1. Ein Käu­fer ver­hält sich treu­wid­rig, wenn er dem Ver­käu­fer ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung setzt und noch vor de­ren Ab­lauf – und (hier) trotz er­klär­ter Be­reit­schaft des Ver­käu­fers zur Nach­er­fül­lung – den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt. Das gilt auch dann, wenn der Käu­fer dem Ver­käu­fer we­gen ei­nes arg­lis­ti­gen Ver­hal­tens des Ver­käu­fers kei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung hät­te setz­ten müs­sen (§ 323 II Nr. 3 BGB). Denn mit dem Nach­bes­se­rungs­ver­lan­gen hat der Käu­fer zu er­ken­nen ge­ge­ben, dass er trotz des arg­lis­ti­gen Ver­hal­tens des Ver­käu­fers Ver­trau­en in des­sen Be­reit­schaft zur ord­nungs­ge­mä­ßen Nach­er­fül­lung hat (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2010 – V ZR 147/09, NJW 2010, 1805 Rn. 10).
  2. Die in der Lie­fe­rung ei­nes man­gel­haf­ten – hier: ei­nen Trans­port­scha­den auf­wei­sen­den – Kraft­fahr­zeugs lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung des Ver­käu­fers ist nicht schon des­halb er­heb­lich, weil der – hier in der Ei­gen­schaft des Fahr­zeugs als Un­fall­wa­gen lie­gen­de – Man­gel nicht be­sei­tigt wer­den kann (im An­schluss an BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VI­II ZR 253/05, NJW 2008, 1517 Rn. 22).
  3. Der Man­gel, ein Un­fall­wa­gen zu sein, wirkt sich bei ei­nem fach­män­nisch re­pa­rier­ten Fahr­zeug al­lein in ei­nem mer­kan­ti­len Min­der­wert aus (eben­so OLG Bran­den­burg, Urt. v. 01.11.2018 – 6 U 32/16, BeckRS 2018, 38734 Rn. 31). Ein sol­cher Man­gel ist i. S. von § 323 V 2 BGB ge­ring­fü­gig, wenn der mer­kan­ti­le Min­der­wert nur et­was mehr als zwei Pro­zent des Kauf­prei­ses be­trägt.

OLG Schles­wig, Ur­teil vom 20.10.2020 – 7 U 251/19

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin kauf­te von der Be­klag­ten mit Ver­trag vom 25.07.2017 ei­nen Pkw Fi­at Ti­po. Das Fahr­zeug, des­sen Lauf­leis­tung bei Ver­trags­schluss 10 km be­trug, wur­de als Vor­führ­wa­gen ver­kauft und kos­te­te 13.790 €. Den Kauf­preis fi­nan­zier­te die Klä­ge­rin, in­dem sie mit der B-Bank ei­nen Dar­le­hens­ver­trag über 14.512,91 € schloss und der Bank das Fahr­zeug zur zur Si­che­rung der Dar­le­hens­for­de­rung über­eig­ne­te.

Nach Ab­schluss des Kauf­ver­trags – aber noch vor der Über­ga­be des Fi­at Ti­po an die Klä­ge­rin – ent­stand an dem Fahr­zeug bei des­sen Trans­port in­ner­halb des Be­triebs der Be­klag­ten ein Scha­den, über den die Klä­ge­rin nicht in­for­miert wur­de. Der Pkw wies des­halb im Be­reich des Knie­stücks zum Ein­stieg hin­ten links ei­ne er­höh­te Lack­schich­ten­di­cke mit Spach­tel­auf­trag von 1,5 mm Stär­ke auf. Die üb­ri­ge Lack­schich­ten­di­cke be­lief sich auf 110 μm. Im Be­reich der obe­ren Kon­tur­kan­te der lin­ken Fond­sei­ten­wand so­wie im Be­reich des Tür­ein­stiegs war ei­ne scharf­kan­ti­ge La­ckier-/Ab­kle­be­kan­te mit teils un­ru­hi­gem Ver­lauf und an­haf­ten­den Schmutz­par­ti­keln vom Un­ter­holm bis auf Hö­he der C-Säu­le ver­lau­fend er­kenn­bar. Es lag auch ei­ne deut­lich er­kenn­ba­re Kon­tur­ab­wei­chung bzw. ei­ne Ab­wei­chung der ty­pi­schen äu­ße­ren Form­ge­bung der Ka­ros­se­rie vor. Das Knie­stück der lin­ken Sei­ten­wand war ein­ge­zo­gen und zum Ein­stieg der lin­ken Fond­tür der ty­pi­scher­wei­se halb­rund aus­ge­führ­ten Kon­tur scharf­kan­tig de­for­miert. Die fahr­zeug­ty­pi­sche Kon­tu­ren­kan­te des ex­po­nier­ten Rad­laufau­schnitts war na­he­zu voll­stän­dig ge­glät­tet.

