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Tag: VW-Abgasskandal

Keine zeitlich unbegrenzte Ersatzlieferung eines aktuellen Neuwagens beim Verbrauchsgüterkauf – VW-Abgasskandal

  1. Einem Fahrzeug fehlt die Eignung für die gewöhnliche Verwendung i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB, wenn es bei Übergabe an den Käufer mit einer – den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduzierenden – Abschalteinrichtung i. S. von Art. 3 Nr. 10 der Veordnung (EG) Nr. 715/2007 versehen ist, die gemäß Art. 5 II 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 unzulässig ist. Denn in einem solchen Fall besteht eine (latente) Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde, sodass der weitere (ungestörte) Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr nicht gewährleistet ist (im Anschluss an Senat, Beschl. v. 08.01.2019 – VIII ZR 225/17, NJW 2019, 1133).
  2. Die Lieferung einer mangelfreien Sache gemäß § 439 I Fall 2 BGB beschränkt sich nicht zwangsläufig auf eine mit dem Kaufgegenstand (abgesehen von der Mangelhaftigkeit) identische Sache. Vielmehr hängt die Möglichkeit einer Ersatzbeschaffung bei Unmöglichkeit der Lieferung einer dem Kaufgegenstand vollständig entsprechenden (mangelfreien) Sache im jeweiligen Einzelfall entscheidend davon ab, ob und wodurch nach dem durch interessengerechte Auslegung zu ermittelnden Willen der Parteien (§§ 133, 157 BGB) bei Vertragsschluss eine Nachlieferung in Betracht kommen sollte (im Anschluss an Senat, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 23; Urt. v. 11.12.2019 – VIII ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 41; Beschl. v. 08.01.2019 – VIII ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 30 ff.; vgl. auch BGH, Urt. v. 21.11.2017 – X ZR 111/16, NJW 2018, 789 Rn. 8). Eine Ersatzlieferung ist nach der – die beiderseitigen Interessen in den Blick nehmenden – Vorstellung der Parteien daher grundsätzlich bereits dann möglich, wenn die Kaufsache im Falle ihrer Mangelhaftigkeit durch eine gleichartige und – funktionell sowie vertragsmäßig – gleichwertige ersetzt werden kann (im Anschluss an Senat, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 23; Urt. v. 11.12.2019 – VIII ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 41; Beschl. v. 08.01.2019 – VIII ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 30 ff.; vgl. auch BGH, Urt. v. 21.11.2017 – X ZR 111/16, NJW 2018, 789 Rn. 8). Entscheidend ist dabei letztlich, ob und in welchem Umfang der Verkäufer – nach dem im jeweiligen Fall zu ermittelnden übereinstimmenden Willen der Parteien – bei Vertragsschluss eine Beschaffungspflicht für den Fall einer Nacherfüllung übernommen hat (im Anschluss an Senat, Urt. v. 17.10.2018 – VIII ZR 212/17, BGHZ 220, 77 Rn. 20; Urt. v. 24.10.2018 – VIII ZR 66/17, BGHZ 220, 134 Rn. 40; Urt. v. 11.12.2019 – VIII ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 41; Beschl. v. 08.01.2019 – VIII ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 30 ff.).
  3. Ist lediglich ein Nachfolgemodell der erworbenen Sache (insbesondere eines Fahrzeugs) lieferbar, kann bei der gebotenen nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung die den Verkäufer eines Verbrauchsguts treffende Beschaffungspflicht im Hinblick darauf, dass der Verbraucher eine Nutzungsentschädigung für die fortlaufend an Wert verlierende mangelhafte Kaufsache nicht zu zahlen hat, von vornherein nicht zeitlich unbegrenzt gelten. Eine Austauschbarkeit von Kaufgegenstand und Ersatzsache ist beim Verbrauchsgüterkauf – vor allem beim Kauf von Fahrzeugen, die bereits nach kurzer Zeit einen deutlichen Wertverlust erleiden – grundsätzlich nur dann anzunehmen, wenn der Verbraucher sein Nachlieferungsbegehren innerhalb eines in der Länge der regelmäßigen kaufrechtlichen Verjährungsfrist von zwei Jahren (§ 438 I Nr. 3 BGB) angelehnten Zeitraums – beginnend ab dem für die Willensbildung maßgeblichen Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses – geltend macht (Fortentwicklung von Senat, Beschl. v. 08.01.2019 – VIII ZR 225/17, NJW 2019, 1133).

