Ei­ne be­ab­sich­tig­te Kla­ge, mit der der Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs (z. B. ge­stützt auf § 826 BGB i. V. mit § 31 BGB) er­rei­chen will, dass ihm die – am Kauf­ver­trag nicht be­tei­lig­te – Volks­wa­gen AG Zug um Zug ge­gen Her­aus­ga­be des Fahr­zeugs Scha­dens­er­satz in Hö­he des Kauf­prei­ses leis­ten muss, bie­tet hin­rei­chen­de Aus­sicht auf Er­folg i. S. des § 114 I 1 ZPO.

OLG Düs­sel­dorf, Be­schluss vom 21.09.2017 – I-4 U 87/17

Sach­ver­halt: Der Klä­ger un­ter­hält bei der Be­klag­ten ei­ne Rechts­schutz­ver­si­che­rung. Dem Ver­si­che­rungs­ver­trag lie­gen „All­ge­mei­ne Be­din­gun­gen für die Rechts­schutz­ver­si­che­rung (ARB 2000)“ der Be­klag­ten zu­grun­de.

Am 28.04.2011 er­warb der Klä­ger von der H-GmbH, ei­ner VW-Ver­trags­händ­le­rin, ei­nen VW Sha­ran als Neu­wa­gen zum Preis von 37.786,67 €. Das Fahr­zeug ist vom so­ge­nann­ten VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fen und da­her man­gel­haft, wo­bei Aus­maß und Fol­gen des Man­gels zwi­schen den Par­tei­en strei­tig sind.

Mit An­walts­schrei­ben vom 27.11.2015 bat der Klä­ger die Be­klag­te die Er­tei­lung ei­ner De­ckungs­zu­sa­ge für die au­ßer­ge­richt­li­che Gel­tend­ma­chung von An­sprü­chen so­wohl ge­gen die Ver­käu­fe­rin (H-GmbH) als auch die Her­stel­le­rin des Pkw (Volks­wa­gen AG). Die Be­klag­te lehn­te es mit Schrei­ben vom 14.12.2015 ab, dem Klä­ger den er­be­te­nen Ver­si­che­rungs­schutz zu ge­wäh­ren. Sie er­klär­te in­des mit ei­nem wei­te­ren Schrei­ben vom sel­ben Tag ge­gen­über dem Klä­ger, dass sie die Kos­ten für ei­ne Erst­be­ra­tung bei ei­nem Rechts­an­walt über­neh­men wer­de.

Die H-GmbH wies in der Fol­ge­zeit den Rück­tritt des Klä­gers vom Kfz-Kauf­ver­trag zu­rück. Mit An­walts­schrei­ben vom 07.01.2016 bat der Klä­ger dar­auf­hin um Er­tei­lung ei­ner De­ckungs­zu­sa­ge für ei­ne Kla­ge. Dies lehn­te die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 22.01.2016 ab. Ei­ne wei­te­re De­ckungs­an­fra­ge des Klä­gers vom 25.01.2017 wies die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 07.02.2017 zu­rück. Erst nach Ab­schluss der ers­ten In­stanz des vor­lie­gen­den Rechts­streits – mit Schrei­ben vom 20.04.2017 – sag­te die Be­klag­te dem Klä­ger Ver­si­che­rungs­schutz für die au­ßer­ge­richt­li­che und die ge­richt­li­che Gel­tend­ma­chung von An­sprü­chen ge­gen die H-GmbH zu.

Der Klä­ger hat die An­sicht ver­tre­ten, sein Rechts­schutz­be­dürf­nis gel­te be­reits ge­mäß § 128 Satz 3 VVG als an­er­kannt, da der Hin­weis auf das Schieds­gut­ach­ter­ver­fah­ren ge­mäß § 18 II ARB in der De­ckungsa­b­leh­nung vom 14.12.2015 aus meh­re­ren Grün­den un­zu­tref­fend sei. So sei der Hin­weis nicht im Hin­blick auf die De­ckungsa­b­leh­nung we­gen Mut­wil­lig­keit er­teilt wor­den, ob­wohl die Be­klag­te der Sa­che nach mit dem Hin­weis auf die Kos­ten­min­de­rungs­ob­lie­gen­heit des Klä­gers auch des­we­gen die De­ckung ver­wei­gert ha­be. Fer­ner sei der Hin­weis nicht wei­ter er­läu­tert wor­den, neh­me Be­zug auf ei­ne we­gen Ab­wei­chung von § 128 VGG un­zu­läs­si­ge Mo­nats­frist und wei­se auf ei­ne un­zu­läs­si­ge Kos­ten­re­ge­lung hin, wo­bei auch noch die Hö­he der Kos­ten un­zu­tref­fend an­ge­ge­ben wor­den sei.

