03, BGHZ 158, 60 [61]; jeweils m. w. Nachw.). Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut des Gesetzes, sondern auch und vor allem aus seinem Sinn, trotz der Erleichterungen bei der Abfassung von Berufungsurteilen die revisionsrechtliche Nachprüfung zu ermöglichen. Lässt ein Berufungsgericht die Revision zu oder unterliegt das Berufungsurteil – wie hier – der Nichtzulassungsbeschwerde, müssen sich die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung aus dem Urteil oder – im Falle des § 540 I 2 ZPO – aus dem Sitzungsprotokoll so erschließen, dass eine revisionsrechtliche Nachprüfung möglich ist (vgl. BGH, Urt. v. 10.02.2004 – VI ZR 94/03, BGHZ 158, 60 [62]; Urt. v. 21.09.2016 – VIII ZR 188/15, NJW 2016, 3787 Rn. 5; Urt. v. 21.02.2017 – VI ZR 22/16, VersR 2017, 965 Rn. 6; Urt. v. 19.07.2017 – VIII ZR 3/17, juris Rn. 8). Außerdem muss das Berufungsurteil erkennen lassen, von welchem Sach- und Streitstand das Berufungsgericht ausgegangen ist, und die Anträge, die die Parteien im Berufungsverfahren gestellt haben, müssen zumindest sinngemäß deutlich werden (BGH, Urt. v. 11.08.2010 – XII ZR 102/09, FamRZ 2010, 1637 Rn. 20; Urt. v. 10.11.2011 – III ZR 77/11, WM 2012, 947 Rn. 9; jeweils m. w. Nachw.). Denn es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, den Sachverhalt und das genaue Begehren selbst zu ermitteln, um abschließend beurteilen zu können, ob die Revision begründet ist (BGH, Urt. v. 19.07.2017 – VIII ZR 3/17, juris Rn. 7; Urt. v. 21.02.2017 – VI ZR 22/16, VersR 2017, 965 Rn. 6; Urt. v. 21.09.2016 – VIII ZR 188/15, NJW 2016, 3787 Rn. 5; Urt. v. 05.03.2015 – I ZR 164/13, NJW 2015, 3309 Rn. 7; Urt. v. 29.03.2007 – I ZR 152/04, NJW 2007, 2334 Rn. 5; jeweils m. w. Nachw.).

[5]    2. Die Revision rügt zu Recht, dass das Berufungsurteil den vorbeschriebenen Anforderungen nicht genügt. Es enthält keine eigenen tatbestandlichen Feststellungen und nimmt auch nicht auf den Tatbestand der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug. Auch lassen sich den vierseitigen, ebenfalls nur rudimentären und aus sich heraus kaum verständlichen Gründen des Berufungsurteils die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Entscheidung beruht, nicht entnehmen. Das Berufungsgericht ist offenbar – unter Verkennung des § 26 Nr. 8 EGZPO – davon ausgegangen, sein Urteil unterliege trotz eines Streitwerts von mehr als 60.000 € nicht der Revision, und hat daher zu Unrecht ein „abgekürztes Urteil“ gemäß „§§ 313 I, 540 II ZPO“ erlassen.

[6]    II. 1. Dem Berufungsurteil fehlt somit die für die revisionsrechtliche Nachprüfung nach §§ 545, 559 ZPO erforderliche tatsächliche Beurteilungsgrundlage. Daher ist es nach §§ 562 I, 563 I 1 ZPO aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (BGH, Urt. v. 19.07.2017 – VIII ZR 3/17, juris Rn. 13; Urt. v. 21.02.2017 – VI ZR 22/16, VersR 2017, 965 Rn. 6; Urt. v. 05.03.2015 – I ZR 164/13, NJW 2015, 3309 Rn. 7; jeweils m. w. Nachw.). Dabei macht der Senat von den Möglichkeiten des § 563 I 2 ZPO und des § 21 I 1 GKG Gebrauch.

[7]    2. Für das neue Berufungsverfahren sieht der Senat unter Heranziehung des Akteninhalts Anlass zu folgenden Hinweisen:

[8]    a) Dem Käufer (bzw. hier aus abgetretenem Recht dem Kläger) obliegt es nicht, im Rahmen seines Nachbesserungsbegehrens die genaue Ursache des beanstandeten Mangels zu benennen (vgl. Senat, Urt. v. 09.03.2011 – VIII ZR 266/09, NJW 2011, 1664 Rn. 10). Vielmehr genügt es, wenn er die Mangelerscheinung laienhaft beschreibt, also darlegt, in welchen Symptomen sich der Mangel äußert (Senat, Urt. v. 26.10.2016 – VIII ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 16 [zum Kauf]; BGH, Urt. v. 05.06.2014 – VII ZR 276/13, NJW-RR 2014, 1204 Rn. 16 [zum Werkvertrag]; Beschl. v. 21.02.2017 – VIII ZR 1/16, NJW 2017, 1877 Rn. 11 m. w. Nachw. [zur Miete]).

[9]    Im vorliegenden Fall ist ein Mangel der Frontbeleuchtung betroffen, den der Kläger durch den Hinweis auf eine Blendwirkung dahin beschrieben hat, einer der beiden Scheinwerfer leuchte dreimal so hell wie der andere. Hierin fügte sich der weitere Vortrag des Klägers ein, dass er mit dem Fahrzeug von der Polizei angehalten worden sei, weil diese das Fahrzeug wegen der Blendwirkung als verkehrsgefährdend eingestuft habe. In ähnlicher Weise hat sich im Übrigen auch der vom Landgericht beauftragte Sachverständige geäußert, der bei einem Scheinwerfer eine Lichtstärke von 15,7 lx und bei dem anderen von 47,2 lx festgestellt und das Fahrzeug deswegen als verkehrsunsicher und verkehrsgefährdend bezeichnet hat.

