- Die Beschreibung des Kaufgegenstands (hier: eines Kraftfahrzeugs) durch den Verkäufer in einem Internetinserat kann Grundlage einer Beschaffenheitsvereinbarung i. S. des § 434 I 1 BGB a.F. sein. Gegenstand einer solchen Beschaffenheitsvereinbarung kann bei einem Kraftfahrzeug beispielsweise die Fahrbereitschaft, das Vorliegen einer Betriebserlaubnis und die Zulässigkeit und Betriebsbereitschaft einer Gasanlage für den bivalenten Betrieb des Kraftfahrzeugs mit Erdgas und Benzin sein.
- Ein allgemeiner Gewährleistungsausschluss bezieht sich nicht auf das Fehlen einer (ausdrücklich oder stillschweigend) vereinbarten Beschaffenheit der Kaufsache i. S. von § 434 I 1 BGB a.F., sondern gilt nur für Mängel i. S. von § 434 I 2 BGB a.F., weil andernfalls die gleichrangig neben dem Gewährleistungsausschluss stehende Beschaffenheitsvereinbarung für den Käufer – außer im Fall der Arglist des Verkäufers (§ 444 Fall 1 BGB) – ohne Sinn und Wert wäre (im Anschluss an BGH, Urt. v. 10.04.2024 – VIII ZR 161/23, juris Rn. 23 m. w. Nachw.).
OLG München, Urteil vom 24.07.2024 – 7 U 5558/20
Sachverhalt: Der Beklagte verkaufte am 03.06.2018 über die Internetplattform eBay einen am 15.02.2002 erstzugelassenen Pkw Mercedes-Benz SL 500 Cabrio zum Preis von 11.900 €. Dieses Fahrzeug wies im Zeitpunkt des Verkaufs eine Laufleistung von 247.000 km auf. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts ersteigerte der Kläger das Fahrzeug, wobei das Höchstgebot von einem eBay-Account mit dem Nutzernamen N abgegeben wurde.
Der Beklagte hatte das Fahrzeug unter der Überschrift „MERCEDES-BENZ CABRIO R230 SL 500 SL 55 AMG-OPTIK PRINS-LPG-GASANLAGE“ zum Kauf angeboten. In der Artikelbeschreibung hieß es unter anderem:
„Sie bieten auf einen gebrauchten Pkw … km-Stand 247.000, Erstzulassung 02/2002, TÜV/AU Juli 2019, Kraftstoff Benzin/LPG PRINS VSI. … Der SL ist in einem Alter und Laufleistung entsprechend gebrauchten Zustand. … Das Fahrzeug wurde von mir seit dem Kauf ca. 50.000 km bewegt und einiges neu gemacht. Motor läuft ordentlich, Getriebe schaltet gut durch, Vmax wird erreicht. Fahrleistung mit Gas: ca. 300 km mit einer 45-Liter-Füllung, also ca. 8 €/100 km. … Ich habe das Fahrzeug 2013 gekauft und einiges daran entweder bei Mercedes direkt oder in einer Fachwerkstatt für Merceds-Fahrzeuge machen lassen. Hier eine grobe Auflistung: Motorlager neu 2014, Kinderkrankheit Verdeckantrieb erneuert 2014, … Diverse Hydraulikleitungen und Magnetventil ABC neu 2016, Felgen und Reifen neu 2016, ABC-Pumpe neu 2017, Verdeckmodul neu 2016 (Dach öffnen/schließen per Schlüssel und bis 60 km/h), beide Batterien neu (VARTA) 2017“
Unter der Überschrift „Mängel“ heißt es in dem ebay-Inserat unter anderem:
„Der Laufleistung entsprechende Kampfspuren, Abnutzung und Zustand siehe Fotos unten. Im Fahrbetrieb kann ich derzeit keine Unregelmäßigkeiten erkennen. Die Hinterreifen sind an der Verschleißgrenze. Aufgrund der Tatsache, dass das Fahrzeug in einem Alter ist, in dem man andere Pkw schon lange verschrottet hat, und eine Laufleistung hat, die viele andere auch nicht erreichen, würde ich sagen, der SL steht noch gut da. Auch von unten sieht er gut aus. Sie kaufen ein 16 Jahre altes Gebrauchtfahrzeug. Einen Neuwagen gibt es bei Mercedes für 1XX.000 €. … Probefahrt auf dem Beifahrersitz ist nach Terminabsprache möglich. Fahrzeug ist abgemeldet, rote Schilder müssen mitgebracht werden.“.