Oh­ne­hin – so hat der Klä­ger ge­meint – ha­be die be­ab­sich­tig­te Rechts­ver­fol­gung hin­rei­chen­de Aus­sicht auf Er­folg, da schwie­ri­ge Tat­sa­chen- und Rechts­fra­gen be­trof­fen sei­en und er – der Klä­ger – Be­wei­se für sei­ne Be­haup­tun­gen an­ge­bo­ten ha­be. Ins­be­son­de­re sei ei­ne Nach­bes­se­rung sei­nes Fahr­zeugs un­mög­lich, da die Be­sei­ti­gung der den Schad­stoff­aus­stoß ma­ni­pu­lie­ren­den Soft­ware nach­tei­li­ge Fol­gen (z. B. öhe­rer Kraft­stoff­ver­brauch, Ver­rin­ge­rung der Mo­tor­leis­tung) ha­ben und je­den­falls ein mer­kan­ti­ler Min­der­wert ver­blei­ben wür­de.

Die Be­klag­te hat die An­sicht ver­tre­ten, dass die Kla­ge man­gels hin­rei­chend be­stimm­ter An­trä­ge und we­gen Vor­rangs der Leis­tungs­kla­ge schon nicht zu­läs­sig sei. Oh­ne­hin ver­sto­ße der Klä­ger ge­gen sei­ne Ob­lie­gen­heit zur Kos­ten­min­de­rung, da es ihm zu­zu­mu­ten sei, den Rück­ruf sei­nes Pkw und ei­ne Nach­bes­se­rung durch die H-GmbH oder die Volks­wa­gen AG ab­zu­war­ten. Je­den­falls ha­be die be­ab­sich­tig­te Rechts­ver­fol­gung kei­ne hin­rei­chen­de Aus­sicht auf Er­folg. Ins­be­son­de­re kön­ne der Klä­ger ei­nen Scha­den nicht kon­kret be­nen­nen und be­zif­fern. Die Fahr­taug­lich­keit sei­nes Pkw sei nicht ein­ge­schränkt und die Be­triebs­er­laub­nis be­ste­he noch; der dem Fahr­zeug an­haf­ten­de Man­gel las­se sich mit ei­nem ge­rin­gen Kos­ten­auf­wand von we­ni­ge als 100 € be­he­ben, und der Er­satz ei­nes mer­kan­ti­len Min­der­werts kön­ne ge­ge­be­nen­falls spä­ter ver­langt wer­den. Ei­ne Ver­jäh­rung von An­sprü­chen ge­gen die Volks­wa­gen AG dro­he nicht. Zu­dem sei die be­ab­sich­tig­te Rechts­ver­fol­gung mut­wil­lig. Schließ­lich müs­se sie – die Be­klag­te – au­ßer­ge­richt­li­che Kos­ten des Klä­gers schon des­halb nicht über­neh­men, weil ihm sol­che nicht ent­stan­den sei­en, da sein Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ter ei­ne kos­ten­freie au­ßer­ge­richt­li­che Ver­tre­tung zu­ge­si­chert ha­be.

Das Land­ge­richt hat fest­ge­stellt, dass die Be­klag­te auf­grund des mit dem Klä­ger ge­schlos­se­nen Ver­si­che­rungs­ver­tra­ges ver­pflich­tet sei, dem Klä­ger Ver­si­che­rungs­schutz für die au­ßer­ge­richt­li­che und die ge­richt­li­che Gel­tend­ma­chung von Ge­währ­leis­tungs­rech­ten, ins­be­son­de­re Rü­t­ritt und Scha­dens­er­satz, ge­gen die H-GmbH so­wie für die au­ßer­ge­richt­li­che und die ge­richt­li­che Gel­tend­ma­chung von Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen ge­gen die Volks­wa­gen AG zu ge­wäh­ren.

