1. Nach einem (wirksamen) mangelbedingten Rücktritt des Käufers von einem beiderseits vollständig erfüllten Kaufvertrag sind die gegenseitigen Rückgewährpflichten dort zu erfüllen, wo sich die Kaufsache im Zeitpunkt des Rücktritts vertragsgemäß befindet (im Anschluss an BGH, Urt. v. 09.03.1983 – VIII ZR 11/82, BGHZ 87, 104 [109 ff.] = NJW 1983, 1479).
  2. Haben der Verkäufer und der Käufer eines Gebrauchtwagens eine Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) des Inhalts getroffen, dass für das Fahrzeug eine „Werksgarantie“ (= Herstellergarantie) bestehe, dann liegt ein Mangel vor, wenn der Fahrzeughersteller mangels Wartung des Fahrzeugs nach Herstellervorgaben keine Garantieleistungen erbringen muss. Dass der Hersteller möglicherweise Garantieleistungen aus Kulanz erbringen würde, ändert daran nichts.
  3. Erklärt der Inhaber einer Kfz-Fachwerkstatt beim Verkauf eines Gebrauchtwagens, ein (Transport-)Schaden des Fahrzeugs sei „repariert“ worden, so ist diese Erklärung gemäß §§ 133, 157 BGB regelmäßig dahin auszulegen, dass eine fachgerechte Reparatur erfolgt ist. Das gilt ausnahmsweise nicht, wenn ausdrücklich von einer provisorischen Reparatur die Rede ist.
  4. Dass der Käufer dem Verkäufer bei der Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrags für jeden mit dem Fahrzeug gefahrenen Kilometer eine Nutzungsentschädigung schuldet (§§ 346 I, II 1 Nr. 1 BGB), hat das Gericht in einem „Rücktrittsprozess“ schon dann zu berücksichtigen, wenn sich aus dem unstreitigen Sachverhalt entsprechende Anknüpfungstatsachen ergeben.

LG Zweibrücken, Urteil vom 04.11.2016 – 1 O 114/16
(nachfolgend: OLG Zweibrücken, Beschluss vom 12.12.2017 – 1 U 186/16)

Sachverhalt: Die Klägerin begehrt die Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrags.

Sie erwarb von dem unternehmerisch handelnden Beklagten am 25.06.2015 für 12.700 € einen am 30.12.2013 erstzugelassenen Gebrauchtwagen. Im schriftlichen Kaufvertrag ist ein „Stand des Kilometerzählers“ von „114 km“ vermerkt; außerdem heißt es dort unter anderem: „Fahrzeug mit Werksgarantie … Transportschaden Dach rep. + lackiert“.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.09.2015 erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag. Sie behauptet, der Beklagte habe den im Kaufvertrag angegebenen Transportschaden am Dach des Pkw stark verharmlost. Erst nach Übergabe des Fahrzeugs habe sich herausgestellt, dass es sich um einen massiven Schaden handele, der – entgegen den Angaben im Kaufvertrag – nicht fachgerecht repariert worden sei. Darüber hinaus und entgegen dem mit dem Beklagten Vereinbarten habe für den Pkw bei der Übergabe an die Klägerin keine Werksgarantie mehr bestanden, weil die für den Erhalt der Herstellergarantie notwendige Erstinspektion nicht spätestens im Dezember 2014 durchgeführt worden sei. Auch dies habe sie – die Klägerin – erst nach Übergabe des Fahrzeugs festgestellt, als ihr der Beklagte nach mehreren Mahnungen das Serviceheft übergeben habe. Eine Nachbesserung hinsichtlich des Schadens am Dach sei ihr – der Klägerin – nicht zuzumuten, da ihr Vertrauensverhältnis zu dem Beklagten schwer erschüttert sei.