Die Klä­ge­rin for­der­te die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 30.08.2017 un­ter an­de­rem un­ter Hin­weis auf ei­ne schad­haf­te La­ckie­rung des Fahr­zeugs und ei­nen fal­schen Farb­ton zur Nach­bes­se­rung auf und setz­te der Be­klag­ten da­für ei­ne Frist bis zum 15.09.2017. Die Be­klag­te bot der Klä­ge­rin ih­rer­seits mit Schrei­ben vom 04.09.2017 ei­ne Nach­bes­se­rung des Fi­at Ti­po an.

Mit Schrei­ben vom 12.09.2017 er­klär­te die – an­walt­lich ver­tre­te­ne – Klä­ge­rin ge­gen­über der Be­klag­ten den Rück­tritt von dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trag und ver­lang­te, dass die­ser bis zum 22.09.2017 rück­ab­ge­wi­ckelt wer­de.

Mit ih­rer Kla­ge hat die Klä­ge­rin die Be­klag­te auf Zah­lung von 1.253,44 € nebst Zin­sen, Zug um Zug ge­gen Rück­ge­währ des Fi­at Ti­po, in An­spruch ge­nom­men und be­haup­tet, sie ha­be Kos­ten für ein Gut­ach­ten in Hö­he von 900,59 € und für Fahr­zeug­zu­be­hör (Trenn­git­ter, Kof­fer­raum­mat­te) in Hö­he von ins­ge­samt 211,83 € auf­ge­wen­det. Au­ßer­dem ha­be sie – je­weils für zwei Mo­na­te – (an­tei­li­ge) Kraft­fahr­zeug­steu­er in Hö­he von 17 € und Ver­si­che­rungs­prä­mi­en in Hö­he von 128,78 € so­wie – für ei­nen Mo­nat – ei­ne Ga­ra­gen­mie­te in Hö­he von 80 € ge­zahlt, und schließ­lich sei­en ihr Por­to­kos­ten in Hö­he von 19,50 € ent­stan­den. Dar­über hin­aus hat die Klä­ge­rin von der Be­klag­ten ver­langt, sie von For­de­run­gen der B-Bank aus dem Dar­le­hens­ver­trag frei­zu­stel­len und ihr vor­ge­richt­lich ent­stan­de­ne Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 1.261,40 € nebst Zin­sen zu er­set­zen. Schließ­lich hat die Klä­ge­rin die Fest­stel­lung be­gehrt, dass ihr die Be­klag­te ab Ok­to­ber 2017 be­stimm­te Auf­wen­dun­gen (Kraft­fahr­zeug­steu­er, Ver­si­che­rungs­prä­mi­en, Ga­ra­gen­mie­te) er­set­zen müs­se und dass die Be­klag­te mit der Rück­nah­me des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs in An­nah­me­ver­zug sei.

Das Land­ge­richt hat der Kla­ge weit­ge­hend statt­ge­ge­ben. Den gel­tend ge­mach­ten Auf­wen­dungs­er­satz (Kraft­fahr­zeug­steu­er, Ver­si­che­rungs­prä­mi­en und Ga­ra­gen­mie­te) hat es der Klä­ge­rin al­ler­dings nicht zu­er­kannt; au­ßer­dem hat es zu­las­ten der Klä­ge­rin ei­ne der Be­klag­ten zu­ste­hen­de Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von 156,39 € be­rück­sich­tigt, und es ist da­von aus­ge­gan­gen, dass die Klä­ge­rin hin­sicht­lich der vor­ge­richt­lich ent­stan­de­nen Rechts­an­walts­kos­ten nur den Er­satz ei­ner 1,3-fa­chen, nicht ei­ner 1,6-fa­chen Ge­schäfts­ge­bühr ver­lan­gen kön­ne.

