1. Gegen eine Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kfz-Händlers, wonach der Händler Schadensersatz in Höhe von pauschal 10 % des Bruttokaufpreises verlangen kann, wenn ein Käufer ein Fahrzeug unberechtigt nicht abnimmt, bestehen keine Bedenken, wenn dem Käufer der Nachweis gestattet wird, dass überhaupt kein Schaden entstanden oder dieser wesentlich niedriger als die Pauschale sei.
  2. Den Nachweis, ein Schaden sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale, kann der Käufer nicht dadurch führen, dass er die Behauptung des Verkäufers, das unberechtigt nicht abgenommene Fahrzeug habe (noch) nicht an einen Dritten verkauft werden können, schlicht bestreitet.
  3. Unter Kaufleuten gelten – unbeschadet der Frage, ob zwischen ihnen bereits Geschäftsbeziehungen bestehen – in Bezug genommene Allgemeine Geschäftsbedingungen auch dann, wenn sie dem für den Vertragsabschluss maßgeblichen Schreiben weder beigefügt noch sonst dem Empfänger in ihren Einzelheiten bekannt waren (im Anschluss an BGH, Urt. v. 30.06.1976 – VIII ZR 267/75, NJW 1976, 1886).

LG Zweibrücken, Urteil vom 24.02.2016 – 1 O 267/15

Sachverhalt: Die Klägerin ist Betreiberin eines Autohauses. Die Beklagte bestellte bei ihr am 27.05.2015 unter Verwendung eines von der Klägerin gestellten Formulars ein näher bezeichnetes Fahrzeug der Marke BMW zum Preis von 51.500 €.

Auf der ersten Seite des mit „Bestellung Nr. …“ überschriebenen Formulars heißt es:

„Der Käufer bestellt bei der o. g. Firma (Verkäufer) das nachstehend bezeichnete gebrauchte Fahrzeug. Es gelten die Verkaufsbedingungen für gebrauchte Fahrzeuge mit Stand 03/2011.“

Auf Seite 4 des Bestellformulars findet sich im unteren Bereich ein umrandetes Textfeld:

„Der Käufer bestätigt, eine Ausfertigung dieser Bestellung sowie ein Exemplar der Verkaufsbedingungen für gebrauchte Fahrzeuge Stand 03/2011 erhalten zu haben.“

Darunter wurde die Bestellung von einer – unstreitig – zur Vertretung der Beklagten berechtigten Person unterzeichnet, wobei der Unterschrift ein Stempelabdruck der Beklagten beigefügt wurde.

Die Klägerin hat die Fahrzeugbestellung angenommen.

In den von ihr verwendeten „Verkaufsbedingungen für gebrauchte Fahrzeuge“ (Stand: März 2011) heißt es unter IV Nr. 2:

„Im Falle der Nichtabnahme kann der Verkäufer von seinen gesetzlichen Rechten Gebrauch machen. Verlangt der Verkäufer Schadensersatz, so beträgt dieser 10 % des Bruttokaufpreises. Der Schadensersatz ist höher oder niedriger anzusetzen, wenn der Verkäufer einen höheren Schaden nachweist oder der Käufer nachweist, dass ein geringerer oder überhaupt kein Schaden entstanden ist.“

Abschnitt VIII – „Gerichtsstand“ – lautet:

„1. Für sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche aus der Geschäftsverbindung mit Kaufleuten einschließlich Wechsel- und Scheckforderungen ist ausschließlicher Gerichtsstand der Sitz des Verkäufers.

2. …“

Die Beklagte nahm das bestellte Fahrzeug weder ab, noch zahlte sie den vereinbarten Kaufpreis, obwohl die Klägerin sie dazu unter dem 29.06.2015 und – unter Fristsetzung zum 20.07.2015 – mit Schreiben vom 15.07.2015 aufforderte. Eine erneute Aufforderung zur Abnahme des Fahrzeugs und zur Zahlung des Kaufpreises erfolgte mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 11.08.2015, wobei der Beklagten eine Frist bis zum 18.08.2015 gesetzt wurde.

Mit Schreiben vom 31.08.2015 forderte die Klägerin die Beklagte schließlich zur Zahlung einer Schadensersatzpauschale in Höhe von 5150 € auf. Dem kam die Beklagte nicht nach.

Das Gericht hat am 08.12.2015 ein Teil-Versäumnisurteil und Teil-Endurteil erlassen. Darin hat es die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin Schadensersatz zu leisten und sie von vorgerichtlich angefallenen Rechtsverfolgungskosten freizustellen; den Antrag auf Freistellung von Verzugszinsen hat das Gericht abgewiesen.

Der gegen das Teil-Versäumnisurteil form- und fristgerecht eingelegte Einspruch der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: I. Nach dem … Einspruch der Beklagten … ist der Rechtsstreit in die Lage vor der Säumnis zurückversetzt (§ 342 ZPO).

