1. Der Käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens kann, wenn kei­ne be­son­de­ren Um­stän­de vor­lie­gen, i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB er­war­ten, dass das Fahr­zeug kei­nen Un­fall er­lit­ten hat, bei dem es zu mehr als „Ba­ga­tell­schä­den“ ge­kom­men ist. Als „Ba­ga­tell­schä­den“ gel­ten nur ganz ge­ring­fü­gi­ge, äu­ße­re (Lack-)Schä­den, nicht da­ge­gen an­de­re (Blech-)Schä­den, auch wenn sie kei­ne wei­ter­ge­hen­den Fol­gen hat­ten und der Re­pa­ra­tur­auf­wand nur ge­ring war. Ob das Fahr­zeug nach dem Un­fall (fach­ge­recht) re­pa­riert wor­den ist, ist eben­falls nicht von Be­deu­tung (im An­schluss an BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VI­II ZR 330/06, NJW 2008, 53 Rn. 19 f.).
  2. Die Pflicht­ver­let­zung, die in der Lie­fe­rung ei­nes Ge­braucht­wa­gens mit Un­fall­scha­den liegt, kann auch dann i. S. von § 323 V 2 BGB un­er­heb­lich sein, wenn es sich bei dem Un­fall­scha­den im Sin­ne der stren­gen Recht­spre­chung des BGH nicht um ei­nen „Ba­ga­tell­scha­den“, son­dern um ei­nen Man­gel (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB) han­delt. Ob der – un­be­heb­ba­re – Man­gel „Un­fall­wa­gen“ er­heb­lich ist, ist viel­mehr an­hand ei­ner um­fas­sen­den In­ter­es­sen­ab­wä­gung auf der Grund­la­ge der Um­stän­de des Ein­zel­falls zu be­ur­tei­len. In die­se Ab­wä­gung sind ins­be­son­de­re die von dem Man­gel aus­ge­hen­de fort­dau­ern­de Be­ein­träch­ti­gung und die Schwe­re des Ver­schul­dens des Ver­käu­fers ein­zu­stel­len.
  3. Die Pflicht­ver­let­zung des Ver­käu­fers ist – iso­liert be­trach­tet – un­er­heb­lich i. S. von § 323 V 2 BGB, wenn sich der Man­gel, der dar­in liegt, dass ein Ge­braucht­wa­gen ein Un­fall­wa­gen ist, al­lein in ei­nem mer­kan­ti­len Min­der­wert des Fahr­zeugs aus­wirkt und die­ser Min­der­wert nur 1,19 % des Kauf­prei­ses be­trägt.
  4. Oh­ne greif­ba­re An­halts­punk­te für Män­gel ist ein Ge­braucht­wa­gen­händ­ler nicht ge­hal­ten, ein Fahr­zeug vor dem Ver­kauf um­fas­send zu un­ter­su­chen oder den Käu­fer dar­über auf­zu­klä­ren, dass ei­ne ein­ge­hen­de Un­ter­su­chung un­ter­blie­ben ist.

OLG Bran­den­burg, Ur­teil vom 01.11.2018 – 6 U 32/16

Sach­ver­halt: Der Klä­ger hat von der Be­klag­ten ei­nen ge­brauch­ten Vol­vo XC60 D4 er­wor­ben und be­gehrt we­gen ei­nes be­haup­te­ten Man­gels die Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags.

Das Land­ge­richt hat der Kla­ge über­wie­gend statt­ge­ge­ben, nach­dem es ein schrift­li­ches Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten zu der Fra­ge ein­ge­holt hat­te, ob die lin­ke hin­te­re Sei­ten­wand des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs we­gen ei­nes Un­fall­scha­dens nachla­ckiert wor­den sei.

