1. Ba­ga­tel­li­siert der (ge­werb­li­che) Ver­käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens ei­nen – dem Käu­fer an sich of­fen­bar­ten – Un­fall­scha­den, in­dem er er­klärt, das Fahr­zeug sei mit ei­nem Kos­ten­auf­wand von 400 bis 500 € in­stand ge­setzt wor­den, wäh­rend tat­säch­lich die Re­pa­ra­tur­kos­ten rund 7.500 € be­tru­gen, so liegt dar­in ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung i. S. von § 444 Fall 1 BGB. Das gilt auch dann, wenn der Ver­käu­fer den Um­fang des Vor­scha­dens nicht kennt und die Re­pa­ra­tur­kos­ten „ins Blaue hin­ein“ an­gibt, statt den Käu­fer dar­auf hin­zu­wei­sen, dass nicht aus­zu­schlie­ßen sei, dass das Fahr­zeug ei­nen er­heb­li­chen Un­fall­scha­den er­lit­ten ha­be.
  2. Ver­langt ein Kfz-Ver­käu­fer nach ei­nem Rück­tritt des Käu­fers vom Kauf­ver­trag ge­stützt auf § 346 I, II 1 Nr. 1 BGB ei­ne Ent­schä­di­gung für die Nut­zung des Fahr­zeugs durch den Käu­fer, so trifft ihn die Dar­le­gungs- und Be­weis­last für den Um­fang des gel­tend ge­mach­ten Wert­er­satz­an­spruchs. Der Ver­käu­fer muss des­halb ge­ge­be­nen­falls sei­ne Be­haup­tung be­wei­sen, dass ihn die vom Käu­fer oder vom Ge­richt zur Be­rech­nung der Nut­zungs­ent­schä­di­gung an­ge­wand­te Me­tho­de un­bil­lig be­nach­tei­li­ge und des­halb die Nut­zungs­ent­schä­di­gung an­ders be­rech­net wer­den müs­se.
  3. Über­füh­rungs- und Zu­las­sungs­kos­ten sind eben­so we­nig not­wen­di­ge Ver­wen­dun­gen i. S. des § 347 II 1 BGB wie Prä­mi­en für ei­ne Kfz-Ver­si­che­rung und die Kraft­fahr­zeug­steu­er.

LG Chem­nitz, Ur­teil vom 26.05.2011 – 1 O 1952/10
(nach­fol­gend: OLG Dres­den, Ur­teil vom 23.02.2012 – 10 U 916/11)

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von der Be­klag­ten auf der Grund­la­ge ei­ner ver­bind­li­chen Be­stel­lung vom 13.04.2007 ei­nen ge­brauch­ten VW Pas­sat Va­ri­ant mit ei­ner Lauf­leis­tung von 39.130 km zum Preis von 14.600 €. In der Be­stel­lung heißt es un­ter an­de­rem: „Un­fall­scha­den: Rep. Wild­scha­den Front“. Zwi­schen den Par­tei­en ist un­strei­tig, dass das Fahr­zeug, nach­dem es den in Re­de ste­hen­den Un­fall­scha­den er­lit­ten hat­te, in der Werk­statt der Be­klag­ten in­stand ge­setzt wor­den war und der Re­pa­ra­tur­um­fang cir­ca 7.500 € be­tra­gen hat­te.

Die Ge­braucht­wa­gen-Ver­kaufs­be­din­gun­gen der Be­klag­ten se­hen vor, dass An­sprü­che des Käu­fers we­gen ei­nes Sach­man­gels in ei­nem Jahr ab Über­ga­be der Kauf­sa­che ver­jäh­ren.

Un­ter dem 03.02.2010 er­klär­te der Klä­ger den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag. Die Be­klag­te er­kennt den Rück­tritt nicht an und lehnt dem­entspre­chend ei­ne Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags ab.

Der Klä­ger macht gel­tend, der Ver­kaufs­mit­ar­bei­ter B der Be­klag­ten ha­be ihn über den tat­säch­li­chen Um­fang des Wild­un­fall­scha­dens arg­lis­tig ge­täuscht. B ha­be die­sen Un­fall­scha­den im Ver­kaufs­ge­spräch ver­harm­lost und den Re­pa­ra­tur­auf­wand mit le­dig­lich 400 bis 500 € be­zif­fert. Er – der Klä­ger – ha­be in­des an­hand ei­ner im Sys­tem der Be­klag­ten ge­spei­cher­ten Re­pa­ra­tur­rech­nung vom 15.03.2005 in Er­fah­rung ge­bracht, dass der Wild­un­fall ei­nen Sach­scha­den im Front­be­reich und der an­gren­zen­den Sei­ten­tei­le ver­ur­sacht ha­be.

Über die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses hin­aus ver­langt der Klä­ger Auf­wen­dungs­er­satz in Hö­he von ins­ge­samt 2.916,87 €. Die­ser Be­trag setzt sich wie folgt zu­sam­men:

Kos­ten für Haupt­un­ter­su­chun­gen (2008 und 2010) 108,00 €
An­schaf­fungs­kos­ten für Win­ter­rä­der + 350,00 €
Kraft­fahr­zeug­steu­ern + 446,00 €
Ver­si­che­rungs­prä­mi­en + 1.525,74 €
Re­pa­ra­tur­kos­ten I + 96,27 €
Re­pa­ra­tur­kos­ten II + 290,86 €
Zu­las­sungs­kos­ten + 100,00 €
Ge­samt­be­trag 2.916,87 €

Die Be­klag­te be­ruft sich dar­auf, dass Rech­te des Klä­gers we­gen des be­haup­te­ten Man­gels ver­jährt sei­en, und weist den Vor­wurf der arg­lis­ti­gen Täu­schung zu­rück. Sie be­strei­tet, dass B den Un­fall­scha­den ver­harm­lost und den Re­pa­ra­tur­auf­wand mit le­dig­lich 400 bis 500 € be­zif­fert ha­be. Viel­mehr – so be­haup­tet die Be­klag­te – ha­be B den Klä­ger sach­ge­recht über den Un­fall­scha­den selbst in­for­miert. Die Re­pa­ra­tur­kos­ten – so meint die Be­klag­te – ha­be B von sich aus, oh­ne aus­drück­li­che Nach­fra­ge des Klä­gers, nicht an­ge­ben müs­sen.

Die Klag­te hat­te zum Teil Er­folg.

Aus den Grün­den: I. … Der Klä­ger ist ge­mäß §§ 434 I 1, 437 Nr. 2 Fall 1, 440, 323, 326 V, 346 BGB be­rech­tigt, vom streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trag zu­rück­zu­tre­ten.

