Der bloße Zusatz „i. A.“ in einem Kfz-Kaufvertrag steht der Annahme, der diesen Vertrag angeblich nur vermittelnde Kraftfahrzeughändler habe das Fahrzeug in Wahrheit selbst verkauft, dann nicht entgegen, wenn der Händler ein so großes Interesse am Verkauf des Fahrzeugs hatte, dass er sogar vor einem Betrug Käufers nicht zurückgeschreckt ist.

AG Dresden, Urteil vom 25.05.2016 – 105 C 4787/15

Sachverhalt: Der Kläger hat den Beklagten auf Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen gebrauchten Pkw der Marke Toyota in Anspruch genommen.

Er hat behauptet, der Beklagte habe ihm, dem Kläger, bei Abschluss des Kaufvertrags am 13.01.2014 die Dokumentation eines „16-Punkte-Checks“ übergeben Diese sei vermeintlich in einer Toyota-Vertragswerkstatt erstellt worden. Tatsächlich habe jedoch der Beklagte die Dokumentation selbst erstellt und unterschrieben und so ihm, dem Kläger bewusst wahrheitswidrig vorgespiegelt, dass der Pkw – der erhebliche, teils sicherheitsrelevante Mängel aufgewiesen – mangelfrei sei.

Der Beklagte selbst habe das in Rede stehende Fahrzeug von V erworben und den Pkw, der seinerzeit 14 Jahre alt gewesen sei und eine Laufleistung von etwa 112.000 km gehabt habe, sodann zum Kauf angeboten. Dabei habe sich der Beklagte eines Strohmanns, nämlich seines Bruders B – dem der Kläger den Streit verkündet hat – bedient. Er, der Kläger, habe sich für das Fahrzeug interessiert und gewusst, dass Toyota-Vertragswerkstätten einen „16-Punkte-Check“ anböten. Ihm sei es wichtig gewesen, dass ein solcher „16-Punkte-Check“ durchgeführt werde und der Pkw danach keine Mängel aufweise. Der Beklagte habe sich ihm gegenüber bereit erklärt, einen „16-Punkte-Check“ durchführen zu lassen. Tatsächlich habe sich der Bekklagte jedoch unter Vorspiegelung falscher Tatsachen ein mit einem Stempel versehenes „16-Punkte-Check“-Formulars einer Toyota-Vertragswerkstatt verschafft und selbst ausgefüllt.

Bereits im März 2014 habe sich herausgestellt, dass das Fahrzeug – anders als der Beklagte vorgespiegelt habe – nicht frei von Mängeln sei, sondern erhebliche Mängel aufweise. So seien die Lambdasonde, die vorderen Bremsscheiben sowie das Auspuffrohr und der Endtopf mangelhaftet gewesen. Für die Reparaturen habe er, der Kläger, 818,20 € aufwenden müssen. Außerdem wiesen insbesondere die Hinterachsbuchsen und der Querlenker so gravierende Mängel auf, dass der Pkw bei einer Hauptuntersuchung keine Plakette erhalten würde. Der Wagen habe deshalb zum 02.07.2014 abgemeldet werden müssen.

Mit seiner Klage hat der Kläger von dem Beklagten die Rückzahlung des um eine Nutzungsentschädigung verminderten Kaufpreises in Höhe von noch 2.081,68 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgewähr des Fahrzeugs, und die Feststellung verlangt, dass der Beklagte mit der Annahme des Pkw in Verzug sei. Darüber hinaus hat der Kläger Schadensersatz in Höhe von 1.424,73 € nebst Zinsen begehrt. In diesem Betrag sind unter anderem die aufgewendeten Reparaturkosten in Höhe von 818,20 € enthalten. Außerdem hat der Kläger festgestellt wissen wollen, dass seine Ansprüche auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Beklagten beruhten und dass der Beklagte ihm zukünftige materiellen Schäden, die aus dem Kauf des Fahrzeugs resultierten, insbesondere ab Mai 2016 entstehende Unterstellkosten, ersetzen müsse. Schließlich hat der Kläger den Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten (413,64 € nebst Zinsen) verlangt.