Zur Be­grün­dung hat das Land­ge­richt aus­ge­führt, der Klä­ger kön­ne mit Er­folg die Rück­zah­lung des an die Be­klag­te ge­zahl­ten Kauf­prei­ses in Hö­he von 29.140 €, Zug um Zug ge­gen Rück­ge­währ des Fahr­zeugs, ver­lan­gen. Der Klä­ger sei wirk­sam von dem mit der Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten, nach­dem die Be­klag­te ei­nem Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen des Klä­gers nicht nach­ge­kom­men sei. Denn das Fahr­zeug des Klä­gers ha­be bei Ge­fahr­über­gang ei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 I 1 BGB auf­ge­wie­sen, weil es ent­ge­gen ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung der Par­tei­en nicht un­fall­frei ge­we­sen sei. Die deut­li­chen Spu­ren von Re­pa­ra­tu­ren am hin­te­ren lin­ken Kot­flü­gel lie­ßen auf die Be­sei­ti­gung un­fall­be­ding­ter Vor­schä­den schlie­ßen. Nach den Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen sei­en näm­lich die an der hin­te­ren lin­ken Sei­te des Fahr­zeugs durch­ge­führ­ten Spach­tel­ar­bei­ten er­for­der­lich ge­we­sen, weil ei­ne von au­ßen wir­ken­de me­cha­ni­sche Kraft zu Ver­for­mun­gen in die­sem Be­reich ge­führt ha­be. Für die Be­ur­tei­lung, ob das Fahr­zeug bei Ge­fahr­über­gang un­fall­frei ge­we­sen sei, kom­me es nicht dar­auf an, wel­chen Kos­ten­auf­wand die Be­sei­ti­gung des Un­fall­scha­dens er­for­dert ha­be. Der Man­gel sei auch nicht ge­ring­fü­gig i. S. von § 323 V 2 BGB, weil es hier nicht um ei­nen blo­ßen Ba­ga­tell­scha­den ge­he.

Dem Rück­tritt des Klä­gers ste­he nicht ent­ge­gen, dass die Be­klag­te sich auf die Aus­sa­ge ih­res Groß­händ­lers, Un­fall­schä­den lä­gen nicht vor, ha­be ver­las­sen dür­fen. Der Be­klag­ten sei be­kannt ge­we­sen, dass an dem Fahr­zeug Re­pa­ra­tur­ar­bei­ten durch­ge­führt wor­den sei­en; sie hät­te sich da­her als Ge­braucht­wa­gen­händ­le­rin vom Um­fang die­ser Ar­beit um­fas­send selbst über­zeu­gen müs­sen.

Der Klä­ger ha­be aber kei­nen An­spruch auf Rück­zah­lung des vol­len Kauf­prei­ses in Hö­he von 33.640 €, weil er die Kauf­preis­schuld in Hö­he von (33.640 € − 29.140 € =) 4.500 € durch In­zah­lung­ga­be ei­nes ŠKO­DA Oc­ta­via ge­tilgt ha­be. Al­ler­dings müs­se der Klä­ger der Be­klag­ten ent­ge­gen de­ren An­sicht kei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung zah­len. Denn die Be­klag­te ha­be zum Grund und zur Hö­he ei­nes ent­spre­chen­den An­spruchs nicht hin­rei­chend sub­stan­zi­iert vor­ge­r­a­gen.

Das Land­ge­richt hat dar­über hin­aus an­trags­ge­mäß den An­nah­me­ver­zug der Be­klag­ten fest­ge­stellt. Au­ßer­dem hat es dem Klä­ger ei­nen An­spruch auf Er­satz vor­ge­richt­li­cher Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 1.474,89 € zu­er­kannt. Die­se Kos­ten – so hat das Land­ge­richt aus­ge­führt – sei­en erst ent­stan­den, als die Be­klag­te mit der Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses in Ver­zug ge­we­sen sei, und die Zu­viel­for­de­rung des Klä­gers in Hö­he von 4.500 € ha­be kei­ne Mehr­kos­ten ver­ur­sacht. Der Klä­ger ha­be in­des kei­nen An­spruch auf Er­satz der Kos­ten für die Ein­ho­lung ei­ner De­ckungs­zu­sa­ge sei­nes Recht­schutz­ver­si­che­rers, weil in­so­weit die In­an­spruch­nah­me an­walt­li­cher Hil­fe nicht er­for­der­lich ge­we­sen sei.

Mit sei­ner Be­ru­fung hat der Klä­ger sei­ne erst­in­stanz­li­chen An­trä­ge im Um­fang der Kla­ge­ab­wei­sung wei­ter­ver­folgt. Er meint ins­be­son­de­re, ihm ste­he ein An­spruch auf Rück­zah­lung des vol­len Kauf­prei­ses zu. Denn es sei da­von aus­zu­ge­hen, dass die Be­klag­te als Ge­braucht­wa­gen­händ­le­rin den in Zah­lung ge­nom­me­nen ŠKO­DA Oc­ta­via be­reits wei­ter­ver­äu­ßert ha­be und ihm – dem Klä­ger – die­ses Fahr­zeug des­halb nicht mehr zu­rück­ge­wäh­ren kön­ne. Vor­sorg­lich hat der Klä­ger die Be­klag­te un­ter dem 18.05.2016 zur Rück­ga­be und Rück­über­eig­nung des in Zah­lung ge­ge­be­nen ŠKO­DA Oc­ta­via auf­ge­for­dert.

