- Der Rücktritt vom Kaufvertrag, den der Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs nach einem erfolglosen Ersatzlieferungsverlangen erklärt hat, ist unwirksam, wenn der Verkäufer gegen den zunächst geltend gemachten Anspruch auf Ersatzlieferung (§ 437 Nr. 1, § 439 I Fall 2 BGB) wirksam die Einrede der relativen Unverhältnismäßigkeit (§ 439 III 1 BGB a.F. = § 439 IV 1 BGB n.F.) erhoben und der Käufer ihm daraufhin keine Frist zur Nachbesserung (§ 439 I Fall 2 BGB) gesetzt hat.
- Der Verkäufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs kann die Einrede der (relativen) Unverhältnismäßigkeit der Ersatzlieferung wirksam erheben, wenn spätestens bei Ablauf einer angemessenen Frist zur Ersatzlieferung ein zum Zwecke der Nachbesserung entwickeltes, vom Kraftfahrt-Bundesamt freigegebenes Softwareupdate vorliegt, das die latent bestehende Gefahr einer Betriebsuntersagung beseitigt und dessen Kosten die der Ersatzlieferung um ein Vielfaches unterschreiten (Fortührung von Senat, Urt. v. 20.05.2020 – 17 U 328/19, juris).
OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 10.03.2021 – 17 U 21/19
Sachverhalt: Der Kläger kaufte von der Beklagten zu 1 mit schriftlichem Kaufvertrag vom 11.06.2011 für 22.900 € einen VW Golf Plus. Dieses von der Beklagten zu 2 hergestellte Fahrzeug wurde dem Kläger am 08.10.2011 übergeben.
Es ist mit einem Dieselmotor des Typs EA189 ausgestattet. Dessen Steuerungssoftware war so programmiert, dass ein spezieller Betriebsmodus („Modus 1“) aktiviert wurde, sobald das Fahrzeug auf einem Prüfstand den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfuhr, der Bestandteil des Typengenehmigungsverfahrens war. Im „Modus 1“ war die Abgasrückführungsrate höher und dementsprechend der Stickoxid(NOX)-Ausstoß geringer als in dem Modus („Modus 1“), in dem der Pkw außerhalb des Prüfstands betrieben wurde.
Das Kraftfahrt-Bundesamt sah die genannte Software als unzulässige Abschalteinrichtung i. S. von Art. 3 Nr. 10, Art. 5 II 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 an und verpflichtete die Beklagte zu 2, diese aus allen betroffenen Fahrzeugen zu entfernen. Die Beklagte zu 2 entwickelte daher ein Softwareupdate, das den Verbrennungsprozess durch eine Anpassung der Einspritzcharakteristik optimiert und dessen Installation dazu führt, dass nur noch in ein einheitlicher Betriebsmodus existiert.
Der Kläger, der seinen Pkw für mangelhaft hält, forderte die Beklagte zu 1 unter dem 06.09.2016 auf, ihm bis zum 13.10.2016 als Ersatz für das mangelhafte Fahrzeug ein mangelfreies Fahrzeug ohne unzulässige Abschalteinrichtung zu liefern. Dieses Ersatzlieferungsverlangen wie die Beklagte zu 1 mit Schreiben vom 08.09.2016 als unverhältnismäßig zurück.
Die Beklagte zu 2 forderte den Kläger mit Schreiben vom 30.12.2016 auf, das Softwareupdate installieren zu lassen. Dem kam der Kläger trotz mehrfacher Erinnerung nicht nach.
Vielmehr focht er mit Schreiben vom 04.10.2017 seine auf den Abschluss des streitgegenständlichen Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung an und erklärte hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit der Anfechtung seinen Rücktritt von diesem Kaufvertrag. Die Beklagte zu 1 verwies den Kläger auf die angebotene Nachbesserung durch die Installation des Softwareupdates, wobei sie auf die Einrede der Verjährung bis zum 31.12.2017 verzichtete.
Mit seiner Klage hat der Kläger die Beklagte zu 1 auf Rückzahlung des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des erworbenen Fahrzeugs sowie Zahlung einer von der Beklagten zu 1 der Höhe nach darzulegenden Nutzungsentschädigung, in Anspruch genommen. Des Weiteren hat er die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten zu 1 und den Ersatz vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten begehrt. In Bezug auf die Beklagte zu 2 hat der Kläger festgestellt wissen wollen, dass diese ihm aus der „Manipulation des Fahrzeugs“ resultierende Schäden ersetzen müsse.
Der Kläger hat geltend gemacht, ihm sei es darauf angekommen, ein umweltfreundliches und wertstabiles Fahrzeug zu erhalten, mit dem er jederzeit auch dann in Städte fahren könne, wenn dafür eine grüne Umweltplakette erforderlich sei. Die Beklagte zu 2 habe ihn bei Abschluss des Kaufvertrags arglistig über die Schadstoffemissionen des Pkw getäuscht und so zum Kauf dieses Fahrzeugs veranlasst. Diese Täuschung habe die Beklagte zu 1 i. S. von § 123 II 1 BGB gekannt oder kennen müssen. Da mithin die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung wirksam sei, sei der Kaufvertrag gemäß § 812 I 1 Fall 1 BGB rückabzuwickeln. Jedenfalls aber habe er, der Kläger, einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags, weil er wirksam von diesem zurückgetreten sei. Denn sein Fahrzeug sei wegen der darin zum Einsatz kommenden unzulässigen Abschalteinrichtung schon bei der Übergabe mangelhaft gewesen, und er habe der Beklagten zu 1 erfolglos eine Frist zur Ersatzlieferung gesetzt. Eine Frist zur Nachbesserung habe er nicht setzen müssen, da sich die Beklagte zu 1 das arglistige Verhalten der Beklagten zu 2 zurechnen lassen müsse und es ihm, dem Kläger, nicht zuzumuten sei, sich bezüglich einer Nachbesserung in die Hände der Beklagten zu 2 zu begeben, die ihn jahrelang betrogen und getäuscht habe. Abgesehen davon erhöhe sich durch die Installation des Softwareupdates der Kraftstoffverbrauch und verringere sich die Motorleistung; außerdem verkürze sich die „Lebenserwartung“ des Rußpartikelfilters erheblich.