Zur Be­grün­dung hat das Land­ge­richt aus­ge­führt, der Klä­ge­rin ste­he ge­gen die Be­klag­te ein An­spruch auf Scha­dens­er­satz zu, da der streit­ge­gen­ständ­li­che Pkw we­gen des Trans­port­scha­dens man­gel­haft sei. Ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ha­be die Klä­ge­rin der Be­klag­ten nicht set­zen müs­sen, da die Be­klag­te den Man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen ha­be. Der Rück­tritt vom Kauf­ver­trag sei un­ge­ach­tet des­sen wirk­sam, dass die Klä­ge­rin von der Be­klag­ten zu­nächst Nach­bes­se­rung ver­langt ha­be. Denn der dem Fahr­zeug an­haf­ten­de Man­gel sei nicht be­heb­bar; es las­se sich nicht mehr kor­ri­gie­ren, dass das Fahr­zeug ein Un­fall­wa­gen sei.

Mit ih­rer Be­ru­fung hat die Be­klag­te wei­ter­hin die (voll­stän­di­ge) Ab­wei­sung der Kla­ge be­gehrt und ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung der Klä­ge­rin durch Ver­schwei­gen des Trans­port­scha­dens in Ab­re­de ge­stellt. Es sei – so hat die Be­klag­te gel­tend ge­macht – ver­se­hent­lich un­ter­las­sen wor­den, die Klä­ge­rin über den Trans­port­scha­den zu in­for­mie­ren. Die Klä­ge­rin sei zu­dem an ihr Nach­bes­se­rungs­ver­lan­gen ge­bun­den; ei­ne Er­satz­lie­fe­rung sei pro­blem­los mög­lich, weil Fahr­zeu­ge wie der streit­ge­gen­ständ­li­che Pkw letzt­lich Pro­duk­te „von der Stan­ge“ sei­en und oh­ne Wei­te­res be­schafft wer­den könn­ten.

Die Be­ru­fung hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: II. Das an­ge­foch­te­ne Ur­teil lei­det an Rechts­feh­lern. Die zu­grun­de lie­gen­den Tat­sa­chen recht­fer­ti­gen ei­ne an­de­re Ent­schei­dung (§ 513 I ZPO).

Der Klä­ge­rin steht kein An­spruch auf Scha­dens­er­satz aus § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I und III, 281 BGB zu. Sie ist auf die Män­gel­rech­te der Nach­er­fül­lung bzw. der Min­de­rung be­schränkt und kann sich nicht im We­ge des Rück­tritts oder des Scha­dens­er­sat­zes vom Ver­trag lö­sen, weil die Er­heb­lich­keits­schwel­le der Pflicht­ver­let­zung nicht über­schrit­ten ist. Da sie die Män­gel­rech­te der Nach­er­fül­lung und der Min­de­rung mit der Kla­ge – und sei auch nur hilfs­wei­se – nicht gel­tend macht, ist die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Im Ein­zel­nen:

Un­strei­tig ist das von der Be­klag­ten ge­lie­fer­te Fahr­zeug man­gel­be­haf­tet. Ge­mäß § 434 I 1 BGB ist die Sa­che frei von Sach­män­geln, wenn sie bei Ge­fahr­über­gang die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit auf­weist. Der Man­gel be­steht hier zum ei­nen in den Ab­wei­chun­gen von der ge­schul­de­ten äu­ße­ren Form, die im an­ge­foch­te­nen Ur­teil im De­tail auf­ge­zählt wer­den, auf das in­so­weit zur Ver­mei­dung von Wie­der­ho­lun­gen Be­zug ge­nom­men wird. Die Man­gel­haf­tig­keit folgt zu­dem aus der Ein­stu­fung als Un­fall­wa­gen, weil das Fahr­zeug zwi­schen Ver­kauf und Aus­lie­fe­rung ei­nen Trans­port­scha­den er­lit­ten hat­te.