Der kauf­ge­gen­ständ­li­che Pkw hat nicht die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit, frei von ei­nem er­heb­li­chen Un­fall­vor­scha­den zu sein. Die Be­klag­te kann sich ge­mäß § 444 Fall 1 BGB nicht auf die ver­ein­bar­te zeit­li­che Haf­tungs­be­schrän­kung be­ru­fen, denn der Zeu­ge B hat den Klä­ger über die­sen Man­gel arg­lis­tig ge­täuscht. Da­für muss die Be­klag­te ein­ste­hen.

Ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung kann auch dar­in be­ste­hen, dass der Ver­käu­fer ei­nen Hin­weis auf den vor­han­de­nen Man­gel un­ter­lässt oder dar­über be­wusst ir­re­füh­ren­de An­ga­ben macht. Ver­schwei­gen ist auch ei­ne ob­jek­tiv fal­sche Er­klä­rung zur Män­gel­frei­heit oh­ne tat­säch­li­che Grund­la­ge. Da­bei sind an den Händ­ler im Ge­braucht­wa­gen­han­del we­sent­lich hö­he­re An­for­de­run­gen zu stel­len als an ei­nen pri­va­ten Ver­käu­fer (vgl. Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 70. Aufl., § 444 Rn. 11 m. w. Nachw.).

Das Ge­richt er­ach­tet es im Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me als er­wie­sen, dass der Zeu­ge B an­läss­lich der Ver­trags­ver­hand­lung den durch den Klä­ger hin­ter­frag­ten Un­fall­vor­scha­den oh­ne tat­säch­li­che Grund­la­ge ba­ga­tel­li­siert, das heißt ir­re­füh­ren­de An­ga­ben dar­über ge­macht hat.

Das Ge­richt hat ge­gen die Glaub­wür­dig­keit der Zeu­gin J kei­ne Be­den­ken. Auf­grund ih­rer Aus­sa­ge ist er­wie­sen, dass der Zeu­ge B auf Nach­fra­ge die Er­klä­rung ab­gab, es han­de­le sich um ei­nen klei­ne­ren Wild­scha­den mit ei­nem Re­pa­ra­tur­um­fang von 400 bis 500 €.

Die­se Be­schaf­fen­heits­an­ga­be war ob­jek­tiv falsch, denn die Be­klag­te selbst be­zif­fert den Re­pa­ra­tur­um­fang zur Be­sei­ti­gung die­ses Un­fall­scha­dens mit 7.500 €. Die Be­klag­te be­strei­tet auch nicht, dass durch die­sen Un­fall ver­kehrs­wich­ti­ge und si­cher­heits­re­le­van­te Fahr­zeug­tei­le, ins­be­son­de­re auch der Fahr­zeug­rah­men, be­trof­fen wa­ren. Je­den­falls be­grün­det ein Un­fall­vor­scha­den die­ses Aus­ma­ßes auch ei­nen be­deu­ten­den Wert­bil­dungs­fak­tor.

Ge­gen die Glaub­haf­tig­keit der Zeu­gen­aus­sa­ge spricht auch nicht, dass sie in be­stimm­ten De­tails be­züg­lich der Ver­trags­an­bah­nun­gen und des Ge­sprächs­in­halts mit den Be­haup­tun­gen des Klä­gers nicht über­ein­stimmt. Dies ist nach meh­re­ren Jah­ren die na­tür­li­che Fol­ge des Er­in­ne­rungs­ver­lus­tes, und die­se Wi­der­sprü­che be­rüh­ren auch nicht den Kern­be­reich der zu be­ant­wor­ten­den Be­weis­fra­gen. Ins­be­son­de­re lässt sich die zu­nächst frag­wür­dig er­schei­nen­de Aus­sa­ge der Zeu­gin, es hät­te noch ei­nen an­de­ren Ver­trag ge­ge­ben, in dem der er­wähn­te Wild­scha­den „noch mit der Hand rein­ge­schrie­ben“ war, da­mit auf­klä­ren, dass die Zeu­gin den In­halt und die Ge­stal­tung meh­re­rer Ver­trags­for­mu­la­re mit­ein­an­der ver­wech­selt, nach­dem der Klä­ger in der Tat noch ei­ne wei­te­re Ver­trags­ur­kun­de vom 13.04.2007 nach­ge­reicht hat. Im Ge­gen­teil wei­sen die­se nicht den Kern­be­reich be­tref­fen­den Wi­der­sprü­che dar­auf hin, dass die Zeu­gin ih­re Aus­sa­ge nicht ab­ge­spro­chen und nicht ab­ge­stimmt hat.

Die Aus­sa­ge der Zeu­gin wird auch nicht durch die Aus­sa­ge des ge­gen­be­weis­lich ver­nom­me­nen Zeu­gen B wi­der­legt. Im Ge­gen­teil: Der Zeu­ge kann sich – nach­voll­zieh­bar – zwar nicht mehr an die De­tails des Ver­kaufs­ge­sprächs er­in­nern. Grob dar­an er­in­nern kann er sich je­doch – und dar­auf kommt es ent­schei­dend an –, dass der Klä­ger den ein­ge­tra­ge­nen Hin­weis auf ei­nen re­pa­rier­ten Wild­un­fall­scha­den nicht ein­fach zur Kennt­nis ge­nom­men hat, son­dern die­sen hin­ter­frag­te. Si­cher sei auch da­nach ge­fragt wor­den, ob ei­ne fach­ge­rech­te Re­pa­ra­tur aus­ge­führt wor­den sei. Die­se Fra­ge schließt aber die Fra­ge nach Art und Um­fang der er­brach­ten Re­pa­ra­tur­leis­tun­gen mit ein.

Da­mit war für den Zeu­gen er­kenn­bar, dass der Kauf­ent­schluss des Klä­gers von der Be­ant­wor­tung die­ser Fra­ge be­ein­flusst wur­de und An­lass da­zu be­stand, über die Un­fall­fol­gen kon­kret auf­zu­klä­ren und die Be­schaf­fen­heits­an­ga­be des Un­fall­vor­scha­dens zu kon­kre­ti­sie­ren. Auch wenn dem Zeu­gen die Re­pa­ra­tur­rech­nung als sol­che nicht be­kannt war, wä­re es ihm nach sei­ner ei­ge­nen Aus­sa­ge un­schwer mög­lich ge­we­sen, die er­for­der­li­chen In­for­ma­tio­nen durch Er­kun­di­gun­gen im Ser­vice­be­reich zu be­schaf­fen. Die hier­zu für er­for­der­lich ge­hal­te­ne „ge­ziel­te“ Nach­fra­ge des Kun­den wur­de auch nach Aus­sa­ge des Zeu­gen B ge­stellt. Un­ver­zicht­bar wä­re je­den­falls die Auf­klä­rung des Klä­gers dar­über ge­we­sen, dass er man­gels ge­nau­er Kennt­nis auch nicht aus­schlie­ßen kann, dass es sich um ei­nen er­heb­li­chen Un­fall­vor­scha­den han­delt. Die­se Auf­klä­rung ist auch nach Aus­sa­ge des Zeu­gen B un­ter­blie­ben.