Die Be­klag­te hat mit ih­rer Be­ru­fung ins­be­son­de­re gel­tend ge­macht, der Rück­tritt des Klä­gers sei nicht wirk­sam, weil nicht er­wie­sen sei, dass der Vol­vo XC60 D4 bei Ge­fahr­über­gang un­fall­be­ding­te Vor­schä­den auf­ge­wie­sen ha­be. Viel­mehr ha­be der Sach­ver­stän­di­ge aus­ge­führt, dass die Ur­sa­che der Ver­for­mung nicht mehr fest­stell­bar sei. Je­den­falls sei das Fahr­zeug des Klä­gers un­fall­frei, weil es kei­nen er­heb­li­chen Scha­den, son­dern nur ei­nen Ba­ga­tell­scha­den er­lit­ten ha­be. Zur Scha­dens­be­sei­ti­gung sei­en nur Spach­tel­mas­se und Lack mit ei­ner Ge­samt­schicht­di­cke von 1,19 mm auf­ge­bracht wor­den; ei­ne tak­til oder en­er­ge­tisch in­ten­si­ve Kol­li­si­on mit ei­nem an­de­ren Fahr­zeug oder ei­nem an­de­ren Ge­gen­stand sei des­halb aus­ge­schlos­sen. Das Land­ge­richt ha­be sich auch nicht mit der von ihr – der Be­klag­ten – vor­ge­leg­ten Rech­nung über nur 196,26 € für die Re­pa­ra­tur des Fahr­zeugs aus­ein­an­der­ge­setzt.

Die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat­te Er­folg, wäh­rend die Be­ru­fung des Klä­gers er­folg­los blieb.

Aus den Grün­den: II. … Das land­ge­richt­li­che Ur­teil un­ter­lag der Ab­än­de­rung, so­weit es der Kla­ge statt­ge­ge­ben hat. Rich­ti­ger­wei­se war die Kla­ge ins­ge­samt ab­zu­wei­sen, weil dem Klä­ger ein An­spruch auf Rück­ab­wick­lung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trags nicht zu­steht. Die auf ei­ne Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten zu ei­ner Zah­lung über den te­n­o­rier­ten Be­trag hin­aus ge­rich­te­te Be­ru­fung des Klä­gers un­ter­lag des­halb der Ab­wei­sung.

1. Der Klä­ger hat kei­nen An­spruch auf Rück­zah­lung des von ihm an die Be­klag­te ge­zahl­ten Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs ge­mäß §§ 346, 348, 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 433 I, 434 I, 323, 326 V BGB, denn er ist nicht wirk­sam von dem Kauf­ver­trag mit der Be­klag­ten über das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug Vol­vo XC60 D4 zu­rück­ge­tre­ten.

Nach § 437 Nr. 2 Fall 1 BGB kann der Käu­fer vom Kauf­ver­trag zu­rück­tre­ten, wenn die ihm ver­kauf­te Sa­che man­gel­haft ist und die wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen der §§ 440, 323, 326 V BGB er­füllt sind. Der mit Schrift­satz vom 09.10.2014 er­klär­te Rück­tritt vom Kauf­ver­trag hat nach Maß­ga­be die­ser An­for­de­run­gen nicht zu ei­ner Um­ge­stal­tung des Ver­trags in ein Rück­ab­wick­lungs­ver­hält­nis ge­führt. Zwar liegt, wie das Land­ge­richt im Er­geb­nis rich­tig aus­ge­führt hat, ein Sach­man­gel vor (a). Die in der Lie­fe­rung des man­gel­haf­ten Fahr­zeugs lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung ist al­ler­dings nur un­er­heb­lich, so­dass ein Rück­tritt nach § 323 V 2 BGB aus­ge­schlos­sen ist (b).

a) Das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug wies bei Über­eig­nung ei­nen Sach­man­gel auf (§ 434 I BGB). Ein sol­cher Sach­man­gel be­steht, wenn die Sa­che bei Ge­fahr­über­gang nicht die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit hat, wenn sie sich nicht für die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung eig­net oder wenn sie nicht die Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann.

