1. Weiß der Verkäufer eines Gebrauchtwagens, dass das Fahrzeug einen – über einen bloßen Bagatellschaden hinausgehenden – Unfallschaden erlitten hat, oder hält der Verkäufer einen solchen Unfallschaden für möglich so hat er dies dem Käufer grundsätzlich ungefragt mitzuteilen, wenn er sich nicht dem Vorwurf eines arglistigen Verschweigens aussetzen will (vgl. BGH, Urt. v. 03.03.1982 – VIII ZR 78/81, NJW 1982, 1386 m. w. Nachw.).
  2. Die Grenze für „Bagatellschäden”, die nicht ungefragt offenbart werden müssen, ist bei Personenkraftwagen sehr eng zu ziehen. Als „Bagatellschäden” sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (z. B. BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53 Rn. 20 m. w. Nachw.) bei Personenkraftwagen nur ganz geringfügige, äußere (Lack-)Schäden anerkannt, nicht dagegen andere (Blech-)Schäden, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand nur gering war. Ob das Fahrzeug nach dem Unfall fachgerecht repariert worden ist, ist nicht von Bedeutung.
  3. Grundsätzlich schuldet auch ein – hier: hinsichtlich der Unfallfreiheit des Fahrzeugs – arglistig getäuschter Kfz-Käufer dem Verkäufer eine Nutzungsentschädigung für jeden seit der Übergabe mit dem Fahrzeug gefahrenen Kilometer, wenn der Kaufvertrag wegen der arglistigen Täuschung bereicherungsrechtlich rückabgewickelt wird (§ 812 I 1 Fall 1, § 818 I, II BGB).

LG Coburg, Urteil vom 24.09.2020 – 15 O 68/19

Sachverhalt: Der Kläger erwarb von dem Beklagten am 16.08.2018 für 10.500 € einen gebrauchten VW Golf VI GTI. Dieses Fahrzeug, das seinerzeit eine Laufleistung von 122.000 km aufwies, war am 29.03.2011 erstzugelassen worden.

Der schriftliche Kaufvertrag enthält unter anderem folgende Angaben:

III. Zusicherungen des Verkäufers

Der Verkäufer sichert Folgendes zu (nicht Zutreffendes bitte streichen):

☐ …
☐ …
☐ … Das Fahrzeug hatte, seit es im Eigentum des Verkäufers war, keinen Unfailschaden / folgende Unfallschäden:
☒ … Das Fahrzeug hat keine sonstigen Beschädigungen / folgende Beschädigungen: Frontstoßstange beschädigt.“

Unter „VIII. Sondervereinbarungen“ heißt es: „Der Verkäufer übernimmt keine Gewährleistung, Garantie oder Rücknahme vom Fahrzeug. Gekauft wie gesehen.“

Das Fahrzeug hatte vor der Besitzzeit des Beklagten einen Unfallschaden erlitten und war anschließend im Februar 2012 mit einem Kostenaufwand von 5.302,81 € instand gesetzt worden.

Nachdem der Pkw auch in der Besitzzeit des Klägers an einem Unfall beteiligt gewesen war, wurde er begutachtet. Dabei wurde neben einigen unreparierten Vorschäden festgestellt, dass die linke Fahrzeugseite instand gesetzt worden war und sowohl die Motorhaube als auch der hintere Stoßfänger nachlackiert worden waren.

Der Kläger erklärte daraufhin mit anwaltlichem Schreiben vom 12.10.2018 gegenüber dem Beklagten die Anfechtung seiner auf den Abschluss des Kaufvertrags gerichteten Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung. Der Beklagte wurde – erfolglos – aufgefordert, dem Kläger bis zum 25.10.2018 den Kaufpreis Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs zu erstatten.