Seine Ansprüche gegen die Beklagte zu 2 hat der Kläger auf §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB (Prospekthaftung), auf § 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB (Betrug), auf § 826 BGB (sittenwidrige vorsätzliche Schädigung) und auf § 823 II BGB i. V. mit § 16 UWG, § 4 Nr. 11 UWG a.F. gestützt.
Die Beklagten haben eingewandt, die Klage sei insoweit, als sie auf Rückzahlung des Kaufpreises gerichtet sei, unzulässig, weil der Kläger die von ihm zu zahlende Nutzungsentschädigung nicht beziffert habe. Mangels eines feststellbaren Rechtsverhältnis und eines Feststellungsinteresses sei auch der gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Feststellungsantrag unzulässig.
Die Klage – so haben die Beklagten geltend gemacht – sei aber auch unbegründet. Das streitbefangene Fahrzeug sei nicht mangelhaft; es sei technisch sicher, könne uneingeschränkt verwendet werden und verfüge über alle erforderlichen Genehmigungen. Abgesehen davon stehe dem vom Kläger erklärten Rücktritt entgegen, dass ein – unterstellter – Mangel unerheblich sei (§ 323 V 2 BGB), jedenfalls aber der Kläger nicht ordnungsgemäß Nacherfüllung verlangt habe (§ 323 I BGB). Die Frist zur Ersatzlieferung, die der Kläger gesetzt habe, sei unbeachtlich. Zum einen sei nämlich eine Ersatzlieferung unmöglich (§ 275 I BGB), da das streitgegenständliche Fahrzeugmodell im Zeitpunkt des Nachlieferungsverlangens schon nicht mehr hergestellt worden sei. Zum anderen sei eine Ersatzlieferung jedenfalls unverhältnismäßig (§ 439 III BGB a.F.), da die Kosten für das Aufspielen des Updates weniger als 100 € betrügen.
In diesem Zusammenhang haben die Beklagten behauptet, das Kraftfahrt-Bundesamt habe das Softwareupdate für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp mit Bescheid vom 21.11.2016 freigegeben. In diesem Bescheid heiße es:
„Mit Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamts … vom 14.10.2015 wurde die Volkswagen AG verpflichtet, bei allen betroffenen Fahrzeugen mit dem Aggregat EA189 EU5 die unzulässige Abschalteinrichtung zu entfernen. Weiterhin wurde die Volkswagen AG verpflichtet, den Nachweis zu führen, dass nach Entfernen der unzulässigen Abschalteinrichtung alle technischen Anforderungen der relevanten Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG erfüllt werden. …
Für die betroffenen Fahrzeugtypen (Verkaufsbezeichnung VW Beetle, Golf, Golf Plus, Golf Cabrio, Golf Variant, Jetta, Scirocco, Touran, AUDI A1, A3, SEAT Altea, Ibiza, Leon) wurde dieser Nachweis für Fahrzeuge mit den Motorkennbuchstaben CBAA, CBAB, CBDA, CBDB, CBDC, CLCA, CLCB, CFFA, CFFB, CFHB, CFHC, CFHD, CFHF und CLCB geführt. …
Folgende Sachverhalte wurden durch das Kraftfahrt-Bundesamt mit dem dargestellten Ergebnis überprüft:
A) Nichtvorhandensein unzulässiger Abschalteinrichtungen
Ergebnis: Es wurde keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt.B) Offenlegung zulässiger Abschalteinrichtungen
Ergebnis: Die vorhandenen Abschalteinrichtungen wurden als zulässig eingestuft.C) Schadstoffemissionen und Dauerhaltbarkeit von emissionsmindernden Einrichtungen.
Ergebnis: Die Grenzwerte und die anderen Anforderungen wurden eingehalten.D) Kraftstoffverbrauchswerte und CO2-Emissionen
Ergebnis: Die ursprünglich vom Hersteller angegebenen Kraftstoffverbrauchswerte und CO2-Emissionen wurden in Prüfungen durch einen Technischen Dienst bestätigt.E) Motorleistung und maximales Drehmoment
Ergebnis: Die bisherige Motorleistung und das maximale Drehmoment blieben unverändert.F) Geräuschemissionen
Ergebnis: Die bisherigen Geräuschemissionswerte blieben unverändert.Zusammenfassend wird bestätigt, dass die von der Volkswagen AG für die betroffenen Fahrzeuge der Hersteller AUDI AG und SEAT S.A. dem Kraftfahrt-Bundesamt vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet ist, die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen.“
Schließlich hat die Beklagte zu 2 geltend gemacht, dass deliktische Ansprüche des Klägers nicht bestünden, da sie den Kläger nicht getäuscht habe und diesem kein Schaden entstanden sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Es hat ausgeführt, der Kläger habe gegen die Beklagte zu 1 keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus § 812 I 1 Fall 1 BGB, da die von dem Kläger erklärte Anfechtung nicht wirksam sei. Die Beklagte zu 1 habe den Kläger nicht über verkehrswesentliche Eigenschaften des Fahrzeugs getäuscht. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zu 1 vom Vorhandensein der fraglichen Motorsteuerungssoftware gewusst habe. Eine Kenntnis der Beklagten zu 2 sei ihr nicht zuzurechnen.
Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gemäß §§ 434 I, 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 323, 440 BGB. Es könne dahinstehen, ob das streitgegenständliche Fahrzeug bei der Übergabe an den Kläger mangelhaft gewesen sei. Der vom Kläger erklärte Rücktritt sei jedenfalls deshalb unwirksam, weil der Kläger keine Frist zur Nachbesserung gesetzt habe. Auf die gesetzte Frist zur Ersatzlieferung komme es nicht an, weil der Kläger lediglich Nachbesserung verlangen könne. Die Beklagte zu 1 habe sich zu Recht auf die relative Unverhältnismäßigkeit der Ersatzlieferung berufen, weil die Kosten der Ersatzlieferung und die Kosten der Nachbesserung (Installierung des Softwareupdates), die 56 € betrügen, in einem erheblichen Missverhältnis zueinander stünden. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang, dass der Kläger sein Fahrzeug uneingeschränkt nutzen könne und es durch die Installation des Softwareupdates in einen mangelfreien Zustand versetzt werde. Der Auffassung des Klägers, das Softwareupdate sei zur Nachbesserung untauglich, stehe der Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes entgegen, mit dem das Updates freigegeben worden sei und an dessen Inhalt die Zivilgerichte gebunden seien. Angesichts dieses Bescheids sei mit einem Entzug der EG-Typgenehmigung nicht zu rechnen. Dass trotz des Softwareupdates ein merkantiler Minderwert verbleibe, habe der Kläger nicht substanziiert dargelegt.
Der könne sich auch nicht mit Erfolg auf §§ 280 I, III, 281, 433 I BGB oder §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB stützen; das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht sei abschließend.
Soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zu 2 zum Schadensersatz festgestellt haben wolle, sei die Klage unzulässig. Es fehle an der nach § 253 II Nr. 2 ZPO erforderlichen Bestimmtheit des Klageantrags. Der Kläger habe das festzustellende Rechtsverhältnis nicht hinreichend bestimmt angegeben. Der Klageantrag lasse offen, wegen welcher „Manipulation“ Schadensersatz verlangt werden solle. Darüber hinaus sei der Feststellungsantrag unzulässig, weil der Kläger sein Ziel mit einer – vorrangigen – Leistungsklage erreichen könne. Da er den Ersatz des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs, begehre, sei es ihm möglich, seine Forderung zu bezifferen. Ein anerkannter Ausnahmefall liege nicht vor; dass die Streitpunkte der Parteien durch einen Feststellungsausspruch erledigt werde könnten, sei nicht zu erwarten. Auch befinde sich der Schaden nicht mehr in der Entwicklung.
Die gegen die Beklage zu 2 gerichtete Klage sei überdies unbegründet, weil der Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte zu 2 habe.
Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers, der das Softwareupdate nach Verkündung des angefochtenen Urteils hat installieren lassen und den streitgegenständlichen Pkw anschließend für 5.800 € veräußert hat, hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: II. … Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte zu 1 auf Rückzahlung des beim Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeugs entrichteten Kaufpreises.
Der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch folgt insbesondere nicht aus §§ 346 I, 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 434 I, 433 I BGB. Zwar wies das Fahrzeug im Zeitpunkt des Gefahrübergangs wegen des Vorhandenseins einer unzulässigen Abschalteinrichtung und der daraus resultierenden Gefahr einer Betriebsuntersagung einen Sachmangel auf (vgl. BGH, Beschl. v. 08.01.2019 – VIII ZR 225/17, juris Rn. 4 ff.). Der vom Kläger erklärte Rücktritt vom Kaufvertrag ist dennoch unwirksam, weil die Beklagte zu 1 gegen den vom Kläger vorgerichtlich geltend gemachten Nachlieferungsanspruch wirksam die Einrede der relativen Unverhältnismäßigkeit der Nachlieferung gemäß § 439 III 1 BGB a.F. (= § 439 IV 1 BGB n.F.) erhoben hat, eine Frist zur Nachbesserung vom Kläger nicht gesetzt wurde und eine solche Fristsetzung zur Nachbesserung auch nicht entbehrlich war.
Die Beklagte zu 1 konnte die vom Kläger begehrte Nachlieferung nach § 439 III 1 BGB a.F. verweigern, da sie im Vergleich zur Nachbesserung mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden gewesen wäre. Die Beklagte zu 1 hat die nicht fristgebundene (vgl. BGH, Urt. v. 24.10.2018 – VIII ZR 66/17, BGHZ 220, 134 = juris Rn. 57) Einrede der Unverhältnismäßigkeit i. S. des § 439 III 1 BGB a.F. erhoben, indem sie in ihrem Schreiben vom 08.09.2016 unter Bezugnahme auf das Nachlieferungsverlangen des Klägers aufgrund der angekündigten kostengünstigeren technischen Maßnahme einen Austausch des Fahrzeugs ausdrücklich als unverhältnismäßig ablehnte.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist das von der Beklagten zu 2 entwickelte Softwareupdate grundsätzlich geeignet, den Sachmangel zu beseitigen (vgl. Senat, Urt. v. 20.05.2020 – 17 U 328/19, juris Rn. 84). Wie sich aus dem Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 21.11.2016 ergibt, besteht nach der Installierung des Softwareupdates die den Sachmangel begründende Gefahr einer Betriebsuntersagung nicht mehr. Das Kraftfahrt-Bundesamt hat ausdrücklich festgestellt, dass die vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet ist, die Vorschriftsmäßigkeit der betroffenen Fahrzeuge herzustellen. Dass der Bescheid vom 21.11.2016 mit dem von den Beklagten vorgetragenen Inhalt ergangen ist, steht nach Vorlage einer Kopie des Bescheids außer Frage. Die vom Kläger monierten Schwärzungen betreffen lediglich die Anschriften der Beklagten zu 2 und ihrer Konzernunternehmen sowie interne Daten des Kraftfahrt-Bundesamtes, die für den Inhalt des Bescheids keine Relevanz haben.