Zwar ist das Fahr­zeug nicht be­reits des­halb als sach­man­gel­be­haf­tet an­zu­se­hen, weil ihm ei­ne zwi­schen den Par­tei­en mit Ver­trags­schluss ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit fehl­te (§ 434 I 1 BGB). Ins­be­son­de­re die An­ga­be im Kauf­ver­trags­for­mu­lar „Das Fahr­zeug ist un­fall­frei (It. Vor­be­sit­zer)“ stellt kei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung in die­sem Sin­ne dar, son­dern le­dig­lich ei­ne Wis­sens­er­klä­rung bzw. ei­ne Wis­sens­mit­tei­lung, mit der die Be­klag­te die An­ga­ben des Vor­be­sit­zers wie­der­gibt. Denn wer sich wie die Be­klag­te im Rah­men von Ver­kaufs­ver­hand­lun­gen für ei­ne Aus­sa­ge aus­drück­lich auf ei­ne be­stimm­te Quel­le be­zieht, bringt da­mit hin­rei­chend deut­lich zum Aus­druck, wo­her er die An­ga­be ent­nom­men hat und dass es sich da­bei nicht um ei­ge­nes Wis­sen han­delt (BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VI­II ZR 253/05, NJW 2008, 1517 Rn. 12 ff.).

Al­ler­dings fehlt dem ver­äu­ßer­ten Fahr­zeug in­fol­ge der Be­schä­di­gung der lin­ken hin­te­ren Sei­ten­wand, die durch Spach­teln und Nachla­ckie­ren be­sei­tigt wor­den ist, ei­ne Be­schaf­fen­heit, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB).

Der Käu­fer ei­nes ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeugs kann, wenn kei­ne be­son­de­ren Um­stän­de vor­lie­gen, i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB er­war­ten, dass das Fahr­zeug kei­nen Un­fall er­lit­ten hat, bei dem es zu mehr als „Ba­ga­tell­schä­den“ ge­kom­men ist. Der Be­griff des „Ba­ga­tell­scha­dens“ ist nach der stän­di­gen Recht­spre­chung des BGH sehr eng zu zie­hen: Als „Ba­ga­tell­schä­den“ gel­ten nur ganz ge­ring­fü­gi­ge, äu­ße­re (Lack-)Schä­den, nicht da­ge­gen an­de­re (Blech-)Schä­den, auch wenn sie kei­ne wei­ter­ge­hen­den Fol­gen hat­ten und der Re­pa­ra­tur­auf­wand nur ge­ring war; ob das Fahr­zeug (fach­ge­recht) re­pa­riert wor­den ist, ist eben­falls nicht von Be­deu­tung (BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VI­II ZR 253/05, NJW 2008, 1517 Rn. 18; Urt. v. 10.10.2007 – VI­II ZR 330/06, NJW 2008, 53 Rn. 19 f.; Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 13. Aufl. [2017], Rn. 3154).

Nach die­sen Grund­sät­zen ist im Streit­fall nicht von ei­nem Ba­ga­tell­scha­den, son­dern von ei­nem Fahr­zeug­man­gel aus­zu­ge­hen. Denn das Fahr­zeug wies, wie der Sach­ver­stän­di­ge M fest­ge­stellt hat, an der Sei­ten­wand hin­ten links ei­ne Di­cke der La­ckie­rungs­schicht zwi­schen 174 μ und 1,19 mm auf und be­fand sich da­mit nicht dem Ori­gi­nal­zu­stand oh­ne Nachla­ckie­rung, in dem die La­ckie­rungs­schich­ten­di­cke zwi­schen 106 und 129 μ be­trägt. Aus den an der hin­te­ren lin­ken Sei­ten­wand ge­mes­se­nen Schicht­di­cken – im mitt­le­ren Be­reich der Sei­ten­wand bis 483 μ und im Be­reich des un­te­ren Rad­laufs bis 1,19 mm – hat der Sach­ver­stän­di­ge zu­dem auf Spach­tel­auf­trä­ge zum Aus­gleich von Ver­for­mun­gen der Sei­ten­wand bzw. des Rad­laufs nach in­nen ge­schlos­sen, die durch ei­ne von au­ßen ein­wir­ken­de me­cha­ni­sche Kraft ver­ur­sacht wor­den sein müs­sen. Die Re­pa­ra­tur des Fahr­zeugs war mit­hin nicht auf blo­ße Lack­schä­den be­schränkt, son­dern um­fass­te auch den Aus­gleich von Blech­ver­for­mun­gen. Ei­ne sol­che Re­pa­ra­tur geht – je­den­falls bei ei­nem so­ge­nann­ten jun­gen Ge­braucht­fahr­zeug mit ei­ner Erst­zu­las­sung we­ni­ger als ein Jahr vor dem Kauf­ver­trag und ei­ner Lauf­leis­tung von et­wa 20.000 km – über das­je­ni­ge hin­aus, was der Käu­fer bei ei­nem ver­gleich­ba­ren Fahr­zeug er­war­ten darf und was bei ent­spre­chen­den Ge­braucht­wa­gen üb­lich ist.