Der Kla­ge­an­trag sei hin­rei­chend be­stimmt, da er auf die Fest­stel­lung kon­kre­ter An­sprü­che ge­rich­tet sei und zur den Streit­ge­gen­stand be­stim­men­den Aus­le­gung des Kla­ge­an­trags auch der Sach­vor­trag des Klä­gers her­an­zu­zie­hen sei.

Die Kla­ge sei auch voll­um­fäng­lich be­grün­det, da das Rechts­schutz­be­dürf­nis des Klä­gers ge­mäß § 128 Satz 3 VVG auf­grund ei­nes feh­ler­haf­ten Hin­wei­ses der Be­klag­ten in der De­ckungsa­b­leh­nung vom 14.12.2015 als an­er­kannt gel­te. Der Hin­weis auf die Mo­nats­frist sei auf­grund ei­ner Ab­wei­chung von § 128 Satz 2 VVG un­zu­läs­sig. Fer­ner feh­le ein Hin­weis hin­sicht­lich der De­ckungsa­b­leh­nung we­gen Mut­wil­lig­keit, ob­wohl sich die Be­klag­te zu­min­dest kon­klu­dent auch dar­auf be­ru­fe. Un­ge­ach­tet des­sen ha­be die be­ab­sich­tig­te Rechts­ver­fol­gung ge­gen die H-GmbH und die Fahr­zeug­her­stel­le­rin un­ter An­le­gung des Prü­fungs­maß­stabs des § 114 ZPO hin­rei­chen­de Aus­sicht auf Er­folg. Na­ment­lich be­ste­he ei­ne hin­rei­chen­de Wahr­schein­lich­keit da­für, dass der Klä­ger von der Volks­wa­gen AG er­folg­reich Scha­dens­er­satz we­gen ei­ner sit­ten­wid­ri­gen vor­sätz­li­chen Schä­di­gung (§ 826 BGB) ver­lan­gen kön­ne. Ein Ver­stoß des Klä­gers ge­gen sei­ne Ob­lie­gen­heit zur Kos­ten­min­de­rung kön­ne nicht fest­ge­stellt wer­den, da das Be­ste­hen der An­sprü­che, de­rer sich der Klä­ger be­rüh­me, ge­ra­de nicht aus­zu­schlie­ßen sei.

Mit ih­rer Be­ru­fung greift die Be­klag­te das Ur­teil des Land­ge­richts le­dig­lich in­so­weit an, als sie da­zu ver­ur­teilt wur­de, dem Klä­ger Ver­si­che­rungs­schutz für die au­ßer­ge­richt­li­che und die ge­richt­li­che Rechts­ver­fol­gung ge­gen­über der Volks­wa­gen AG zu ge­wäh­ren. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat dar­auf hin­ge­wie­sen, dass es be­ab­sich­ti­ge, das Rechts­mit­tel durch ein­stim­mi­gen Be­schluss ge­mäß § 522 II ZPO zu­rück­zu­wei­sen.

Aus den Grün­den: II. Die Be­ru­fung hat kei­ne Aus­sicht auf Er­folg. Die Be­klag­te hat we­der Um­stän­de vor­ge­tra­gen, aus de­nen sich ei­ne Rechts­ver­let­zung und de­ren Er­heb­lich­keit für die an­ge­foch­te­ne Ent­schei­dung er­gibt, noch kon­kre­te An­halts­punk­te be­zeich­net, die Zwei­fel an der Rich­tig­keit oder Voll­stän­dig­keit der Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen im an­ge­foch­te­nen Ur­teil be­grün­den und des­halb ei­ne er­neu­te Fest­stel­lung ge­bie­ten. Sol­che sind auch sonst nicht er­sicht­lich.

1. Die Fest­stel­lungs­kla­ge ist zu­läs­sig.

a) Auf ei­nen Vor­rang ei­ner ge­gen sie zu er­he­ben­den Leis­tungs­kla­ge be­ruft sich die Be­klag­te zu Recht nicht mehr. Von der Be­klag­ten als ei­nem gro­ßen und re­nom­mier­ten Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­men kann er­war­tet wer­den, dass sie auf ein ent­spre­chen­des rechts­kräf­ti­ges Fest­stel­lungs­ur­teil hin ih­ren De­ckungs­ver­pflich­tun­gen nach­kommt, oh­ne dass es ei­nes wei­te­ren, auf Leis­tung ge­rich­te­ten Voll­stre­ckungs­ti­tels be­darf, so­dass es auch ei­ner ent­spre­chen­den Leis­tungs­kla­ge nicht be­darf (vgl. BGH, Urt. v. 28.09.1999 – VI ZR 195/98, ju­ris Rn. 19).

b) Der Kla­ge­an­trag ist auch hin­rei­chend be­stimmt (vgl. auch OLG Karls­ru­he, Urt. v. 06.12.2016 – 12 U 106/16, ju­ris Rn. 26).

