- Ein von VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen, dessen Schadstoffemissionen softwaregesteuert (nur) reduziert werden, sobald das Fahrzeug auf einem Prüfstand einen Emissionstest absolviert, ist mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 II, 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ausgestattet. Das Fahrzeug ist deshalb mangelhaft i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB.
- Der Käufer eines Ende 2014 ausgelieferten, vom VW-Abgasskandal betroffenen und deshalb mangelhaften VW Sharan 2.0 TDI kann vom – nicht mit der Volkswagen AG identischen – Verkäufer nicht erfolgreich die Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 2 BGB) eines mangelfreien Fahrzeugs verlangen. Vielmehr ist eine Ersatzlieferung i. S. von § 275 I BGB unmöglich, weil der VW Sharan seit Mitte 2015 nicht mehr mit einem EA189-Dieselmotor, sondern mit einem leistungsstärkeren EA288-Dieselmotor hergestellt wird und etwa noch verfügbare Fahrzeuge mit einem EA189-Dieselmotor sämtlich mangelhaft sind.
- Der Verkäufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen und deshalb mangelhaften VW Sharan mit einem EA189-Dieselmotor ist auch dann nicht verpflichtet, dem Käufer ersatzweise ein aktuelles Fahrzeug mit einem leistungsstärkeren EA288-Dieselmotor zu liefern, wenn der Kaufvertrag einen Änderungsvorbehalt i. S. von § 308 Nr. 4 BGB enthält. Denn eine Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 2 BGB) erfordert – lediglich – eine vollständige Wiederholung der Leistungen, zu denen der Verkäufer nach § 433 I 1 und I 2 BGB verpflichtet ist. Der Verkäufer hat deshalb ersatzweise eine mangelfreie, im Übrigen aber gleichartige und gleichwertige Sache zu liefern – nicht weniger, aber auch nicht mehr.
- Der Verkäufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen – mangelhaften – Neuwagens handelt nicht treuwidrig, wenn er sich einerseits i. S. von § 308 Nr. 4 BGB Änderungen des Fahrzeugs bis zur (erstmaligen) Auslieferung an den Käufer vorbehält und andererseits geltend macht, dass er nicht zur Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 2 BGB) eines aktuellen Neufahrzeugs mit einem geringfügig leistungsstärkeren Motor verpflichtet sei.
- Bei der Beurteilung, ob der Verkäufer eines mangelhaften Neuwagens eine Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 2 BGB) gemäß § 439 III BGB wegen unverhältnismäßiger Kosten verweigern darf, kann zulasten des Käufers zu berücksichtigen sein, dass er als Verbraucher keine Nutzungsentschädigung für die mit dem zurückzugebenden mangelhaften Fahrzeug zurückgelegten Kilometer schuldet (§ 474 V 1 BGB i. V. mit § 439 IV BGB).
- Die EG-Typgenehmigung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs ist nicht gemäß § 19 II 2, VII StVZO automatisch erloschen (im Anschluss an LG Braunschweig, Urt. v. 25.04.2017 – 11 O 4/17, juris Rn. 29).
LG Aachen, Urteil vom 10.07.2017 – 11 O 312/16
(nachfolgend: OLG Köln, Beschluss vom 06.03.2018 – 16 U 110/17)