BGH, Urteil vom 21.07.2021 – VIII ZR 254/20

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Inhalt und Reichweite des Anspruchs auf Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 2 BGB) beim Neuwagenkauf – VW-Abgasskandal

Zum Inhalt und zur Reichweite einer Beschaffungspflicht des Verkäufers beim Verbrauchsgüterkauf im Nacherfüllungsfall bei Einstellung der Produktion der ursprünglichen Kaufsache und Markteinführung eines Nachfolgemodells (hier: Neufahrzeug – im Anschluss an Senat, Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 254/20, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

BGH, Urteil vom 21.07.2021 – VIII ZR 275/19

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Keine zeitlich unbegrenzte Pflicht der Volkswagen AG zur Ersatzlieferung – VW-Abgasskandal

  1. Eine Austauschbarkeit von Kaufgegenstand und Ersatzsache (Nachfolgemodell eines Kraftfahrzeugs) ist beim Verbrauchsgüterkauf grundsätzlich nur dann anzunehmen, wenn der Verbraucher sein Nachlieferungsbegehren innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren ab Abschluss des Kaufvertrags geltend macht (im Anschluss an Senat, Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 254/20, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
  2. Dies gilt auch dann, wenn der Verkäufer zugleich Hersteller der Kaufsache ist und in Bezug auf den Mangel der Kaufsache sittenwidrig gehandelt und diesen arglistig verschwiegen hat.

BGH, Urteil vom 21.07.2021 – VIII ZR 357/20

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Inhalt und Reichweite des Anspruchs auf Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 2 BGB) eines Neuwagens – VW-Abgasskandal

Zum Inhalt und zur Reichweite einer Beschaffungspflicht des Verkäufers beim Verbrauchsgüterkauf im Nacherfüllungsfall bei Einstellung der Produktion der ursprünglichen Kaufsache und Markteinführung eines Nachfolgemodells (hier: Neufahrzeug – im Anschluss an Senat, Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 254/20, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

BGH, Urteil vom 21.07.2021 – VIII ZR 118/20

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Schadensersatz trotz Weiterverkauf eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Pkw

Verlangt der geschädigte Fahrzeugkäufer in einem sogenannten Dieselfall vom Fahrzeughersteller Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises und hat er im Wege der Vorteilsausgleichung das erworbene Fahrzeug Zug um Zug an den Fahrzeughersteller herauszugeben und zu übereignen, tritt im Fall des Weiterverkaufs im Rahmen der Vorteilsausgleichung der erzielte marktgerechte Verkaufserlös an die Stelle des herauszugebenden und zu übereignenden Fahrzeugs.

BGH, Urteil vom 20.07.2021 – VI ZR 575/20

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Schadensersatz trotz Weiterverkauf eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Pkw – „Wechselprämie“

  1. Verlangt der geschädigte Fahrzeugkäufer in einem sogenannten Dieselfall vom Fahrzeughersteller Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises und hat er im Wege der Vorteilsausgleichung das erworbene Fahrzeug Zug um Zug an den Fahrzeughersteller herauszugeben und zu übereignen, tritt im Fall des Weiterverkaufs im Rahmen der Vorteilsausgleichung der erzielte marktgerechte Verkaufserlös an die Stelle des herauszugebenden und zu übereignenden Fahrzeugs.
  2. Erhält der geschädigte Fahrzeugkäufer für den Kauf eines neuen Fahrzeugs eine „Wechselprämie“ und handelt es sich dabei um eine Prämie für die individuelle Entscheidung, Auto und gegebenenfalls Automarke zu wechseln, die nichts mit dem Substanz- und Nutzungswert eines in Zahlung gegebenen Fahrzeugs zu tun hat, steht der mit der „Wechselprämie“ verbundene wirtschaftliche Vorteil bei wertender Betrachtung dem Geschädigten zu.

