1. Ein bei Ge­fahr­über­gang vor­lie­gen­der, dem Al­ter, der Lauf­leis­tung und der Qua­li­täts­stu­fe ent­spre­chen­der, ge­wöhn­li­cher, die Ver­kehrs­si­cher­heit nicht be­ein­träch­ti­gen­der Ver­schleiß ei­nes für den Stra­ßen­ver­kehr zu­ge­las­se­nen Kraft­fahr­zeugs be­grün­det ei­nen Sach­man­gel nach § 434 I 2 Nr. 1, Nr. 2 BGB nicht (Be­stä­ti­gung von Se­nat, Urt. v. 23.11.2005 – VI­II ZR 43/05, NJW 2006, 434 Rn. 19; Urt. v. 10.10.2007 – VI­II ZR 330/06, NJW 2008, 53 Rn. 19; Urt. v. 10.03.2009 – VI­II ZR 34/08, NJW 2009, 1588 Rn. 13). Dies gilt auch dann, wenn sich dar­aus in ab­seh­ba­rer Zeit – ins­be­son­de­re bei der durch Ge­brauch und Zeit­ab­lauf zu er­war­ten­den wei­te­ren Ab­nut­zung – ein Er­neue­rungs­be­darf er­gibt.
  2. Die Ver­mu­tung des § 476 Halb­satz 1 BGB – in der bis zum 31.12.2017 gel­ten­den Fas­sung (jetzt: § 477 Halb­satz 1 BGB) – ent­bin­det den Käu­fer nicht da­von, dar­zu­le­gen und er­for­der­li­chen­falls zu be­wei­sen, dass sich an der Kauf­sa­che in­ner­halb von sechs Mo­na­ten nach Ge­fahr­über­gang ein man­gel­haf­ter Zu­stand (Man­gel­er­schei­nung) ge­zeigt hat. Der Käu­fer ist dann durch die ge­nann­te Vor­schrift des Vor­trags und des Nach­wei­ses ent­ho­ben, auf wel­che Ur­sa­che der zu­ta­ge ge­tre­te­ne man­gel­haf­te Zu­stand zu­rück­zu­füh­ren ist, so­wie, dass die­se Ur­sa­che in den Ver­ant­wor­tungs­be­reich des Ver­käu­fers fällt (Be­stä­ti­gung von Se­nat, Urt. v. 12.10.2016 – VI­II ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 36; Urt. v. 27.05.2020 – VI­II ZR 315/18 Rn. 54 [zur Ver­öf­fent­li­chung in BGHZ vor­ge­se­hen]).

BGH, Ur­teil vom 09.09.2020 – VI­II ZR 150/18
(vor­an­ge­hend: OLG Köln, Ur­teil vom 26.04.2018 – 15 U 82/17)

Sach­ver­halt: Die Par­tei­en strei­ten um An­sprü­che im Zu­sam­men­hang mit dem von der Klä­ge­rin er­klär­ten Rück­tritt vom Kauf­ver­trag über ein ge­brauch­tes Kraft­fahr­zeug.

Die Be­klag­te ist ge­werb­li­che Ge­braucht­wa­gen­händ­le­rin; die Klä­ge­rin ist Ver­brau­che­rin. Mit schrift­li­chem Ver­trag vom 11.01.2014 kauf­te die Klä­ge­rin zu pri­va­ten Zwe­cken von der Be­klag­ten ei­nen bei Ver­trags­schluss über neun Jah­re al­ten Ge­braucht­wa­gen Peu­geot 307 CC mit ei­ner Lauf­leis­tung von 84.820 km zum Preis von 5.650 €. In dem Ver­trags­text fin­det sich in der Ru­brik „Sons­ti­ge Ver­ein­ba­run­gen“ die Aus­sa­ge „TÜV/AU neu“. Die Haupt­un­ter­su­chung des Fahr­zeugs er­folg­te am 14.01.2014; Be­an­stan­dun­gen er­ga­ben sich da­bei nicht. Drei Ta­ge spä­ter, am 17.01.2014, wur­de das Fahr­zeugs der Klä­ge­rin über­ge­ben. Die­se fi­nan­zier­te den Kauf­preis, in­dem sie sich von ei­ner Bank ein von der Be­klag­ten ver­mit­tel­tes Dar­le­hen ge­wäh­ren ließ.

