Sachgemäß überlackierter Flugrost ist beim Verkauf eines gebrauchten Pkw kein offenbarungspflichtiger Mangel.

OLG Koblenz, Urteil vom 05.09.2002 – 5 U 140/02

Sachverhalt: Der Kläger kaufte von der Beklagten im Juli 1998 einen gebrauchten Pkw Citroen Xantia, der erstmals am 30.09.1993 zugelassen worden war und zwischenzeitlich 93.500 km zurückgelegt hatte. Der Kaufpreis betrug 17.900 DM. Eine Gewährleistungshaftung der Beklagten wurde ausgeschlossen. Als der Kläger den Wagen nach einer (behaupteten) eigenen Fahrleistung von 53.000 km mehr als ein Jahr später anderweitig in Zahlung geben wollte, wurde er darauf aufmerksam gemacht, dass das Fahrzeug an verschiedenen Stellen nachlackiert worden war. Dies betraf im Wesentlichen die Motorhaube, den linken Seitenbereich und das Dach. Im Hinblick darauf verlangte er von der Beklagten unter dem 21.12.1999 die Wandelung des Kaufvertrags.

Dieses Ziel verfolgt der Kläger auch im vorliegenden Rechtsstreit, wobei er die Beklagte unter Anrechnung eigener Nutzungsvorteile, die er mit insgesamt 5.300 DM beziffert hat, auf Rückzahlung des Kaufpreises und von ihm verauslagter Kosten von 1.289,34 DM für ein Privatgutachten in Anspruch nimmt. Er hat dazu vorgetragen, die Beklagte habe ihn auf die Nachlackierungen hinweisen müssen, weil ihnen alte Unfallschäden zugrunde lägen. Stattdessen sei ihm zugesichert worden, das Auto sei unfallfrei.

Die Beklagte hat eingewandt, bei der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger sei lediglich insoweit eine Nachlackierung vorhanden gewesen, als alte Flugrostschäden ausgebessert worden seien. Die Unfallfreiheit des Kraftfahrzeugs sei nicht zugesichert worden. Darüber hinaus hat die Beklagte die Verjährungseinrede erhoben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Klageforderung für verjährt erachtet. Außerdem hat es ausgeführt, eine Zusicherung der Unfallfreiheit sei nicht bewiesen. Im Übrigen sei ungewiß, wie weit überhaupt ein Unfall vorgelegen habe. Jedenfalls habe der Verkäufer der Beklagten davon keine Kenntnis gehabt. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Dem Kläger steht die geltend gemachte Zahlungsforderung nicht zu. Die Rückabwicklung des streitigen Kaufvertrags scheidet aus. Danach ist auch kein Raum für die vom Kläger ergänzend beantragte Feststellung, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des Autos in Verzug befindet.

1. Gesetzliche Mängelgewährleistungsrechte, die das Klageverlangen tragen könnten, lassen sich nicht feststellen. Daneben kommt auch eine irgendwie geartete besondere Zusage der Beklagten als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Allerdings war nach den Bekundungen der Zeugen … im Nachhinein davon die Rede, dass die Beklagte das Fahrzeug austausche. Es ist jedoch nicht zu ersehen, dass es zu einer entsprechenden rechtsverbindlichen Einigung gekommen wäre. Demgemäß beruft sich auch keine der Parteien auf eine solche Abrede.

a) Aus einer bloßen Mangelhaftigkeit des Pkw oder einer falschen Eigenschaftszusicherung anlässlich des Kaufs vermag der Kläger von vornherein nichts für sich herzuleiten. Denn dem stehen zum einen der vertraglich vereinbarte Mängelgewährleistungsausschluss und zum anderen der von der Beklagten erhobene Verjährungseinwand entgegen, der deshalb durchdringt, weil zwischen der Übergabe des Fahrzeugs und der Einreichung der Klage weit mehr als sechs Monate lagen (§ 477 I 1 BGB a.F.).

b) Damit kann sich die Inanspruchnahme der Beklagten allein auf eine mögliche arglistige Täuschung (§ 463 BGB a.F.) stützen. Auch dafür gibt es jedoch keine hinreichend gesicherte Grundlage.

