1. Außerhalb eines Verbrauchsgüterkaufs i. S. von § 474 I 1 BGB darf der Verkäufer eines Gebrauchtwagens seine Haftung für Sachmängel des Fahrzeugs grundsätzlich – in den Grenzen des § 444 BGB – vollständig ausschließen. Ein solcher umfassender Gewährleistungsausschluss ist auch dann wirksam, wenn er in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verkäufers enthalten ist.
  2. Gegenüber einem Unternehmer verwendete Allgemeine Geschäftsbedingungen werden grundsätzlich auch dann Vertragsbestandteil, wenn sie dem für den Vertragsschluss maßgeblichen Schreiben (hier: der Vertragsurkunde) nicht beigefügt waren und der Unternehmer daher ihren Inhalt nicht kennt. Erforderlich ist lediglich, dass der Unternehmer in zumutbarer Weise von den Allgemeinen Geschäftsbedingungen Kenntnis nehmen kann.

LG Zweibrücken, Urteil vom 19.02.2016 – HK O 44/15

Sachverhalt: Der Kläger, der unter der Firma F handelt, erwarb von der Beklagten im Januar 2013 für 70.198,80 € einen als Vorführwagen genutzten (gebrauchten) Pkw BMW X5. Für Zusatzleistungen (Bereitstellung und Zulassung des Fahrzeugs, Feinstaubplakette) stellte die Beklagte dem Kläger weitere 598 € in Rechnung. Auf den Kaufpreis leistete der Kläger eine Anzahlung in Höhe von 11.210,75 €. Zur Finanzierung des restlichen Kaufpreises schloss er mit der B-Bank GmbH am 14.01.2013 einen Darlehensvertrag über eine Darlehenssumme von 66.440,07 €.

Sowohl im Kaufvertrag als auch im Darlehensvertrag wurde bei der Angabe des Käufers bzw. des Darlehensnehmers auf das Unternehmen des Klägers Bezug genommen. Außerdem heißt es in dem Darlehensvertrag, dass das Darlehen für eine bereits ausgeübte gewerbliche oder selbstständige Tätigkeit bestimmt sei. Für den Kläger bestimmte Schriftstücke adressierte die Beklagte stets an die „Firma F“. Der Kläger rügte Mängel des Pkw seinerseits gegenüber der Beklagten unter dem Briefkopf seines Unternehmens.

Im schriftlichen Kaufvertrag erklärte sich der Kläger „mit den als Anlage beigefügten Verkaufsbedingungen für gebrauchte Fahrzeuge“ (im Weiteren hier als Allgemeine Geschäftsbedingungen bezeichnet) einverstanden und bestätigte mit seiner Unterschrift, diese Bedingungen erhalten zu haben. Diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen sehen vor, dass Fahrzeuge an Unternehmer unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung verkauft werden und im Übrigen Ansprüche des Käufers wegen eines Sachmangels in einem Jahr ab Auslieferung des Fahrzeugs verjähren (Klausel VI). Außerdem sehen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche aus einer Geschäftsverbindung mit einem Kaufmann einen ausschließlichen Gerichtsstand am Sitz der Beklagten als Verkäuferin vor (Klausel VIII).

Nachdem dem Kläger der BMW X5 übergeben worden war, rügte er gegenüber der Beklagten atypische Geräusche (Brummgeräusche aus dem Motorraum und dem Armaturenbrett/​der Lüftungsanlage, Knarzgeräusche aus beiden Vorder- und Hintertüren) sowie beschlagene Nebelscheinwerfer. Mit anwaltlichen Schreiben vom 19.11.2014 setzte der Kläger der Beklagten eine Frist zur Mangelbeseitigung bis zum 03.12.2014. Sodann erklärte er unter dem 09.12.2014 den Rücktritt vom Kaufvertrag, nachdem die Beklagte mit E-Mail vom 05.12.2014 mitgeteilt hatte, dass sie den BMW X5 untersucht und festgestellte Mängel beseitigt habe; das Fahrzeug sei nach einer ausgiebigen Probefahrt für mangelfrei befunden worden.

Als Ursache der Geräusche aus dem Motorraum wurde in der Folgezeit eine fehlende bzw. abgebrochene Haltelasche am Reinluftrohr im Verbindungsbereich des Luftfilterkastens festgestellt. Die erforderlichen Reparaturkosten betragen 787,66 €. Als Ursache für die das Armaturenbrett betreffenden Geräusche wurde nach dem Rücktritt des Klägers vom Kaufvertrag eine nicht ordnungsgemäße Abdichtung am Luftfilterkasten ausgemacht; insoweit belaufen sich die Reparaturkosten auf 292,74 €.