In der Fol­ge­zeit mach­te die Klä­ge­rin ge­gen­über der Be­klag­ten meh­re­re Män­gel des Fahr­zeugs gel­tend; auch be­an­stan­de­te sie ei­ne star­ke Ge­räusch­ent­wick­lung am Aus­puff. Un­ter an­de­rem hier­über führ­ten die Par­tei­en zwi­schen Ju­li 2014 und De­zem­ber 2014 um­fang­rei­chen Schrift­ver­kehr. Am 04.07. und am 21.08.2014 führ­te die Be­klag­te (kos­ten­los) Schweiß­ar­bei­ten am Aus­puff (Mit­tel­schall­dämp­fer und End­schall­dämp­fer) durch.

Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 11.12.2014 er­klär­te die Klä­ge­rin, ver­bun­den mit der Be­haup­tung, das Fahr­zeug sei von An­fang an – ins­be­son­de­re am Aus­puff – man­gel­be­haf­tet ge­we­sen, den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag. Die von der Be­klag­ten im Som­mer 2014 vor­ge­nom­me­nen Nach­bes­se­rungs­ver­su­che in Form von Schweiß­ar­bei­ten hät­ten den Man­gel an der Schall­dämp­feran­la­ge nicht be­sei­tigt. Die Be­klag­te stellt bei Über­ga­be des Fahr­zeugs vor­han­de­ne Män­gel in Ab­re­de; die Schweiß­ar­bei­ten sei­en we­gen nor­ma­len Ver­schlei­ßes und Ab­nut­zung des Aus­puffs, nicht je­doch zur Nach­bes­se­rung ei­nes bei Ge­fahr­über­gang vor­han­de­nen Man­gels vor­ge­nom­men wor­den.

Mit der Kla­ge nimmt die Klä­ge­rin die Be­klag­te auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Kraft­fahr­zeugs, hilfs­wei­se auf Er­stat­tung bis­lang ge­leis­te­ter Net­to­kre­dit­ra­ten und Zin­sen in An­spruch. Fer­ner be­gehrt sie die Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs der Be­klag­ten, Er­satz für be­reits auf­ge­wen­de­te Fi­nan­zie­rungs­kos­ten, die Frei­stel­lung von wei­te­ren Dar­le­hens­ver­pflich­tun­gen, Er­satz für ei­ne ver­aus­lag­te Stell­platz­mie­te so­wie die Er­stat­tung vor­ge­richt­lich ent­stan­de­ner Rechts­an­walts­kos­ten.

Die Kla­ge ist in den Vor­in­stan­zen oh­ne Er­folg ge­blie­ben. Die Re­vi­si­on der Klä­ge­rin, die da­mit ihr Kla­ge­be­geh­ren wei­ter­ver­folg­te, hat­te eben­falls kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: [8]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zur Be­grün­dung sei­ner Ent­schei­dung, so­weit für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren von In­ter­es­se, im We­sent­li­chen aus­ge­führt:

[9]    Das Land­ge­richt ha­be die Kla­ge zu Recht ab­ge­wie­sen, weil der Klä­ge­rin ein An­spruch auf Rück­ab­wick­lung nach § 437 Nr. 2, §§ 323, 434 I 1, I 2 Nr. 2, § 346 I BGB nicht zu­ste­he mit der Fol­ge, dass auch die wei­te­ren Kla­ge­an­trä­ge nicht durch­grei­fen könn­ten. Der An­spruch schei­te­re dar­an, dass ein Sach­man­gel des ver­kauf­ten Fahr­zeugs bei Ge­fahr­über­gang nicht fest­stell­bar sei.