1. Die Klage ist zulässig. Die örtliche Zuständigkeit ist infolge wirksamer Parteivereinbarung begründet (§ 38 ZPO). Abschnitt VIII Nr. 1 der „Verkaufsbedingungen für Gebrauchtfahrzeuge“ enthält eine entsprechende Gerichtsstandsklausel. Diese ist aufgrund der wirksamen Einbeziehung der als „Verkaufsbedingungen für Gebrauchtfahrzeuge“ bezeichneten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin für die Parteien bindend.

Bei den Parteien handelt es sich um Kaufleute, sodass § 305 II BGB gemäß § 310 I BGB für die Frage der Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen keine Geltung beansprucht. Es kann insoweit dahinstehen, ob die Beklagte – entgegen ihrer Erklärung auf Seite 4 des Bestellformulars – die Verkaufsbedingungen der Beklagten nicht erhalten hat. Denn selbst [dann] wären die Verkaufsbedingungen … Vertragsinhalt geworden. Beim Rechtsverkehr unter Kaufleuten gelten, unbeschadet der Frage, ob zwischen ihnen bereits Geschäftsbeziehungen bestehen, die in Bezug genommenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch dann, wenn sie dem für den Vertragsabschluss maßgeblichen Schreiben weder beigefügt noch sonst dem Empfänger in ihren Einzelheiten bekannt waren. Es ist in diesem Fall Sache des Kunden, sich vor der vertraglichen Bindung Kenntnis von den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verschaffen. Verzichtet der Kunde darauf, muss er dies gegen sich gelten lassen (BGH, Urt. v. 30.06.1976 – VIII ZR 267/75, NJW 1976, 1886).

Die Klägerin hat auf die Geltung ihrer Verkaufsbedingungen hingewiesen. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, ein solcher Hinweis sei nicht erfolgt …, da sich jener Hinweis auf Seite 1 des von der Beklagten unstreitig verwendeten Bestellformulars findet. War die Beklagte somit davon in Kenntnis gesetzt, dass die Klägerin Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, war sie auch in der Lage, sich Kenntnis von deren Inhalt zu verschaffen.

Nach Annahme der Bestellung durch die Klägerin waren deren Verkaufsbedingungen Vertragsgegenstand geworden mit der Folge, dass die Gerichtsstandsvereinbarung wirksam getroffen worden ist. Nach dieser war der Rechtsstreit vor dem angerufenen Gericht zu führen.

2. Die Klage ist, soweit sie nicht bereits durch Teilurteil rechtskräftig abgewiesen wurde, begründet.

2.1 Die Klägerin kann Schadensersatz statt der Leistung verlangen (§§ 280 I, III, 281 I 1, II BGB). Die Beklagte hat unberechtigt ihre auf Zahlung des Kaufpreises und Abnahme des gekauften Fahrzeuges gerichtete Leistung aus § 433 II BGB verweigert. Die Klägerin kann Ersatz ihres Schadens pauschal nach Maßgabe von Abschnitt IV Nr. 2 der Verkaufsbedingungen verlangen. Die Klausel benachteiligt die Beklagte nicht unangemessen gemäß §§ 307, 309 Nr. 5 BGB …, da [sie] der Beklagten den Nachweis eines geringeren Schadens bzw. den Nachweis, dass kein Schaden eingetreten ist, einräumt (vgl. BGH, Urt. v. 14.04.2010 – VIII ZR 123/09).

Auch ist die Höhe der Schadenspauschale von 10 % nicht zu beanstanden. Zwar muss der Klauselverwender die Branchenüblichkeit der Pauschale grundsätzlich nachweisen. Die Rechtsprechung erkennt bei Gebrauchtwagenkaufverträgen Schadenspauschalen in Höhe von 10 % als angemessen an (vgl. BGH, Urt. v. 14.04.2010 – VIII ZR 123/09).

Die Bemessungsgrundlage, die der Berechnung des Schadensersatzanspruchs zugrunde zu legen ist, ist der Bruttokaufpreis. So gehört die Mehrwertsteuer als rechtlich unselbstständiger Bestandteil zum Kaufpreis, mit dem der Kunde belastet wird (vgl. BGH, Beschl. v. 27.06.2012 – VIII ZR 165/11, NJW 2012, 3230).

Die Beklagte hat weder schlüssig dargelegt noch bewiesen, dass der Klägerin ein geringerer Schaden entstanden ist. Sie allein trägt, worauf die Klägerin auch hingewiesen hat, die Darlegungs- und Beweislast. Dem genügt sie nicht, wenn sie den klägerischen Vortrag, wonach das Fahrzeug bislang nicht verkauft werden konnte, mit Nichtwissen bestreitet. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass in Fällen wie dem vorliegendem der Schaden nicht allein auf einem entgangenen Gewinn beruhen muss.

2.2 Die Beklagte ist unter Verzugsgesichtspunkten verpflichtet, die Klägerin von Rechtsverfolgungskosten freizustellen …

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