Mit Versäumnisurteil vom 14.07.2016 hat das LG Zweibrücken den Beklagten verurteilt, der Klägerin – jeweils nebst Zinsen und Zug um Zug gegen Rückgewähr des streitgegenständlichen Pkw – den Kaufpreis in Höhe von 12.000 € zurückzuzahlen und ihr Zulassungskosten in Höhe von 43 € zu erstatten. Darüber hinaus hat es den Beklagten verurteilt, der Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 958,19 € nebst Zinsen zu ersetzen, und festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.

Auf den form- und fristgerechten Einspruch des Beklagten wurde das Versäumnisurteil überwiegend aufrechterhalten.

Aus den Gründen: II. Die Klage ist zulässig.

1. Das gemäß §§ 71 I, 23 Nr. 1 GVG sachlich zuständige LG Zweibrücken ist nach § 29 ZPO auch örtlich zuständig. Danach ist für Streitigkeiten aus ein Vertragsverhältnis das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. Bei der Rückgängigmachung eines Kaufvertrags, der von beiden Seiten bereits erfüllt ist, ist für den Käufer Erfüllungsort der Ort, an dem sich die Sache zum Zeitpunkt des Rücktrittes befindet (BGH, Urt. v. 09.03.1983 – VIII ZR 11/82, BGHZ 87, 104 [109 ff.] = NJW 1983, 1479).

2. Das für den Feststellungsantrag gemäß § 256 I ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich aus den §§ 756, 765 ZPO.

III. Die Klage ist in der Hauptsache zum ganz überwiegenden Teil begründet.

1 Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten Anspruch auf Rückzahlung eines (restlichen) Kaufpreises in Höhe von 11.844,66 € aus den §§ 433, 434 I, 437 Nr. 2 Fall 1, 346 I, 323, 348, 349 BGB, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Danach wandelt sich ein ursprünglicher Kaufvertrag in ein Rückabwicklungsverhältnis um, sofern ein erheblicher Mangel der Kaufsache zum Übergabezeitpunkt festgestellt werden kann und der Käufer im Hinblick darauf den Rücktritt erklärt, sofern er zuvor dem Verkäufer eine Nachfrist zur Nacherfüllung gesetzt hat bzw. diese Nachfrist ausnahmsweise entbehrlich ist.

1.1 Der Abschluss eines Kaufvertrags i. S. des § 433 BGB sowie die Rücktrittserklärung i. S. des § 349 BGB ist zwischen den Parteien unstreitig.

1.2 Zur Überzeugung des Einzelrichters liegt auch ein Mangel i. S. des § 434 I 1 BGB vor. Danach ist eine Sache nur dann mangelfrei, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat.

1.2.1 Der Begriff der Beschaffenheit ist mit dem tatsächlichen Zustand der Sache gleichzusetzen. Er umfasst die der Sache anhaftenden Eigenschaften und ist nicht alleine auf physische Merkmale der Sache beschränkt. Das Fehlen der üblichen Werksgarantie des Herstellers beim Kauf ist damit ein Sachmangel (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 01.02.2006 – 3 U 106/05, juris; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2013, § 434 Rn. 202). Im vorliegenden Fall wurde eine Werksgarantie sogar in den schriftlichen Kaufvertrag ausdrücklich mit aufgenommen. Die Einlassung des Beklagten, aus dem Vertrag ergebe sich Entsprechendes nicht, ist im Hinblick auf den klaren Wortlaut des Vertrags nicht nachvollziehbar.

1.2.2 Nach dem Akteninhalt war eine solche Werksgarantie schon bei Übergabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs nicht mehr vorhanden.

Zur Überzeug des Einzelrichters macht der Hersteller H die Fortgeltung der Werksgarantie davon abhängig, dass die vorgeschriebenen Inspektionen regelmäßig durchgeführt werden. Dass entsprechende Werksgarantien bei Nichtdurchführung der vorgeschriebenen Inspektionen regelmäßig erlöschen, ist bereits gerichtsbekannt. Dass dies auch im vorliegenden Fall so ist, hat die Klägerin durch Vorlage einer Abschrift der Vereinbarungen zu der Garantieurkunde ausreichend belegt. Danach sichert alleine die ordnungsgemäße Einhaltung der einzelnen Wartungsprüfungen bei einem entsprechenden H-Vertragshändler unter anderem den Garantieanspruch des Fahrzeugs.