Nach diesem Text folgen in dem eBay-Inserat insgesamt 35 Lichtbilder und sodann folgender Text:
„Aufgrund der EU-Rechtsprechung bin ich gezwungen, Folgendes zur Bedingung zu machen: Ich bin Laie und habe das Fahrzeug bestmöglich beschrieben. Es wird dennoch jedem Interessenten angeraten, das Fahrzeug vor Gebotsabgabe zu besichtigen. Probefahrt auf dem Beifahrersitz gegen Kapitalnachweis möglich. Fahrzeug ist abgemeldet, Schilder müssen mitgebracht werden. Aufgrund des Alters und der Laufleistung wird das Fahrzeug als Bastlerfahrzeug verkauft. Keine Garantie, Gewährleistung, Rücknahme. Zahlung und Abholung innerhalb von 5 Tagen nach Auktionsende. Keine Nachverhandlungen!! Ein Abholtermin ist kein Besichtigungstermin!!“
Die Parteien standen nach dem 03.06.2018 über WhatsApp in Kontakt. Auf die Frage des Klägers
„Übrigens, was ich in den Fahrzeugpapieren gar nicht gesehen habe: Die Abgasanlage und der Umbau ist gar nicht im Fahrzeugschein eingetragen. Welche Dokumente gibt es denn?“
antwortete der Beklagte:
„Hallo, der Kaufvertrag ist durch ebay entstanden. Zu der Gasanlage gibt es eine komplette Dokumentation sowie eine Abnahme. Umbau weiß ich ehrlich gesagt gar nichts darüber. Das Fahrzeug war immer so zugelassen und wurde vom TÜV auch immer so abgenommen.“
Ein erster Übergabeversuch des Fahrzeugs am 22.06.2018 scheiterte, weil an diesem Tag die SRS1„SRS“ steht für „Supplement Restraint System“, also ein passives Sicherheitssystem.-Leuchte aufleuchtete und der Kläger die Übernahme des Fahrzeugs verweigerte. Die Parteien einigten sich darauf, dass der Beklagte den Fehler in einer Mercedes-Fachwerkstatt beheben lässt und das Fahrzeug anschließend übergeben wird.
Am 05.10.2018 zahlte der Kläger den Kaufpreis und übernahm das Fahrzeug in W., dem Wohnort des Beklagten. Auf der anschließenden Fahrt von W. nach M. löste sich ein Teil eines Reifens. Zwischen den Parteien ist streitig, ob das Fahrzeug anschließend verunfallte („in den Graben fuhr“) oder vom Kläger lediglich neben der Straße zum Stehen gebracht wurde.
Bereits mit Schreiben vom 05.10.2018 rügte der Kläger gegenüber der Beklagten mehrere Mängel des Fahrzeugs, unter anderem die fehlende Eintragung der Gasanlage in den Fahrzeugpapieren und das Fehlen einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für die Gasanlage.
Der Kläger brachte das Fahrzeug am 06.10.2018 in eine Werkstatt. Dort wurden für die Beseitigung einer Reihe von zwischen den Parteien streitigen Mängeln Kosten in Höhe von 20.854,54 € brutto veranschlagt.
Der Kläger gab daraufhin am 17.12.2018 ein TÜV-Mängelgutachten zur Beweissicherung in Auftrag. Ausweislich des Gutachtens besichtigte der (private) Sachverständige S das Fahrzeug am 20.12.2018 und erstellte das Gutachten am 21.03.2019.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 11.01.2019 forderte der Kläger den Beklagten zur Nachbesserung mehrerer Mängel des Fahrzeugs auf. Er trug unter anderem vor, der Motor sei ölfeucht und für die die Gasanlage, die nicht in den Fahrzeugpapieren eingetragen sei, liege keine Allgemeine Betriebserlaubnis vor. Die SRS-Leuchte leuchte, das Lenkrad sei nicht elektrisch verstellbar, das ABC-Fahrwerk, das Verdeck und die Batterien seien defekt und die Vorderreifen seien über die Verschleißgrenze abgefahren. Außerdem sei die Abgasanlage nicht in den Fahrzeugpapieren eingetragen und es liege keine Allgemeine Betriebserlaubnis vor.