[10]   Ob die Ursache dieser Blendwirkung letztlich auf einem Defekt der Scheinwerfer selbst, auf einer falschen Einstellung der Scheinwerfer, auf einem Softwarefehler oder einer Kombination dieser Ursachen beruht, ist für die Gewährleistungspflicht der Beklagten ersichtlich ohne Bedeutung, da sämtliche in Betracht kommenden Ursachen jedenfalls nach derzeitigem Sachstand der Sphäre der Beklagten zuzuordnen sind. Hierauf hat der Kläger im Übrigen bereits in seinem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 24.09.2015, mit dem sich die Vorinstanzen nicht auseinandergesetzt haben, zutreffend hingewiesen.

[11]   b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts trägt der Verkäufer und nicht der Käufer die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein Mangel unerheblich i. S. des § 323 V 2 BGB ist und den Käufer deshalb nicht zur Rückabwicklung des Kaufvertrages berechtigt. Dies ergibt sich schon daraus, dass das Gesetz den Ausschluss des Rücktrittsrechts bei nur unerheblichem Mangel als Ausnahme formuliert (vgl. OLG Köln, Urt. v. 27.03.2008 – 15 U 175/07, juris Rn. 59 m. w. Nachw.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.10.2005 – I-1 U 84/05, juris Rn. 40; Urt. v. 08.01.2007 – I-1 U 177/06, juris Rn. 24).

[12]   c) Anders als das Berufungsgerichts meint, richtet sich die Beurteilung der Erheblichkeit eines Mangels schließlich keineswegs allein danach, ob die Mängelbeseitigungskosten die Grenze von fünf Prozent des Kaufpreises übersteigen. Vielmehr ist – wie der Senat in seiner Grundsatzentscheidung vom 28.05.2014 (VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 16 m. w. Nachw.) ausgeführt hat – eine umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls erforder-lich. Weiter hat der Senat entschieden, dass im Rahmen dieser Interessenabwägung von einer Geringfügigkeit des Mangels und damit von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung (§ 323 V 2 BGB) in der Regel nicht mehr auszugehen ist, wenn bei einem behebbaren Mangel der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag von fünf Prozent des Kaufpreises übersteigt (Senat, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 12 m. w. Nachw.).

[13]   Dies schließt es allerdings nicht aus, dass bei Vorliegen besonderer Umstände – etwa einer nur sehr geringfügigen Gebrauchsbeeinträchtigung – trotz eines Mangelbeseitigungsaufwands von mehr als fünf Prozent des Kaufpreises der Mangel als unerheblich einzustufen ist (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 27.07.2016 – 3 U 70/15, juris) oder umgekehrt trotz eines unter der Fünf-Prozent-Grenze liegenden Mangelbeseitigungsaufwands aufgrund besonderer Umstände (etwa besondere Schwierigkeiten oder Zeitdauer einer erforderlichen Ersatzteilbeschaffung) die Gesamtabwägung zur Bejahung einer erheblichen Pflichtverletzung führen kann. Denn wie der Senat in seinem Urteil vom 28.05.2014 (VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 38 m. w. Nachw.) bereits betont hat, handelt es sich bei der Schwelle von fünf Prozent des Kaufpreises um eine nicht starre („in der Regel“), sondern – entsprechend den Vorstellungen des Gesetzgebers und der Rechtsprechung des BGH – um eine flexible, in eine Interessenabwägung und eine Würdigung der Umstände des Einzelfalls eingebettete Erheblichkeitsschwelle, die dem Ziel dient, die Interessen der Kaufvertragsparteien zu einem sachgerechten Ausgleich zu bringen.

[14]   d) Darüber hinaus hat das Berufungsgericht in grundlegender Weise verkannt, dass sich die Frage der Behebbarkeit eines Mangels nach den Erkenntnissen im Zeitpunkt des Rücktritts beurteilt (Senat, Urt. v. 29.06.2011 – VIII ZR 202/10, NJW 2011, 2872 Rn. 21; Urt. v. 05.11.2008 – VIII ZR 166/07, NJW 2009, 508 Rn. 19; Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 16 m. w. Nachw.). Deshalb kommt es im Rahmen der Beurteilung der Unerheblichkeit eines Mangels nicht entscheidend auf die Behebbarkeit an, wenn die Mangelursache im Zeitpunkt des Rücktritts noch ungewiss ist, etwa weil es dem Verkäufer – wie der Kläger auch hier geltend macht – in mehreren Nachbesserungsversuchen nicht gelungen ist, die Mangelursache zu finden und den Mangel zu beseitigen. In einem solchen Fall ist vielmehr auf die Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit abzustellen (Senat, Urt. v. 29.06.2011 – VIII ZR 202/10, NJW 2011, 2872 Rn. 21; Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 17 m. w. Nachw.).

[15]   e) Ausgehend von diesen Grundsätzen verbietet sich bei einer schwerwiegenden und in mehreren Nachbesserungsversuchen nicht behobenen Einschränkung der Verkehrssicherheit, wie sie der Kläger hier geltend macht, eine Einordnung als nur unerheblicher Mangel. Es kommt in diesen Fällen gerade nicht darauf an, ob die genaue Mangelursache zu einem späteren Zeitpunkt – nach dem Rücktritt – noch ermittelt wird, etwa im Rahmen der Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens, durch das sich dann herausstellt, dass die Beseitigung des Mangels nur einen unerheblichen Betrag erfordert.

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