Mit seiner Klage hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung von 28.141,95 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Übergabe des streitgegenständlichen Pkw, in Anspruch genommen. Außerdem hat er die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten begehrt. Darüber hinaus hat der Kläger die Freistellung von Ansprüchen der B-Bank GmbH aus dem Darlehensvertrag ab Juli 2015 sowie die Zahlung von 2.403,21 € nebst Zinsen beansprucht.

Der Kläger behauptet, sämtliche geltend gemachten, bei einem Fahrzeug der Oberklasse nicht unerheblichen Mängel seien bereits bei der Übergabe des BMW X5 vorhanden gewesen, und alle Nachbesserungsversuche der Beklagten seien gescheitert. Darüber hinaus hat der Kläger geltend gemacht, dass er die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten nie erhalten habe, sodass diese nicht Bestandteil des Kaufvertrags geworden seien. Abgesehen davon dürfe sich die Beklagte auf den in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehenen Gewährleistungsausschluss nicht berufen, weil sie ihre Pflicht zur Nachbesserung mit anwaltlichem Schreiben vom 21.11.2014 und E-Mail vom 05.12.2014 vorbehaltlos anerkannt habe. Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehene Verkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr sei im Übrigen mit Blick auf § 309 Nr. 7 BGB unwirksam, da die kürzere Verjährungsfrist für alle Ansprüche – auch für Ansprüche auf Schadensersatz wegen der Verletzung des Lebens, des Körper und der Gesundheit – gelten solle. Davon abgesehen – so hat der Kläger geltend gemacht – sei die Verjährung innerhalb der Jahresfrist durch die Nachbesserungsversuche der Beklagten ausreichend lange gehemmt worden.

Die Beklagte hat sich auf den in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Gewährleistungsausschluss berufen und die Einrede der Verjährung erhoben. Im übrigen – so hat sie im Wesentlichen geltend gemacht – habe der BMW X5 die jetzt (noch) geltend gemachten Mängel bei der Übergabe an den Kläger nicht aufgewiesen; jedenfalls aber seien diese Mängel nur geringfügig und rechtfertigten deshalb einen Rücktritt vom Kaufvertrag nicht.

Hilfsweise hat die Beklagte die Aufrechnung mit einer ihr im Falle eines wirksamen Rücktritts zustehenden Nutzungsentschädigung erklärt und insoweit ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht.

Das von dem Kläger zunächst – nach Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens – angerufene LG Saarbrücken hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 04.11.2015 an das LG Zweibrücken – Kammer für Handelssachen – verwiesen. Dort hatte die Klage keinen Erfolg.

Aus den Gründen: I. Die Klage ist zulässig.

1 Das LG Zweibrücken – Kammer für Handelssachen –  ist örtlich, sachlich und funktionell zuständig.

1.1 Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus §§ 71 I, 23 Nr. 1 GVG.

1.2 Die örtliche Zuständigkeit des LG Zweibrücken steht spätestens aufgrund des gemäß § 281 II 4 ZPO bindenden Verweisungsbeschlusses des LG Saarbrücken vom 04.11.2015 fest. Die Verweisung ist nachvollziehbar und keinesfalls willkürlich. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des LG Saarbrücken vom 04.11.2015, wie er zum Akteninhalt geworden ist, Bezug genommen.

1.3 Die funktionelle Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen folgt aus § 95 I Nr. 1, § 98 I GVG, nachdem die Beklagte die Verweisung an die Kammer für Handelssachen rechtzeitig beantragt hat.

2 Im Einverständnis mit den Parteien kann der Vorsitzende anstelle der Kammer entscheiden (§ 349 III ZPO).

II. Die Klage ist unbegründet. Sämtliche mögliche Ansprüche des Klägers sind aufgrund eines Haftungsausschlusses gemäß § 444 BGB von der Beklagten nicht zu verantworten.

1 Die Parteien haben entgegen der Auffassung des Klägers einen entsprechenden Haftungsausschluss vertraglich vereinbart.

In den von Beklagtenseite gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen heißt es unter Ziffer VI, dass der Verkauf unter Ausschluss jeglicher Sachmängelansprüche erfolgt, soweit es sich bei dem Käufer um einen Unternehmer handelt.

Diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen wurden Vertragsgrundlage.

Beide Parteien sind Kaufleute. Die Beklagte ist unstreitig Kaufmann i. S. des § 95 I Nr. 1 GVG. Der Kläger ist Kaufmann i. S. des § 1 I HGB. Danach ist Kaufmann, wer ein Handelsgewerbe betreibt. Handelsgewerbe in diesem Sinne ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert (§ 1 II HGB), wofür im vorliegenden Fall jeglicher Anhaltspunkt fehlt. Auch ein Handwerksbetrieb ist ein solcher Gewerbebetrieb.