Durch die nach Über­zeu­gung des Ge­richts er­wie­se­ne Ba­ga­tel­li­sie­rung, ver­gleich­bar der An­ga­be ei­nes „klei­ne­ren Blech­scha­dens“, hat die­ser den Klä­ger arg­lis­tig ge­täuscht. Die recht­li­che Fol­ge die­ser Täu­schungs­hand­lung ist, dass der Klä­ger mit sei­nem Ge­währ­leis­tungs­an­spruch in Form des Rück­tritts vom Ver­trag nicht aus­ge­schlos­sen ist.

Die Fol­ge des wirk­sa­men Rück­tritts ist ge­mäß §§ 323 I, 326 IV, 346 I, 348 BGB, dass der Klä­ger nach er­folg­lo­ser Frist­set­zung die Rück­erstat­tung des von der Be­klag­ten ver­ein­nahm­ten Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Kraft­fahr­zeugs ver­lan­gen kann.

Zu­tref­fend ver­langt die Be­klag­te al­ler­dings, dass sich der Klä­ger ge­mäß § 346 I, II 1 Nr.  BGB auf den rück­zu­er­stat­ten­den Kauf­preis den Nut­zungs­vor­teil an­rech­nen las­sen muss, den er durch die Be­nut­zung des zu­rück­zu­ge­ben­den Fahr­zeugs er­langt hat. Für die­sen Nut­zungs­vor­teil hat er Wert­er­satz zu leis­ten. Die­sen hat das Ge­richt nach § 287 I und II ZPO zu schät­zen.

Das Ge­richt folgt da­bei der in Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur für die Kfz-Nut­zung an­er­kann­ten Be­rech­nungs­me­tho­de, auf die ge­fah­re­nen Ki­lo­me­ter ab­zu­stel­len und für je 1.000 Fahrt­ki­lo­me­ter 0,4 % bis 1 %, hier im Mit­tel 0,7 %, des Brut­to­an­schaf­fungs­prei­ses in An­satz zu brin­gen (vgl. Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 70. Aufl., § 346 Rn. 10 m. w. Nachw.). In Hoch­rech­nung der vom Klä­ger be­haup­te­ten Ge­samt­fahr­leis­tung auf rund 35.000 km er­rech­net sich so ein Schätz­be­trag von rund 3.000 €.

So­weit die Be­klag­te ei­nen hö­he­ren Nut­zungs­vor­teil be­haup­tet, liegt es an ihr, die Vor­aus­set­zun­gen da­für nach­zu­wei­sen (vgl. Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 10. Aufl., Rn. 1759). Dies gilt auch für ih­re Be­haup­tung, die­se Be­rech­nungs­me­tho­de sei auf Ge­braucht­fahr­zeu­ge grund­sätz­lich nicht an­wend­bar, weil sie den Händ­ler un­bil­lig be­nach­tei­li­ge. Im Grund­satz kann dies zwar im Fal­le ei­ner be­son­de­ren Preis­ge­stal­tung zu­tref­fen. Da­zu trägt die Be­klag­te je­doch nichts vor.

An­de­rer­seits hat der Klä­ger in­fol­ge sei­nes wirk­sa­men Rück­tritts ge­mäß § 347 II 1 BGB grund­sätz­lich auch ei­nen An­spruch auf Er­satz sei­ner not­wen­di­gen Ver­wen­dun­gen.

Dar­un­ter sind die­je­ni­gen Ver­mö­gens­auf­wen­dun­gen zu ver­ste­hen, die dem Fahr­zeug zu­gu­te­kom­men, in­dem sie sei­ner Er­hal­tung, Wie­der­her­stel­lung oder Ver­bes­se­rung die­nen. Dies gilt nach dem neu ge­re­gel­ten Rück­tritts­recht auch für die ge­wöhn­li­chen Er­hal­tungs­kos­ten wie In­spek­ti­ons­kos­ten und not­wen­di­ge Re­pa­ra­tu­ren. Auf­wen­dun­gen des Käu­fers zur In­be­trieb­nah­me des Fahr­zeugs, wie die Kos­ten ei­ner Über­füh­rung und Zu­las­sung, Ver­si­che­rungs­prä­mi­en und Kfz-Steu­er, fal­len nicht dar­un­ter (vgl. Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 1745 ff.).

Hier­von aus­ge­hend kön­nen le­dig­lich die Kos­ten der Haupt­un­ter­su­chung von ins­ge­samt 108 € und die Re­pa­ra­tur­kos­ten von 96,27 € und 290,80 € an­er­kannt wer­den. Al­le wei­te­ren gel­tend ge­mach­ten Auf­wen­dun­gen die­nen nicht der Er­hal­tung des Fahr­zeugs, son­dern der Ge­währ­leis­tung sei­ner Nut­zung.

So­mit er­rech­net sich fol­gen­der Ge­samt­an­spruch des Klä­gers:

zu­rück­zu­ge­wäh­ren­der Net­to­kauf­preis 12.219,77 €
Nut­zungs­vor­teil 3.000,00 €
Kos­ten für Haupt­un­ter­su­chun­gen + 108,00 €
not­wen­di­ge Auf­wen­dun­gen für Re­pa­ra­tu­ren I + 96,27 €
not­wen­di­ge Auf­wen­dun­gen für Re­pa­ra­tu­ren II + 290,80 €
Ge­samt 9.714,84 €

Als Ver­zugs­scha­den­er­satz­an­spruch ste­hen dem Klä­ger des Wei­te­ren ge­mäß §§ 280 I, II, 286, 288 I und III BGB auch die gel­tend ge­mach­ten Ver­zugs­zin­sen und die vor­ge­richt­li­chen Kos­ten der Rechts­ver­fol­gung zu. Al­ler­dings ist die gel­tend ge­mach­te 1,3-fa­che Ge­schäfts­ge­bühr nach der zu­er­kann­ten For­de­rung zu be­rech­nen und mit In­kraft­tre­ten des neu­en § 15a RVG nach der An­rech­nungs­vor­schrift der Vor­be­mer­kung 3 IV VV RVG um die Hälf­te zu kür­zen.

Die dar­über hin­aus­ge­hen­de Kla­ge ist als un­be­grün­det ab­zu­wei­sen.