Bei der ge­bo­te­nen Aus­le­gung des Kla­ge­an­trags ist von dem be­gehr­ten Fest­stel­lungs­ur­teil zu er­war­ten, dass der be­ste­hen­de Streit sach­ge­recht und er­schöp­fend bei­ge­legt wird (vgl. da­zu BGH, Urt. v. 08.02.2006 – IV ZR 131/05, VersR 2006, 535 Rn. 14; Urt. v. 12.07.2006 – VI­II ZR 235/04, NJW-RR 2006, 1485 Rn. 16). In­halt und Reich­wei­te des Kla­ge­be­geh­rens wer­den nicht al­lein durch den Wort­laut des An­trags be­stimmt. Die­ser ist un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Kla­ge­be­grün­dung – und folg­lich auch des mit der Kla­ge vor­ge­leg­ten Mus­ter­kla­ge­ent­wurfs – aus­zu­le­gen. Da­bei ist im Zwei­fel we­gen des ver­fas­sungs­recht­li­chen An­spruchs auf ef­fek­ti­ven Rechts­schutz und recht­li­ches Ge­hör das als ge­wollt an­zu­se­hen, was nach den Maß­stä­ben der Rechts­ord­nung ver­nünf­tig ist und der recht ver­stan­de­nen In­ter­es­sen­la­ge der er­klä­ren­den Par­tei ent­spricht (vgl. BGH, Urt. v. 21.06.2016 – II ZR 305/14, WM 2016, 1599 Rn. 12 m. w. Nachw.; Urt. v. 26.04.2017 – IV ZR 126/16, ju­ris Rn. 15). Nach die­sen Maß­stä­ben ist der Fest­stel­lungs­an­trag da­hin ge­hend zu ver­ste­hen, dass der Klä­ger ge­gen die Her­stel­le­rin des Pkw ei­nen auf Zah­lung des zwi­schen den Par­tei­en un­strei­ti­gen Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Über­eig­nung und Her­aus­ga­be des Pkw ge­rich­te­ten Scha­dens­er­satz­an­spruch nebst Zin­sen gel­tend ma­chen will. An­halts­punk­te da­für, dass der Klä­ger die Her­stel­le­rin le­dig­lich auf Fest­stel­lung ih­rer Scha­dens­er­satz­pflicht in An­spruch neh­men will, was Ge­gen­stand der Ent­schei­dung des LG Braun­schweig (Urt. v. 01.06.2017 – 11 O 3683/16, ju­ris) war, be­ste­hen nicht.

c) Die Fra­ge, ob durch den Klä­ger ge­zo­ge­ne Nut­zun­gen streit­wert­min­dernd in Ab­zug zu brin­gen sind, ist für die Be­stimmt­heit des Kla­ge­an­trags oh­ne Be­deu­tung; aus dem Mus­ter­kla­ge­ent­wurf er­gibt sich, dass dies ge­ra­de nicht be­ab­sich­tigt ist. Ob in­so­weit kei­ne hin­rei­chen­de Er­folgs­aus­sicht be­steht (vgl. da­zu BGH, Urt. v. 23.06.2015 – XI ZR 536/14, ju­ris Rn. 21 ff.), kann der Se­nat hier be­reits des­halb da­hin­ste­hen las­sen, weil sich die Be­klag­te dar­auf in ih­ren De­ckungsa­b­leh­nun­gen und ins­be­son­de­re in ih­rem Schrei­ben vom 14.12.2015 ge­ra­de nicht be­ru­fen hat.