[10]   Im Hin­blick auf die im Kauf­ver­trag ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit „TÜV/AU neu“ lie­ge ein Sach­man­gel nicht vor. Zwar sei ei­ne sol­che Ver­ein­ba­rung nach der Recht­spre­chung des BGH (Urt. v. 15.04.2014 – VI­II ZR 80/14) da­hin zu wür­di­gen, dass ei­ne Pla­ket­te nach Durch­füh­rung der Haupt­un­ter­su­chung tat­säch­lich er­teilt wor­den sei und sich das Fahr­zeug auch in ei­nem die Er­tei­lung der Pla­ket­te recht­fer­ti­gen­den ver­kehrs­si­che­ren Zu­stand be­fun­den ha­be. Wie der Se­nat im Ter­min er­ör­tert ha­be, ha­be ei­ne dem ent­ge­gen­ste­hen­de Kor­ro­si­on an si­cher­heits­re­le­van­ten Tei­len hier in­des nicht in Re­de ge­stan­den; dem ha­be die Klä­ge­rin auch nicht wi­der­spro­chen.

[11]   Die Klä­ge­rin kön­ne den gel­tend ge­mach­ten An­spruch auch nicht auf die von ihr be­an­stan­de­ten Kor­ro­si­ons­er­schei­nun­gen am Aus­puff stüt­zen. Zwar sei nach den Aus­füh­run­gen des in ers­ter In­stanz ge­richt­lich be­auf­trag­ten Sach­ver­stän­di­gen da­von aus­zu­ge­hen, dass am Fahr­zeug­aus­puff im Ok­to­ber 2016 er­heb­li­che Kor­ro­si­ons­spu­ren zu ver­zeich­nen ge­we­sen sei­en, die in ih­ren Ur­sprün­gen äl­ter ge­we­sen sein müss­ten als die fest­ge­stell­ten (un­fach­män­ni­schen) Schweiß­ar­bei­ten, die Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten im Som­mer 2014 durch­ge­führt hät­ten. Auch ha­be der Sach­ver­stän­di­ge aus­ge­führt, dass bei die­sen Schweiß­ar­bei­ten ei­gent­lich die gan­ze Schall­dämp­feran­la­ge hät­te aus­ge­tauscht wer­den müs­sen.

[12]   Dies al­les tra­ge in­des den gel­tend ge­mach­ten An­spruch nicht. Nor­ma­le Ver­schleiß­er­schei­nun­gen – wie et­wa ei­ne al­ters­be­dingt üb­li­che Kor­ro­si­on am Aus­puff – be­grün­de­ten bei Ge­braucht­fahr­zeu­gen nach der Recht­spre­chung des BGH grund­sätz­lich nicht oh­ne Wei­te­res ei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB. Dies gel­te erst recht für ei­nen – von die­sem Zu­stand aus – nach Ge­fahr­über­gang fort­schrei­ten­den Ver­schleiß. So­weit bei ei­nem zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs vor­lie­gen­den aty­pi­schen, vor­zei­ti­gen Ver­schleiß et­was an­de­res gel­ten kön­ne, sei ein sol­cher Fall von der Klä­ge­rin nicht sub­stan­zi­iert vor­ge­tra­gen wor­den.

[13]   Bei ei­nem et­wa zehn Jah­re al­ten Klein­wa­gen mit ei­ner Lauf­leis­tung von mehr als 80.000 km sei­en (auch er­heb­li­che) Durch­ros­tungs­schä­den an der Aus­puff­an­la­ge kei­nes­wegs au­ßer­ge­wöhn­lich, zu­mal das Fahr­zeug hier zwei Vor­be­sit­zer ge­habt ha­be, über de­ren Be­hand­lung des Fahr­zeugs (et­wa als sog. La­ter­nen­par­ker) nichts be­kannt sei.