Ei­ner Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung durch Nach­bes­se­rung der Re­pa­ra­tur be­durf­te es nicht, weil sich der Man­gel, der in der Ei­gen­schaft des Fahr­zeugs als Un­fall­wa­gen liegt, nicht kor­ri­gie­ren lässt (§ 326 5 BGB).

b) Dem Rück­tritt des Klä­gers steht al­ler­dings – ent­ge­gen der Wer­tung des Land­ge­richts – § 323 V 2 BGB ent­ge­gen, wo­nach der Rück­tritt aus­ge­schlos­sen ist, wenn die dem Sach­man­gel zu­grun­de­lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung des Ver­käu­fers un­er­heb­lich ist. In die­sem Fall blei­ben die Rech­te des Käu­fers aus § 437 BGB auf Nach­er­fül­lung, Min­de­rung oder Scha­dens­er­satz be­schränkt. Nicht je­der Un­fall­vor­scha­den, der bei der Ba­ga­tell­prü­fung nach Maß­ga­be der stren­gen Recht­spre­chung des BGH als Sach­man­gel zu be­wer­ten ist, stellt oh­ne Wei­te­res auch ei­ne nicht un­er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung i. S. des § 323 V 2 BGB dar (BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VI­II ZR 253/05, NJW 2008, 1517 Rn. 22 f.). Des­halb ist in ei­nem Fall, wie dem vor­lie­gen­den, in dem der Käu­fer we­gen ei­nes ei­nen Ba­ga­tell­scha­den über­stei­gen­den Man­gels vom Kauf­ver­trag zu­rück­tritt, ei­ne wei­te­re Prü­fung an­hand ei­ner um­fas­sen­den In­ter­es­sen­ab­wä­gung auf der Grund­la­ge der Um­stän­de des Ein­zel­falls vor­zu­neh­men, in die bei ei­nem nicht be­heb­ba­ren Man­gel – wie hier – die von die­sem aus­ge­hen­de fort­dau­ern­de Be­ein­träch­ti­gung, aber auch die Schwe­re des Ver­schul­dens des Schuld­ners ein­zu­stel­len sind (BGH, Urt. v. 06.02.2013 – VI­II ZR 347/11, NJW 2013, 1365 Rn. 16; Urt. v. 28.05.2014 – VI­II ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 16 f.).

aa) Die fort­dau­ern­de Be­ein­träch­ti­gung durch den Sach­man­gel, der in der Ei­gen­schaft als Un­fall­wa­gen liegt, kann sich bei ei­nem mit ei­nem Vor­scha­den be­haf­te­ten, aber fach­män­nisch re­pa­rier­ten Fahr­zeug al­lein in ei­nem mer­kan­ti­len Min­der­wert aus­wir­ken. Ei­nen sol­chen Min­der­wert auf­grund der Vor­schä­di­gung des Fahr­zeugs hat der Sach­ver­stän­di­ge M nach­voll­zieh­bar fest­ge­stellt: Nach sei­nen aus­führ­li­chen und be­grün­de­ten Fest­stel­lun­gen haf­tet dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug trotz fach­män­ni­scher Re­pa­ra­tur ein mer­kan­ti­ler Min­der­wert be­reits des­halb an, weil die der Nachla­ckie­rung zu­grun­de lie­gen­de Be­schä­di­gung über ei­nen nicht of­fen­ba­rungs­pflich­ti­gen Ba­ga­tell­scha­den hin­aus­geht. Die­sen hat der Sach­ver­stän­di­ge un­ter Her­an­zie­hung der von ihm zu­grun­de ge­leg­ten Re­pa­ra­tur­kos­ten von 778,26 € und der Bil­dung ei­nes markt­üb­lich ge­run­de­ten Mit­tel­werts aus den nach den ver­schie­de­nen markt­üb­li­chen Me­tho­den er­rech­ne­ten Min­der­wer­ten mit 400 € er­mit­telt. Der Se­nat sieht kei­nen An­lass, von der nach­voll­zieh­ba­ren und be­grün­de­ten Be­wer­tung des Sach­ver­stän­di­gen ab­zu­wei­chen. Der Min­der­wert ent­spricht da­mit 1,19 % des Kauf­prei­ses und ver­mag für sich ge­nom­men ei­ne mehr als un­er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung sei­tens der Be­klag­ten nicht zu be­grün­den (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VI­II ZR 253/05, NJW 2008, 1517 Rn. 22; Urt. v. 14.09.2005 – VI­II ZR 363/04, WM 2005, 2293 [un­ter II 2]).