Mit weiterem Anwaltsschreiben vom 18.02.2019 forderte der Kläger den Beklagten zur Nacherfüllung bis zum 25.02.2019 auf. Eine Nachbesserung durch den Beklagten erfolgte nicht.
Mit Schreiben vom 05.09.2019 erklärte der – anwaltlich vertretene – Kläger den Rücktritt von dem streitgegenständlichen Kaufvertrag und forderte den Beklagten zur Rücknahme des Fahrzeugs Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises und zum Ersatz der Sachverständigen- und Rechtsanwaltskosten auf. Mit Schreiben vom 20.09.2019 setzte der Kläger dem Beklagten insoweit eine Frist bis zum 30.09.2019. Eine Reaktion des Beklagten erfolgte nicht.
Der Kläger behauptete, das Fahrzeug weise zahlreiche Mängel auf. Der Motor sei ölfeucht, die Spurstange habe Spiel im Axialgelenk, die Gasanlage sei nicht in den Fahrzeugpapieren eingetragen und es liege keine Allgemeine Betriebserlaubnis vor, die Motorkontrollleuchte leuchte, die SRS-Leuchte (Airbagsystem) leuchte, aus dem Scheckheft seien einzelne Leistungen herausgeschnitten worden, das Lenkrad lasse sich nicht elektrisch verstellen, das Fahrzeug verliere vorne links und rechts erheblich Flüssigkeit und zeige eine entsprechende Fehlermeldung zur Flüssigkeitsregulierung an, alle vier Reifen seien abgefahren und beschädigt; die Vorderreifen hätten die Verschleißgrenze bereits überschritten. Bereits auf der Heimfahrt sei bei einer Geschwindigkeit von maximal 60 km/h ein Teil des Vorderreifens abgeplatzt; ein Teil des Reifens habe sich im Radkasten verfangen. Das ABC-Fahrwerk, das Verdeck, die Batterie sowie die abgefahrenen Vorderreifen seien defekt, obwohl der Beklagte diese Teile ausweislich seines eBay-Inserats ausgetauscht oder repariert habe. Die Abgasanlage sei nicht in den Fahrzeugpapieren eingetragen und es liege auch keine Allgemeine Betriebserlaubnis vor. Die Frontscheibe sei verkratzt, die Ventildeckeldichtung sei links und rechts undicht, der Simmerring der Kurbelwelle sei betriebsseitig undicht, die Ölwanne des Automatikgetriebes sei undicht, der Katalysator der Abgasanlage sei undicht, die Hydraulikfeder vorne rechts sei beschädigt und undicht, die Traggelenke der Vorder- und Hinterachse seien undicht, die Bremsscheiben der Hinterachse seien verschlissen und die Bremsschläuche stark gerissen, die Hydraulikfedern der Hinterachse seien beschädigt, alle vier Lager der Hinterachsträger seien ausgeschlagen, die Manschette der Antriebswelle hinten rechts sei gerissen, der Unterbodenschutz sei beschädigt und teilweise gebrochen, die Hydraulikleitung zur Pumpe vorne rechts sei beschädigt und undicht, die Verkabelung der Zusatzwasserpumpe weise Grünspan auf, der Simmerring am Schalthebel des Automatikgetriebes sei undicht, der Wasserkühler des Motors sei stark undicht, die im Kofferraum befindliche Batterie für das Bordnetz sei defekt, die beiden Nebelscheinwerfer vorne seien defekt und müssten erneuert werden, beim Einlegen des Rückwärtsganges bestünden Fahrwerksprobleme hinten, es bestünden Probleme mit der Zentralverriegelung und der Diebstahlsicherung, es bestünden mehrere Fehler in der Fahrzeugelektrik und das Fahrzeug sei nicht verkehrssicher.
Der Kläger ist der Ansicht, da der Beklagte das Fahrzeug trotz Aufforderung nicht nachgebessert habe, sei er – der Kläger – wirksam von dem streitgegenständlichen Kaufvertrag zurückgetreten. Die Beklagte schulde ihm daher die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs sowie die Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und der Kosten für das vorgerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten.
In einem Bericht über eine Hauptuntersuchung des Fahrzeugs vom 12.10.2017 ist als Mangel „Umweltbelastung: Motor – ölfeucht“ aufgeführt. Die „TÜV-Plakette“ wurde dennoch erteilt.