[14]   Die Be­klag­te ha­be ei­nen Sach­man­gel auch nicht et­wa an­er­kannt. Al­lein aus dem Um­stand, dass sie mit ge­rin­gem Auf­wand ei­ni­ge klei­ne­re Schweiß­ar­bei­ten am Aus­puff durch­ge­führt ha­be, sei auf ein recht­lich bin­den­des An­er­kennt­nis nicht zu schlie­ßen.

[15]   Auch un­ter dem recht­li­chen Ge­sichts­punkt ei­nes mög­li­cher­wei­se im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs be­reits im An­satz (la­tent) vor­han­de­nen Man­gels i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB sei der An­spruch auf Rück­ab­wick­lung nicht be­grün­det. Nach neue­rer höchst­rich­ter­li­cher Recht­spre­chung sei § 477 BGB – bzw. der hier auf den Streit­fall nach Art. 229 § 39 EGBGB noch an­wend­ba­re wort­glei­che § 476 BGB a.F. – richt­li­ni­en­kon­form da­hin aus­zu­le­gen, dass ei­nem Käu­fer die in Halb­satz 1 die­ser Vor­schrift ge­re­gel­te Ver­mu­tungs­wir­kung schon dann zu­gu­te­kom­me, wenn ihm der Nach­weis ge­lin­ge, dass sich in­ner­halb von sechs Mo­na­ten ab Ge­fahr­über­gang ein man­gel­haf­ter Zu­stand (ei­ne Man­gel­er­schei­nung) ge­zeigt ha­be, der – un­ter­stellt, er hät­te sei­ne Ur­sa­che in ei­nem dem Ver­käu­fer zu­zu­rech­nen­den Um­stand – des­sen Haf­tung we­gen Ab­wei­chung von der ge­schul­de­ten Be­schaf­fen­heit (§ 434 I BGB) be­grün­den wür­de.

[16]   So ver­hal­te es sich in­des im Streit­fall nicht. Der üb­li­cher­wei­se fort­schrei­ten­de Ver­schleiß ei­nes Aus­puffs durch nor­ma­le Kor­ro­si­on, der in der Na­tur der Sa­che lie­ge, sei nicht haf­tungs­be­grün­dend und kön­ne da­her nicht als ein dem Ver­käu­fer zu­zu­rech­nen­der Man­gel an­ge­se­hen wer­den. An­ge­sichts des­sen, dass drei Ta­ge vor Ge­fahr­über­gang an­läss­lich der vom TÜV vor­ge­nom­me­nen Haupt­un­ter­su­chung – un­strei­tig – ei­ne be­an­stan­dungs­wür­di­ge Durch­ros­tung des Aus­puffs nicht ge­ge­ben ge­we­sen sei, ha­be bei Über­ga­be des Fahr­zeugs ein aty­pi­scher Ver­schleiß nicht vor­ge­le­gen, so­dass sich die Be­klag­te we­gen der Art des bei Ge­fahr­über­gang al­len­falls vor­lie­gen­den Man­gels „ty­pi­scher Ver­schleiß“ ge­mäß § 476 Halb­satz 2 BGB a.F. dar­auf be­ru­fen kön­ne, dass die Ver­mu­tungs­re­gel des § 476 Halb­satz 1 BGB a.F. nicht ein­grei­fe. Sä­he man dies an­ders, wür­de § 477 BGB (§ 476 BGB a.F.) fak­tisch ei­ne um­fas­sen­de sechs­mo­na­ti­ge Halt­bar­keits­ga­ran­tie be­grün­den, was mit der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen­la­ge beim Ge­braucht­wa­gen­kauf schwer­lich ver­ein­bar wä­re.

[17]   II. Die­se Be­ur­tei­lung hält recht­li­cher Nach­prü­fung je­den­falls im Er­geb­nis stand, so­dass die Re­vi­si­on zu­rück­zu­wei­sen ist.