Soweit der Kläger meint, das Softwareupdate stelle wegen der hierdurch verursachten Nachteile keine geeignete Maßnahme dar, die ursprüngliche ihm bekannte Manipulation rückgängig zu machen, steht dieser Vortrag in einem vom Kläger nicht aufgelösten Widerspruch zu der Prüfung durch das Kraftfahrt-Bundesamt, das mit Bestätigung vom 21.11.2016 festgestellt hat, dass keine unzulässigen Abschalteinrichtungen mehr vorhanden seien, die angegebenen Kraftstoffverbrauchswerte und NOX– und CO2-Emissionen sowie die Dauerhaltbarkeit von emissionsmindernden Einrichtungen eingehalten würden sowie Motorleistung, maximales Drehmoment Geräuschemissionen unverändert seien. Die Wirkung des Bescheids des Kraftfahrt-Bundesamtes betraf vorliegend nicht allein die Beklagte zu 2 als unmittelbare Adressatin, sondern auch die Erwerber der entsprechend ausgestatteten Fahrzeuge, die ursprünglich mit einer Betriebsuntersagung rechnen mussten, weil sich die Fahrzeuge im Hinblick auf die Abschalteinrichtung i. S. von § 5 I FZV als nicht vorschriftsmäßig erwiesen (vgl. BGH, Beschl. v. 08.01.2019 – VIII ZR 225/17, juris Rn. 19 m. w. Nachw.), zumal ihre Zulassung auf der Grundlage der erteilten EG-Typgenehmigung und der von der Herstellerin in Folge auszustellenden Übereinstimmungsbescheinigung, die einen Rechtsschein über die Typkonformität des konkreten Fahrzeugs entfaltet (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 20.03.2019 – 2 B 261/19, juris Rn. 6 m. w. Nachw.), erfolgt war (vgl. Senat, Beschl. v. 25.09.2019 – 17 U 45/19, juris Rn. 6, 9). Unter Berücksichtigung dessen ist das Softwareupdate geeignet, den bei Gefahrübergang in Form der latent bestehenden Gefahr einer Betriebsuntersagung bestehenden Sachmangel zu beseitigen (ebenso OLG Saarbrücken, Urt. v. 28.08.2019 – 2 U 92/18, juris Rn. 36 m. w. Nachw.). Hiervon durfte auch die Beklagte zu 1 ausgehen, als sie die Nachlieferung ablehnte und die Einrede der Unverhältnismäßigkeit erhob.
Dass sich die Installierung des Softwareupdates auf das Fahrzeug oder dessen Nutzung auswirkt, hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt.
Soweit der Kläger behauptet, das Update habe nachteilige Folgen, wie etwa eine Verrußung des AGR-Ventils, einen höheren Kraftstoffverbrauch, eine geringere Leistung und eine kürzere Lebensdauer, ist dieses Vorbringen nicht ausreichend. Der Verweis auf Beobachtungen an anderen Fahrzeugen lässt keine Rückschlüsse auf die hypothetische Verursachung etwaiger Mängel an dem streitgegenständlichen Fahrzeug des Klägers zu, zumal gerade nicht dargelegt ist, dass die geschilderten Probleme an einer repräsentativen Anzahl von Fahrzeugen aufgetreten sind und welche Ausgangswerte der Kläger zugrunde legt.
Wenn der Kläger behauptet, die Motorsteuerung enthalte nach der Installierung des Softwareupdates eine weitere unzulässige Abschalteinrichtung in Gestalt eines sogenannten Thermofensters, sodass das Fahrzeug die Abgasnorm Euro&bsp;5 nach wie vor nicht erfülle, ist dies unbeachtlich. Das Kraftfahrt-Bundesamt hat das Softwareupdate überprüft und freigegeben. Dabei hat es festgestellt, dass das Update keine unzulässigen Abschalteinrichtungen enthält und insgesamt geeignet ist, die Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeugs herzustellen. Selbst wenn mit dem Softwareupdate die vom Kläger angeführte Gefahr von Folgemängeln verbunden wäre, läge dies im Risikobereich der Beklagten zu&nbbsp;1. Träten tatsächlich bei dem konkreten Fahrzeug des Klägers entsprechende Folgeprobleme auf, stünden dem Kläger erneut die Rechte aus § 437 BGB zu.
Das Nachlieferungsverlangen des Klägers durfte von der Beklagten zu 1 als unverhältnismäßig zurückgewiesen werden, da eine Nachlieferung im Vergleich zur Nachbesserung nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich wäre (relative Unverhältnismäßigkeit, § 439 III 2 BGB a.F.).