Der Man­gel­haf­tig­keit steht nicht ent­ge­gen, dass es sich um ei­nen so­ge­nann­ten Vor­führ­wa­gen ge­han­delt hat, auf den die Vor­schrif­ten über den Ge­braucht­wa­gen­kauf an­zu­wen­den sind (vgl. BGH, Urt. v. 15.09.2010 – VI­II ZR 61/09, NJW 2010, 3710 Rn. 12 ff.). Denn die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit be­zieht sich auf den Ab­schluss des Kauf­ver­trags. Zu die­sem Zeit­punkt war das Fahr­zeug we­der ein Un­fall­wa­gen, noch wies es Ab­kle­be­kan­ten und Ver­än­de­run­gen an der La­ckie­rung auf. Das am En­de aus­ge­lie­fer­te Fahr­zeug bliebt hin­ter die­ser ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit zu­rück.

Das Scha­dens­bild geht auch über ei­nen nicht mit­tei­lungs­pflich­ti­gen „Ba­ga­tell­scha­den“ hin­aus. Hier­un­ter sind nur ganz ge­ring­fü­gi­ge äu­ße­re Lack­schä­den zu ver­ste­hen (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VI­II ZR 330/06, NJW 2008, 53 Rn. 20). Die­se Schwel­le ist hier über­schrit­ten.

Dem Scha­den­er­satz­an­spruch steht al­ler­dings ent­ge­gen, dass die Klä­ge­rin mit Er­klä­rung vom 12.09.2017 un­wirk­sam vom Ver­trag zu­rück­ge­tre­ten ist. So­weit es um die äu­ße­ren Män­gel am Fahr­zeug geht und auch et­wai­ge Fehl­stel­lun­gen der Achs­geo­me­trie, muss sie sich an ih­rem Nach­bes­se­rungs­ver­lan­gen fest­hal­ten las­sen. So­weit die Ei­gen­schaft als Un­fall­wa­gen be­trof­fen ist, han­delt es sich um ei­ne un­er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung, die le­dig­lich zur Min­de­rung be­rech­ti­gen wür­de.

Denn der Scha­dens­er­satz­an­spruch statt der Leis­tung ge­mäß § 437 Nr. 3Fall 1, §§ 280 I und III, 281 BGB setzt vor­aus, dass zu­vor ei­ne Frist zur Nach­bes­se­rung ver­stri­chen ist. Hier hat die Klä­ge­rin die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 30.08.2017 zur Nach­bes­se­rung auf­ge­for­dert, wo­zu die Be­klag­te auch be­reit war. Die­se Auf­for­de­rung schaff­te auf­sei­ten der Be­klag­ten ein schutz­wür­di­ges Ver­trau­en in die Mög­lich­keit zur Nach­bes­se­rung (vgl. OLG Schles­wig, Urt. v. 30.11.2018 – 1 U 45/18). Die­ses schutz­wür­di­ge Ver­trau­en hat die Klä­ge­rin ver­letzt, in­dem sie der Be­klag­ten trotz be­kun­de­ter Be­reit­schaft kei­ne Ge­le­gen­heit gab, den Man­gel zu be­sei­ti­gen, son­dern – noch in­ner­halb der von ihr ge­setz­ten Frist zur Nach­bes­se­rung – so­gleich den Rück­tritt er­klär­te.

Zwar weist die Klä­ge­rin zu Recht dar­auf hin, dass die Ei­gen­schaft des Fahr­zeugs als Un­fall­wa­gen durch die Nach­bes­se­rung nicht mehr be­sei­tigt wer­den kann (vgl. hier­zu BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VI­II ZR 253/05, NJW 2008, 1517 Rn. 21). Die­ser As­pekt be­trifft aber nur ei­nen Teil des Man­gels. Be­züg­lich der Män­gel an der Ka­ros­se­rie hat die Klä­ge­rin selbst vor­ge­tra­gen, dass ei­ne ord­nungs­ge­mä­ße Re­pa­ra­tur mög­lich ist.