[18]   Der Klä­ge­rin steht ein An­spruch auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags aus § 437 Nr. 2, § 434 I 1, I 2 Nr. 2, §§ 323, 346 I BGB nicht zu, da das ihr ver­kauf­te Fahr­zeug den im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren al­lein noch gel­tend ge­mach­ten Sach­man­gel an der Aus­puff­an­la­ge nicht auf­weist.

[19]   1. Ge­mäß § 434 I 1 BGB ist die Sa­che frei von Sach­män­geln, wenn sie die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit auf­weist. Ist ei­ne Be­schaf­fen­heit nicht ver­ein­bart, ist die Sa­che frei von Sach­män­geln, wenn sie sich für die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung eig­net (§ 434 I 2 Nr. 1 BGB), sonst, wenn sie sich für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net und ei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB).

[20]   a) Zu­tref­fend hat das Be­ru­fungs­ge­richt an­ge­nom­men, dass der im Kauf­ver­trag der Par­tei­en vom 11.01.2014 un­ter dem Punkt „Sons­ti­ge Ver­ein­ba­run­gen“ zu fin­den­de Hin­weis „TÜV/AU neu“ bei in­ter­es­sen­ge­rech­ter Aus­le­gung als still­schwei­gen­de Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung nach § 434 I 1 BGB des In­halts zu ver­ste­hen ist, dass sich das Fahr­zeug im Zeit­punkt der Über­ga­be in ei­nem für die Haupt­un­ter­su­chung nach § 29 StV­ZO ge­eig­ne­ten, ver­kehrs­si­che­ren Zu­stand be­fin­det (vgl. Se­nat, Urt. v. 15.04.2014 – VI­II ZR 80/14, NJW 2015, 1669 Rn. 19). Dies ist nach den rechts­feh­ler­frei­en und un­an­ge­grif­fe­nen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts hier der Fall. Ein Rück­tritts­recht der Klä­ge­rin er­gibt sich da­her nicht aus ei­ner Ab­wei­chung von ei­ner ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit. Dies stellt auch die Re­vi­si­on nicht in­fra­ge.

[21]   b) Ein Sach­man­gel des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs er­gibt sich auch nicht dar­aus, dass es sich nicht für die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung (§ 434 I 2 Nr. 1 BGB) oder für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB) ge­eig­net hät­te. Nach bei­den Al­ter­na­ti­ven kommt es in­so­weit dar­auf an, ob der von der Klä­ge­rin er­wor­be­ne (äl­te­re) Ge­braucht­wa­gen zur Ver­wen­dung als Fahr­zeug im Stra­ßen­ver­kehr nicht oder nur ein­ge­schränkt ge­eig­net war.

[22]   aa) Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zu­nächst dar­auf ab­ge­stellt, dass „nor­ma­ler“ – al­so nicht aty­pi­scher oder un­ge­wöhn­li­cher – Ver­schleiß an der Aus­puff­an­la­ge ei­nes Ge­braucht­fahr­zeugs nicht als Sach­man­gel nach § 434 I 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB an­zu­se­hen ist. Die­se Be­ur­tei­lung ist frei von Rechts­feh­lern. Ver­schleiß­tei­le ei­nes Kraft­fahr­zeugs un­ter­lie­gen – in Ab­hän­gig­keit von Al­ter, Lauf­leis­tung, An­zahl der Vor­be­sit­zer, Art der Vor­be­nut­zung so­wie Qua­li­tät des Fahr­zeugs – ei­ner kon­ti­nu­ier­li­chen Ab­nut­zung, bei­spiels­wei­se in Form von Ros­ter­schei­nun­gen. Bei si­cher­heits­re­le­van­ten Tei­len – wie et­wa der Brems­an­la­ge – wird es al­ler­dings im Fall der Be­ein­träch­ti­gung der Ver­kehrs­si­cher­heit re­gel­mä­ßig an der Eig­nung des Fahr­zeugs zur Ver­wen­dung im Stra­ßen­ver­kehr feh­len und so­mit ein Sach­man­gel ge­mäß § 434 I 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB vor­lie­gen; denn der Käu­fer ei­nes als fahr­be­reit ver­äu­ßer­ten Ge­braucht­fahr­zeugs kann er­war­ten, dass Ver­schleiß­tei­le in ei­nem sol­chen Fall er­setzt oder re­pa­riert wor­den sind.