Der Beklagte hat erstinstanzlich Klageabweisung beantragt, sich auf einen mit dem Kläger vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen und behauptet, der Kläger habe ein mängelfreies Fahrzeug erhalten. Als der Kläger das Fahrzeug am 22.06.2018 besichtigt habe, sei die SRS-Leuchte aufgeleuchtet. Er – der Beklagte – sei deshalb mit dem Kläger zu einer Mercedes-Benz-Fachwerkstatt gefahren, wo der Fehlerspeicher des Fahrzeugs ausgelesen worden sei. Anschließend habe er das Fahrzeug reparieren lassen. Erst nach dieser Reparatur habe der Kläger das Fahrzeug bezahlt und abgeholt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Haftung des Beklagten für Mängel des Fahrzeugs sei in dem zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag wirksam ausgeschlossen worden. Der Rücktritt des Klägers von diesem Vertrag sei daher unwirksam.
Mit seiner dagegen gerichteten Berufung hat der Kläger sein erstinstanzliches Klageziel unverändert weiterverfolgt. Er hat geltend gemacht, das Landgericht habe im Hinblick auf den Gewährleistungsausschluss nicht berücksichtigt, dass der Beklagte die von ihm, dem Kläger, geltend gemachten Mängel gekannt, aber bei den Vertragsverhandlungen nicht offenbart habe. Der Beklagte habe das Fahrzeug als fahrbereit, verkehrssicher und gebrauchstauglich bezeichnet, obwohl es dies nicht (gewesen) sei. Soweit der Beklagte die Mängel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit des Fahrzeugs übernommen habe, könne er sich nicht auf einen Haftungsausschluss berufen. Die Annahme des Landgerichts, das Fahrzeug sei bei der Übergabe an ihn – den Kläger – fahrbereit gewesen, sei unzutreffend. Das Landgericht habe die angebotenen Beweise zum Zustand des Fahrzeugs bei Übergabe nicht ausgeschöpft.
Die Berufung hatte weit überwiegend Erfolg.
Aus den Gründen: B. … Dem Kläger stehen gegen den Beklagten nach mangelbedingtem Rücktritt vom Kaufvertrag die tenorierten Rückgewähr- und Zahlungsansprüche zu.
I. Die form- und fristgerecht eingelegte und innerhalb der gerichtlich verlängerten Frist begründete Berufung ist auch im Übrigen zulässig.
II. Die Berufung des Klägers hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
1. Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Kraftfahrzeugs zu erfüllender Anspruch auf Rückzahlung des von ihm gezahlten Kaufpreises nach § 433 I 2 BGB, § 434 I 1 BGB a.F., §§ 440, 323, 346 I BGB zu.
a) Im Falle einer Auktion auf eBay kommen Kaufverträge nicht durch Zuschlag nach § 156 BGB, sondern durch zwei aufeinander bezogene Willenserklärungen zustande. Dabei stellt nach der ständigen Rechtsprechung die elektronische Abgabe des Höchstgebots eine auf Abschluss des Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung des Käufers, das Einstellen des Kaufgegenstands bei eBay mit Freischalten der Auktion eine auf Abschluss des Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung des Verkäufers dar (grundlegend BGH, Urt. v. 07.11.2001 – VIII ZR 13/01, BGHZ 149, 129 = juris Rn. 24 ff.; Urt. v. 03.11.2004 – VIII ZR 375/03, juris Rn. 9). Über das streitgegenständliche Fahrzeug wurde damit am 03.06.2018 durch Einstellen auf eBay nebst Beginn der Auktion und Abgabe des Höchstgebots innerhalb dieser Auktion ein Kaufvertrag geschlossen.
b) Parteien des Kaufvertrags waren nach den nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag angegriffenen Feststellungen im Urteil des Landgerichts der Kläger als Käufer und der Beklagte als Verkäufer (LGU S. 2: „Am 03.06.2018 ersteigerte der Kläger über eBay den Mercedes SL des Beklagten.“).