Aus der ebenfalls vorgelegten Abschrift aus dem Inspektionsheft des Fahrzeugs ergibt sich, dass die erste Inspektion entweder nach 30.000 km Fahrleistung oder nach einem Jahr, gerechnet ab Datum der Erstauslieferung bzw. dem Datum der Erstzulassung des Fahrzeuge, fällig wird, je nachdem, was zuerst eintritt. Unstreitig erfolgte die Erstzulassung des Fahrzeugs im vorliegenden Fall am 30.12.2013, sodass die Inspektion spätestens Ende Dezember 2014 hätte durchgeführt werden müssen.

1.2.3 Die Behauptung des Beklagten, die Werksgarantie habe Bestand gehabt, obwohl keine Jahresinspektion während der Besitzzeit des Beklagten durchgeführt worden sei, war vor diesem Hintergrund vollkommen unsubstanziiert. Auch nach entsprechendem richterlichen Hinweis hat der Beklagte diesbezüglich nichts mehr vorgetragen.

1.2.4 Die weitere Einlassung des Beklagten, das Werk hätte gegebenenfalls aus Kulanzgründen die Garantie dennoch durchgeführt, ist als Behauptung „ins Blaue hinein“ zu bewerten und damit unerheblich. Davon abgesehen würde eine entsprechende Kulanzleistung immer von einem wohlwollenden Verhalten des Herstellers abhängen und kann damit nicht gleichgesetzt werden mit einem Rechtsanspruch auf Garantie.

1.3 Der Rücktritt ist auch nicht nach § 323 V 2 BGB ausgeschlossen. Danach kann ein Gläubiger nicht vom Vertrag zurücktreten, wenn es sich um eine unerhebliche Pflichtverletzung handelt.

Die Tatsache, dass ein Fahrzeug keine Werksgarantie hat, kann nicht als unerheblich bewertet werden. Es besteht insoweit ein nicht zu vernachlässigendes finanzielles Interesse sowie ein entsprechendes Sicherheitsinteresse des Käufers.

1.4 Eine Frist zur Nacherfüllung war hinsichtlich des Mangels des Fehlens der Werksgarantie entbehrlich. Zwar wäre es grundsätzlich erforderlich gewesen, dass die Klägerin dem Beklagten vor der Erklärung des Rücktritts zunächst gemäß § 323 I BGB eine angemessene Frist zur Nacherfüllung nach § 439 BGB gesetzt hätte. Dies gilt hier jedoch nicht, weil eine entsprechende Nacherfüllung nicht mehr möglich gewesen ist. Die einmal erloschene Werksgarantie kann nicht wieder aufleben.

1.5 Das Rücktrittsrecht wegen des Fehlens der Werksgarantie ist auch nicht gemäß § 442 I 1 BGB ausgeschlossen. Danach kann sich ein Käufer auf einen solchen Mangel nicht berufen, den er bei Vertragsschluss kannte. Nach § 442 I 2 BGB schadet dem Käufer auch grobe fahrlässige Unkenntnis des Mangels, soweit in einem solchen Fall der Verkäufer den entsprechenden Mangel nicht arglistig verschwiegen oder eine Beschaffenheitsgarantie übernommen hat. Dabei trägt der Beklagte als Verkäufer für die Kenntnis oder grobe Fahrlässigkeit des Käufers die Darlegungs- und Beweislast (Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 442 Rn. 6).

Der Beklagte ist hier schon für seine Behauptung, der Klägerin habe bei Übergabe des Pkw das Serviceheft mit den entsprechenden Wartungseinträgen vorgelegen, nach Bestreiten der Klägerseite beweisfällig geblieben. Es bedurfte daher keiner Entscheidung, ob aus einer solchen Tatsache überhaupt auf eine mögliche Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers hätte geschlossen werden können.