Der Ver­si­che­rer muss in sei­ner Ab­leh­nungs­ent­schei­dung al­le Grün­de an­füh­ren, war­um er kei­nen Rechts­schutz ge­wäh­ren will. Räumt der vom Ver­si­che­rungs­neh­mer be­auf­trag­te Rechts­an­walt die vom Ver­si­che­rer ins Feld ge­führ­ten Ab­leh­nungs­grün­de aus, oh­ne dass ein Stich­ent­scheid von der Sach- und Rechts­la­ge er­heb­lich ab­weicht, dann ist die­ser Stich­ent­scheid bin­dend und der Ver­si­che­rer muss Rechts­schutz ge­wäh­ren. Er kann dann kei­ne wei­te­ren Ab­leh­nungs­grün­de mehr nach­schie­ben (OLG Hamm, Urt. v. 14.10.2011 – I-20 U 92/10, ju­ris Rn. 20). Nichts an­de­res gilt je­den­falls dann, wenn der Ver­si­che­rungs­neh­mer wie hier … di­rekt De­ckungs­kla­ge er­ho­ben und oh­ne den ent­spre­chen­den Ein­wand des Ver­si­che­rers in der ers­ten In­stanz ob­siegt hat. Aus dem Um­stand, dass der Ver­si­che­rer das Recht ver­liert, die Leis­tung we­gen feh­len­der Er­folgs­aus­sicht oder Mut­wil­lig­keit ab­zu­leh­nen, wenn er dies dem Ver­si­che­rungs­neh­mer ent­ge­gen ent­spre­chen­der Vor­ga­ben in den ARB nicht un­ver­züg­lich schrift­lich mit­teilt, und sich die­ses Recht auch dann nicht wirk­sam vor­be­hal­ten kann, wenn er die Leis­tung aus an­de­ren Grün­den ab­lehnt (BGH, Urt. v. 19.03.2003 – IV ZR 139/01, ju­ris), folgt, dass ein Nach­schie­ben von Grün­den, die ei­ne feh­len­den Er­folgs­aus­sicht zur Fol­ge ha­ben sol­len, nicht zu­läs­sig ist.

d) Kei­nen Ein­fluss auf die Zu­läs­sig­keit der ge­gen die Be­klag­te ge­rich­te­ten Kla­ge hat schließ­lich, dass der Klä­ger De­ckung für die au­ßer­ge­richt­li­che und ge­richt­li­che Rechts­ver­fol­gung ge­gen zwei un­ter­schied­li­che Be­klag­te be­gehrt. Auch dies ist al­len­falls im Rah­men der Be­grün­det­heit als Fra­ge nach der hin­rei­chen­den Er­folgs­aus­sicht zu be­rück­sich­ti­gen, wur­de aber von der Be­klag­ten in den De­ckungsa­b­leh­nun­gen nicht the­ma­ti­siert. Oh­ne­hin ist auf­grund des vom Klä­ger zur Kon­kre­ti­sie­rung sei­nes Vor­trags vor­ge­leg­ten Mus­ter­kla­ge­ent­wurfs of­fen­sicht­lich, dass der Klä­ger die Händ­le­rin und die Her­stel­le­rin als Ge­samt­schuld­ner in An­spruch neh­men will, so­dass sich die Ge­fahr ein­an­der wi­der­spre­chen­der Kla­ge­ver­fah­ren nicht stellt.

2. Die Kla­ge ist auch hin­sicht­lich des ge­gen die Fahr­zeug­her­stel­le­rin ge­rich­te­ten De­ckungs­be­geh­rens be­grün­det.

a) Zwi­schen den Par­tei­en ist un­strei­tig, dass der streit­ge­gen­ständ­li­che Sach­ver­halt von der zwi­schen ih­nen be­ste­hen­den Rechts­schutz­ver­si­che­rung er­fasst wird; ins­be­son­de­re wen­det die Be­klag­te we­der ein, dass die er­for­der­li­che Leis­tungs­art nicht ver­ein­bart wor­den wä­re oder der Rechts­schutz­fall vor­ver­trag­lich sei. So­weit sie sich in der De­ckungsa­b­leh­nung vom 07.02.2017 auf § 3 IV lit. c ARB be­zieht, be­trifft dies le­dig­lich die Gel­tend­ma­chung von Ge­währ­leis­tungs­rech­ten, hin­sicht­lich de­rer das Ur­teil des Land­ge­richts rechts­kräf­tig ge­wor­den ist.