Mit seiner Klage hat der Kläger den Beklagten auf Zahlung von 10.500 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Pkw, sowie auf Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten in Höhe von 958,19 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Er hat geltend gemacht, dass der Beklagte ihn arglistig getäuscht habe. Denn der Beklagte habe bei Abschluss des streitgegenständlichen Kaufvertrags lediglich auf die im Kaufvertrag angegebene Beschädigung der Frontstoßstange hingewiesen, obwohl der VW Golf VI GTI schon damals ein Unfallwagen gewesen sei. Das ergebe sich aus einem zwischen dem Beklagten und seinem Bruder am 29.02.2016 geschlossenen Kaufvertrag, wonach der Pkw schon 2016 einen – dem Beklagten mithin bekannten – Unfallschaden an der Heckklappe aufgewiesen habe. Den Kaufvertrag vom 29.02.2016 habe der Beklagte ihm, dem Kläger, jedoch erst nach Abschluss des streitgegenständlichen Kaufvertrags übergeben. Wäre ihm der Unfallschaden vor Abschluss dieses Kaufvertrags offenbart worden, dann hätte er den VW Golf VI GTI nicht erworben.

Der Beklagte hat geltend gemacht, er habe gegenüber dem Kläger nur Angaben zu Geschehnissen gemacht, die sich während seiner – des Beklagten – Besitzzeit ereignet hätten. Insbesondere habe er dem Kläger nur insoweit bestätigt, dass das streitgegenständliche Fahrzeug unfallfrei sei. Den Pkw habe er von seinem Bruder im Frühjahr 2016 zu einem „Freundschaftspreis“ erworben. Schon damals sei die Beschädigung an der Frontstoßstange, auf die er den Kläger hingewiesen habe, vorhanden gewesen. Ob das Fahrzeug zuvor – in der Besitzzeit seines Bruders – einen Unfall erlitten habe, wisse er nicht.

Dem Kläger sei jedenfalls bekannt gewesen, dass die Motorhaube des Fahrzeugs infolge kleinerer Steinschläge einzelne leichte Kratzer gehabt habe. Auch dass der Stoßfänger vorn rechts und der Felgenrand leicht beschädigt gewesen seien, habe der Kläger gewusst, weil er, der Beklagte, ihn darauf bei Abschluss des Kaufvertrags hingewiesen habe. Alle diese Gebrauchsspuren seien in die Verhandlungen über den Kaufpreis eingeflossen. Im Übrigen habe der Kläger, der selbst Kfz-Mechatroniker sei, den streitgegenständlichen Pkw vor Abschluss des Kaufvertrags eingehend besichtigt, sodass nie ein Informationsgefälle bestanden habe.

Zu dem Vorschaden am Heck des Fahrzeugs – so hat der Beklagte behauptet – sei es während der Besitzzeit seines Bruders gekommen. Bei Abschluss des Kaufvertrags vom 29.02.2016 sei nicht im Detail über Schäden gesprochen worden; ihm, dem Beklagten, sei lediglich wichtig gewesen, dass der Pkw hinsichtlich des im Kaufvertrag benannten – optisch nicht wahrzunehmenden – Heckschadens fachmännisch instand gesetzt gewesen sei. Dem Kläger habe er, der Beklagte, den Heckschaden nicht mitgeteilt, weil er aufgeregt gewesen sei und daran nicht mehr gedacht habe.

Der Beklagte hat eine arglistige Täuschung des Klägers in Abrede gestellt und darauf hingewiesen, dass er dem Kläger immerhin sämtliche das streitgegenständliche Fahrzeug betreffenden Dokumente – insbesondere den 2016 geschlossenen Kaufvertrag – ausgehändigt habe. Darünber hinaus hat der Beklagte eingewandt, dass seine Haftung für Mängel des Fahrzeugs ausgeschlossen sei, weil der Kläger den Pkw „wie gesehen“ gekauft habe.

Die Klage hatte überwiegend Erfolg.

Aus den Gründen: II. … Die Klage ist überwiegend begründet. Der Kläger hat aufgrund arglistiger Täuschung (§ 123 I Fall 1, § 142 I BGB) einen Bereicherungsanspruch (§ 812 I 1 Fall 1 BGB) auf Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.02.2020, Zug um Zug gegen Herausgabe des Pkw VW Golf VI GTI. Der Kläger muss sich jedoch im Wege des Vorteilsausgleichs Nutzungsvorteile anrechnen lassen.