2 Ob auch ein Mangel bei Übergabe im Sinne eines nicht fachgerecht reparierten Transportschadens an dem Dach des Pkw vorgelegen hat, den die Klägerin nicht hat erkennen können, kann im Hinblick auf das Ergebnis entsprechend III 1 offenbleiben.

Nur vorsorglich sei insoweit erwähnt, dass die Rechtsauffassung des Beklagten, er habe keine fachgerechte Reparatur geschuldet, da in dem Kaufvertrag nur allgemein von Reparatur gesprochen worden sei, seitens des Einzelrichters nicht geteilt wird. Ein Vertrag ist im Rahmen der §§ 133, 157 BGB aus Sicht eines objektiven Empfängers auszulegen. Es dürfte insoweit bei allen billig und gerecht denkenden potenziellen Empfängern einer solchen Willenserklärung kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, dass eine Fachwerkstatt, wenn sie von Reparatur spricht, selbstredend damit eine fachgerechte Reparatur meint, soweit nicht in Ausnahmefällen ausdrücklich von einer provisorischen Reparatur die Rede ist.

Vorsorglich sei weiter darauf hingewiesen, dass auch der Mangel an dem Dach des Pkw als solcher aufgrund des Ergebnisses des in dem selbstständigen Beweisverfahren … eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen G zur Überzeugung des Einzelrichters nachgewiesen ist. Der Sachverständige hat erkennbar allein den Transportschaden und nicht etwa zugleich einen Hagelschaden bewertet. Zweifelhaft betreffend des Mangels am Dach kann hier daher lediglich sein, inwieweit eine Nachfristsetzung erforderlich gewesen wäre. Einer Vertiefung dieser Frage bedarf es allerdings wegen des Ergebnisses unter III 1 nicht.

3 Nach §§ 346 I, 348 BGB sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen Zug um Zug zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

3.1 Mithin ist der Klägerin grundsätzlich der Kaufpreis zu erstatten, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Pkw.

3.2 Der Kaufpreis wird durch Saldierung um die gezogenen Nutzungen, die der Käufer gemäß § 346 I BGB herausgeben muss, verringert. Eine Zug-um-Zug-Verurteilung findet insoweit nicht statt (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 14.09.1981 – 2 U 43/81, MDR 1982, 141; BGH, Urt. v. 20.02.2008 – VIII ZR 334/06, BGHZ 175, 286 Rn. 23; a. A. MünchKomm-BGB/Gaier, 7. Aufl., § 348 Rn. 4).

Zu diesen Nutzungen gehören auch die Vorteile, die dem Käufer durch den Gebrauch des Kaufgegenstandes erwachsen. Dem Besitz eines Fahrzeugs wird nach ganz herrschender Meinung ein wirtschaftlicher Wert beigemessen (BGH, Urt. v. 30.09.1963 – III ZR 137/62, BGHZ 40, 345 [349] = NJW 1964, 542). Da ein solcher Vorteil nicht in Natur herausgegeben werden kann, hat der Käufer einen entsprechenden Wert zu vergüten. Dabei wird nicht zwischen dem Gebrauch vor der Zeit und nach der Zeit der Rücktrittserklärung unterschieden. Ein Käufer muss sich die Nutzung der Kaufsache als Gebrauchsvorteil auch dann anrechnen lassen, wenn die lange Nutzungsdauer allein darauf beruht, dass der andere Vertragsteil die Rückgängigmachung des Kaufvertrags rechtsgrundlos abgelehnt hat. Nach der herrschenden Meinung kommt in dem Grundgedanken des Rücktrittsrechts entsprechend § 346 I BGB zum Ausdruck, dass einem Käufer eine unentgeltliche Gebrauchsüberlassung nicht zugestanden werden soll (vgl. OLG Köln, Urt. v. 22.06.1979 – 20 U 8/79, OLGZ 1980, 210 [211 f.]; OLG Braunschweig, Urt. v. 03.05.1996 – 5 U 2/96, OLGR 1996, 133; OLG Düsseldorf, Urt. v. 02.06.1995 – 22 U 215/94, NJW-RR 1996, 46).