Der Beklagte hat in Abrede gestellt, dem Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug verkauft zu haben. Den Kaufvertrag habe er im Namen seines Bruders B geschlossen, was sich bereits aus dem ausdrücklich Zusatz „i. A“ ergebe. Er selbst sei nie Eigentümer des Fahrzeugs gewesen und habe auch die Dokumentation des „16-Punkte-Checks“ nicht unterschrieben. Er habe mit dem Kläger auch keine Vertragsverhandlungen geführt; verhandelt habe der Kläger vielmehr mit seinem – des Beklagten – Bruder B. Er, der Beklagte, habe B nur geholfen, einen Pkw zu verkaufen, den B nicht mehr habe nutzen können, weil er seinen Führerschein verloren habe. Er, der Beklagte, handele nicht mit Kraftfahrzeugen, sondern betreibe nur eine Kfz-Werkstatt. Dass er sich vorgerichtlich gegenüber dem Kläger bereit erklärt habe, einen Teil der Reparaturkosten zu tragen, sei ausschließlich damit zu erklären, dass er seinem Bruder B habe helfen wollen.

Der Beklagte hat bestritten, dass bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug die Lambdasonde, die Bremsscheiben, das Auspuffrohr und der Endtopf hätten ersetzt werden müssen. Dazu, dass die Auspuffanlage und die Bremsen defekt gewesen seien, hat er sich mit Nichtwissen erklärt und bestritten, dass der Pkw schwerwiegende, sicherheitsrelevante Defekte, insbesondere an den Hinterachsbuchsen und dem Querlenker, aufweise. Sämtliche behaupteten Mängel – so hat der Beklagte geltend gemacht – beträfen überdies Fahrzeugteile, die offensichtlich einem Verschleiß unterlägen.

Die Klage hatte vollumfänglich Erfolg.

Aus den Gründen: 1. Danach hat der Kläger Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs (§ 812 I 1 Satz 1, § 123 I Fall 1, §§ 142 I, 143 I BGB).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte als Verkäufer des streitgegenständlichen Fahrzeugs aufgetreten ist und insoweit nicht für einen Hintermann gehandelt hat.

So hat der Zeuge H glaubhaft und widerspruchsfrei geschildert, wie er mit dem Kläger nach D. gefahren sei, wobei dieser ihm geschildert habe, dass das Fahrzeug, das er kaufen möchte, einen „16-Punkte-Check“ der Toyota-Werkstatt vorweisen könne. Der Zeuge hat auch glaubhaft bekundet, mit einer männlichen Person telefoniert zu haben, die ihm gegenüber am Telefon erklärt habe, dass das Fahrzeug „TÜV“ habe, und gefragt habe, ob man den „16-Punkte-Check“ noch brauche. Nachdem der Kläger darauf bestanden habe, habe sein Gegenüber erklärt, dass man den dann noch machen wolle. Zwar konnte der Zeuge nicht sicher angeben, ob es sich bei dieser Person am Telefon tatsächlich um den Beklagten handelte. Der Zeuge hat jedoch glaubhaft bekundet, dass anlässlich des Kaufvertragsabschlusses im Büro des Beklagten nur dieser anwesend war und dem Kläger von dem Beklagten der „16-Punkte-Check“ zusammen mit dem Kaufvertrag übergeben worden ist. Der Zeuge hat auch bekundet, dass es der Beklagte war, der ihnen das Fahrzeug gezeigt und den Kaufvertrag ausgefüllt hat.

Der Zeuge K hat glaubhaft bekundet, dass der „16-Punkte-Check“ mit dem Stempel versehen von ihm an den Beklagten oder an dessen Vater übergeben worden war und er deswegen eine Abmahnung erhalten hat.

Aufgrund dieser glaubhaften und widerspruchsfreien Angaben der Zeugen ist das Gericht davon überzeugt, dass der Beklagte der Verkäufer des Fahrzeugs war und nicht sein Bruder.