Die Frage, ob die vom Kläger gewählte Art der Nacherfüllung zu der anderen Variante wegen der damit verbundenen Aufwendungen für den Verkäufer unverhältnismäßige Kosten verursacht und diesen deshalb unangemessen belastet, entzieht sich einer verallgemeinerungsfähigen Betrachtung und ist aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung und Würdigung aller maßgeblichen Umstände des konkreten Einzelfalls und unter Berücksichtigung der in § 439 III 2 BGB a.F. genannten Kriterien festzustellen (BGH, Urt. v. 24.10.2018 – VIII ZR 66/17, BGHZ 220, 134 = juris Rn. 59). Hierbei ist zunächst zu sehen, dass es nach den Gesetzesmaterialien nicht zu beanstanden, sondern im Gegenteil legitim ist, den Käufer entscheiden zu lassen, auf welche Weise er das Vertragsziel der Lieferung einer mangelfreien Sache erreichen möchte (BT-Drs. 14/6040, S. 231). Der Käufer ist dabei in seiner Wahl frei und kann das Wahlrecht grundsätzlich nach seinem Interesse ausüben, ohne das Interesse des Verkäufers in den Vordergrund stellen zu müssen (vgl. BVerfG [2. Kammer des Ersten Senat], Beschl. v. 26.09.2006 – 1 BvR 2389/04, juris Rn. 30; BGH, Urt. v. 24.10.2018 – VIII ZR 66/17, BGHZ 220, 134 = juris Rn. 51). Dem Ersatzlieferungsbegehren steht daher per se nicht entgegen, dass diejenige Art der Nacherfüllung gewählt wurde, die den Verkäufer stärker belastet. Für die Frage, ob die Kosten der gewählten Nacherfüllungsvariante außer Verhältnis stehen und deshalb ausnahmsweise den Verkäufer zur Verweigerung der Nacherfüllung berechtigen, sind nach § 439 III 2 BGB a.F. insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden kann. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung ist dabei der Zeitpunkt des Zugangs des Nacherfüllungsverlangens bzw., wenn der Käufer dem Verkäufer eine Frist gesetzt hat, der Ablauf der gesetzten Nacherfüllungsfrist (vgl. BGH, Urt. v. 24.10.2018 – VIII ZR 66/17, BGHZ 220, 134 = juris Rn. 72).
Danach stellt sich die begehrte Nachlieferung im Verhältnis zur Nachbesserung durch die Installierung des in Abstimmung mit dem Kraftfahrt-Bundesamt entwickelten Softwareupdates vorliegend als unverhältnismäßig teurer und damit als nicht zumutbar dar (vgl. auch Senat, Urt. v. 20.05.2020 – 17 U 328/19, juris Rn. 78).
Da entgegen der Auffassung der Klägerseite etwaige Entwicklungskosten für das Update unberücksichtigt bleiben müssen, weil diese bei der Beklagten zu 2 und nicht bei der Beklagten zu 1 als Händlerin entstanden sind, kann davon ausgegangen werden, dass die Kosten für das Aufspielen des Updates einen Betrag von 100 € zumindest nicht wesentlich übersteigen. Angesichts eines Nettokaufpreises des streitgegenständlichen Fahrzeugs von 19.143,70 € waren somit – selbst unter Berücksichtigung einer Gewinnmarge der Beklagten zu 1 – die im Zeitpunkt des Zugangs des Nacherfüllungsverlangens zu erwartenden Kosten einer Nachlieferung um ein Vielfaches höher als die Kosten der Nachbesserung. Dies gilt selbst dann, wenn man zulasten der Beklagten zu 1 annähme, sie könne bei der Nachlieferung das zurückzunehmende mangelbehaftete Fahrzeug veräußern. Schon im Zeitpunkt des Nacherfüllungsverlangens im Jahr 2016 war das Fahrzeug rund fünf Jahre alt und hatte damit gegenüber dem ursprünglichen Nettokaufpreis offenkundig einen erheblichen Wertverlust erlitten.
Auch die Bedeutung des Mangels rechtfertigt im vorliegenden Fall keine andere Bewertung der Zumutbarkeit der Nachlieferung. Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob vor Vorhandensein des vom Kraftfahrt-Bundesamt genehmigten Softwareupdates der Anspruch auf Neulieferung gerechtfertigt gewesen wäre, wenn und solange die Betriebsuntersagung des vom Kläger erworbenen Fahrzeugs im Raume stand. Denn die Gefahr der behördlichen Betriebsuntersagung bestand jedenfalls zum Zeitpunkt des Ablaufs einer angemessenen Frist zur Nachlieferung, die an die Stelle der vom Kläger gesetzten zu kurzen Frist trat, nicht mehr, nachdem das Kraftfahrt-Bundesamt das Softwareupdate freigegeben hatte. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, war die vom Kläger gesetzte Frist zur Nachlieferung von circa fünf Wochen zu knapp bemessen. Für die Herstellung des vom Kläger erworbenen Fahrzeugs benötigte die Beklagte zu 2 etwa vier Monate. Dass es angesichts der vom Kläger georderten Sonderausstattung des Fahrzeugs möglich gewesen wäre, das nachzuliefernde Fahrzeug in kürzerer Zeit herzustellen und an den Kläger auszuliefern, ist nicht ersichtlich und widerspricht der Lebenserfahrung. Dies behauptet der Kläger auch nicht. Auszugehen ist daher von einem Ablauf der vom Kläger gesetzten Frist zur Nachlieferung am 06.01.2017. Zu diesem Zeitpunkt war das Update freigegeben, und die Beklagte zu 2 hatte den Kläger aufgefordert, die Installierung des Updates vornehmen zu lassen.
