Archiv: 2017
Eine Nachbesserung durch die Installation eines Softwareupdates ist dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen – mangelhaften – Fahrzeugs unzumutbar (§ 440 Satz 1 Fall 3 BGB). Die Unzumutbarkeit folgt unter anderem daraus, dass der Käufer wenig Anlass hat, der Entwicklerin des Softwareupdates, der Volkswagen AG, zu vertrauen, nachdem diese sowohl die Behörden als auch die Käufer ihrer Fahrzeuge über Jahre hinweg systematisch irregeführt hat. Dieser Vertrauensverlust erfasst auch das Verhältnis des Käufers zum Verkäufer des Fahrzeugs, weil dieser für eine Nachbesserung auf das von der Volkswagen AG entwickelte Softwareupdate angewiesen ist.
LG Köln, Urteil vom 21.12.2017 – 2 O 137/17
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Der Käufer eines Gebrauchtwagens muss zwar im Regelfall normalen (natürlichen) Verschleiß, aber weder einen übermäßigen Verschleiß oder eine übergroße Verschleißanfälligkeit noch eine vorzeitige Materialermüdung hinnehmen.
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Das Stoffverdeck eines Cabriolets ist ein Verschleißteil, dessen Lebensdauer von zehn bis fünfzehn Jahren nicht zwingend der Lebensdauer des Fahrzeugs entspricht. Löst sich bei einem elf Jahre alten Fahrzeug (hier: einem Audi A4 Cabriolet) die Heckscheibe vom Stoffverdeck, kann deshalb dahinstehen, ob dies auf einem Herstellungsfehler in Gestalt einer fehlerhaften Verklebung von Heckscheibe und Verdeck beruht. Denn dieser Fehler hätte nicht zu einer vorzeitigen Ablösung der Heckscheibe geführt, sondern sich erst nachteilig ausgewirkt, als das Stoffverdeck ohnehin ausgetauscht werden musste.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.12.2017 – I-5 U 55/17
(vorangehend: LG Düsseldorf, Urteil vom 03.03.2017 – 9 O 8/14)
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Zwar ist eine Vereinbarung, die die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausschließt oder einschränkt, bei einem Verbrauchsgüterkauf (§ 474 I BGB) nur dann gemäß § 475 I BGB a.F. (§ 476 I BGB n.F.) unwirksam, wenn sie vor der Mitteilung eines Mangels durch den Verbraucher an den Unternehmer getroffen wird. Indes darf sich der Verkäufer auf eine nach der Mitteilung eines Mangels getroffene Vereinbarung, die die Mängelrechte des Käufers ausschließt oder einschränkt, nur dann berufen, wenn sich der Käufer bei Abschluss der Vereinbarung darüber im Klaren war, dass zu seinem Nachteil von den gesetzlichen Gewährleistungsvorschriften abgewichen wird. Daran fehlt es, wenn der Käufer sich nur deshalb bereit erklärt hat, einen Teil der (zu erwartenden) Reparaturkosten zu tragen, weil er glaubte, hierzu aufgrund einer kaufvertraglichen Regelung verpflichtet zu sein.
LG Heidelberg, Urteil vom 20.12.2017 – 1 S 28/17
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Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Gebrauchtwagen ist allein deshalb mangelhaft i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB, weil in dem Fahrzeug eine seinen Schadstoffausstoß manipulierende Software zum Einsatz kommt. Denn der vernünftige Durchschnittskäufer eines Pkw kann grundsätzlich i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB erwarten, dass das Fahrzeug entweder zu Recht zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassen oder jedenfalls zulassungsfähig ist. Er darf deshalb regelmäßig nicht nur davon ausgehen, dass das Fahrzeug die technischen und rechtlichen Voraussetzungen für eine Zulassung erfüllt, sondern auch annehmen, dass der Fahrzeughersteller die für den Fahrzeugtyp erforderlichen Erlaubnisse und Genehmigungen nicht durch eine Täuschung erwirkt hat. Damit, dass ein (bestimmter) Fahrzeughersteller bei der Erlangung von Erlaubnissen und Genehmigungen getäuscht hat, kann und muss der Käufer allenfalls rechnen, nachdem konkrete Manipulationen öffentlich bekannt geworden sind.
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Der Mangel, der einem vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeug anhaftet, ist dann nicht geringfügig i. S. des § 323 V 2 BGB, wenn zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Käufers ungewiss ist, ob sich der Mangel durch die Installation eines Softwareupdates überhaupt beseitigen lässt und welchen sachlichen und zeitlichen Aufwand eine Nachbesserung gegebenenfalls erfordern wird.
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Bei der Beurteilung, ob der Mangel, an dem ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug leidet, geringfügig und deshalb ein Rücktritt des Käufers nach § 323 V 2 BGB ausgeschlossen ist, ist zu berücksichtigen, dass der Käufer, würde man ihm ein Rücktrittsrecht versagen, für einen unabsehbar langen Zeitraum das keineswegs fernliegende Risiko einer Insolvenz der Fahrzeugherstellerin und des Verkäufers trüge. Für den Käufer bestünde das nicht zu vernachlässigende Risiko, dass er wegen der Insolvenz der Herstellerin und wegen des Unvermögens des Verkäufers, eine Nachbesserung selbstständig vorzunehmen, oder wegen einer Insolvenz sowohl der Fahrzeugherstellerin als auch des Verkäufers ein Fahrzeug behalten muss, dessen Zulassung zum Verkehr auf öffentlichen Straßen infrage steht.