Der Beklagte hat offensichtlich, das zeigt die Übergabe des wissentlich falschen „16-Punkte-Check“, ein so großes Interesse am Verkauf des Fahrzeugs, dass er sogar vor einem Betrug nicht zurückschreckt. Der Beklagte hat den „16-Punkte-Check“ sich entweder selbst oder durch seinen Vater bei der benachbarten Toyota-Werkstatt beschafft und diesen anlässlich des Kaufvertragsabschlusses und in Kenntnis der Unrichtigkeit an den Kläger ausgereicht. Unerheblich ist, ob er selbst diesen „16-Punkte-Check“ ausgefüllt oder dies einen Dritten für sich hat machen lassen und dass er den Kaufvertrag mit „i. A. B“ ausgefüllt hat. All dies diente nur dem Zweck, den Kläger zu täuschen, sowohl über die Eigenschaften des Fahrzeugs als auch über die Person des tatsächlichen Verkäufers, und war von dem Willen getragen, die etwa zu erwartenden Mängelansprüche zu vermeiden, die bei einem Bastlerfahrzeug, das zuvor für 150€ angekauft wurde, zu erwarten sind. Dem Beklagten war in diesem Zusammenhang auch klar, dass gerade der „16-Punkte-Check“ für den Kläger ausschlaggebend war, das Fahrzeug zu erwerben, und der Kläger das Fahrzeug ungesehen und ohne Probefahrt ohne den „16-Punkte-Check“ nicht gekauft hätte.

Soweit der Beklagte einwendet, dass das Fahrzeug nie in seinem Besitz war, sondern von seinem Bruder erworben worden sei, mag dies formal zutreffen. Angesichts der Umstände – Verkauf im Büro des Beklagten und Übergabe des „16-Punkte-Checks“ – ist dies aber unerheblich, da der Bruder für die Beschaffung des Pkw offensichtlich nur als Strohmann eingesetzt wurde.

Dazu passt auch die unglaubwürdige Aussage des Zeugen V, des Vaters des Beklagten, der sichtlich unsicher und nervös war. Dieser will keine Kenntnis davon gehabt haben, wie viel Geld der Streitverkündete vom Beklagten erhalten haben soll. Der Zeuge will auch keine Kenntnis davon gehabt haben, warum der Streitverkündete den Pkw einen Monat später sogleich wieder verkaufen wollte. Die Aussage des Zeugen V war unglaubhaft und offensichtlich davon getragen, keine falsche Aussage machen zu müssen. Dass der Zeuge V weder Kenntnisse vom Führerscheinbesitz des Streitverkündeten noch von Anlass von Kauf und Verkauf des Fahrzeugs und auch nicht von den in diesem Zusammenhang ausgereichten Beträgen haben will, ist lebensfremd und unglaubwürdig, zumal er sich während des Kaufvertragsabschlusses in der Werkstatt – wenn auch nicht mit im Büro – aufgehalten hat.

Schließlich ist auch zu erwähnen, dass der Beklagte vorprozessual einen Teil der Reparaturkosten hat übernehmen wollen, wobei seine Erklärung, man habe dem Bruder helfen wollen, ebenso wenig überzeugt wie die Behauptung des Beklagten, er würde keinen Handel mit Fahrzeugen betreiben, obwohl sich aus der Gewebeanmeldung (Anlage K 13) etwas anderes ergibt.

Nach alledem steht fest, dass der Beklagte dem Kläger ein sogenanntes Bastlerfahrzeug im Wert von 150 € für 2.100 EUR verkauft hat, wobei er sich zur Täuschung über den Wert des Fahrzeugs eines gefälschten „16-Punkte-Checks“ bedient hat. Der Beklagte hat damit über die wertbildenden Eigenschaften des Fahrzeugs getäuscht und beim Kläger einen auf dessen Fehlvorstellung zurückzuführenden Schaden hervorgerufen.