1. In diesem Zusammenhang kann zunächst dahinstehen, ob dem Kläger auch abgetretene Gewährleistungsansprüche zustehen, weil ein auf eine arglistige Täuschung gegründeter Anspruch nicht durch etwaige Gewährleistungsansprüche verdrängt wird (vgl. BGH, Urt. v. 06.08.2008 – XII ZR 67/06, BGHZ 178, 16 = NJW 2009, 1266 Rn. 39). Auf die Wirksamkeit des vereinbarten Gewährleistungsausschlusses kommt es daher nicht an.

2. Der Abschluss des Kaufvertrags zwischen den Parteien über das streitgegenständliche Fahrzeug beruhte auf einer arglistigen Täuschung des Klägers durch den Beklagten.

a) Eine arglistige Täuschung kann durch aktives Tun oder durch Unterlassen erfolgen. „Arglistig verschweigt“, wer sich bewusst ist, dass ein bestimmter Umstand für die Entschließung seines Vertragspartners erheblich ist, er nach Treu und Glauben diesen Umstand mitzuteilen verpflichtet ist und ihn nicht offenbart (BGH, Urt. v. 25.10.2007 – VII ZR 205/06, NJW-RR 2008, 258 Rn. 20). Erforderlich ist weiter, dass der Verkäufer bewusst die Folgen einer vertragswidrigen Ausführung in Kauf nimmt. Arglist erfordert aber keine Schädigungsabsicht und keinen Vorteil (vgl. BGH, Urt. v. 25.10.2007 – VII ZR 205/06, NJW-RR 2008, 258 Rn. 20).

Für den vorliegenden Fall bedeutet das: Ist dem Verkäufer eines gebrauchten Kraftfahrzeugs ein Mangel oder ein früherer Unfallschaden (der kein Bagatellschaden ist) bekannt oder hält er solche Schäden aufgrund konkreter Anhaltspunkte wenigstens für möglich, so hat er diesen Umstand auch ungefragt dem Käufer mitzuteilen, wenn er sich nicht dem Vorwurf arglistigen Verschweigens aussetzen will (vgl. BGH, Urt. v. 03.03.1982 – VIII ZR 78/81, NJW 1982, 1386).

Nach diesen Grundsätzen, denen das Gericht folgt, ist vorliegend von einem „arglistigen Verschweigen“ des Beklagten auszugehen.

aa) Das streitgegenständliche Fahrzeug war beim Verkauf nicht unfallfrei. Zwischen den Parteien ist zwischenzeitlich unstreitig, dass das Fahrzeug in der Vergangenheit einen Unfallschaden erlitten hatte, der für einen Rechnungsbetrag von 5.302,81 € repariert wurde.

bb) Die Unfallfreiheit des Fahrzeugs ist Gegenstand der Kaufvertragsverhandlungen gewesen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass über die Frage von Unfallschäden gesprochen wurde. Der Beklagte hat den Kläger – insoweit unstreitig – auf diverse Schäden, unter anderem eine Beschädigung der Frontstoßstange und Kratzer in der Motorhaube, hingewiesen. Er hat zudem im Kaufvertragsformular die Unfallfreiheit während seines Eigentums bestätigt und die Beschädigung der Frontstoßstange handschriftlich darin erfasst.

cc) Über den vorgenannten Unfallschaden hätte der Beklagte den Kläger aufklären müssen. Er hätte ihn ungefragt darauf hinweisen müssen. Der Unfallschaden des Fahrzeugs war nämlich kein Bagatellschaden.

Die Grenze für nicht mitteilungspflichtige „Bagatellschäden“ ist bei Personenkraftwagen sehr eng zu ziehen. Als „Bagatellschäden“ hat der BGH bei Personenkraftwagen nur ganz geringfügige, äußere (Lack-)Schäden anerkannt, nicht dagegen andere (Blech-)Schäden, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand nur gering war (s. BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53 Rn. 20). Ob das Fahrzeug nach dem Unfall fachgerecht repariert worden ist, ist nicht von Bedeutung (BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53 Rn. 20). Auch beim Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs kann der Käufer, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, erwarten, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr als einem Bagatellschaden gekommen ist.