Diesbezüglich kann dahinstehen ob, wie von dem Beklagten erstmals in der Berufungsinstanz vorgetragen, der Kläger bei der Abgabe des Höchstgebots ein eBay-Konto verwendet hat, das auf ein von seiner Mutter betriebenes Reisebüro registriert war. Das von dem Beklagten mit dem Inserat des Fahrzeugs bei eBay und dem Inkraftsetzen der Auktion abgegebene Vertragsangebot konnte durch Abgabe des Höchstgebots angenommen werden. Dieses Höchstgebot hat der Kläger (tatsächlich) abgegeben. Dafür, dass nicht der Kläger sondern dessen Mutter das entsprechende ebay-Konto zur Abgabe des Gebots tatsächlich genutzt hat, ist nichts ersichtlich. Eine Zurechnung der tatsächlich durch den Kläger abgegebenen Willenserklärung an dessen Mutter würde neben einem Handeln in fremdem Namen eine Vollmacht voraussetzen (§ 164 I BGB). Eine entsprechende Vollmacht hat der Beklagte nicht vorgetragen, und allein die Verwendung eines – unterstellt – fremden Kontos führt auch nach den Grundsätzen< von Anscheins- und Duldungsvollmacht nicht zu einem Zurechnen der Willenserklärung an diejenige Person, auf deren Namen das eBay-Konto registriert wurde (BGH, Urt. v. 11.05.2011 – VIII ZR 289/09, BGHZ 189, 346 = juris Rn. 14 ff.).
Vorliegend kommt hinzu, dass der Beklagte mit dem Ingangsetzen der Auktion ein an alle eBay-Nutzer gerichtetes Vertragsangebot abgegeben hat und es ihm auf die Person des Annehmenden ersichtlich nicht ankam, dass sich der Kläger nachfolgend dem Beklagten gegenüber als Käufer zu erkennen gegeben hat, dass der Beklagte den Kläger mit seiner WhatsApp-Nachricht vom 12.06.2018, 14.25 Uhr, als Käufer akzeptiert hat (Anlage B 3: „Hallo, der Kaufvertrag ist durch ebay entstanden.“) und dass der Beklagte von dem Kläger den Kaufpreis entgegengenommen und diesem das Fahrzeug übergeben hat.
c) Das streitgegenständliche Fahrzeug wies im Zeitpunkt des Gefahrübergangs Sachmängel auf.
aa) Nach Art. 229 § 58 EGBGB ist auf den am 03.06.2018 abgeschlossenen Kaufvertrag § 434 BGB in der bis zum 01.01.2022 geltenden Fassung anzuwenden. Danach ist die Kaufsache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang eine vertraglich vereinbarte Beschaffenheit aufweist (§ 434 I 1 BGB a.F.) oder, sofern eine Beschaffenheit nicht vereinbart wurde, sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 I 2 Nr. 1 BGB a.F.) oder sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB a.F.).
bb) Beschaffenheit i. S. des § 434 I 1 BGB a.F. und damit möglicher Gegenstand einer Vereinbarung der Parteien sind alle Merkmale, die der Sache selbst anhaften, und alle Beziehungen der Sache zur Umwelt, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache haben (BGH, Urt. v. 15.06.2016 – VIII ZR 134/15, juris Rn. 10; Urt. v. 19.04.2013 – V ZR 113/12, juris Rn. 15; Urt. v. 30.11.2012 – V ZR 25/12, juris Rn. 10). Zur Beschaffenheit eines Fahrzeugs zählen daher gegebenenfalls auch die Zulässigkeit einer Gasanlage zum bivalenten Betrieb des Kraftfahrzeugs mit Erdgas und Benzin, das Bestehen einer Betriebserlaubnis und die Fahrbereitschaft des Fahrzeugs (s. zur Zusicherung eines Fahrzeugs als fahrbereit und verkehrssicher nach altem Schuldrecht: BGH, Urt. v. 21.04.1993 – VIII ZR 113/92, BGHZ 122, 256 = juris Rn. 18 ff.).
cc) Vorliegend haben die Parteien in dem von ihnen geschlossenen Kaufvertrag die tatsächliche und rechtliche Betriebsfähigkeit der Gasanlage, das (Fort-)Bestehen der Betriebserlaubnis sowie die Fahrbereitschaft des Fahrzeugs als geschuldete Beschaffenheit vereinbart.
(1) Vereinbart ist eine Beschaffenheit, wenn nach dem Inhalt des Kaufvertrags der Verkäufer die Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen, wobei an das Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung strenge Anforderungen zu stellen sind (BGH, Urt. v. 10.04.2024 – VIII ZR 161/23, juris Rn. 30; Urt. v. 18.10.2017 – VIII ZR 32/16, juris Rn. 16; Urt. v. 26.04.2017 – VIII ZR 80/16, juris Rn. 13).