b) So­weit sich die Be­klag­te zu­min­dest in der Kla­ge­er­wi­de­rung dar­auf be­ru­fen hat, dass die be­ab­sich­tig­te Rechts­ver­fol­gung des Klä­gers mut­wil­lig sei, ist dies be­reits des­halb un­er­heb­lich, weil sie sel­ber vor­trägt, die De­ckung ur­sprüng­lich nicht we­gen Mut­wil­lig­keit ab­ge­lehnt zu ha­ben und dies­be­züg­lich – un­strei­tig – je­den­falls kei­nen Hin­weis i. S. von § 128 Satz 3 VVG er­teilt hat, so­dass sie nun­mehr mit dem Ein­wand aus­ge­schlos­sen ist (vgl. OLG Karls­ru­he, Urt. v. 06.12.2016 – 12 U 106/16, ju­ris Rn. 31; BGH, Urt. v. 19.03.2003 – IV ZR 139/01, ju­ris).

c) Für die vom Klä­ger ge­gen die Her­stel­le­rin be­ab­sich­tig­te Rechts­ver­fol­gung be­steht ei­ne hin­rei­chen­de Er­folgs­aus­sicht.

aa) Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des BGH (Urt. v. 16.09.1987 – IVa ZR 76/86, ju­ris; Urt. v. 19.02.2003 – IV ZR 318/02, ju­ris Rn. 16) ist die hin­rei­chen­de Er­folgs­aus­sicht nach den zu § 114 ZPO ent­wi­ckel­ten Grund­sät­zen zu prü­fen. Dies be­deu­tet, dass der Stand­punkt des Ver­si­che­rungs­neh­mers nach den von ihm auf­ge­stell­ten Be­haup­tun­gen und den ihm be­kann­ten Ein­wen­dun­gen des Geg­ners zu­min­dest ver­tret­bar sein muss (BGH, Urt. v. 16.09.1987 – IVa ZR 76/86, ju­ris Rn. 10).

Dar­über hin­aus ist er­for­der­lich, dass ei­ne ge­wis­se Wahr­schein­lich­keit ei­nes Er­folgs be­steht, denn al­lein aus dem Um­stand, das ei­ne, von ei­ner in Leh­re und Recht­spre­chung herr­schen­den Auf­fas­sung ab­wei­chen­de An­sicht ver­tret­bar er­scheint, er­gibt sich noch nicht, dass ei­ne hier­auf ge­grün­de­te Kla­ge hin­rei­chen­de Er­folgs­aus­sicht bie­tet. So fehlt es am Vor­lie­gen hin­rei­chen­der Er­folgs­aus­sicht, wenn das Pro­zess­ziel nur auf der Grund­la­ge ei­ner zwar ver­tret­ba­ren, aber von Leh­re und stän­di­ger Recht­spre­chung mehr­heit­lich oder gar ein­hel­lig ab­ge­lehn­ten Mei­nung er­reicht wer­den kann, es sei denn, es wer­den zur Be­grün­dung der ver­tre­te­nen ab­wei­chen­den Auf­fas­sung neue, noch nicht er­ör­ter­te Ar­gu­men­te vor­ge­bracht, die ei­ne Än­de­rung der herr­schen­den Mei­nung als zu­min­dest mög­lich er­schei­nen las­sen (OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 29.05.1990 – 4 U 191/89, VersR 1991, 65).

Es muss zu­dem als mög­lich er­schei­nen, dass der Ver­si­che­rungs­neh­mer den Be­weis der von ihm zu be­wei­sen­den Tat­sa­chen mit­hil­fe zu­läs­si­ger und ge­eig­ne­ter Be­weis­mit­tel zu füh­ren ver­mag. Ei­ne Be­ur­tei­lung der Be­weis­chan­cen durch an­ti­zi­pier­te Be­weis­wür­di­gung darf je­doch bei der Prü­fung der Er­folgs­aus­sich­ten grund­sätz­lich nicht statt­fin­den (BGH, Urt. v. 16.09.1987 – IVa ZR 76/86, ju­ris) Et­was an­de­res kann gel­ten, wenn ein Be­weis­mit­tel schon in ei­nem an­de­ren Ver­fah­ren ge­richt­lich ge­wür­digt wor­den ist oder die Kla­ge auf be­wusst fal­schem Vor­brin­gen ba­siert, mit des­sen Wi­der­le­gung zu rech­nen ist (Arm­brüs­ter, in: Prölss/Mar­tin, VVG, 29. Aufl. [2015], § 1 ARB 2010 Rn. 8 ff. m. w. Nachw.).