Bei Reparaturkosten von über 5.000 € kann nicht von einem bloßen Bagatellschaden ausgegangen werden. Hieran ändert auch der Vortrag, wonach es sich bei diesem Betrag hauptsächlich um Arbeits- und Lackierkosten gehandelt habe, nichts. Ausweislich der vorgelegten Rechnung (Anlage B 1) wurden etliche Teile, wie beispielsweise ein Anschlussblech hinten, eine Rückwandklappe und eine Schlussleuchte, ersetzt, dazu ein Seitenteil hinten links instandgesetzt. Von oberflächlichen, geringen, äußeren (Lack-)Schäden kann hierbei keine Rede mehr sein.

dd) Der Beklagte hat den Kläger nicht über diese Vorschäden aufgeklärt.

ee) Die unterlassene Aufklärung hat auch beim Kläger den Irrtum erweckt, dass keine weiteren als die bei Kaufvertragsschluss angegebenen Schäden vorhanden seien. Ein Irrtum ist die falsche Vorstellung von der Wirklichkeit. Der Kläger ist unter Zugrundelegung der Angaben des Beklagten davon ausgegangen, dass das Fahrzeug unfallfrei war und lediglich die sichtbaren Beschädigungen, auf die der Beklagte unstreitig auch hingewiesen hat, aufwies. Tatsächlich bestand jedoch ein erheblicher Vorschaden, der auf einem Unfall beruhte.

Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger trotz seiner Fachkenntnisse als Kfz-Mechatrohiker die fehlende Unfallfreiheit und den Umfang der Beschädigungen bereits beim Kauf des Fahrzeugs erkannt hat. Der Beklagte hat selbst vorgetragen, dass die Schäden repariert worden und von außen nicht sichtbar gewesen seien. Nicht sichtbare Vorschäden kann aber auch ein – insoweit fachkundiger – Kfz-Mechatroniker, der unstreitig lediglich eine normale Besichtigung des Fahrzeugs vorgenommen hat, nicht erkennen.

ff) Die konkrete, auf den Kaufvertragsschluss gerichtete Willenserklärung vom 16.08.2018 ist aufgrund des Irrtums des Klägers abgegeben worden. Daher ist die Täuschung auch kausal für den abgeschlossenen Kaufvertrag geworden.

gg) Der Beklagte hat auch arglistig i. S. des § 123 I Fall 1 BGB gehandelt.

Dies setzt unter anderem voraus, dass der Erklärende die Unrichtigkeit der Tatsachenbehauptung kennt oder zumindest für möglich hält. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH handelt ein Verkäufer bereits dann arglistig, wenn er zu Fragen, deren Beantwortung erkennbar maßgebliche Bedeutung für den Kaufentschluss seines Kontrahenten hat, ohne tatsächliche Grundlagen „ins Blaue hinein“ unrichtige Angaben macht, also „ohne hinreichende Erkenntnisgrundlage“ den Vertragspartner informiert (s. BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 = NJW 2006, 2839 Rn. 13).

Der Beklagte hatte vor dem Verkauf unstreitig Kenntnis von der Reparaturhistorie. Zwar hat er im Verfahren zunächst behauptet, von einem Unfall in der Egentumszeit seines Bruders nichts zu wissen; dieses – wenig glaubhafte – Vorbringen hat er im Laufe des Rechtsstreits jedoch nicht weiter aufrechterhalten. Der Bruder des Beklagten hatte den Unfalischaden im Kaufvertrag vom 29.02.2016 selbst angegeben. Der Schaden war dem Beklagten daher bekannt.

Er hat auch gewusst oder damit gerechnet, dass die verschwiegene Tatsache dem Käufer unbekannt ist oder nicht bekannt sein könnte. Der Beklagte trägt selbst bereits nicht vor, dass dem Kläger der Vorschaden bekannt gewesen sei.

Der Beklagte hat zumindest billigend in Kauf genommen, dass der Kläger bei wahrheitsgemäßer Erklärung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl. [2020], § 123 Rn. 11). Dies folgt schon daraus, dass nach der Lebenserfahrung davon auszugehen ist, dass der Käufer bei Kenntnis des wahren Umfangs der Schäden den Vertrag nicht oder zumindest nicht zu dem vereinbarten Kaufpreis geschlossen hatte, sondern jedenfalls einen Preisnachlass seitens des Verkäufers verlangt hatte (vgl. OLG Brandenburg, Urt. v. 23.09.2005 – 4 U 45/05, BeckRS 2005, 14677 Rn. 28).