Der Beklagte war daher zur Zahlung Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs und unter Berücksichtigung des Abzugs für gezogenen Nutzungen zu verurteilen. Bezüglich der insoweit zutreffenden Berechnung wird auf die Klageschrift vom 28.7.2015, Seite 11, vollinhaltlich Bezug genommen.

2. Aus Vorstehendem folgt, dass der Kläger auch Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB i. V. mit § 249 BGB, und zwar in Höhe von 1.304,73 €, hat.

Der Kläger hat seinen Schaden substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt. Aus Anlage K 4 und Anlage K 5 ergibt sich, dass er die dort aufgeführten Rechnungen über 247,70 € und 517,50 € bezahlt hat. Der Kläger hat auch substanziiert und anlässlich seiner informatorischen Befragung glaubwürdig dargelegt, dass er eine Überführungsversicherung in Höhe von 75 € hat bezahlen müssen. Die Zulassungskosten in Höhe von 5,60 €, 45,41 € und 18 € sind ebenfalls substanziiert dargetan und der Höhe nach angemessen (§ 287 ZPO). Entsprechend verhält es sich mit den Fahrtkosten nach D. in Höhe von 132,52 €. Schließlich hat der Kläger auch die Standkosten durch Vorlage der Abrechnungsbestätigung (Anlage K 14) substanziiert dargetan und unter Beweis gestellt.

Das bloße Bestreiten der Beklagtenseite dieser konkret dargelegten und unter Beweis gestellten Schadenspositionen genügt nicht. Der Kläger hat bewiesen, dass ihm durch die Vorlage des „16-Punkte-Check“ ein Bastlerfahrzeug für 150 € untergeschoben wurde. Aus den von ihm vorgelegten Reparaturrechnungen ergibt sich, dass diese im „16-Punkte-Check“ aufgeführten, angeblich geprüften Bauteile innerhalb der Sechsmonatsfrist repariert worden sind. Soweit der Beklagte lediglich einwendet, die Werkstatt habe unberechtigte und nicht veranlasste Reparaturen durchgeführt, ist dies eine Behauptung „ins Blaue“ hinein, die schon angesichts des Umstands, dass es sich um ein praktisch wertloses Bastlerfahrzeug handelt, nicht ausreicht. Entsprechend verhält es sich mit dem bloßen Bestreiten der gravierenden Mängel, die eine Reparatur von 1.605,52 € nach sich ziehen würden.

Der Kläger hat durch das Schreiben des Autohauses H vom 25.08.2014 von der arglistigen Täuschung durch den Beklagten erfahren. Er hat innerhalb der Jahresfrist des § 124 I, II 1 Fall 1 BGB die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung erklärt.

Soweit der Beklagte Beweis antritt durch Einvernahme des nunmehr als Zeugen benannten Streitverkündeten B zum Beweis der Tatsache, dass dieser Vertragspartner des Klägers geworden sei, war diesem Beweisangebot schon deshalb nicht mehr nachzugehen, weil bereits durch die oben aufgeführten Umstände feststeht, dass es sich bei B lediglich um einen Strohmann handelt, der vom Beklagten zur Verfolgung seiner unredlichen Absichten eingebunden wurde.

3. Auch der Feststellungsantrag ist begründet. Die Ansprüche des Klägers beruhen auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Beklagten. Der Beklagte hat den Kläger arglistig getäuscht. Das Vorgehen des Beklagten erfüllt den Tatbestand des Betrugs. Der Kläger hat damit ein Feststellungsinteresse dahin gehend, dass die Tatsache der vorsätzlichen unerlaubten Handlung im Urteil festgestellt wird.

4. Der Kläger hat des Weiteren Anspruch darauf, dass im Urteil festgestellt wird, dass der Beklagte die zukünftigen Schäden, insbesondere die Standkosten, zu ersetzen hat. Diese sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht feststellbar, da noch nicht absehbar ist, wann der Beklagte das Fahrzeug abholen wird.

5. Der Kläger hat zudem Anspruch auf Erstattung nicht anrechenbarer vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren …

6. Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286 I, 288 I BGB. …

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