bb) Hier er­gibt sich die hin­rei­chen­de Er­folgs­aus­sicht be­reits aus dem Um­stand, dass meh­re­re Land­ge­rich­te in ers­ter In­stanz ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch ei­nes Kraft­fahr­zeug­käu­fers ge­gen die Volks­wa­gen AG we­gen des In­ver­kehr­brin­gens von Die­sel­fahr­zeu­gen mit ma­ni­pu­lier­ter Ab­gas­soft­ware be­jaht ha­ben, un­ter an­de­rem ge­mäß § 826 BGB i. V. mit § 31 BGB (LG Hil­des­heim, Urt. v. 17.01.2017 – 3 O 139/16, ju­ris; LG Os­na­brück, Urt. v. 28.06.2017 – 1 O 29/17, ju­ris; LG Of­fen­burg, Urt. v. 12.05.2017 – 6 O 119/16, ju­ris; LG Kle­ve, Urt. v. 31.03.2017 – 3 O 252/16, ju­ris; LG Arns­berg, Urt. v. 14.06.2017 – 1 O 227/16, ju­ris; LG Kre­feld, Urt. v. 19.07.2017 – 7 O 147/16, ju­ris; LG Frank­furt (Oder), Urt. v. 17.07.2017 – 13 O 174/16, ju­ris; LG Arns­berg, Urt. v. 14.06.2017 – 1 O 25/17, ju­ris; LG Ba­den-Ba­den, Urt. v. 27.04.2017 – 3 O 163/16, ju­ris; LG Karls­ru­he, Urt. v. 22.03.2017 – 4 O 118/16, ju­ris). Je­den­falls das LG Hil­des­heim, das LG Frank­furt (Oder), das LG Ba­den-Ba­den und das LG Karls­ru­he ha­ben ent­schie­den, dass der Scha­dens­er­satz­an­spruch auf Er­stat­tung des Kauf­prei­ses ge­gen Her­aus­ga­be des Pkw ge­rich­tet ist; in den an­de­ren Ver­fah­ren war Ent­spre­chen­des nicht be­an­tragt.

Da­ge­gen spricht we­der die Ent­schei­dung des LG Braun­schweig (Urt. v. 01.06.2017 – 11 O 3683/16, ju­ris), mit der ein auf Er­stat­tung vor­ge­richt­li­cher Rechts­an­walts­kos­ten ge­gen die Her­stel­le­rin ge­rich­te­ter Scha­dens­er­satz­an­spruch ver­neint wur­de, noch die Ab­wei­sung von auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses ge­gen die Her­stel­le­rin ge­rich­te­ten Kla­gen durch das LG Braun­schweig un­ter an­de­rem mit Ur­tei­len vom 25.04.2017 – 11 O 3993/16, ju­ris – und vom 31.08.2017 – 3 O 21/17 (055), ju­ris – oder durch an­de­re Land­ge­rich­te, da an­ge­sichts der an­de­ren Ent­schei­dun­gen und des Aus­ste­hens ei­ner ent­ge­gen­ste­hen­den ober­ge­richt­li­chen – die so­weit er­sicht­lich ein­zi­ge ober­ge­richt­li­che Haupt­sa­che­ent­schei­dung zu die­sem Kom­plex (OLG Mün­chen, Urt. v. 03.07.2017 – 21 U 4818/16, ju­ris) be­trifft ein Vor­ge­hen ge­gen ei­nen Händ­ler – oder gar höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung zu­min­dest ei­ne ge­wis­se Wahr­schein­lich­keit ei­nes Er­folgs des Klä­gers be­steht, zu­mal die den Kla­gen statt­ge­ben­den Ent­schei­dun­gen in­halt­lich auch oh­ne Wei­te­res – je­den­falls am Maß­stab des § 114 ZPO ge­mes­sen – nach­voll­zieh­bar und ver­tret­bar sind; auf die ent­spre­chen­den Aus­füh­run­gen in den ge­nann­ten Ent­schei­dun­gen wird zur Ver­mei­dung von Wie­der­ho­lun­gen Be­zug ge­nom­men. Et­was an­de­res könn­te le­dig­lich dann gel­ten, wenn sich die den Ent­schei­dun­gen zu­grun­de lie­gen­den Sach­ver­hal­te grund­sätz­lich von dem hier zu ent­schei­den­den Sach­ver­halt un­ter­schie­den. Dies ist in­des nicht er­sicht­lich und von den Par­tei­en auch nicht vor­ge­tra­gen.