Bei Käufen über das Internet kann eine Beschaffenheitsvereinbarung durch die Beschreibung des Kaufgegenstands in einem Internetinserat durch den Verkäufer und dessen Annahme durch die auf Abschluss des Kaufs gerichtete Willenserklärung des Käufers – hier die Abgabe des höchsten Gebots der eBay-Auktion – vereinbart werden (BGH, Urt. v. 28.03.2021 – VIII ZR 244/10, juris Rn. 25; KG, Urt. v. 17.06.2011 – 7 U 179/10, NJW-RR 2012, 290, 291.
(2) Dafür, dass die Funktionsfähigkeit und die rechtliche Zulässigkeit der Gasanlage des streitgegenständlichen Fahrzeugs vorliegend nicht nur eine öffentliche Äußerung über Eigenschaften der Kaufsache i. S. von § 434 I 3 BGB a.F. darstellt, sondern von den Parteien stillschweigend in den Inhalt des Vertrags einbezogen und damit zu einer Beschaffenheitsvereinbarung gemacht wurde, spricht, dass ausweislich der Anlage B 2 die Gasanlage nicht nur in dem Inserat als solche erwähnt, sondern durch die Bezeichnung des Kaufgegenstands als “MERCEDES-BENZ CABRIO R230 SL 500 SL 55 AMG-OPTIK PRINS-LPG-GASANLAGE“ besonders hervorgehoben wurde. Hinzu kommt, dass in dem nachfolgenden Text des Inserats ausdrücklich die „Fahrleistung mit Gas“ mit „ca. 300 km mit einer 45-Liter-Füllung“ aufgeführt wurde. Aus der Sicht eines Dritten ist die Hervorhebung der Gasanlage in der Bezeichnung des Kaufgegenstands und das Aufführen der Reichweite im Gasbetrieb dahin gehend zu verstehen, dass der Beklagte als Autor des Inserats für Vorhandensein und Zulässigkeit der Gasanlage und die Möglichkeit, das Fahrzeug mit Gas bivalent zu betreiben, einstehen will. Dementsprechend enthält auch die Abgabe des Höchstgebotes durch den Kläger zugleich die Annahme dieser auf eine Beschaffenheitsvereinbarung gerichteten Erklärung des Beklagten. Dafür, dass es dem Kläger auf die Gasanlage oder deren Zulässigkeit nicht angekommen wäre, ist nichts ersichtlich.
(3) Als weitere Beschaffenheit haben die Parteien vorliegend die Fahrbereitschaft und damit das Fortbestehen einer Betriebserlaubnis und die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs vereinbart. Hierfür spricht, dass der Beklagte in dem Inserat ausdrücklich angegeben hat, er könne „[i]m Fahrbetrieb … derzeit keine Unregelmäßigkeiten erkennen“, und dass der Beklagte eine Abholung des Fahrzeugs sowie eine Probefahrt (bei Mitbringen roter Kfz-Schilder) ausdrücklich in dem Inserat angeboten hat. Auch diese Erklärungen können aus Sicht eines objektiven Dritten nur so verstanden werden, dass der Beklagte für die Möglichkeit, das Fahrzeug erlaubt im Fahrbetrieb zu bewegen, einsteht.
Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte in dem Inserat auf das Fahrzeugalter (16 Jahre) und die Laufleistung mit 247.000 km hinweist und ausführt, aufgrund des Alters und der Laufleistung werde das Fahrzeug als „Bastlerfahrzeug“ verkauft. Diese Angabe kann vorliegend nicht als die Vereinbarung einer Beschaffenheit des Fahrzeugs als nicht fahrbereiter Teilespender oder als Fahrzeug zum „Herumschrauben“ entnommen werden. Gegen eine entsprechende Vereinbarung spricht bereits der verlangte und gezahlte Kaufpreis in Höhe von 11.900 €, mag dieser auch durch die eBay-Auktion zustande gekommen sein (s. Senat, Urt. v. 12.06.2019 – 7 U 1630/18, juris Rn. 30). Vorliegend kommt hinzu, dass der Beklagte in dem Inserat ausdrücklich mit Bezug auf Laufleistung und Fahrzeugalter angibt, das Fahrzeug stehe noch gut da (“Aufgrund der Tatsache, dass das Fahrzeug in einem Alter ist, in dem man andere Pkw schon lange verschrottet hat, und eine Laufleistung hat, die viele andere auch nicht erreichen, würde ich sagen, der SL steht noch gut da.“). Unter Berücksichtigung aller Angaben des Inserats kann daher der Bezeichnung des Fahrzeugs als „Bastlerfahrzeug“ keine Beschaffenheit als nicht fahrbereiter Teilespender oder als „Schrottfahrzeug“ entnommen werden.