Das sittenwidrige Inverkehrbringen des Fahrzeugs durch die Beklagten zu 2 hat nicht zur Folge, dass sich die Beklagte zu 1 nicht auf die Einrede der Unverhältnismäßigkeit berufen kann. Zwar kann im Rahmen des § 439 III 1 BGB a.F. auch ein Verschulden des Verkäufers ins Gewicht fallen (vgl. BGH, Urt. v. 24.10.2018 – VIII ZR 66/17, BGHZ 220, 134 = juris Rn. 97; Urt. v. 02.04.2014 – VIII ZR 46/13, BGHZ 200, 337 = juris Rn. 36, 45). Die Beklagte zu 1 hatte jedoch bei Abschluss des Kaufvertrags keinen Hinweis auf das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung. Wie der BGH entschieden hat, ist der Hersteller eines Fahrzeugs nicht Erfüllungsgehilfe eines – wie hier – selbstständigen Vertragshändlers (vgl. BGH, Beschl. v. 09.06.2020 – VIII ZR 315/19, juris Rn. 18; Urt. v. 24.10.2018 – VIII ZR 66/17, BGHZ 220, 134 = juris Rn. 97; Urt. v. 02.04.2014 – VIII ZR 46/13, BGHZ 200, 337 = juris Rn. 31). Ein selbstständiger Vertragshändler muss sich eine etwaige Kenntnis des Herstellers auch nicht nach § 166 BGB oder entsprechend § 123 II BGB zurechnen lassen; dies gilt auch im Verhältnis eines selbstständigen Vertragshändlers zur Beklagten zu 2 im Zusammenhang mit der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung (vgl. BGH, Beschl. v. 09.06.2020 – VIII ZR 315/19, juris Rn. 16 ff.; OLG Köln, Urt. v. 06.06.2019 – 24 U 5/19, juris Rn. 31; Beschl. v. 14.06.2018 – 5 U 82/17, juris Rn. 6 ff. m. w. Nachw.; OLG Koblenz, Urt. v. 06.06.2019 – 1 U 1552/18, juris Rn. 46; OLG Hamm, Beschl. v. 05.01.2017 – 28 U 201/16, juris Rn. 34; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.05.2017 – I-22 U 52/17, juris Rn. 8 ff.; OLG München, Urt. v. 03.07.2019 – 3 U 4029/18, juris Rn. 36 ff. m. w. Nachw.; OLG Brandenburg, Beschl. v. 09.10.2018 – 12 U 127/17, juris Rn. 4 ff.; OLG Saarbrücken, Urt. v. 28.08.2019 – 2 U 92/18, juris Rn. 47).
Wenn der Kläger geltend macht, die Installierung des Softwareupdates sei keine von der Beklagten zu 1 vorzunehmende Nachbesserung, sondern eine auf einem behördlichen Rückruf basierende Verpflichtung der Beklagten zu 2, blendet der Kläger aus, dass die Installierung des Updates von der Beklagten zu 1 vorgenommen werden kann und zu einer Beseitigung des Sachmangels führt.
Nachdem die Beklagte zu 1 wirksam die Einrede der Unverhältnismäßigkeit der Nachlieferung gemäß § 439 III BGB a.F. erhoben hat, bedurfte es einer des Ablaufs einer vom Kläger gesetzten angemessenen Frist zur Nachbesserung, um wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten zu können. Eine solche Frist hat der Kläger jedoch nicht gesetzt. Der vom Kläger erklärte Rücktritt ist damit unwirksam.
Ansprüche des Klägers nach §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB oder drittschützenden europarechtlichen Vorschriften kommen nicht in Betracht. Voraussetzung für derartige Ansprüche ist eine schuldhafte Pflichtverletzung. Eine eigene schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten zu 1 ist nicht vorgetragen. Etwaige Pflichtverletzungen der Beklagten zu 2 muss sich die Beklagte zu 1 – wie ausgeführt – nicht zurechnen lassen.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte zu 1 auf Rückzahlung des Kaufpreises gemäß § 812 I 1 Fall 1, §§ 142 I, 123 I Fall 1, II BGB zu. Die vom Kläger erklärte Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung greift nicht durch. Ein arglistiges Verschweigen des Vorhandenseins der unzulässigen Abschalteinrichtung durch die Beklagte zu 1 behauptet der Kläger nicht. Anders als der Kläger meint, ist der Beklagten zu 1 als selbstständiger Vertragshändlerin ein etwaiges arglistiges Fehlverhalten von Mitarbeitern der Beklagten zu 2 als Herstellerin des Motors EA189 unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zuzurechnen. Insbesondere ist die Beklagte zu 2 im Rechtsverhältnis des Klägers zur Beklagten zu 1 nicht „Nichtdritte“ i. S. von § 123 II BGB (vgl. BGH, Beschl. v. 09.06.2020 – VIII ZR 315/19, juris Rn. 17).
Entgegen der von dem Kläger vertretenen Auffassung, ist der Fahrzeugkaufvertrag nicht gemäß § 134 BGB i. V. mit § 27 I EG-FGV nichtig. Die Vorschrift des § 27 I EG-FGV ist kein Verbotsgesetz i. S. von § 134 BGB. Sie richtet sich mit ihren Handlungsalternativen (Feilbieten, Veräußern und Inverkehrbringen) ausschließlich an den Verkäufer eines Kraftfahrzeugs. Danach ist grundsätzlich von der Wirksamkeit eines unter Verstoß gegen § 27 I EG-FGV zustande gekommenen Kaufvertrags auszugehen. Dem widersprechen auch nicht Sinn und Zweck dieser Vorschrift. Die Sicherung der Übereinstimmung produzierter Fahrzeuge mit dem genehmigten Fahrzeugtyp wird durch die in § 25 EG-FGV vorgesehenen Maßnahmen gewährleistet. Einer zusätzlichen zivilrechtlichen Sanktionswirkung in Form der Nichtigkeit von gegen § 27 I EG-FGV verstoßenden Kaufverträgen bedarf es nicht (OLG Koblenz, Urt. v. 08.02.2021 – 12 U 471/20, BeckRS 2021, 1241 Rn. 67; OLG Brandenburg, Urt. v. 30.11.2020 – 4 U 105/19, juris Rn. 32; OLG Hamm, Urt. v. 01.04.2020 – 30 U 33/19, juris Rn. 61; OLG Hamburg, Urt. v. 21.12.2018 – 11 U 55/18, juris Rn. 68 ff.; OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.07.2019 – 17 U 160/18, juris Rn. 37 ff.).
Das Landgericht hat die gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Feststellungsklage zu Recht als unzulässig abgewiesen, weil das nach § 256 I ZPO erforderliche Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung fehlt.