Dieses Wissen der Verkäuferseite indiziert zivilrechtlich das Willensmoment des bedingten Vorsatzes einer Täuschung (vgl. OLG Brandenburg, Urt. v. 23.09.2005 – 4 U 45/05, BeckRS 2005, 14677 Rn. 28).

3. Der Kläger hat mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 12.10.2018 die Anfechtung gemäß § 143 I, II Fall 1 BGB erklärt.

4. Die Frist des § 124 I BGB ist gewahrt.

5. Der angefochtene Kaufvertrag ist nichtig (§ 142 I BGB). Der Kläger hat folglich nach § 812 I 1 Fall 1, § 818 I, II BGB einen Anspruch auf Rückzahlung des unstreitigen Kaufpreises in Höhe von 10.500 €, muss jedoch gleichzeitig das streitgegenständliche Fahrzeug an den Beklagten herausgeben (dem ist in Form einer Zug-um-Zug-Verurteilung Rechnung zu tragen).

Weiter muss der Kläger im Wege des Vorteilsausgleichs die gezogenen Nutzungen herausgeben (vgl. § 818 I, II BGB; OLG Oldenburg, Urt. v. 28.10.2005 – 6 U 155/05, BeckRS 2006, 10197; OLG Braunschweig, Urt. v. 06.11.2014 – 8 U 163/13, BeckRS 2015, 155 Rn. 105).

Die Höhe des Nutzungsvorteils berechnet sich auf Grundlage der Formel \({\frac{\text{Bruttokaufpreis}\times\text{gefahrene Kilometer}}{\text{voraussichtliche Gesamtlaufleistung}}}\). Hierbei geht das Gericht nach § 287 ZPO von einer Gesamtlaufleistung von 200.000 km aus. Die tatsächlich insgesamt gefahrenen Kilometer bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung entnimmt das Gericht den Angaben des Klägers, der unbestritten 141.961 km angegeben hat. Vom letzten Kilometerstand und von der generellen Fahrleistung sind die bei Erwerb gefahrenen Kilometer (122.000) abzuziehen. Dies ergibt eine Nutzungsentschädigung von \(\left({\frac{\text{10.500 €}\times\text{19.961 km}}{\text{78.000 km}}} =\right)\) 2.687,06 €, die mit dem Kaufpreis – ohne dass es einer Gestaltungserklärung oder Einrede des Schädigers bedarf (vgl. BGH, Urt. v. 23.06.2015 – XI ZR 536/14, NJW 2015, 3160 Rn. 22 f.) – zu verrechnen ist (Kaufpreis abzüglich Nutzungsentschädigung: 7.812,94 €).

Nachdem die Nutzung während der gesamten Besitzzeit des Klägers – trotz der nicht bestehenden Unfallfreiheit – nicht beeinträchtigt war, kann aus dem bloßen Umstand der arglistigen Täuschung bei Vertragsschluss nicht abgeleitet werden, dass Nutzungsentschädigung nicht geschuldet ist.

Insgesamt ergibt sich danach ein Zahlungsanspruch von 7.812,94 €, der Zug um Zug gegen Herausgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu erfüllen ist. Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Klageantrags war die Klage abzuweisen.

6. Da der Beklagte arglistig gehandelt hat, ist der Geldbetrag ab Empfang, das heißt ab dem 16.08.2018, nach § 819 I, 818 IV, 291, 288 I 2 BGB mit fünf Prozentpünkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

7. Der Beklagte haftet dem Kläger auf Schadensersatz wegen Verschuldens bei Vertragsschluss (§280 I, 241 II, 311 II BGB). Dem Kläger steht daher ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, ausgehend von einer Geschäftsgebühr von 1,3 und einem berechtigten Gegenstandswert von 10.500 €, in Höhe von 958,19 € zu. Die ausgesprochene Verzinsung bestimmt sich nach der eingetretenen Rechtshängigkeit des Anspruchs (§§ 291, 288 I 2 BGB). …

PDF erstellen