dd) Diese nach dem Vertrag geschuldete Beschaffenheit wies das streitgegenständliche Fahrtzeug im Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht auf.
(1) In der Zulassungsbescheinigung Teil I des streitgegenständlichen Fahrzeugs ist im Feld P3 als Kraftstoffart „Benzin“ eingetragen. Auch unter Ziffer 22 der Zulassungsbescheinigungen Teil I ist kein Einbau einer Gasanlage/eines Gastanks eingetragen. Eine Genehmigung der Gasanlage nach ECE ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Damit war ein eintragungspflichtiger, das Emissionsverhalten des Fahrzeugs beeinflussender Umbau nicht eingetragen und die Betriebserlaubnis nach § 19 StVZVO erloschen (s. auch schriftliches Gutachten des Sachverständigen H vom 24.04.2023, S. 15 f.). Das Fahrzeug durfte deshalb mit der Gasanlage nicht betrieben werden und wies nicht die vereinbarte Beschaffenheit auf. Ob, wie von dem Parteigutachter angenommen, die Gasanlage auch unsachgemäß eingebaut wurde, hierdurch der Luftfilter nicht mehr luftdicht auf den Luftmassenmesser aufgesetzt werden kann und die Luft dadurch (teilweise) an dem Luftfilter vorbei angesaugt wird (s. Parteigutachten Anlage K 3, Lichtbilder 39–41 und die dort beigefügten Beschreibungen) kann diesbezüglich dahinstehen, da bereits die fehlende Eintragung als solche zu dem Erlöschen der Betriebserlaubnis führt und damit der vereinbarten Beschaffenheit einer funktionsfähigen und rechtlich zulässigen Gasanlage widerspricht.
(2) Das Fahrzeug war zudem weder fahrbereit noch verkehrssicher. Da, wie oben dargelegt, durch den Einbau einer Gasanlage ohne Eintragung in der Zulassungsbescheinigung die Betriebserlaubnis erloschen war, konnte das Fahrzeug nicht (legal) im Straßenverkehr bewegt werden. Bereits deswegen wies das Fahrzeug zusätzlich auch die vereinbarte Beschaffenheit eines fahrbereiten Fahrzeugs nicht auf. Hinzu kommt, dass das Fahrzeug nach den folgerichtigen und nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen H wegen des Ölverlusts am Motor und des Verlusts von Kühlflüssigkeit nicht verkehrssicher war. Hierbei ist der Senat davon überzeugt, dass jedenfalls der Ölverlust am Motor bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs bestanden hat, denn unstreitig führt bereits der Bericht der letzten Hauptuntersuchung des Fahrzeugs vor dem Verkauf einen ölfeuchten Motor als Mangel an, und eine zwischenzeitliche Behebung dieses Mangels konnte der Beklagte nicht darlegen. Der Senat ist deshalb davon überzeugt, dass die Ursache des vom Sachverständigen festgestellten, nach dessen Einschätzung die Verkehrssicherheit gefährdenden Ölverlusts bereits im Zeitpunkt dieser Hauptuntersuchung als Mangel angelegt war.
d) Der Kläger war aufgrund der Mängel zu einem Rücktritt berechtigt. Die Mängel betreffen die Fahrbereitschaft und damit eine zentrale Funktion des Kaufgegenstands, und der Kläger hat von dem Beklagten vor dem Rücktritt erfolglos Nacherfüllung verlangt.
e) Die Gewährleistungsrechte des Klägers sind sodann und schließlich auch nicht aufgrund des vertraglichen Gewährleistungsausschlusses ausgeschlossen.