Das Feststellungsinteresse als besondere Ausformung des Rechtsschutzinteresses ist das schutzwürdige Interesse des Klägers an alsbaldiger Feststellung. Soweit dem Kläger ein einfacherer oder zumindest gleich effektiver Weg zur Erreichung seines Rechtsschutzziels zur Verfügung steht, entfällt das Feststellungsinteresse. Dies ist insbesondere der Fall, wenn es dem Kläger möglich und zumutbar ist, eine sein Rechtsschutzziel erschöpfende Klage auf Leistung zu erheben. Denn dann könnte er im Sinne einer besseren Rechtsschutzmöglichkeit den Streitstoff durch die Leistungsklage in einem Prozess klären. Erhebt der Kläger dennoch eine auf bloße Feststellung des Anspruchs gerichtete Klage, ist diese unzulässig (vgl. BGH, Urt. v. 21.02.2017 – XI ZR 467/15, juris Rn. 14 m. w. Nachw.; Urt. v. 02.03.2012 – V ZR 159/11, juris Rn. 14 m. w. Nachw.). Allerdings ist ein Kläger grundsätzlich nicht gehalten, seine Klage in eine Leistungs- und in eine Feststellungsklage aufzuspalten, wenn bei Klageerhebung ein Teil des Schadens schon entstanden, die Entstehung weiteren Schadens aber noch zu erwarten ist. Denn es besteht keine allgemeine Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage. Vielmehr ist eine Feststellungsklage trotz der Möglichkeit, Leistungsklage zu erheben, zulässig, wenn die Durchführung des Feststellungsverfahrens unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt. Dementsprechend kann der Kläger nach ständiger Rechtsprechung des BGH dann, wenn eine Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist, in vollem Umfang die Feststellung der Ersatzpflicht begehren (vgl. BGH, Urt. v. 30.03.1983 – VIII ZR 3/82, juris Rn. 27 m. w. Nachw.; Urt. v. 19.04.2016 – VI ZR 506/14, juris Rn. 6 m. w. Nachw.). Befürchtet der Kläger den Eintritt eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden reinen Vermögensschaden, hängt die Zulässigkeit einer Feststellungsklage nach ständiger Rechtsprechung des BGH von der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts ab (vgl. BGH, Urt. v. 15.10.1992 – IX ZR 43/92, juris Rn. 77 m. w. Nachw.; Urt. v. 24.01.2006 – XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 = juris Rn. 27 m. w. Nachw.; Urt. v. 10.07.2014 – IX ZR 197/12, juris Rn. 11 m. w. Nachw.). In diesen Fällen ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass nach der Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein erst künftig aus dem Rechtsverhältnis erwachsender Schaden angenommen werden kann. Dagegen besteht ein Feststellungsinteresse für einen künftigen Anspruch auf Ersatz eines allgemeinen Vermögensschadens regelmäßig dann nicht, wenn der Eintritt irgendeines Schadens noch ungewiss ist (BGH, Urt. v. 10.07.2014 – IX ZR 197/12, juris Rn. 11).
Nach diesen allgemeinen Maßstäben ist der Feststellungsantrag im vorliegenden Fall mangels Vorliegens des gemäß § 256 I ZPO erforderlichen Feststellungsinteresses unzulässig, da weder schlüssig dargelegt noch sonst erkennbar ist, dass die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen und dem Kläger die Erhebung einer Leistungsklage nicht zumutbar ist. Das Argument des Klägers, eine endgültige Bezifferung des von ihm erwarteten Vermögensschadens sei ihm schon deswegen nicht möglich, weil er noch keine Entscheidung darüber getroffen habe, ob er das Fahrzeug behalten oder gegen Zahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung an die Beklagte zu 2 zurückgeben wolle, kann nicht durchgreifen, weil der Kläger das Fahrzeug zwischenzeitlich veräußert hat und es daher nicht mehr an die Beklagte zu 2 herausgeben kann. Abgesehen davon hätte der Kläger die Entscheidung mit der Klage treffen können und müssen. Anders als in Fällen, in denen ein Feststellungsinteresse von der Rechtsprechung bejaht wird, weil aus objektiven Gründen noch nicht feststeht, auf welche Weise, mit welchen Kosten und in welchem Zeitraum ein bereits eingetretener Sachschaden behoben werden kann (vgl. etwa BGH, Urt. v. 15.01.2008 – VI ZR 53/07, juris Rn. 6), hängt die Entscheidung, welche Ansprüche der Kläger aufgrund der von ihm behaupteten Rechtsverletzung der Beklagten zu 2 dieser gegenüber geltend machen will, allein von seiner Willensentschließung ab, die ihm heute ebenso möglich ist wie in Zukunft. Er kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihm eine Entscheidung derzeit wegen des von ihm behaupteten, in der Vergangenheit liegenden sittenwidrigen Verhaltens der Beklagten zu 2 unzumutbar wäre, weil nicht ersichtlich sei, welche weiteren Erkenntnisse der Kläger in Zukunft noch zu erlangen hoffte, die ihm die Entscheidung erst ermöglichen sollten. Auch liegt kein Fall vor, in dem der Kläger zwischen mehreren Möglichkeiten der Schadensbeseitigung wählen darf und nur einzelne davon schon durch Leistungsklage geltend gemacht werden könnten (vgl. BGH, Urt. v. 04.06.1996 – VI ZR 123/95, juris Rn. 18).