cc) Auf­grund des­sen kann hier da­hin­ste­hen, ob die De­ckungs­fik­ti­on ge­mäß § 128 Satz 3 VVG ein­greift. Ins­be­son­de­re kann es der Se­nat of­fen­las­sen, ob die in § 18 II 1 ARB ver­ein­bar­te Mo­nats­frist zum Ver­lan­gen der Ein­lei­tung ei­nes Schieds­gut­ach­ter­ver­fah­rens ge­gen § 128 Satz 1 VVG ver­stößt oder ob der Ver­si­che­rer le­dig­lich ei­nen ihm durch § 128 Satz 1 VVG be­las­se­nen Aus­ge­stal­tungs­spiel­raum ge­nutzt hat (vgl. Arm­brüs­ter, in: Prölss/Mar­tin, a. a. O., § 3a ARB 2010 Rn. 22 m. w. Nachw. auch zur Ge­gen­an­sicht).

d) Un­er­heb­lich ist der Um­stand, dass das Land­ge­richt bei sei­ner Te­n­o­rie­rung auch hin­sicht­lich der Her­stel­le­rin auf den Kauf des Fahr­zeugs ab­ge­stellt hat. Der Be­klag­ten ist zwar zu kon­ze­die­ren, dass der Kauf­ver­trag un­strei­tig nicht zwi­schen dem Klä­ger und der Her­stel­le­rin ab­ge­schlos­sen wur­de und die Haf­tungs­grund­la­ge der Her­stel­le­rin nach dem maß­geb­li­chen Sach­vor­trag des Klä­gers das In­ver­kehr­brin­gen des vom so­ge­nann­ten Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs ist. Al­ler­dings hat sich der vom Klä­ger be­haup­te­te Scha­den in dem Ab­schluss des für ihn wirt­schaft­lich nach­tei­li­gen Ver­tra­ges ma­ni­fes­tiert (vgl. LG Hil­des­heim, Urt. v. 17.01.2017 – 3 O 139/16, ju­ris Rn. 32). Auf­grund des­sen ist es zu­tref­fend, auch in der Te­n­o­rie­rung der De­ckungs­ver­pflich­tung der Be­klag­ten auf die­sen Ver­trag ab­zu­stel­len.

e) Der Klä­ger ver­stößt mit sei­ner be­ab­sich­tig­ten Rechts­ver­fol­gung auch nicht ge­gen sei­ne Scha­dens­min­de­rungs­pflicht. Es ist ihm nicht zu­zu­mu­ten, trotz hin­rei­chen­der Er­folgs­aus­sicht mit recht­li­chen Schrit­ten ge­gen die Her­stel­le­rin zu­zu­war­ten. Ab­ge­se­hen da­von, dass nach dem bis­he­ri­gen Ver­hal­ten der Her­stel­le­rin nichts da­für spricht, dass sie frei­wil­lig den vom Klä­ger gel­tend ge­mach­ten Scha­dens­er­satz­an­spruch er­fül­len wird und ei­ne strei­ti­ge Aus­ein­an­der­set­zung ver­meid­bar ist, steht es al­lein im Be­lie­ben des Klä­gers, wann er sei­ne An­sprü­che gel­tend ma­chen will. Al­lein dies ist von dem vom Klä­ger be­zahl­ten Leis­tungs­ver­spre­chen der Be­klag­ten ge­deckt.

f) Auf die Be­haup­tung der Be­klag­ten, dem Klä­ger ent­stün­den oh­ne­hin kei­ne au­ßer­ge­richt­li­chen Kos­ten, hat der Klä­ger kon­kret und im Ein­zel­nen dar­ge­tan, dass dies doch der Fall sei; dem ist die Be­klag­te nicht mehr wei­ter ent­ge­gen­ge­tre­ten. Oh­ne­hin ist die Fra­ge, ob dem Ver­si­che­rungs­neh­mer spä­ter tat­säch­lich Kos­ten ent­ste­hen, für die vor­ge­la­ger­te Fra­ge des De­ckungs­schut­zes un­er­heb­lich. Es ist dem Klä­ger auch un­be­nom­men, sich zur au­ßer­ge­richt­li­chen Durch­set­zung sei­ner An­sprü­che an ei­nen an­de­ren Rechts­an­walt zu wen­den. …

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