bb) Auch das Ver­schul­den der Be­klag­ten im Hin­blick auf den Feh­ler ist nicht als so be­deu­tend ein­zu­stu­fen, dass die dar­aus er­wach­sen­de Pflicht­ver­let­zung im Zu­sam­men­hang mit der Lie­fe­rung des Fahr­zeugs als er­heb­lich ein­zu­stu­fen wä­re. Der Um­stand, dass die Be­klag­te den Klä­ger vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags nicht auf die durch­ge­führ­te Re­pa­ra­tur von Ver­for­mun­gen des Blechs der lin­ken hin­te­ren Sei­ten­wand hin­ge­wie­sen hat, ver­mag ei­ne Er­heb­lich­keit der Pflicht­ver­let­zung be­reits des­halb nicht zu be­grün­den, weil die Be­klag­te bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags kei­ne In­for­ma­tio­nen über die Nachla­ckie­rung der Sei­ten­wand be­saß. Die­se ist ihr viel­mehr, wie die Be­klag­te mit Schrift­satz vom 27.07.2015 vor­ge­tra­gen hat, erst im Ver­lauf des Pro­zes­ses nach ei­ner Re­cher­che zur His­to­rie des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs zur Kennt­nis ge­langt. Dies hat der Klä­ger nicht er­heb­lich be­strit­ten. Ei­ne ent­spre­chen­de In­for­ma­ti­on des Klä­gers bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags war der Be­klag­ten des­halb nicht mög­lich.

Ei­ne er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung ge­gen­über dem Klä­ger liegt auch nicht dar­in, dass die Be­klag­te das Fahr­zeug vor dem Ver­kauf nicht ei­ner von ihr vor­zu­neh­men­den Un­ter­su­chung un­ter­zo­gen hat, bei wel­cher der Man­gel fest­ge­stellt wor­den wä­re, und dass die Be­klag­te den Klä­ger pflicht­wid­rig nicht über die­ses Un­ter­las­sen auf­ge­klärt hat. Zwar kann we­gen des Ver­bots arg­lis­ti­gen Ver­hal­tens ei­ne nur un­er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung grund­sätz­lich dann nicht an­ge­nom­men wer­den, wenn ei­ne Ver­trags­par­tei der an­de­ren Um­stän­de ver­schweigt, wel­che für ih­ren Ver­trags­ent­schluss we­sent­lich und des­halb of­fen­ba­rungs­pflich­tig sind. Der Um­stand, dass ein Ge­braucht­wa­gen­händ­ler das von ihm ver­kauf­te Ge­braucht­fahr­zeug nicht wie vom Ver­kehr er­war­tet un­ter­sucht, kann auch ei­nen sol­chen of­fen­ba­rungs­pflich­ti­gen Um­stand dar­stel­len. Al­ler­dings traf die Be­klag­te als Ge­braucht­wa­gen­händ­le­rin kei­ne ge­ne­rel­le, an­las­s­un­ab­hän­gi­ge Ob­lie­gen­heit, das Fahr­zeug vor dem Ver­kauf um­fas­send zu un­ter­su­chen. Viel­mehr ist der Händ­ler bei Her­ein­nah­me ei­nes Kraft­fahr­zeugs grund­sätz­lich nur zu ei­ner fach­män­ni­schen äu­ße­ren Be­sich­ti­gung (Sicht­prü­fung) ver­pflich­tet. Bie­ten sich ihm da­bei An­halts­punk­te, die für ihn ei­nen kon­kre­ten Ver­dacht auf Män­gel be­grün­den, kann er zu ei­ner wei­te­ren Über­prü­fung des Fahr­zeugs ge­hal­ten sein (BGH, Urt. v. 15.04.2015 – VI­II ZR 80/14, NJW 2015, 1669 Rn. 14). Un­ter­lässt er die­se, muss er den Käu­fer über sei­nen Ver­dacht und das Un­ter­blei­ben von Nach­for­schun­gen un­miss­ver­ständ­lich auf­klä­ren (Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 3669).