3.2.1 Nach dem Gesetzeswortlaut des § 346 I BGB und der hier vertretenen Auffassung (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 14.09.1981 – 2 U 43/81, MDR 1982, 141; BGH, Urt. v. 20.02.2008 – VIII ZR 334/06, BGHZ 175, 286 Rn. 23) handelt es sich nicht um eine Einrede mit der Folge einer Zug-um-Zug-Verurteilung. Es ist daher eine Nutzungsentschädigung schon dann zu berücksichtigen, wenn entsprechende Anknüpfungstatsachen schon nach dem unstreitigen Sachverhalt ersichtlich sind. In diesem Sinne spielt es daher keine Rolle, dass der Beklagte sich erst nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung auf die Nutzungsentschädigung konkret berufen hat.

3.2.2 Allerdings ist derjenige, dem ein Nutzungsrecht zusteht, schon nach allgemeinen Grundsätzen im Rahmen seiner Darlegungslast gehalten, alle notwendigen Anknüpfungstatsachen vorzutragen, soweit diese sich nicht bereits aus dem Akteninhalt als solchem ergeben. Nur dann kann das Gericht einen entsprechenden Wertersatz überhaupt berechnen.

Soweit der Beklagte erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung … behauptet hat, die Klägerin habe 20.000 km zurückgelegt, durfte das Gericht diesen Vortrag nicht mehr berücksichtigen. Mit diesem neuem Vortrag ist der Beklagte gemäß § 296a ZPO ausgeschlossen. Danach können nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. Ausnahmsweise schadet gemäß §§ 296a Satz 2, 139 V ZPO ein Vorbringen nach Schluss der mündlichen Verhandlung nicht, wenn die Partei die Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis in einem Schriftsatz nachbringen darf.

Im vorliegenden Fall ist dem Beklagten zwar in der letzten mündlichen Verhandlung eine Nachschubfrist bis zum 21.10.2016 bewilligt worden. Die damit erlaubte weitere Stellungnahme darf sich inhaltlich aber nur auf den erteilten Hinweis beziehen (vgl. Hk-ZPO/Wöstmann, 6. Aufl., § 139 Rn. 11), um noch verwertet werden zu können Der Einzelrichter hatte bezüglich des jetzt streitigen Wertersatzes dem Beklagten keinen Hinweis gegeben. Der Hinweis des Gerichts bezog sich auf die Rechtsansicht, dass das Fehlen einer Werksgarantie grundsätzlich einen Mangel darstellt. Demnach durfte der Beklagte auch nur zu dieser Fragestellung weiteren Vortrag bringen.

Veranlassung zu Wiedereröffnung des Verfahrens gemäß § 156 ZPO gab es nicht. Der Beklagte war grundsätzlich gehalten, sämtliche Angriffs- und Verteidigungsmittel rechtzeitig vorzubringen (§ 282 ZPO). Tragende Entschuldigungsgründe für den verspäteten Vortrag sind nicht ersichtlich.

3.2.3 Maßgeblich und verwertbar ist damit alleine der Akteninhalt zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Urkundlich belegt ist ein Kilometerstand von 114 bei Übergabe des Fahrzeugs und ein solcher von 11.472 am 15.02.2016. Anhaltspunkte, die es gerechtfertigt hätten, diese urkundlich belegten Angaben in Zweifel zu ziehen, sind nicht ersichtlich und wurden insbesondere auch nicht von den Parteien vorgetragen. Die Möglichkeit, dass die Klägerin nach dem 15.02.2016 weitere Kilometer mit dem streitgegenständlichen Pkw zurückgelegt hat, ist gegeben, seitens des Gerichts aber nicht zu verifizieren. Eine Amtsermittlung diesbezüglich verbietet sich. Die entsprechende Behauptung seitens des darlegungsbelasteten Beklagten erfolgte, wie ausgeführt, zu spät.