Dies gilt auch für den An­trag auf Fest­stel­lung, dass sich die Be­klag­te ge­mäß § 293 BGB mit der Rück­nah­me des Fahr­zeugs im An­nah­me­ver­zug be­fin­det. Dies hät­te ge­mäß §§ 294, 298 BGB ein Rück­ab­wick­lungs­an­ge­bot durch den Klä­ger er­for­dert, so wie die ge­gen­sei­tig er­brach­ten Leis­tun­gen tat­säch­lich zu­rück­zu­ge­wäh­ren sind, und wel­ches die Be­klag­te durch ein­fa­che Zu­stim­mung so­fort un­ab­ge­än­dert an­neh­men konn­te. Nicht an­nehm­bar war hin­ge­gen das mit Schrift­satz vom 27.04.2010 un­ter­brei­te­te An­ge­bot, so­fern der Klä­ger dar­in auch un­ge­recht­fer­tig­te Auf­wen­dun­gen gel­tend mach­te.

Hin­weis: Die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat­te kei­nen Er­folg, wäh­rend die Be­ru­fung des Klä­gers (nur) zu ei­nem ge­rin­gen Teil er­folg­reich war. Zu den Rechts­mit­teln hat das OLG Dres­den als Be­ru­fungs­ge­richt im Ur­teil vom 23.02.2012 – 10 U 916/11 – aus­ge­führt:

1 Be­ru­fung der Be­klag­ten

Die Be­klag­te wen­det sich im Er­geb­nis oh­ne Er­folg ge­gen die recht­li­che und tat­säch­li­che Wür­di­gung des Land­ge­richts, dass der Klä­ger we­gen ei­nes wirk­sa­men Rück­tritts die Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags vom 13.04.2007 ver­lan­gen kann (§§ 434 I, 437 Nr. 2 Fall 1, 323, 346 ff. BGB).

1.1 Nicht durch­drin­gen kann die Be­klag­te mit ih­ren Be­ru­fungs­an­grif­fen ge­gen die An­nah­me des Land­ge­richts, der streit­ge­gen­ständ­li­che VW Pas­sat sei mit ei­nem Sach­man­gel be­haf­tet, da er bei Über­ga­be des Fahr­zeugs im April 2007 nicht die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit auf­ge­wie­sen ha­be (§ 434 I 1 BGB).

(Ein Sach­man­gel i. S. von § 434 I 2 BGB kommt hier von vorn­her­ein nicht in Be­tracht; auch hat der Klä­ger sei­ne Kla­ge nicht auf ei­ne An­fech­tung des Ver­trags [we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung] ge­stützt.)

Zwar wird in den Aus­füh­run­gen des Land­ge­richts nicht klar zwi­schen dem Vor­lie­gen ei­nes Sach­man­gels (§ 434 BGB) und dem Aus­schluss des Ver­jäh­rungs­ein­wands we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung ge­trennt. Letzt­lich er­schließt sich aber aus den Er­wä­gun­gen des Land­ge­richts, dass es da­von aus­geht, die Par­tei­en hät­ten ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung da­hin ge­hend ge­trof­fen, dass es sich bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen VW Pas­sat um ei­nen ‚Un­fall­wa­gen mit ei­nem Fron­tal­scha­den, der mit ei­nem Auf­wand von (le­dig­lich) 400–500 € re­pa­riert wur­de‘, han­delt, das Fahr­zeug die­se Be­schaf­fen­heit bei Über­ga­be nicht auf­ge­wie­sen und die Be­klag­te dem Klä­ger ei­nen schwer­wie­gen­de­ren Wild­un­fall­scha­den arg­lis­tig ver­schwie­gen ha­be.

Un­strei­tig wur­de der Pkw als Un­fall­fahr­zeug ver­kauft, näm­lich un­ter Hin­weis auf ei­nen – re­pa­rier­ten – ‚Wild­scha­den Front‘. Ob die­ser Un­fall im März oder im Ok­to­ber 2005 re­pa­riert wur­de, ist letzt­lich für die Ent­schei­dung un­er­heb­lich. Ent­schei­dend ist viel­mehr, dass der Wild­un­fall­scha­den, auf den sich die An­ga­be im Kauf­ver­trag be­zieht, vor Ab­schluss des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trags in der Werk­statt der Be­klag­ten mit ei­nem Kos­ten­auf­wand von cir­ca 7.400 € bzw. 7.500 € – fach­ge­recht – be­ho­ben wur­de.

1.1.2 Fehl geht die Be­klag­te, wenn sie meint, dass sich die An­ga­be zur Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs in dem Um­stand der feh­len­den Un­fall­frei­heit er­schöp­fe und die Hö­he der Re­pa­ra­tur­kos­ten und die An­zahl der Un­fall­schä­den kei­ne dem Fahr­zeug an­haf­ten­de Be­schaf­fen­heit sei­en.

Denn An­ga­ben des Ver­käu­fers zum Scha­dens­bild und zum Re­pa­ra­tur­um­fang sind nicht nur un­ter dem As­pekt der arg­lis­ti­gen Täu­schung, son­dern auch im Hin­blick auf ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung zu wür­di­gen. Ins­be­son­de­re kön­nen sol­che An­ga­ben Ge­gen­stand ei­ner (po­si­ti­ven) Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung da­hin ge­hend sein, dass das Fahr­zeug – ab­ge­se­hen von den aus­drück­lich ge­nann­ten Schä­den – un­fall­frei ist, das heißt, dass der mit­ge­teil­te Scha­den nach Art und Aus­maß nicht schwer­wie­gen­der und das Fahr­zeug an­sons­ten oh­ne Vor­scha­den ist (s. hier­zu Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 11. Aufl., Rn. 3070, 3129 ff., 4376 ff.). Bei der Er­mitt­lung des Er­klä­rungs­tat­be­stands kön­nen auch au­ßer­halb der Ver­trags­ur­kun­de er­teil­te Un­fall­in­for­ma­tio­nen von Be­lang sein, wo­bei je­doch für den Ver­käu­fer die Ver­mu­tung der Voll­stän­dig­keit und Rich­tig­keit der Ver­trags­ur­kun­de strei­tet (s. hier­zu Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 3073 ff.).

1.1.3 Die Fest­stel­lung des Land­ge­richts, der Ver­käu­fer der Be­klag­ten, der Zeu­ge B, ha­be bei den Ver­kaufs­ge­sprä­chen den Wild­un­fall­scha­den ba­ga­tel­li­siert, in­dem er auf Nach­fra­ge an­ge­ge­ben ha­be, es han­de­le sich um ei­nen klei­ne­ren Wild­scha­den mit ei­nem Re­pa­ra­tur­um­fang von 400 bis 500 €, lässt kei­ne Rechts­feh­ler er­ken­nen und ist vom Be­ru­fungs­ge­richt sei­ner Ent­schei­dung zu­grun­de zu le­gen (§ 529 I Nr. 1 ZPO).

Ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten ist die Be­weis­wür­di­gung des Land­ge­richts we­der in sich wi­der­sprüch­lich oder läuft Denk­ge­set­zen oder Er­fah­rungs­sät­zen zu­wi­der oder lässt Tei­le des Be­wei­s­er­geb­nis­ses un­ge­wür­digt (§§ 513 I, 546 ZPO), noch lie­gen kon­kre­te An­halts­punk­te vor, die nach § 529 I Nr. 1 ZPO Zwei­fel an der Rich­tig­keit oder Voll­stän­dig­keit der ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Fest­stel­lun­gen be­grün­den und ei­ne er­neu­te Be­weis­auf­nah­me ge­bie­ten.

Das Land­ge­richt hat nach­voll­zieh­bar dar­ge­legt, wes­halb es den An­ga­ben der Zeu­gin J zum ‚Kern­ge­sche­hen‘ Glau­ben schenkt und die­se An­ga­ben sich je­den­falls in­so­weit mit den Be­kun­dun­gen des Zeu­gen B de­cken, als die­ser be­stä­tigt hat, dass der Klä­ger bei den Ver­kaufs­ge­sprä­chen Nä­he­res über den Wild­un­fall­scha­den und die Re­pa­ra­tur wis­sen woll­te. Dann liegt es aber nach der Le­bens­er­fah­rung na­he, dass es ei­nem Käu­fer nicht nur um die ord­nungs­ge­mä­ße Be­sei­ti­gung des Un­fall­scha­dens geht, son­dern er sich auch nach dem Aus­maß des Scha­dens und den an­ge­fal­le­nen Re­pa­ra­tur­kos­ten er­kun­digt, wie dies der Klä­ger be­haup­tet und die Zeu­gin J be­stä­tigt hat. Dass sich in die­ser Si­tua­ti­on ein Kauf­in­ter­es­sent da­mit be­gnügt, dass ei­ne sol­che für sei­ne Kauf­ent­schei­dung nicht un­we­sent­li­che Fra­ge un­be­ant­wor­tet bleibt, ist nicht wahr­schein­lich. Für das Land­ge­richt durf­te da­her der Schluss nicht fern­lie­gen, dass der Zeu­ge B, ob­wohl er un­strei­tig wuss­te, dass das Fahr­zeug im ei­ge­nen Be­trieb der Be­klag­ten re­pa­riert wur­de und sich die Ein­zel­hei­ten zum Scha­den­sum­fang und zu den Re­pa­ra­tur­kos­ten oh­ne grö­ße­re Mü­he an­hand der Auf­zeich­nun­gen in der EDV der Be­klag­ten hät­ten re­cher­chie­ren las­sen, An­ga­ben ‚ins Blaue‘ ge­macht hat, um den Kauf­ent­schluss des Klä­gers zu be­för­dern.

Un­er­heb­lich ist in die­sem Zu­sam­men­hang, dass die­se Fest­stel­lun­gen vom Land­ge­richt im Rah­men der Prü­fung ei­ner arg­lis­ti­gen Täu­schung des Klä­gers ge­trof­fen wur­den.

Da­von ab­ge­se­hen wä­re der Zeu­ge B oh­ne­hin auf­grund der ge­ziel­ten Nach­fra­ge des Klä­gers zu dem Un­fall­scha­den ver­pflich­tet ge­we­sen, von sich aus wahr­heits­ge­mä­ße Aus­künf­te zu Art und Aus­maß des Wild­scha­dens zu er­tei­len.

1.1.4 Nicht durch­drin­gen kann die Be­klag­te mit ih­rem Ein­wand, dass die münd­li­chen An­ga­ben des Zeu­gen B zur Hö­he der Re­pa­ra­tur­kos­ten le­dig­lich ei­ne – ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung nicht zu­gäng­li­che – ‚Wis­sens­mit­tei­lung‘ sei­en.

Zwar ist in der ‚Ver­bind­li­chen Be­stel­lung‘ vom 13.04.2007 die Ru­brik ‚Zahl, Um­fang und Art von Män­geln und Un­fall­schä­den‘ mit dem – ein­schrän­ken­den – Zu­satz ‚lt. Vor­be­sit­zer‘ ver­se­hen und bringt mit ei­ner sol­chen Be­zug­nah­me auf ei­ne be­stimm­te Quel­le sei­ner Kennt­nis­se der Ver­käu­fer re­gel­mä­ßig hin­rei­chend deut­lich zum Aus­druck, wo­her er die An­ga­be ent­nom­men hat und dass es sich da­bei nicht um ei­ge­nes Wis­sen han­delt. In die­sem Fall kann der Käu­fer nicht er­war­ten, der Ver­käu­fer wol­le in ver­trags­mä­ßig bin­den­der Wei­se die Haf­tung für die Rich­tig­keit der An­ga­ben über­neh­men und für die Fol­gen des Feh­lens der be­tref­fen­den Ei­gen­schaft ein­ste­hen (BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VI­II ZR 253/05, NJW 2008, 1517 Rn. 13). Ein sol­cher Fall liegt hier aber nicht vor, da die Be­klag­te den be­tref­fen­den Wild­un­fall­scha­den in ih­rer ei­ge­nen Werk­statt re­pa­riert hat und ihr so­mit das Scha­dens­aus­maß und der er­for­der­li­che Re­pa­ra­tur­auf­wand be­kannt wa­ren. Auf ei­ne ein­ge­schränk­te Ge­währ für die Rich­tig­keit ih­rer An­ga­be zum Wild­un­fall­scha­den al­lein we­gen des im Be­stell­for­mu­lar vor­ge­druck­ten Pas­sus ‚lt. Vor­be­sit­zer‘ kann sich die Be­klag­te da­her nicht be­ru­fen.

1.2 Zu Recht rügt die Be­klag­te zwar, dass das Land­ge­richt die wei­te­re ma­te­ri­ell-recht­li­che Vor­aus­set­zung ei­nes Rück­tritts­rechts, dass die Pflicht­ver­let­zung des Ver­käu­fers nicht un­er­heb­lich sein darf (§§ 437 Nr. 2 Fall 1, 323 V 2 BGB), of­fen­sicht­lich nicht ge­prüft und in die­sem Zu­sam­men­hang ih­ren ent­spre­chen­den Ein­wand und Sach- und Rechts­vor­trag im nach­ge­las­se­nen Schrift­satz vom 05.05.2011 un­be­rück­sich­tigt ge­las­sen hat. Aber auch die­ser Ein­wand ver­hilft der Be­ru­fung der Be­klag­ten nicht zum Er­folg.