BGH, Urteil vom 20.07.2021 – VI ZR 533/20

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Kleiner Schadensersatz (§ 826 BGB) im VW-Abgasskandal

  1. Ein Geschädigter, der durch das deliktische Handeln eines Dritten (hier: Fahrzeughersteller) zum Abschluss eines Kaufvertrags (hier: über ein Dieselfahrzeug mit Prüfstanderkennungssoftware) bestimmt worden ist, kann, wenn er die Kaufsache behalten möchte, als Schaden von dem Dritten den Betrag ersetzt verlangen, um den er den Kaufgegenstand – gemessen an dem objektiven Wert von Leistung und Gegenleistung – zu teuer erworben hat (sog. kleiner Schadensersatz).
  2. Für die Bemessung dieses kleinen Schadensersatzes ist grundsätzlich zunächst der Vergleich der Werte von Leistung (Fahrzeug) und Gegenleistung (Kaufpreis) im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich. Eine etwaige Aufwertung des Fahrzeugs durch eine nachträgliche Maßnahme (hier: Softwareupdate) des Schädigers, die gerade der Beseitigung der Prüfstanderkennungssoftware dienen sollte, ist im Rahmen der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen; dabei sind etwaige mit dem Softwareupdate verbundene Nachteile in die Bewertung des Vorteils einzubeziehen.
  3. In den so zu bemessenden Schaden (Minderwert) sind Nachteile, die mit der Prüfstanderkennungssoftware oder dem Softwareupdate (Vorteilsausgleichung) verbunden sind, bereits „eingepreist“. Für eine Feststellung der Ersatzpflicht für diesbezügliche weitere Schäden ist daher kein Raum.

BGH, Urteil vom 06.07.2021 – VI ZR 40/20

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Sekundäre Darlegungslast des Fahrzeugkäufers im VW-Abgasskandal – Verjährung

Legt die als Herstellerin eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs auf Schadensersatz in Anspruch genommene Volkswagen AG in Bezug auf eine von ihr erhobene Einrede der Verjährung substanziiert dar, dass der Fahrzeugkäufer angesichts einer breiten Medienberichterstattung bereits 2015 Kenntnis davon erlangt haben müsse, dass sein Fahrzeug vom VW-Abgasskandal betroffen sei, dann obliegt es dem Käufer im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, konkret und einzelfallbezogen dazu vorzutragen, weshalb gerade ihm diese Berichterstattung verborgen geblieben sei oder er angenommen habe, dass sein Fahrzeug nicht vom VW-Abgasskandal betroffen sei.

OLG Dresden, Beschluss vom 27.05.2021 – 11a U 1196/20
(nachfolgend: OLG Dresden, Beschluss vom 18.06.2021 – 11a U 1196/20)

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Keine (unionsrechtliche) Staatshaftung im VW-Abgasskandal

Die Bundesrepublik Deutschland ist dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs jedenfalls deshalb nicht unter dem Gesichtspunkt einer unionsrechtlichen Staatshaftung zum Schadensersatz verpflichtet, weil es an einer europarechtlichen Norm fehlt, die den Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit und des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts des Fahrzeugkäufers bezweckt, und weil ein hinreichend qualifizierten Verstoß der Bundesrepublik Deutschland gegen Vorschriften der Richtlinie 2007/46/EG nicht gegeben ist.

OLG Koblenz, Urteil vom 27.05.2021 – 1 U 1685/20

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Sekundäre Darlegungslast der Volkswagen AG im VW-Abgasskandal – § 826 BGB

Zur sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wer die Entscheidung über den Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei dem beklagten Fahrzeughersteller getroffen und ob der Vorstand hiervon Kenntnis hatte.

BGH, Urteil vom 04.05.2021 – VI ZR 81/20

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