3.2.4 Nach Auffassung des Einzelrichters ist die Höhe des entsprechenden Wertersatzes für die Nutzung des Pkw nach der anerkannten Formel für die zeitanteilige lineare Wertminderung

$$\left({\frac{\text{Bruttokaufpreis}\times\text{gefahrene Kilometer}}{\text{erwartbare Restlaufleistung}}}\right)$$

zu berechnen (vgl. BGH, Urt. v. 17.05.1995 – VIII ZR 70/94, DAR 1995, 323; OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.07.2014 – I-3 U 39/12)

Nach Einschätzung des Gerichtes im Rahmen des § 287 ZPO ist bei einem Pkw der streitgegenständlichen Art von einer Gesamtlaufleistung bis zur annähernden Wertlosigkeit des Fahrzeugs von 180.000 km auszugehen. Die Differenz von den gefahrenen 114 km bei Übernahme des Fahrzeugs zu den benannten 11.472 km am 15.02.2016 beträgt 11.358 km. Die zu erwartende Restlaufleistung ist mithin mit 168.642 km anzusetzen. Damit ergibt sich hier ein auszugleichende Wertersatz in Höhe von

$${\frac{\text{12.770 €}\times\text{11.358 km}}{\text{168.642 km}}} = \text{855,34 €}.$$

Der ebenfalls in der Rechtsprechung angewandt Vergütungssatz von 0,67 % des Bruttokaufpreises je angefangene 1.000 km erscheint dem Einzelrichter weniger geeignet, um dem Einzelfall gerecht zu werden.

4. Der Kaufpreis war nicht weiter zu mindern um die erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung behaupteten Reparaturkosten zu Beseitigung eines Hagelschadens in Höhe von 3.500 €. Auch mit diesem Vortrag ist der Beklagte gemäß § 296a ZPO ausgeschlossen. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden. Der Beklagte hat zwar schon vor der letzten mündlichen Verhandlung den Hagelschaden eingewandt, jedoch nicht im Zusammenhang mit einem möglichen Wertersatz. Vielmehr führte der Beklagte diesen Hagelschaden allein deshalb an, um damit den Mangel als solchen zu erklären. Anknüpfungstatsachen dafür, in welcher Höhe dieser angebliche Hagelschaden Reparaturkosten bedingt, sind seitens des Beklagten bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung nicht im Ansatz vorgetragen worden.

Nur der Vollständigkeit zuliebe sei bemerkt, dass der diesbezügliche Vortrag nach der letzten mündlichen Verhandlung vollkommen unsubstanziiert erfolgt ist und jede Beweisaufnahme dazu einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dargestellt hätte.

Nur vorsorglich sei außerdem darauf hingewiesen, dass diesem Wertersatzanspruch auch § 346 III 1 Nr. 3 BGB entgegenstehen kann. Danach entfällt die Pflicht zum Wertersatz , wenn die Verschlechterung der Kaufsache bei dem Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt. Wie die Klägerin einen Hagelschaden hier hätte verhindern können, ist nicht ersichtlich.

5. Als sogenannter Mangelfolgeschaden sind der Klägerin … auch die aufgewendeten Zulassungskosten in Höhe von 43 € zu ersetzen.

6. Auch der Feststellungsantrag ist begründet. Der Beklagte ist durch außergerichtliches Schreiben der jetzigen Prozessbevollmächtigten in Annahmeverzug gesetzt worden.

IV. Die geltend gemachten Zinsen sind … als Verzugsschaden zu ersetzen.

V. Einen Anspruch auf die geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten in Form von angefallenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten hat die Klägerin dagegen nicht. Auch insoweit kommt ein Anspruch unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens in Betracht. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Schaden nach Verzug eingetreten ist. Nach dem Akteninhalt ist davon auszugehen, dass sich zum Zeitpunkt der Beauftragung der jetzigen Prozessbevollmächtigten durch die Klägerin der Beklagte noch nicht in Verzug befunden hat. Eine hierfür erforderliche, vor Beauftragung des Rechtsanwaltes ergangener Mahnung ist nicht ersichtlich.