1.2.1 Der Se­nat teilt nicht die Auf­fas­sung der Be­klag­ten, der BGH ver­tre­te in sei­ner neue­ren Recht­spre­chung in Ab­wei­chung von sei­ner bis­he­ri­gen Recht­spre­chung die Rechts­an­sicht, dass es bei der Prü­fung der Er­heb­lich­keit der Pflicht­ver­let­zung i. S. des § 323 V 2 BGB stets und aus­schließ­lich dar­auf an­kommt, ob ei­nem kauf­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug, das we­gen feh­len­der Un­fall­frei­heit ei­nen – un­be­heb­ba­ren – Sach­man­gel auf­weist, (noch) ein Min­der­wert an­haf­tet, und zwar selbst dann, wenn ein Fall der arg­lis­ti­gen Täu­schung bzw. des Bruchs ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung vor­liegt.

Viel­mehr hat der 8. Zi­vil­se­nat des BGH in sei­ner letz­ten Ent­schei­dung zu die­ser Fra­ge (BGH, Urt. v. 17.02.2010 – VI­II ZR 70/07, NJW-RR 2010, 1289 Rn. 23; s. hier­zu auch Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 1056 ff., 3161, 3516 ff.) – in Über­ein­stim­mung mit sei­ner frü­he­ren Recht­spre­chung – aus­ge­führt:

‚Die Be­ur­tei­lung, ob ei­ne Pflicht­ver­let­zung un­er­heb­lich i. S. des § 323 V 2 BGB ist, er­for­dert ei­ne um­fas­sen­de In­ter­es­sen­ab­wä­gung …, wo­bei es auf die Um­stän­de des Ein­zel­falls an­kommt. … Da­bei wird in der Re­gel ein Ver­stoß ge­gen ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung – hier die Ver­ein­ba­rung ei­ner be­stimm­ten Wa­gen­far­be – die Er­heb­lich­keit der Pflicht­ver­let­zung in­di­zie­ren.‘

Dem­nach ist bei der Prü­fung der Er­heb­lich­keit bzw. Un­er­heb­lich­keit ei­ner Pflicht­ver­let­zung – ne­ben an­de­ren Um­stän­den des Ein­zel­falls – auch zu be­rück­sich­ti­gen, ob der Sach­man­gel auf ei­ner Ab­wei­chung von ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung (‚Bruch ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung‘) be­ruht bzw. der Käu­fer über die Be­schaf­fen­heit des Kauf­ge­gen­stan­des vom Ver­käu­fer arg­lis­tig ge­täuscht wur­de (s. hier­zu auch BGH, Urt. v. 24.03.2006 – V ZR 173/05, NJW 2006, 1960 Rn. 7 ff.).

Dem ste­hen auch nicht die von der Be­klag­ten ins Feld ge­führ­ten Ent­schei­dun­gen des 8. Zi­vil­se­nats des BGH vom 12.03.2008 – VI­II ZR 253/05, NJW 2008, 1517 – und des OLG Düs­sel­dorf vom 22.12.2010 – I-18 U 103/10 ent­ge­gen. Denn in bei­den Fäl­len stütz­te sich der Sach­man­gel der Un­fall­wa­gen­ei­gen­schaft nicht auf ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung, son­dern auf ei­ne Ab­wei­chung von der üb­li­chen Be­schaf­fen­heit (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB). Auch ging es in kei­nem der bei­den Fäl­le auch nur im Ent­fern­tes­ten um die Fra­ge ei­ner arg­lis­ti­gen Täu­schung des Käu­fers. Zu­dem ist das OLG Düs­sel­dorf auch der Fra­ge nach­ge­gan­gen, ob ei­ne nicht un­er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung sich dar­aus er­ge­ben kön­ne, dass der Ver­käu­fer ei­ne Be­schaf­fen­heits­ga­ran­tie nicht ein­ge­hal­ten hat. Die­se Fra­ge hat das OLG Düs­sel­dorf letzt­lich nur des­we­gen ver­neint, weil es sich bei den Un­fall­schä­den um nicht of­fen­ba­rungs­pflich­ti­ge Ba­ga­tell­schä­den ge­han­delt ha­be, so­dass die An­ga­be des Ver­käu­fers, das Fahr­zeug sei un­fall­frei, nicht als falsch an­ge­se­hen wer­den kön­ne.

So­weit die Be­klag­te ver­sucht, durch ein Zi­tat aus der Ent­schei­dung des BGH vom 12.03.2008 (dort Rn. 22) zu be­le­gen, dass der 8. Zi­vil­se­nat sei­ne Recht­spre­chung, dass die Be­ur­tei­lung der Er­heb­lich­keit bzw. Un­er­heb­lich­keit ei­ner Pflicht­ver­let­zung ei­ne um­fas­sen­de Ab­wä­gung al­ler Um­stän­de er­for­de­re, für den Fall der feh­len­den Un­fall­frei­heit ei­nes Fahr­zeugs voll­stän­dig und un­ein­ge­schränkt auf­ge­ge­ben ha­be, geht sie eben­falls fehl. Denn die dort er­wähn­te Ab­wei­chung von der frü­he­ren Recht­spre­chung be­zieht sich nicht auf die­sen Ge­sichts­punkt, son­dern auf die frü­her ver­tre­te­ne Auf­fas­sung, ‚dass bei ei­nem nicht be­heb­ba­ren Man­gel – stets – ei­ne er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung ge­ge­ben ist‘. Dies hat mit der vor­lie­gen­den Fra­ge­stel­lung, ob der Bruch ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung oder die arg­lis­ti­ge Täu­schung über ein Be­schaf­fen­heits­merk­mal die Er­heb­lich­keit der Pflicht­ver­let­zung in­di­ziert, nichts zu tun.

1.2.2 Bei der da­nach für die Be­ur­tei­lung der Fra­ge, ob ein Man­gel als ge­ring­fü­gig i. S. von § 323 V 2 BGB an­zu­se­hen ist, vor­zu­neh­men­den um­fas­sen­den In­ter­es­sen­ab­wä­gung ist auf die Um­stän­de zum Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung ab­zu­stel­len (BGH, Urt. v. 05.11.2008 – VI­II ZR 166/07, NJW 2009, 508 Rn. 19; Urt. v. 15.06.2011 – VI­II ZR 139/09, MDR 2011, 1159 Rn. 9).