Die Vor­aus­set­zung ei­ner Nach­frist­set­zung ist auch vor­lie­gend nicht ge­mäß § 323 II BGB ent­behr­lich. Ins­be­son­de­re liegt nicht mit hin­rei­chen­der Si­cher­heit ein arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten der Be­klag­ten vor. Un­strei­tig war das Fahr­zeug zum Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses noch un­be­schä­digt. Ein Fall des Ver­kaufs ei­nes Un­fall­fahr­zeugs als ver­meint­lich un­fall­frei, der grund­sätz­lich den Ein­wand der Arg­list recht­fer­ti­gen kann, liegt so­mit nicht vor. Dass der Be­klag­ten so­dann bei der Aus­lie­fe­rung ein arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten vor­zu­wer­fen ist, weil sie die Klä­ge­rin nicht auf den Trans­port­scha­den hin­ge­wie­sen hat, steht gleich­falls nicht fest. Denn ein sol­cher Vor­wurf setzt vor­aus, dass zwi­schen Ab­schluss des Kauf­ver­trags und Aus­lie­fe­rung des Fahr­zeugs noch ein Aus­tausch über die Fahr­zeug­ei­gen­schaf­ten er­folgt, in des­sen Rah­men ein Käu­fer die Of­fen­ba­rung von Be­schaf­fen­hei­ten i. S. des § 434 I 1 BGB er­war­ten kann. Nach dem Vor­trag der Be­klag­ten ist dies nicht der Fall ge­we­sen, denn das Fahr­zeug sei oh­ne Ge­spräch nur noch ab­ge­holt wor­den. Aber auch, wenn der Vor­trag der Klä­ge­rin rich­tig ist, war ein kom­mu­ni­ka­ti­ver Aus­tausch über die äu­ße­ren Ei­gen­schaf­ten des Fahr­zeugs nicht mehr zu er­war­ten, denn hier­nach sei­en ihr, der Klä­ge­rin, nur Pa­pie­re aus­ge­hän­digt und die Funk­tio­nen des Fahr­zeugs er­klärt wor­den.

Letzt­lich kann die Fra­ge aber da­hin­ste­hen, denn selbst ein arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten der Be­klag­ten wür­de vor­lie­gend das Er­for­der­nis der Nach­frist­set­zung nicht aus­schlie­ßen. Denn wenn der Käu­fer dem Ver­käu­fer nach Ent­de­ckung des ver­schwie­ge­nen Man­gels – wie hier – ei­ne Frist zu des­sen Be­he­bung setzt, gibt er zu er­ken­nen, dass sein Ver­trau­en in die Be­reit­schaft zur ord­nungs­ge­mä­ßen Nach­er­fül­lung trotz des arg­lis­ti­gen Ver­hal­tens des Ver­käu­fers wei­ter­hin be­steht (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2010 – V ZR 147/09, NJW 2010, 1805 Rn. 10).

Der Rück­tritt ist auch nicht des­halb zu­läs­sig, weil das Fahr­zeug nun­mehr als Un­fall­wa­gen ein­zu­stu­fen ist. Denn der Rück­tritt ist ge­mäß § 323 V 2 BGB dann aus­ge­schlos­sen, wenn die dem Sach­man­gel zu­grun­de lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung un­er­heb­lich ist. Denn nicht je­der un­be­heb­ba­re Sach­man­gel stellt oh­ne Wei­te­res auch ei­ne mehr als un­er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung dar (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VI­II ZR 253/05, NJW 2008, 1517 Rn. 22, un­ter Auf­ga­be ei­ner frü­he­ren Recht­spre­chung). Die fort­dau­ern­de Be­ein­träch­ti­gung durch den Sach­man­gel, der in der Ei­gen­schaft als Un­fall­wa­gen liegt, be­steht bei ei­nem fach­män­nisch re­pa­rier­ten Fahr­zeug al­lein in ei­nem mer­kan­ti­len Min­der­wert (vgl. OLG Bran­den­burg, Urt. v. 01.11.2018 – 6 U 32/16, BeckRS 2018, 38734 Rn. 31). Hier ist bei der Schät­zung des mer­kan­ti­len Min­der­werts ge­mäß § 287 ZPO zu un­ter­stel­len, dass das Fahr­zeug durch die Be­klag­te im We­ge der Nach­bes­se­rung fach­kun­dig re­pa­riert wur­de. Denn die Klä­ge­rin kann nicht auf der ei­nen Sei­te die von ihr zu­nächst ver­lang­te und von der Be­klag­ten an­ge­bo­te­ne Re­pa­ra­tur durch den Rück­tritt ver­ei­teln, so­dann bei der Be­rech­nung des Min­der­werts aber den Wert des nicht re­pa­rier­te Fahr­zeug zu­grun­de le­gen.