[23]   So­weit je­doch – wie hier nach den rechts­feh­ler­frei­en Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts – die Ver­kehrs­si­cher­heit nicht be­trof­fen ist, ist ein „nor­ma­ler“, das heißt ein ins­be­son­de­re nach Al­ter, Lauf­leis­tung und Qua­li­täts­stu­fe nicht un­ge­wöhn­li­cher Ver­schleiß nicht als Sach­man­gel ein­zu­stu­fen (vgl. Se­nat, Urt. v. 23.11.2005 – VI­II ZR 43/05, NJW 2006, 434 Leit­satz 1 und Rn. 19; Urt. v. 10.10.2007 – VI­II ZR 330/06, NJW 2008, 53 Rn. 19; Urt. v. 10.03.2009 – VI­II ZR 34/08, NJW 2009, 1588 Rn. 13; MünchKomm-BGB/S. Lo­renz, 8. Aufl., § 477 Rn. 18; ju­ris PK-BGB/Ball, Stand: 01.02.2020, § 477 Rn. 50; Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 14. Aufl., Rn. 3021, 3380). Dies gilt auch dann, wenn sich dar­aus in ab­seh­ba­rer Zeit – ins­be­son­de­re bei der durch Ge­brauch und Zeit­ab­lauf zu er­war­ten­den wei­te­ren Ab­nut­zung – ein Er­neue­rungs­be­darf er­gibt.

[24]   bb) Die wei­te­re tatrich­ter­li­che Be­ur­tei­lung des Be­ru­fungs­ge­richts, bei dem hier in Re­de ste­hen­den Kauf­ob­jekt – ei­nem fast zehn Jah­re al­ten ge­brauch­ten Klein­wa­gen mit meh­re­ren Vor­be­sit­zern und ei­ner Lauf­leis­tung von über 80.000 km – sei­en auch er­heb­li­che – nicht si­cher­heits­re­le­van­te – Durch­ros­tun­gen an der Aus­puff­an­la­ge als „nor­ma­ler“ Ver­schleiß und so­mit nicht als Sach­man­gel an­zu­se­hen, ist aus Rechts­grün­den eben­falls nicht zu be­an­stan­den.

[25]   cc) Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on er­gibt sich nichts an­de­res dar­aus, dass die Klä­ge­rin in­ner­halb von sechs Mo­na­ten seit Ge­fahr­über­gang (Ja­nu­ar 2014) ei­ne Ge­räusch­ver­ur­sa­chung der Aus­pufffan­la­ge ge­rügt und der Sach­ver­stän­di­ge auf­grund ei­ner im Ok­to­ber 2016 er­folg­ten Un­ter­su­chung ei­ne er­heb­li­che Ge­räusch­ent­wick­lung des Aus­puffs be­stä­tigt hat und zu der Ein­schät­zung ge­langt ist, dass von ei­nem län­ger zu­rück­lie­gen­den Kor­ro­si­ons­ein­tritt aus­zu­ge­hen und des­halb ein Aus­tausch der Aus­puff­an­la­ge er­for­der­lich ge­we­sen sei.

[26]   Ins­be­son­de­re kann die Klä­ge­rin aus der Ver­mu­tung des § 476 BGB (in der bis zum 31.12.2017 gel­ten­den Fas­sung, die auf­grund des im Streit­fall im Ja­nu­ar 2014 ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trags ge­mäß Art. 229 § 39 EGBGB auf den hier zu be­ur­tei­len­den Sach­ver­halt an­wend­bar ist [im Fol­gen­den: § 476 BGB a.F.]), für sich nichts her­lei­ten.