Die vom Kläger befürchteten Steuernachforderungen sind nicht plausibel dargelegt. Wie oben dargestellt, hängt die Zulässigkeit einer Feststellungsklage nach ständiger Rechtsprechung des BGH davon ab, dass aus dem festzustellenden Rechtsverhältnis mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Ansprüche entstanden sind oder entstehen können. Hinsichtlich des vom Kläger zur Begründung für ein Feststellungsinteresse angeführten Risikos eines zukünftigen Steuerschadens fehlt jedoch für die Möglichkeit einer nachträglichen Änderung der Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung zulasten des Klägers jeglicher Anhaltspunkt und nachvollziehbare Vortrag. Bemessungsgrundlage für die Kraftfahrzeugsteuer für Pkw mit erstmaliger Zulassung ab dem 01.07.2009 sind gemäß § 8 Nr. 1 lit. b KraftStG die Kohlendioxidemission und der Hubraum, nicht aber der Stickoxidausstoß, um welchen es bei dem streitgegenständlichen Manipulationsvorwurf des Motors geht. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass angesichts des seit Bekanntwerden des Dieselabgasskandals verstrichenen Zeitraums von mehr als fünf Jahren berechtigter Anlass zu der Annahme bestehe, die zuständige Finanzbehörde werde eine Nachbesteuerung in Erwägung ziehen. Selbst in den Fällen, die den sogenannten Abgasskandal ausgelöst haben, sind Steuern nicht nachgefordert worden. Warum dies dem Kläger drohen sollte, ist daher nicht nachzuvollziehen (vgl. OLG München, Urt. v. 10.08.2020 – 21 U 2719/19, juris Rn. 52; OLG Dresden, Urt. v. 12.11.2020 – 9a U 2437/19, juris Rn. 41). Insoweit hilft auch der Hinweis des Klägers auf Ermittlungen der StA Braunschweig gegen 38 Beschuldigte wegen Steuerhinterziehung nicht weiter. Wie dem vorgelegten Schreiben der StA Braunschweig vom 14.11.2017 zu entnehmen ist, richtet sich das Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche der Beklagten zu 2. Aus Ermittlungen gegen Verantwortliche der Beklagten zu 2 wegen Steuerhinterziehung lässt sich indes nicht schließen, dass eine Steuernachforderung gegenüber den vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugeigentümern droht (so auch OLG München, Urt. v. 10.08.2020 – 21 U 2719/19, juris Rn. 52; OLG Köln, Urt. v. 27.08.2020 – 12 U 174/19, BeckRS 2020, 24512 Rn. 35 ff.).
Die vom Kläger ins Feld geführten Regressforderungen des Nachkäufers des Fahrzeugs sind unwahrscheinlich. Sollte der Kläger dem Käufer alle offenbarungspflichtigen Umstände mitgeteilt haben, ist nicht ersichtlich, woraus sich ein Gewährleistungsanspruch, der auf die frühere Existenz einer unzulässigen Abschalteinrichtung zurückzuführen wäre, ergeben sollte. Im Übrigen ist die gesetzliche Gewährleistungsfrist mittlerweile abgelaufen.
Der Umstand, dass der Kläger den als sogenannten kleinen Schadensersatz geltend gemachten Betrag, der einem eventuellen Minderwert des Fahrzeugs entspricht, nicht beziffern kann, steht der Erhebung einer Leistungsklage nicht entgegen. Der Leistungsantrag kann unter Angabe eines Mindestbetrags auf Zahlung eines nach gerichtlicher Schätzung (§ 287 ZPO) zu ermittelnden Betrags gerichtet sein (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl., § 253 Rn. 14 m. w. Nachw.)
Das Feststellungsinteresse wird schließlich im vorliegenden Fall nicht ausnahmsweise dadurch begründet, dass anzunehmen sein könnte, die Beklagte zu 2 werde sich einem Feststellungsurteil beugen. Die Vielzahl der auch bei dem erkennenden Senat geführten Verfahren belegt das Gegenteil. Zudem handelt es sich bei der Beklagten zu 2 um keine juristische Person des öffentlichen Rechts und um kein der staatlichen Aufsicht unterliegendes Unternehmen. Auch ist nicht aus sonstigen Gründen zu erwarten, dass die Beklagte zu 2 auf ein Feststellungsurteil einen vom Kläger der Höhe nach noch zu beziffernden Betrag zahlen wird. Da die Beklagte zu 2 auch die Höhe eines etwaigen Anspruchs bestreitet, besteht kein Anlass anzunehmen, dass sie auf ein Feststellungsurteil den vom Kläger für angemessen gehaltenen Schadensersatz leisten würde. So ist etwa zwischen den Parteien die Berechnung eines abzuziehenden Nutzungsersatzes streitig.
Der Senat hat dem Kläger in der mündlichen Verhandlung über die Berufung einen rechtlichen Hinweis zur Unzulässigkeit des Feststellungsantrags erteilt. Dies hat den Kläger indes nicht veranlasst, seinen Klageantrag auf Leistung umzustellen.
Wegen des neben dem Feststellungsantrag erhobenen Antrags auf Freistellung von vorgerichtlich aufgewendeten Rechtsanwaltskosten ist die gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Klage unbegründet. Der Kläger kann – eine Haftung der Beklagten zu 2 wegen des Inverkehrbringens eines Fahrzeugs mit unzulässiger Abschalteinrichtung gemäß § 826 BGB unterstellt – von der Beklagten zu 2 keine Freistellung von den vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten verlangen. Wie die Beklagte vom Kläger unangegriffen vorgetragen hat, war allgemein bekannt, dass die Beklagte nicht zahlungswillig war. Unter diesen Umständen waren die Kosten, die der außergerichtliche Versuch der Forderungsdurchsetzung ausgelöst hat, nicht zweckmäßig und mithin nicht erstattungsfähig (vgl. BGH, Urt. v. 28.05.2013 – XI ZR 148/11, juris Rn. 35). Dass der Kläger ohne vorherige außergerichtliche Geltendmachung seines Anspruchs der Gefahr des sofortigen Anerkenntnisses ausgesetzt gewesen wäre, wie er nun vorbringt, ist mehr als fernliegend. Der Kläger muss sich insoweit die senatsbekannte Kenntnis seiner Prozessbevollmächtigten zur Zurückweisung außergerichtlich geltend gemachter Ansprüche zurechnen lassen. …