Den mer­kan­ti­len Min­der­wert des Fahr­zeugs als Un­fall­wa­gen nach ord­nungs­ge­mäß durch­ge­führ­ter Re­pa­ra­tur schätzt der Se­nat vor­lie­gend auf et­wa 300 €. Da­für spricht zum ei­nen der über­haupt ver­gleichs­wei­se ge­rin­ge Wert des Fahr­zeugs so­wie der Um­stand, dass dem Wa­gen als „Vor­führ­wa­gen“ im Ver­gleich zu ei­nem Neu­fahr­zeug ein ge­rin­ge­rer Markt­wert zu­kommt. Mit­hin fällt auch der Ma­kel der Un­fall­be­trof­fen­heit ge­rin­ger ins Ge­wicht. Im Ver­gleich zum Kauf­preis be­trägt der Wert der Pflicht­ver­let­zung mit­hin hier le­dig­lich knapp über zwei Pro­zent, was noch als un­er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung an­ge­se­hen wer­den kann (vgl. Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 79. Aufl. [2020], § 323 Rn. 32).

Das nach Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung von der Klä­ge­rin her­ge­reich­te Par­tei­gut­ach­ten vom 21.09.2020 ver­an­lasst den Se­nat nicht zu ei­ner an­de­ren Schät­zung. Zwar kommt der Pri­vat­gut­ach­ter zu ei­nem mer­kan­ti­len Min­der­wert von 600 €, al­ler­dings be­rück­sich­tigt der Gut­ach­ter be­reits den Um­stand, dass es sich vor­lie­gend um ei­nen Vor­führ­wa­gen han­del­te, nicht. Der Gut­ach­ter geht – im Ge­gen­teil (vgl. S. 12 sei­nes Gut­ach­tens) – da­von aus, dass es sich hier um ei­ne so­ge­nann­te Ta­ges­zu­las­sung ge­han­delt ha­be. Auf die­se wür­den aber, an­ders als im vor­lie­gen­den Fall, die Vor­schrif­ten über den Neu­wa­gen­kauf An­wen­dung fin­den (vgl. BGH, Urt. v. 12.01.2005 – VI­II ZR 109/04, NJW 2005, 1422, 1423). Die Fäl­le des Fahr­zeugsver­kaufs mit Ta­ges­zu­las­sung und des Ver­kaufs ei­nes Vor­führ­wa­gens sind mit­hin schon von Rechts we­gen nicht gleich­zu­set­zen. Zu­dem lässt der Gut­ach­ter je­de Mark­ter­kun­dung zur Be­rech­nung des Min­der­werts in sei­nem Gut­ach­ten ver­mis­sen. Ge­gen­über der Kennt­nis des Se­nats, der als Spe­zi­al­se­nat für Ver­kehrs­un­fall­sa­chen mit der Be­zif­fe­rung von Fahr­zeug­schä­den ver­traut ist, lie­fert das Par­tei­gut­ach­ten da­her kei­ne brauch­ba­re Schätz­grund­la­ge.

Da der Klä­ge­rin auf­grund der vor­ge­nann­ten Er­ör­te­run­gen kein Scha­dens­er­satz­an­spruch zu­steht, hat sie auch kei­nen An­spruch auf Frei­hal­tung von der In­an­spruch­nah­me aus dem Dar­le­hens­ver­trag. Die An­sprü­che auf Fest­stel­lung, Zah­lung vor­ge­richt­li­cher An­walts­ge­büh­ren und Zin­sen grei­fen gleich­falls nicht durch. …

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