Zwar enthält das eBay-Inserat und damit auch der aufgrund des Inserats durch Abgabe des Höchstgebots zustande gekommene Kaufvertrag durch die Angabe „Aufgrund des Alters und der Laufleistung wird das Fahrzeug als Bastlerfahrzeug verkauft. Keine Garantie, Gewährleistung, Rücknahme.“ einen allgemeinen Gewährleistungsausschluss.
Der Gewährleistungsausschluss ist auch nicht nach § 476 I BGB a.F. unwirksam, da der Kauf zwischen Verbrauchern erfolgte und somit kein Verbrauchsgüterkauf i. S. des § 474 I 1 BGB vorliegt.
Auf diesen Gewährleistungsausschluss kann sich der Beklagte hinsichtlich der fehlenden Zulässigkeit des Betriebs der Gasanlage, der fehlenden Betriebserlaubnis für das Fahrzeug und der mangelhaften Verkehrssicherheit des Fahrzeugs aber nicht berufen. Wie oben dargelegt, handelt es sich hierbei um Abweichungen von einer vereinbarten Beschaffenheit i. S. von § 434 I 1 BGB a.F. Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ist in den Fällen einer (ausdrücklich oder stillschweigend) vereinbarten Beschaffenheit i. S. von § 434 I 1 BGB a.F. ein daneben vereinbarter allgemeiner Haftungsausschluss für Sachmängel dahin auszulegen, dass er nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit, sondern nur für Mängel nach § 434 I 2 BGB a.F. gelten soll, da andernfalls die gleichrangig neben dem Gewährleistungsausschluss stehende Beschaffenheitsvereinbarung für den Käufer – außer im Fall der Arglist des Verkäufers (§ 444 Fall 1 BGB) – ohne Sinn und Wert wäre (s. BGH, Urt. v. 10.04.2024 – VIII ZR 161/23, juris Rn. 23).
Dem Kläger steht daher als Folge des von ihm wirksam erklärten Rücktritts von dem Kaufvertrag ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 11.900 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs zu. Der Beklagte geriet hinsichtlich der Rückabwicklung des Kaufvertrags mit dem Schreiben des Klägervertreters vom 20.09.2019 in Verzug und schuldet daher zusätzlich die aus diesem Betrag zugesprochenen Zinsen (§ 286 I 1 BGB).
2. Dem Kläger steht darüber hinaus gegen den Beklagten nach § 439 II BGB ein Anspruch auf Ersatz der Kosten des Mangelgutachtens und auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu (vgl. BGH Urt. v. 30.04.2014 – VIII ZR 275/13, BGHZ 201, 83 = juris Rn. 14 ff. Der Beklagte war daher zur Zahlung von weiteren 3.861,80 € als Kosten des Parteigutachtens und zur Zahlung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.029,35 € zu verurteilen. Der Beklagte schuldet zusätzlich die aus diesen Beträgen zugesprochenen Zinsen aus Verzug (§ 286 I BGB). Der Beginn des Zinslaufs hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten entspricht dem Klageantrag (Beginn ab Rechtshängigkeit).
3. Der Beklagte hat die ihm Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises angebotene Rückübereignung und Rückgabe des Fahrzeugs trotz Aufforderung durch Anwaltsschreiben vom 05.09.2019 und Mahnung durch Anwaltsschreiben vom 20.09.2019 nicht angenommen. Antragsgemäß war daher auszusprechen, dass sich der Beklagte hinsichtlich des Fahrzeugs seit 01.10.2019 in Annahmeverzug befindet.
4. Soweit Rechtsanwaltskosten auf der Basis eines Gegenstandswerts in Höhe von 16.500 € und nicht in Höhe von 11.900 € verlangt wurden, war die Klage abzuweisen.
Abzuweisen war darüber hinaus der Antrag, über den tenorierten Annahmeverzug hinausgehend festzustellen, dass der Beklagte „insoweit verpflichtet ist, jeden weiteren Verzugsschaden aus dem Kaufvertrag zu ersetzen“. Weder sind weitere Verzugsschäden vorgetragen oder sonst ersichtlich noch folgt aus dem Eintritt eines Annahmeverzugs eine Pflicht, weitere Verzugsschäden zu begleichen.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO i. V. mit § 92 II Nr. 1 ZPO. Die Zuvielforderung des Klägers war gering und hat keine höheren Kosten veranlasst. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe i. S. des § 543 II 1 ZPO nicht bestehen. …