2. Allerdings spricht vieles dafür, dass das Auto im Zeitpunkt seines Erwerbs durch den Kläger mit unfallbedingten Mängeln behaftet war. Der vom Landgericht befragte Sachverständige P hat nämlich aufgezeigt, dass die Nachlackierungen am Wagen weithin – einhergehend mit dem Auftrag von Spachtelmasse – dem Ausgleich von Verformungen gedient haben dürften. Außerdem ist die Auswechslung von Teilen im hinteren linken Seitenbereich wahrscheinlich, wo es Schweißspuren gibt. Das deutet auf einen Unfall hin. Die Annahme, dieser Unfall habe sich erst nach der Übergabe des Pkw an den Kläger ereignet, liegt fern, weil der Sachverständige keine Lackarbeiten bemerkt hat, die auf Flugrostschäden zurückzuführen sein könnten. Deshalb dürfte die Nachlackierung, die beim Erwerb des Wagens durch den Kläger unstreitig vorhanden war, nichts anderes als die jetzt begutachtete unfallbedingte Reparaturmaßnahme gewesen sein. Aber das löst noch keine Haftung der Beklagten aus, weil sich auf deren Seite kein arglistiges Verhalten erkennen lässt.

a) Dass der Geschäftsführer der Beklagten von der alten Unfallschädigung Kenntnis gehabt hätte, behauptet der Kläger nicht. Freilich erhebt er einen entsprechenden Vorwurf gegenüber dem Verkäufer B, der, wenn er begründet wäre, auch die Beklagte treffen würde (§ 166 I BGB).

Eine Bösgläubigkeit des B ist indessen nicht bewiesen. Er selbst ist vom Landgericht als Zeuge gehört worden und hat ausgesagt, dass er lediglich von alten Flugrostschäden ausgegangen sei, derentwegen eine Nachlackierung stattgefunden habe. Dass er irgendwelche weitergehenden Schlüsse aus den Lackarbeiten gezogen hätte, kann danach nicht angenommen werden. Freilich hat B eingeräumt, er habe den Wagen schon länger gekannt, weil er sich ursprünglich im Besitz seines alten Arbeitgebers befunden habe. Aber das besagt nicht, dass er über alle Einzelheiten informiert gewesen sein müsste. Der alte Unfallschaden drängte sich auch nicht schon bei einer bloßen äußerlichen Inaugenscheinnahme des Fahrzeugs auf. So hat der Kläger über mehr als ein Jahr hinweg dieserhalb keinen Verdacht geschöpft.

b) Ging B aber nur von alten Flugrosterscheinungen aus, traf ihn von dieser Warte aus keine Offenbarungspflicht, da es insoweit nur um einen Bagatellschaden ging (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 7. Aufl., Rn. 1876). Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der vom Kläger herangezogene Privatgutachter R Unzulänglichkeiten der Nachlackierung gerügt hat. Denn es ist nicht erkennbar, dass das Erscheinungsbild des Autos darunter gelitten hätte. Demgemäß hat auch der Kläger über lange Zeit hinweg keine Auffälligkeiten wahrgenommen.

c) Arglist könnte B und damit der Beklagten, für die er auftrat, nur dann angelastet werden, wenn er positiv geäußert hätte, der Pkw sei unfallfrei. Eine derartige Erklärung wäre nämlich erkennbar ins Blaue hinein und damit unter Inkaufnahme ihrer Unrichtigkeit abgegeben worden, weil weder behauptet noch sonst ersichtlich ist, dass das Auto bei der Beklagten untersucht worden wäre und damit eine verlässliche Grundlage für eine solche Erklärung bestanden hätte (BGH, Urt. v. 21.01.1975 – VIII ZR 101/73, BGHZ 63, 382 [388]; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.12.1997 – 22 U 72/97, NJW-RR 1998, 1751 ).

Es ist jedoch nicht feststellbar, dass sich B in diesem Sinne geäußert hätte. Das legt zwar die Aussage der Zeugin K nahe. Aber dagegen stehen die eigenen Bekundungen des B. Demgemäß ist das Landgericht zu der Auffassung gelangt, dass der Beweis für irgendwelche Angaben des B zur Unfallfreiheit nicht erbracht ist. Dieser Beurteilung, die in Abwägung der Glaubwürdigkeit beider Zeugen vorgenommen worden ist, schließt sich der Senat an. Das Interesse, das der Zeuge B als Mitarbeiter der Beklagten am Ausgang des Rechtsstreits hat, gibt keine hinreichende Veranlassung dazu, seine Bekundungen im Verhältnis zu den Aussagen der Zeugin K zu vernachlässigen, auch wenn diese mittlerweile nicht mehr mit dem Kläger liiert ist. Diesem Umstand hat im Übrigen bereits das Landgericht Rechnung getragen, das in seinem Urteil die Zeugin K als die „seinerzeitige Freundin“ des Klägers bezeichnet hat. …

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