Hinweis: Mit Beschluss vom 12.12.2017 – 1 U 186/16 – hat das OLG Zweibrücken darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, die Berufung des Beklagten gemäß § 522 II ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

„Die Berufung des Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 II 1 Nr. 1 ZPO). Der Erstrichter hat zu Recht angenommen, dass der Kaufvertrag rückabzuwickeln ist. Auch die sonstigen Voraussetzungen einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss (vgl. § 522 II 1 Nr. 2 bis 4 ZPO) liegen vor.

1. Zu Recht hat der Erstrichter angenommen, dass die Klägerin die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs aus §§ 434 I 1, 437 Nr. 2 Fall 1, 346 I, 348 BGB beanspruchen kann.

a) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht festgestellt, dass das Fehlen einer Herstellergarantie einen Sachmangel darstellt. Dieser ergibt sich vorliegend aus § 434 I 1 BGB, nachdem die Parteien ausdrücklich vereinbart haben, dass für das Fahrzeug eine „Werksgarantie“ besteht. Das Fehlen der vereinbarten Herstellergarantie begründet einen Sachmangel (vgl. zur Herstellergarantie beim Gebrauchtwagenkauf als Beschaffenheitsmerkmal i. S. des § 434 I BGB: BGH, Urt. v. 15.06.2016 – VIII ZR 134/15, juris Rn. 14–16).

Der Senat geht mit dem Landgericht gemäß § 529 I Nr. 1 ZPO weiter davon aus, dass eine Herstellergarantie nicht besteht, weil die erste Inspektion nicht durchgeführt worden ist. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellung begründen, werden von der Berufung nicht vorgebracht und sind auch sonst nicht zu erkennen.

Die Behauptung der Berufung, eine Inspektion nach einer Laufleistung von nur 114 km mache technisch überhaupt keinen Sinn, da bis dahin keinerlei Beanspruchung des Fahrzeugs vorliege, rechtfertigt keine andere Bewertung. Ein Anspruch aus der Herstellergarantie besteht nur, wenn die Wartungsintervalle eingehalten werden. Danach war die erste Inspektion, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, vorliegend … fällig. Dass das Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt erst eine Laufleistung von 114 km aufwies, ist nach den Angaben im Serviceheft unbeachtlich. Entscheidend für die Fälligkeit der ersten Inspektion ist danach entweder das Erreichen einer Laufleistung von 30.000 km oder der Ablauf eines Jahres. Maßgeblich ist nach den Angaben im Serviceheft das zuerst eintretende Ereignis. Ob die Durchführung einer Inspektion aus technischer Sicht … vorliegend „sinnvoll“ war, spielt für den Erhalt des Garantieanspruchs gegenüber dem Hersteller keine Rolle. Denn der Garantieanspruch geht auch dann verloren, wenn das Unterlassen der Wartungsdienste für einen späteren Garantiefall überhaupt nicht ursächlich geworden ist (vgl. BGH, Urt. v. 12.12.2007 – VIII ZR 187/06, juris Rn. 18).

Auch der Einwand des Beklagten, der Hersteller würde Garantieleistungen auf Kulanzbasis durchführen, verfängt nicht. Freiwillige Leistungen des Herstellers stellen keinen gleichwertigen Ersatz für das Bestehen eines klagbaren Rechtsanspruchs auf Garantieleistungen dar.

b) Zu Recht hat das Erstgericht weiter festgestellt, dass eine Fristsetzung zur Nacherfüllung nach § 439 I BGB vorliegend entbehrlich war. Denn der durch das Fehlen der vereinbarten Herstellergarantie begründete Sachmangel war nicht behebbar.

c) Das Landgericht hat weiter zutreffend festgestellt, dass der Beklagte für seine Behauptung, die Klägerin habe bei Vertragsschluss Kenntnis von der fehlenden Herstellergarantie gehabt (§ 442 I 1 BGB), beweisfällig geblieben ist.

d) Danach kann die Klägerin aufgrund des erklärten Rücktritts vom Kläger den bezahlten Kaufpreis nach § 346 I BGB zurückverlangen. Der Beklagte kann im Gegenzug nach dieser Vorschrift die gezogenen Nutzungen herausverlangen.