Da beide Parteien Kaufleute sind, kommt es auch nicht darauf an, ob dem Kläger die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgehändigt worden sind, was er allerdings durch seine Unterschrift auf der Kaufvertragsurkunde ausdrücklich bestätigt hat. Eine ausdrückliche Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter Kaufleuten ist nämlich auch dann wirksam, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem maßgebenden Vertrag nicht beigefügt worden sind und der Kunde den Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen damit nicht kennt. Es genügt die Möglichkeit der Kenntnisnahme (vgl. zum Ganzen Palandt/​Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 305 Rn. 50, 53 m. w. Nachw.). Dass eine solche Kenntnisnahme dem Kläger nicht möglich gewesen sein sollte, ist nicht ersichtlich und wurde insbesondere von dem Kläger auch nicht ausreichend dargelegt.

2 Der vereinbarte Haftungsausschluss ist nicht ausgeschlossen.

2.1 Ein Verbrauchsgüterkauf i. S. des § 474 I 1, § 475 BGB, bei welchem Haftungsausschlüsse i. S. des § 444 BGB unwirksam sind, liegt, wie bereits dargelegt, nicht vor.

2.2 Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat auch nicht nachgewiesen, dass die Beklagte einen Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.

2.3 Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Verkürzung der Verjährungsfrist in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam ist, hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Haftungsausschlusses. Im Gegensatz zu § 139 BGB führt eine Teilnichtigkeit von AGB-Klauseln nicht zur Unwirksamkeit der restlichen Vertragsbestimmungen (§ 306 I, II BGB). Bei § 306 BGB handelt es sich um eine lex specialis zu § 139 BGB (jurisPK-BGB/​Lapp/Salamon, 7. Aufl., § 306 Rn. 2, 31).

2.4 Schließlich ist der Gewährleistungsausschluss auch nicht durch außergerichtliche Erklärungen der Beklagten bzw. Erklärungen ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten obsolet geworden.

Die Beklagte selbst hat mit E-Mail vom 05.12.2014 erklärt, dass sie die Beanstandungen begutachtet und die festgestellten Mängel abgearbeitet und abgestellt habe. Die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten haben mit Schriftsatz vom 21.11.2014 erklärt, dass Bereitschaft zur Überprüfung und Beseitigung der aufgezeigten Defekte bestehe, soweit vorhanden. Die Auffassung des Klägers, in diesen Aussagen müsse ein umfassendes Anerkenntnis mit der Folge des Verzichts auf den Gewährleistungsausschluss gesehen werden, ist nach Auffassung des Vorsitzenden bei Auslegung aus Sicht eines objektiven Empfängers i. S. der §§ 133, 157 BGB fernliegend.

Eine Vertiefung dieser Frage bedarf es indessen nicht. Selbst wenn die Beklagte die Einstandspflicht bezüglich der jetzt streitgegenständlichen Mängel übernommen haben sollte, würde ein solches Anerkenntnis nur dazu führen, dass die Haltelasche an dem Reinluftlohr sowie die nicht ordnungsgemäße Abdichtung an dem Lüftungskasten von der Beklagten zu reparieren wären. Keinesfalls können diese Erklärungen der Beklagten bzw. ihrer Prozessbevollmächtigten aber dahin verstanden werden, dass die Beklagten unter Verzicht auf den Gewährleistungsausschluss insgesamt nun auch die Berechtigung zum Rücktritt von dem Vertrag seitens des Klägers akzeptieren wollte. Der Wortlaut der genannten Schreiben gibt für eine solche weitreichende Folge nichts her. Auch aus den sonstigen Umständen ergeben sich nirgendwo Anhaltspunkte, die ein entsprechendes Verständnis gerechtfertigt hätten. Kein vernünftiger Empfänger wäre davon ausgegangen, dass die Beklagte wegen Mängeln, deren Beseitigung einem Kostenaufwand von circa 1.000 € brutto erforderlich macht, nach intensiver Benutzung des Fahrzeuges durch den Kläger trotz Haftungsausschlusses einen Rücktritt noch akzeptieren werde.

3. Da damit sämtliche geltend gemachten Ansprüche des Klägers schon aufgrund der Regelung in Ziffer VI der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen sind, kommt es auf die Klärung der übrigen streitigen Fragen der Parteien nicht mehr an. Auch die Hilfsaufrechnung der Beklagten kommt nicht zum Tragen. …

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