[27]   (1) Al­ler­dings greift die Ver­mu­tung des § 476 Halb­satz 1 BGB a.F. (heu­te § 477 Halb­satz 1 BGB) nach der neue­ren Recht­spre­chung des Se­nats zu­guns­ten des Käu­fers be­reits dann ein, wenn die­sem der Nach­weis ge­lingt, dass sich in­ner­halb von sechs Mo­na­ten ab Ge­fahr­über­gang ein man­gel­haf­ter Zu­stand (ei­ne Man­gel­er­schei­nung) ge­zeigt hat, der – un­ter­stellt, er hät­te sei­ne Ur­sa­che in ei­nem dem Ver­käu­fer zu­zu­rech­nen­den Um­stand – des­sen Haf­tung we­gen Ab­wei­chung von der ge­schul­de­ten Be­schaf­fen­heit be­grün­den wür­de. Der Käu­fer ist durch die ge­nann­te Vor­schrift des Vor­trags und des Nach­wei­ses ent­ho­ben, auf wel­che Ur­sa­che der zu­ta­ge ge­tre­te­ne man­gel­haf­te Zu­stand zu­rück­zu­füh­ren ist, so­wie, dass die­se Ur­sa­che in den Ver­ant­wor­tungs­be­reich des Ver­käu­fers fällt (Se­nat, Urt. v. 12.10.2016 – VI­II ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 36; Urt. v. 27.05.2020 – VI­II ZR 315/18 Rn. 54 [zur Ver­öf­fent­li­chung in BGHZ vor­ge­se­hen]). Die Ver­mu­tungs­wir­kung des § 476 Halb­satz 1 BGB a.F. kommt dem Käu­fer grund­sätz­lich auch da­hin zu­gu­te, dass der bin­nen sechs Mo­na­ten nach Über­ga­be zu­ta­ge ge­tre­te­ne man­gel­haf­te Zu­stand zu­min­dest im An­satz (la­tent) schon bei Ge­fahr­über­gang vor­ge­le­gen hat (Se­nat, Urt. v. 12.10.2016 – VI­II ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 46).

[28]   (2) Im Streit­fall ist je­doch ein man­gel­haf­ter Zu­stand (Man­gel­er­schei­nung), an den die Ver­mu­tung des § 476 BGB a.F. an­knüp­fen könn­te, in­ner­halb der Sechs­mo­nats­frist nicht auf­ge­tre­ten. Die von der Klä­ge­rin in­ner­halb der ers­ten sechs Mo­na­te nach der Über­ga­be des Fahr­zeugs be­an­stan­de­te star­ke Ge­räusch­ent­wick­lung an der Aus­puff­an­la­ge mag zwar dar­auf schlie­ßen las­sen, dass an der Aus­puff­an­la­ge zu die­sem Zeit­punkt mehr oder min­der star­ke Durch­ros­tun­gen vor­han­den wa­ren. Das Be­ru­fungs­ge­richt ist aber oh­ne­hin von er­heb­li­chen Durch­ros­tun­gen aus­ge­gan­gen, hat die­se je­doch – wie aus­ge­führt – rechts­feh­ler­frei als „nor­ma­len“ Ver­schleiß un­ter Be­rück­sich­ti­gung von Kauf­ge­gen­stand, Al­ter, Lauf­leis­tung und bis­he­ri­gen Vor­be­sit­zern an­ge­se­hen.

[29]   (3) Oh­ne Er­folg macht die Re­vi­si­on dem­ge­gen­über gel­tend, aus dem – rund 22 Mo­na­te nach Ge­fahr­über­gang so­wie nach ei­ner wei­te­ren Lauf­leis­tung von gut 7.000 km und nach län­ge­rer Stand­zeit des Fahr­zeugs – ein­ge­hol­ten Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen er­ge­be sich, dass an der Aus­puff­an­la­ge nicht nur ei­ne ver­schleiß­be­ding­te Ab­nut­zung vor­ge­le­gen ha­be, son­dern sich ein man­gel­haf­ter Zu­stand ge­zeigt ha­be, an den die Ver­mu­tung des § 476 BGB a.F. an­zu­knüp­fen sei.