Im Rah­men die­ser Ab­wä­gung wiegt be­son­ders schwer, wenn der Ver­käu­fer – wie hier nach dem vom Land­ge­richt fest­ge­stell­ten und vom Se­nat zu­grun­de zu le­gen­den Sach­ver­halt – dem Käu­fer ei­ne Ei­gen­schaft des Fahr­zeugs vor­ge­spie­gelt oder ver­schwie­gen und ihn durch ei­ne sol­che arg­lis­ti­ge Täu­schung über die Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs zum Kauf­ab­schluss ver­an­lasst hat, wo­bei hier er­schwe­rend hin­zu kommt, dass zu­gleich ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung ge­trof­fen und vom Ver­käu­fer ge­bro­chen wur­de. Die­ses gra­vie­ren­de ver­trags­wid­ri­ge Ver­hal­ten reicht in der Re­gel zur Be­grün­dung ei­ner er­heb­li­chen Pflicht­ver­let­zung aus. Um­stän­de, die aus­nahms­wei­se ei­ne an­de­re Ein­schät­zung, das heißt ein Zu­rück­tre­ten des In­ter­es­ses des Käu­fers an der Auflösung des auf un­lau­te­re Wei­se zu­stan­de ge­kom­me­nen Ver­tra­ges, recht­fer­ti­gen wür­den, sind für den Se­nat im vor­lie­gen­den Fall nicht er­sicht­lich.

Nicht ab­wä­gungs­re­le­vant ist der Um­stand, dass der streit­ge­gen­ständ­li­che Wild­un­fall­scha­den von der Be­klag­ten um­fas­send und fach­ge­recht be­ho­ben wur­de. Dies ist viel­mehr bei der vor­lie­gen­den Fall­kon­stel­la­ti­on – Ver­schwei­gen ei­nes schwer­wie­gen­de­ren Un­fall­scha­dens als mit­ge­teilt – als ge­ge­ben vor­aus­zu­set­zen. Denn wä­re dies nicht der Fall, das heißt, wä­re der Un­fall­scha­den nicht ord­nungs­ge­mäß re­pa­riert, wür­de dies ei­nen wei­te­ren Sach­man­gel dar­stel­len.

Ent­spre­chen­des gilt für den von der Be­klag­ten gel­tend ge­mach­ten Ge­sichts­punkt, dass ein al­lein durch die Un­fall­wa­gen­ei­gen­schaft be­ding­ter mer­kan­ti­ler Min­der­wert mit der Zeit an Ge­wicht ver­liert und hier zum Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung nicht mehr ge­ge­ben ge­we­sen sei. Dass ein sol­cher mer­kan­ti­ler Min­der­wert auf­grund des mit zu­neh­men­den Al­ters ei­nes Fahr­zeugs ein­tre­ten­den ‚nor­ma­len Wert­ver­lusts‘ ir­gend­wann kei­nen Ein­fluss mehr auf die Wert­be­mes­sung hat, liegt in der Na­tur der Sa­che, dies ver­mag aber die in dem vor­ver­trag­li­chen oder ver­trag­li­chen Fehl­ver­hal­ten des Ver­käu­fers lie­gen­de Pflicht­wid­rig­keit nicht zu be­sei­ti­gen oder zu re­la­ti­vie­ren.

Schließ­lich lässt sich ein über­wie­gen­des In­ter­es­se der Be­klag­ten dar­an, den Klä­ger an dem Kauf­ver­trag fest­zu­hal­ten, auch nicht dar­auf stüt­zen, dass der Klä­ger ‚dem Grun­de nach‘ über die Tat­sa­che, dass das Fahr­zeug ei­nen Wild­un­fall­scha­den er­lit­ten hat, auf­ge­klärt und er le­dig­lich nicht über das ge­naue Aus­maß des Scha­dens und der Re­pa­ra­tur­kos­ten un­ter­rich­tet wor­den ist. Denn ge­ra­de dar­in be­steht der Pflicht­ver­stoß der Be­klag­ten. Die­ser wird aber auch nicht et­wa da­durch in sei­ner Be­deu­tung ge­min­dert (mit der Fol­ge, dass er nach ei­ner ge­wis­sen Zeit bei der In­ter­es­sen­ab­wä­gung ver­nach­läs­sigt wer­den könn­te), dass beim Klä­ger nur in ge­rin­gem Ma­ße ei­ne Fehl­vor­stel­lung über das wah­re Aus­maß des Un­fall­scha­dens her­vor­ge­ru­fen oder sei­ne Er­war­tung in­so­weit nur mar­gi­nal ent­täuscht wor­den wä­re. Denn der tat­säch­li­che Re­pa­ra­tur­kos­ten­auf­wand von cir­ca 7.400 € oder 7.500 € deu­tet auf ei­ne mas­si­ve Kol­li­si­on mit ei­nem Wild­tier und ei­ne Be­schä­di­gung be­triebs­we­sent­li­cher Tei­le des Fahr­zeugs hin, wäh­rend der vom Zeu­gen B auf cir­ca 400 bis 500 € be­zif­fer­te Scha­den eher ei­nen leich­ten An­stoß, der le­dig­lich ‚ins Blech ging‘, ver­mu­ten lässt. Von ei­ner al­len­falls ge­ring­fü­gi­gen Fehl­vor­stel­lung des Klä­gers kann an­ge­sichts des­sen nicht die Re­de sein.

1.3 Der Rück­tritt ist, wie das Land­ge­richt im Er­geb­nis zu­tref­fend an­ge­nom­men hat, nicht we­gen Ver­jäh­rung des (fik­ti­ven) Nach­er­fül­lungs­an­spruchs un­wirk­sam, da die Ab­kür­zung der Ge­währ­leis­tungs­frist auf ein Jahr we­gen arg­lis­ti­gen Ver­schwei­gens ei­nes Man­gels un­wirk­sam ist (§ 444 Fall 1 BGB) und statt der zwei­jäh­ri­gen Ver­jäh­rungs­frist (§ 438 I Nr. 3 BGB) die re­gel­mä­ßi­ge Ver­jäh­rungs­frist gilt (§§ 438 III 1, IV 1, 218 I BGB).

Hin­sicht­lich der Ver­jäh­rungs­fra­ge hat die Be­klag­te auch in ih­rer Be­ru­fung nichts er­in­nert.

1.4 Ge­gen die Hö­he der vom Land­ge­richt ab­ge­zo­ge­nen Nut­zungs­vor­tei­le so­wie ge­gen die vom Land­ge­richt dem Klä­ger zu­ge­spro­che­nen Kos­ten der Haupt­un­ter­su­chung und Re­pa­ra­tur­kos­ten hat die Be­klag­te eben­falls nichts er­in­nert.