2. Soweit der Beklagte bemängelt, das Erstgericht habe im Zusammenhang mit dem ihm zustehenden Nutzungsersatz zu Unrecht nur einen Kilometerstand von 11.472 berücksichtigt, ist dies verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden. Der Vortrag des Beklagten, der Kilometerstand betrage 20.000, erfolgte erstmals im Schriftsatz vom 21.10.2016 und damit nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 28.09.2016. … Damit hat der Erstrichter den Vortrag des Beklagten zur angeblichen Laufleistung von 20.000 km zu Recht nach § 296a ZPO zurückgewiesen und auch ermessensfehlerfrei die mündliche Verhandlung nicht wiedereröffnet.

Die vom Landgericht vorgenommene Schätzung des Nutzungsersatzes nach § 287 ZPO ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

Die der Schätzung zugrunde liegende Laufleistung von 11.472 km ergibt sich aus dem vom Sachverständigen G abgelesenen Kilometerstand. Zu Recht hat der Erstrichter die Methode des linearen Wertschwundes (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 13. Aufl., Rn. 3562) angewandt. Diese Methode ist vom BGH gebilligt worden (vgl. BGH, Urt. v. 09.04.2014 – VIII ZR 215/13; Urt. v. 26.06.1991 – VIII ZR 198/90, juris Leitsatz 2).

Zutreffend hat das Landgericht den Nutzungsersatz dementsprechend gemäß § 287 ZPO nach folgender Formel auf 855,34 € geschätzt (vgl. Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3564):

$$\text{Gebrauchsvorteil} = {\frac{\text{Bruttokaufpreis}\times\text{gefahrene Kilometer}}{\text{voraussichtliche Restlaufleistung}}}.$$

In dieser Höhe ist der klägerische Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aufgrund der vom Beklagten erklärten Aufrechnung gemäß § 389 BGB erloschen.

3. Die vom Beklagten mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 3.500 € wegen der Beseitigung eines Hagelschadens erklärte Aufrechnung hat demgegenüber keinen Erfolg.

Der Beklagte legt keine Gründe dar, aus denen sich eine Verletzung von Pflichten der Klägerin i. S. des § 280 I BGB im Zusammenhang mit dem Rückgewährschuldverhältnis ergeben würde.

Auch ein Anspruch auf Wertersatz in Höhe von 3.500 € nach § 346 II 1 Nr. 3 BGB ist nicht hinreichend dargelegt. Bei den vom Sachverständigen G festgestellten Schäden am Dach handelt es sich um typische Beschädigungen, wie sie bei einem Auf- und Abladevorgang des Fahrzeugs verursacht werden, so der Sachverständige. Diese von den Parteien im selbstständigen Beweisverfahren nicht angegriffene Feststellung ist für den Senat angesichts der fotografischen Dokumentation ohne Weiteres nachvollziehbar. Hagelschäden sind auf den Lichtbildern nicht zu erkennen.

Darüber hinaus hat das Erstgericht das Vorbringen des Beklagten zu dem angeblichen Hagelschaden zu Recht nach § 296a ZPO nicht mehr zugelassen, nachdem der Beklagte den von ihm behaupteten Schadensersatzanspruch in Höhe von 3.500 € erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 28.09.2016 mit Schriftsatz vom 21.10.2016 vorgebracht hat.

Für seine – von der Klägerin bestrittene – Behauptung, die Klägerin habe Leistungen aus ihrer Kaskoversicherung wegen des Hagelschadens erhalten, ist der Beklagte beweisfällig geblieben.

4. Auf die Frage, ob der Transportschaden am Dach des Fahrzeugs die Klägerin ebenfalls zu einem Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt, kommt es nach alledem nicht mehr an.“

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