Nach den Um­stän­den des vor­lie­gen­den Falls be­stand ei­ne sol­che Auf­klä­rungs­pflicht da­nach nicht. Denn die Be­klag­te hat in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat vor­ge­tra­gen, dass sie das Fahr­zeug bei Her­ein­nah­me wie üb­lich ge­prüft und auf­be­rei­tet hat, oh­ne dass ihr die an der Kunst­stoff­ver­klei­dung des Schwel­lers be­find­li­chen Lack­sprit­zer auf­ge­fal­len sind. Ob dies auf Fahr­läs­sig­keit be­ruh­te – wor­an Zwei­fel be­ste­hen, denn ob­gleich der Sach­ver­stän­di­ge M in sei­ner münd­li­chen Ver­neh­mung vor dem Se­nat aus­ge­führt hat, der Mit­ar­bei­ter ei­nes Au­to­hau­ses, das ein Kraft­fahr­zeug an­kauft, soll­te im Rah­men der Sicht­prü­fung auf ent­spre­chen­de Sprit­zer ach­ten, hat er dies da­hin ge­hend re­la­ti­viert, dass er als Sach­ver­stän­di­ger, der gro­ße Fuhr­parks von meh­re­ren Hun­dert Fahr­zeu­gen be­gut­ach­tet, für ver­gleich­ba­re nach­träg­li­che Ver­än­de­run­gen an ei­nem Fahr­zeug be­son­ders sen­si­bi­li­siert ist – kann da­hin­ste­hen, denn für den Vor­wurf der Arg­list reicht es grund­sätz­lich nicht aus, sich die Kennt­nis von Un­fall­spu­ren fahr­läs­sig nicht ver­schafft zu ha­ben (Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 4352). Oh­ne kon­kre­ten Man­gel­ver­dacht be­steht ei­ne Un­ter­su­chungs­pflicht nicht (BGH, Urt. v. 21.01.1981 – VI­II ZR 10/80, NJW 1981, 928, 929); es muss dann auch nicht un­ge­fragt dar­über auf­ge­klärt wer­den, dass ei­ne ein­ge­hen­de Un­ter­su­chung nicht statt­ge­fun­den hat.

c) Im Er­geb­nis ist der Klä­ger nicht wirk­sam vom Kauf­ver­trag mit der Be­klag­ten zu­rück­ge­tre­ten. Ei­ner Er­ör­te­rung, ob und wel­che Zah­lungs­an­sprü­che den Par­tei­en wech­sel­sei­tig auf­grund des Rück­tritts zu­ste­hen, be­darf es des­halb nicht.

2. Man­gels wirk­sam aus­ge­üb­ten Rück­tritts be­fin­det sich die Be­klag­te mit der An­nah­me des ihr an­ge­bo­te­nen streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs Vol­vo XC60 D4 nicht in Ver­zug. Das land­ge­richt­li­che Ur­teil war ent­spre­chend … ab­zu­än­dern und die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

3. Ein An­spruch auf Er­stat­tung der dem Klä­ger im Zu­sam­men­hang mit der Gel­tend­ma­chung sei­ner An­sprü­che ent­stan­de­nen vor­ge­richt­li­cher Rechts­an­walts­kos­ten be­steht eben­falls nicht, weil die Be­klag­te man­gels Be­grün­det­heit der Haupt­for­de­rung nicht mit ih­rer Leis­tung in Ver­zug war.

4. Glei­ches gilt, so­weit der Klä­ger … die Er­stat­tung der zur Ein­ho­lung der De­ckungs­zu­sa­ge … ent­stan­de­nen Kos­ten … be­gehrt hat. In­so­weit hat das Land­ge­richt die Kla­ge zu Recht als un­be­grün­det ab­ge­wie­sen und bleibt die Be­ru­fung des Klä­gers oh­ne Er­folg. …

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