2 Be­ru­fung des Klä­gers

Die Be­ru­fung des Klä­gers hat nur in ge­rin­gem Um­fang Er­folg

2.1 Das Land­ge­richt hat zwar zu­tref­fend an­ge­nom­men, dass es sich bei den dem Klä­ger ent­stan­de­nen Auf­wen­dun­gen von ins­ge­samt 2.421,74 € für die

  • An­schaf­fung von vier Win­ter­rä­dern am 11.10.2008 (350 €)
  • Kfz-Steu­er (446 €)
  • Ver­si­che­rung des Fahr­zeugs (1.525,74 €)
  • Zu­las­sung des Fahr­zeugs (100 €)

nicht um not­wen­di­ge Ver­wen­dun­gen i. S. von § 347 II 1 BGB han­delt (…).

Ver­kannt hat das Land­ge­richt in­des­sen, dass sich der An­spruch auf Er­satz sol­cher – ver­geb­li­cher – Auf­wen­dun­gen aus §§ 437 Nr. 3, 284 BGB er­ge­ben kann (BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VI­II ZR 275/04, BGHZ 163, 381 = NJW 2005, 2848; we­gen der grund­sätz­li­chen Er­stat­tungs­fä­hig­keit der ein­zel­nen Auf­wen­dun­gen s. OLG Hamm, Urt. v. 18.06.2007 – 2 U 220/06, ju­ris, und OLG Bran­den­burg, Urt. v. 26.06.2008 – 12 U 236/07, ju­ris [Win­ter­rei­fen mit Fel­gen]; Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 3821 Fn. 395 [Kfz-Steu­er]; Rn. 1893 Fn. 396, 395 [Ver­si­che­rungs­prä­mi­en]; BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VI­II ZR 275/04, BGHZ 163, 381 [388 ff.] = NJW 2005, 2848 [Zu­las­sungs­kos­ten]).

Al­ler­dings sind die­se Auf­wen­dun­gen nur in­so­weit er­stat­tungs­fä­hig, als sie tat­säch­lich ver­geb­lich wa­ren, das heißt die Nut­zungs­mög­lich­keit we­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs an den Ver­käu­fer vor der an­zu­neh­men­den Rest­lauf­zeit auf­ge­ho­ben ist oder ein vom Käu­fer an­ge­schaff­tes Zu­be­hör­teil von ihm nicht be­stim­mungs­ge­mäß ge­nutzt wer­den kann (BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VI­II ZR 275/04, BGHZ 163, 381 [387 f.] = NJW 2005, 2848; OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 21.01.2008 – I-1 U 152/07, NJW-RR 2008, 1199 [1201]). Der Er­satz­an­spruch ist da­her um die Dau­er der Nut­zung der In­ves­ti­tio­nen zu kür­zen (s. hier­zu Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 3824 ff.).

Die mit der Kla­ge gel­tend ge­mach­ten bis­lang an­ge­fal­le­nen Kfz-Steu­ern und die Jah­res­prä­mi­en für die Fahr­zeug­ver­si­che­rung sind nicht er­stat­tungs­fä­hig, weil der Klä­ger in die­ser Zeit das Fahr­zeug nut­zen konn­te und ge­nutzt hat, ihm mit­hin der er­wor­be­ne Ver­si­che­rungs­schutz und die Kfz-Steu­ern voll zu­gu­t­ege­kom­men sind.

Glei­ches gilt für die ‚Win­ter­rä­der‘, da er die­se be­reits wäh­rend nun­mehr vier Win­ter­pe­ri­oden ge­nutzt hat und sie da­mit die üb­li­che Nut­zungs­dau­er weit­ge­hend er­reicht ha­ben.

Al­lein die Zu­las­sungs­kos­ten (100 €) sind zeit­an­tei­lig auf die zu er­war­ten­de Hal­te­zeit des Klä­gers um­zu­le­gen und im Ver­hält­nis der rest­li­chen Hal­te­zeit zum tat­säch­li­chen Nut­zungs­zeit­raum bis zur Rück­ga­be an die Be­klag­te zu er­stat­ten. Un­ter Be­rück­sich­ti­gung des Al­ters des Fahr­zeugs zum Zeit­punkt des Kaufs von et­wa vier Jah­ren, der Hal­te­zeit des Klä­gers von et­wa fünf Jah­ren bis zu ei­ner an­zu­neh­men­den Rück­ga­be an die Be­klag­te auf­grund die­ses Ur­teils und ei­ner an­zu­neh­men­den Ge­samt­nut­zungs­zeit von ma­xi­mal 14 Jah­ren schätzt der Se­nat die noch nicht ‚amor­ti­sier­ten‘ Zu­las­sungs­kos­ten auf 50 € (§ 287 ZPO).

2.2 Der Klä­ger be­an­stan­det zu Recht, dass ihm das Land­ge­richt im Rah­men des Scha­dens­er­sat­zes die an­walt­li­che Ge­schäfts­ge­bühr (Nr. 2300 VV RVG) rechts­feh­ler­haft nur zur Hälf­te zu­er­kannt hat.

Die Ge­schäfts­ge­bühr er­rech­net sich je­doch nicht aus ei­nem Ge­gen­stands­wert von bis zu 16.000 €, son­dern aus ei­nem Ge­gen­stands­wert von bis zu 13.000 € (…). Da­nach er­gibt sich ei­ne Rest­for­de­rung von:

1,3-fa­che Ge­schäfts­ge­bühr 683,80 €
Aus­la­gen­pau­scha­le + 20,00 €
Um­satz­steu­er + 133,72 €
Sum­me 837,52 €
be­reits zu­er­kann­ter Be­trag 399,72 €
Rest­be­trag 437,80 €

III. … Die Re­vi­si­on ist nicht zu­zu­las­sen, da ein Zu­las­sungs­rund nach § 543 II ZPO nicht ge­ge­ben ist. Der Se­nat weicht, wie aus­ge­führt, we­der von ei­ner Ent­schei­dung des BGH noch von der ei­nes an­de­ren Ober­lan­des­ge­richts ab. Eben­so we­nig be­darf es ei­ner klar­stel­len­den Äu­ße­rung des BGH zum – bes­se­ren – Ver­ständ­nis sei­ner Recht­spre­chung zur Fra­ge der Er­heb­lich­keit ei­ner Pflicht­ver­let­zung im Fal­le des arg­lis­ti­gen Ver­schwei­gens der Un­fall­wa­gen­ei­gen­schaft bzw. des arg­lis­ti­gen Vor­spie­gelns der Un­fall­frei­heit oder des Bruchs ei­ner dies­be­züg­li­chen Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung. …

PDF er­stel­len