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Eine Frist zur Nachbesserung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs von zwei Wochen, jedenfalls aber eine Nachbesserungsfrist von vier Wochen, ist angemessen i. S. des § 323 I BGB. Denn der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs darf der Bemessung der Frist in erster Linie sein Interesse an einer umgehenden Mangelbeseitigung zugrunde legen, zumal er bis zur Mangelbeseitigung das Insolvenzrisiko der Fahrzeugherstellerin und des Verkäufers trägt und sich ein mangelhaftes Fahrzeug allenfalls schwer veräußern lässt. Dagegen muss die Frist nicht so lang sein, dass die Fahrzeugherstellerin ein noch nicht vorhandenes Softwareupdate entwickeln, testen, vom Kraftfahrt-Bundesamt genehmigen lassen und ihren Vertragshändlern zur Verfügung stellen kann. Vielmehr genügt es, dass der Verkäufer innerhalb der Frist Rücksprache mit der Fahrzeugherstellerin nehmen und von ihr ein bereits vorhandenes und genehmigtes Softwareupdate anfordern kann.
OLG Köln, Beschluss vom 20.12.2017 – 18 U 112/17
(vorangehend: LG Aachen, Urteil vom 07.07.2017 – 8 O 12/16)
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Heißt es in der Beschreibung eines auf der Internetplattform eBay zum Kauf angebotenen gebrauchten Wohnmobils, das Fahrzeug sei 2002 erstzugelassen worden („EZ: 2002“), so führt diese Angabe zu einer Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) mit entsprechendem Inhalt.
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Ein gebrauchtes Wohnmobil, dessen Erstzulassung entgegen einer Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) nicht 2002, sondern schon im April 2001 erfolgt ist, leidet an einem erheblichen Mangel, der den Käufer ungeachtet eines vereinbarten Gewährleistungsausschlusses zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt.
OLG Celle, Urteil vom 14.12.2017 – 6 U 73/17
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Der Verkäufer und der Käufer eines Gebrauchtwagens können eine Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) des Inhalts treffen, dass für das Fahrzeug eine „Werksgarantie“ (= Herstellergarantie) bestehe.
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Haben die Parteien eines Gebrauchtwagenkaufvertrags i. S. von § 434 I I BGB vereinbart, dass für das Fahrzeug eine Herstellergarantie bestehe, dann liegt ein Mangel vor, wenn der Fahrzeughersteller mangels Wartung des Fahrzeugs nach Herstellervorgaben keine Garantieleistungen erbringen muss. Dass der Hersteller möglicherweise Garantieleistungen aus Kulanz erbringen würde, ist unbeachtlich.
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 12.12.2017 – 1 U 186/16
(vorangehend: LG Zweibrücken, Urteil vom 04.11.2016 – 1 O 114/16)
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Verklagt der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs sowohl den Verkäufer als auch die Volkswagen AG, weil zum einen – in Bezug auf den Verkäufer – die Rückabwicklung des Kaufvertrages erreichen und zum anderen – von der Volkswagen AG – Schadensersatz erlangen will, so sind der Verkäufer und die Volkswagen AG Streitgenossen (im Anschluss an OLG Köln, Beschl. v. 01.09.2017 – 8 AR 25/17). Deshalb ist eine Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 I Nr. 3 ZPO grundsätzlich möglich.
OLG Hamm, Beschluss vom 11.12.2017 – 32 SA 62/17
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Bei der Prüfung, ob die Parteien nach dem Vertrag eine bestimmte Verwendung der Kaufsache vorausgesetzt haben, sind nicht nur der Vertragsinhalt, sondern auch die Gesamtumstände zu berücksichtigen (Bestätigung und Fortführung von Senat, Urt. v. 26.04.2017 – VIII ZR 80/16, NJW 2017, 2817 Rn. 16 m. w. Nachw.).
BGH, Urteil vom 06.12.2017 – VIII ZR 219/16
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Dem Anspruch des Geschädigten auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist im Verhältnis zum Schädiger grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (Senat, Urt. v. 18.07.2017 – VI ZR 465/16, VersR 2017, 1282 Rn. 7). Abzustellen ist dabei auf die letztlich festgestellte oder unstreitig gewordene Schadenshöhe (Senat, Urt. v. 11.07.2017 – VI ZR 90/17, VersR 2017, 1155 Rn. 19; Urt. v. 18.01.2005 – VI ZR 73/04, VersR 2005, 558 [559 f.]).
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Auf den für den Ersatzanspruch maßgeblichen Gegenstandswert hat es keinen werterhöhenden Einfluss, dass der Geschädigte im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts noch davon ausgegangen ist, seine Hauptforderung sei zu einem höheren als dem später festgestellten oder unstreitig gewordenen Betrag begründet.
BGH, Urteil vom 05.12.2017 – VI ZR 24/17
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Ein Kfz-Händler kann den Antrag eines Kunden auf Abschluss eines Kaufvertrags („verbindliche Bestellung“) auch dann formlos – hier: per SMS – annehmen, wenn die Verkaufsbedingungen des Händlers vorsehen, dass er die Annahme der Bestellung innerhalb einer bestimmten Frist schriftlich erklären oder innerhalb dieser Frist das bestellte Fahrzeug ausliefern muss. Denn die Schriftform wird lediglich verlangt, um den Parteien den Beweis zu erleichtern, dass ein Kaufvertrag tatsächlich geschlossen wurde; ihre Einhaltung ist nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit der Annahmeerklärung.
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Wer ein Fahrzeug, das einen bestimmten Marktwert hat, zu einem günstigeren Preis kauft und nicht beliefert wird, erleidet einen Vermögensschaden in Höhe der Differenz zwischen Marktwert und Kaufpreis.
LG Berlin, Urteil vom 04.12.2017 – 8 O 307/15
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