[30]   Kon­kret trägt die Re­vi­si­on le­dig­lich vor, der Gut­ach­ter ha­be fest­ge­stellt, dass der Aus­puff des Fahr­zeugs „er­heb­li­che Ge­räu­sche ver­ur­sa­che, man­gel­haft ge­schweißt, kor­ro­diert und zwin­gend aus­zu­tau­schen sei“. Da­mit setzt die Re­vi­si­on aber le­dig­lich – oh­ne ei­nen Rechts­feh­ler auf­zu­zei­gen oder ei­ne ord­nungs­ge­mä­ße Ver­fah­rens­rüge zu er­he­ben – ih­re ei­ge­ne Wür­di­gung an die Stel­le der Wür­di­gung des Be­ru­fungs­ge­richts. Die­ses hat dem Gut­ach­ten ent­nom­men, dass die vom Sach­ver­stän­di­gen im Ok­to­ber 2016 am Aus­puff fest­ge­stell­ten Kor­ro­si­ons­er­schei­nun­gen in ih­ren Ur­sprün­gen äl­ter ge­we­sen sei­en als die von der Be­klag­ten im Som­mer 2014 (un­fach­män­nisch) durch­ge­führ­ten Schweiß­ar­bei­ten, bei de­nen ei­gent­lich be­reits ein Aus­tausch der Aus­puff­an­la­ge an­ge­zeigt ge­we­sen wä­re. Da­mit war zwar da­von aus­zu­ge­hen, dass zu dem ge­nann­ten Zeit­punkt er­heb­li­che Kor­ro­si­ons­er­schei­nun­gen an der Aus­puff­an­la­ge vor­han­den wa­ren; der­ar­ti­ge er­heb­li­che Kor­ro­si­ons­er­schei­nun­gen hat das Be­ru­fungs­ge­richt aber un­ter Be­rück­sich­ti­gung von Al­ter und Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs so­wie sons­ti­ger Um­stän­de rechts­feh­ler­frei als „nor­ma­le“ Kor­ro­si­on und so­mit ge­ra­de nicht als man­gel­haf­ten Zu­stand an­ge­se­hen. An­halts­punk­te für ei­ne Be­ein­träch­ti­gung der Ver­kehrs­si­cher­heit, die An­lass für ei­ne ab­wei­chen­de Be­ur­tei­lung hät­ten sein kön­nen, sind nicht er­sicht­lich und wer­den von der Re­vi­si­on auch nicht gel­tend ge­macht. Auf ei­ne man­gel­haf­te Aus­füh­rung der von der Be­klag­ten im Som­mer 2014 kos­ten­los vor­ge­nom­me­nen Schweiß­ar­bei­ten kön-nen die streit­ge­gen­ständ­li­chen kauf­recht­li­chen Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che oh­ne­hin nicht ge­stützt wer­den.

[31]   2. So­weit die Re­vi­si­on meint, bei den in den Mo­na­ten Ju­li/Au­gust 2014 kos­ten­los vor­ge­nom­me­nen Schweiß­ar­bei­ten am Aus­puff ha­be es sich nicht um ein ku­lanz­wei­ses Ent­ge­gen­kom­men der Be­klag­ten, son­dern um ein rechts­ver­bind­li­ches An­er­kennt­nis ei­nes Sach­man­gels ge­han­delt, setzt sie – re­vi­si­ons­recht­lich un­be­hel­flich 0 le­dig­lich ih­re Wür­di­gung des Ge­sche­hens an die Stel­le der ver­tret­ba­ren tatrich­ter­li­chen Wer­tung des Be­ru­fungs­ge­richts, die Schweiß­ar­bei­ten stell­ten, man­gels wei­te­rer An­halts­punk­te, ein haf­tungs­be­grün­den­des An­er­kennt­nis nicht dar.

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