Der Mangel, an dem ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen – möglicherweise – leidet, ist geringfügig i. S. des § 323 V 2 BGB und rechtfertigt deshalb keinen Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag. Denn jedenfalls ist eine Nachbesserung durch Installation eines Softwareupdates möglich, und diese Maßnahme ist selbst dann mit einem Kostenaufwand von nicht mehr als 100 € verbunden, wenn man auch die – anteiligen – Kosten für die Entwicklung des Updates berücksichtigt.
LG Ansbach, Urteil vom 20.01.2017 – 2 O 755/16
(nachfolgend: OLG Nürnberg, Urteil vom 24.04.2018 – 6 U 409/17)
Mehr lesen »
-
Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Gebrauchtwagen ist mangelhaft. Denn ein Käufer kann i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB erwarten, dass das Fahrzeug die einschlägigen Emissionsgrenzwerte (hier: die Euro-5-Emissionsgrenzwerte) während eines Emissionstests auf einem Prüfstand nicht nur deshalb einhält, weil eine Software die Testsituation erkennt und in einen speziellen Betriebsmodus schaltet, in dem der Stickoxid(NOX)-Ausstoß vergleichsweise niedrig ist.
-
Ein Nacherfüllungsverlangen, das in keiner Weise erkennen lässt, dass dem Verkäufer lediglich für die Nacherfüllung lediglich ein begrenzter (bestimmbarer) Zeitraum zur Verfügung steht, genügt nicht den Anforderungen des § 323 I BGB.
-
Ein Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs verhält sich widersprüchlich, wenn er einerseits geltend macht, es sei ihm i. S. von § 440 Satz 1 Fall 3 BGB unzumutbar, auf eine Nachbesserung rund ein Jahr zu warten, er andererseits aber bereit ist, das – mangelhafte – Fahrzeug weiter zu nutzen, und deshalb nicht die Rückabwicklung des Kaufvertrages, sondern lediglich eine Minderung des Kaufpreises verlangt.
-
Dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Gebrauchtwagens ist eine Nachbesserung auch dann nicht i. S. von § 440 Satz 1 Fall 3 BGB unzumutbar, wenn man annimmt, dass der Fahrzeugherstellerin eine arglistige Täuschung zur Last fällt. Denn infolge dieser Täuschung mag der Käufer zwar das Vertrauen, dass die Nachbesserung ordnungsgemäß erfolgt, obwohl es dafür eines von der Fahrzeugherstellerin entwickelten Softwareupdates bedarf, verloren haben. Dieser Vertrauensverlust wird indes dadurch aufgewogen, dass die vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge in enger Zusammenarbeit mit dem Kraftfahrt-Bundesamt und damit unter staatlicher Aufsicht nachgebessert werden.
-
Die bloße Befürchtung des Käufers eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Gebrauchtwagens, dass eine Nachbesserung durch die Installation eines Softwareupdates zu neuen Mängel (z. B. einem erhöhten Kraftstoffverbrauch) führen könnte, macht dem Käufer eine Nachbesserung nicht i. S. von § 440 Satz 1 Fall 3 BGB unzumutbar. Vielmehr ergibt sich aus § 440 Satz 2 BGB, wonach eine Nachbesserung regelmäßig erst nach zwei erfolglosen Versuchen als fehlgeschlagen gilt, dass der Käufer die Unsicherheit, ob eine Nachbesserung erfolgreich sein wird, grundsätzlich tolerieren muss.
AG Waiblingen, Urteil vom 13.01.2017 – 9 C 1008/16
Mehr lesen »
-
Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen ist zumindest i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil in dem Fahrzeug – anders als in vergleichbaren Fahrzeugen anderer Hersteller – eine „Abschaltsoftware“ zum Einsatz kommt, die den Schadstoffausstoß (nur) optimiert, sobald das Fahrzeug auf einem Prüfstand einem Emissionstest unterzogen wird.
-
Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein Mangel i. S. des § 323 V 2 BGB geringfügig ist und deshalb einen Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag nicht rechtfertigt, trifft den Verkäufer. Abzustellen ist insoweit auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung. Durfte der Käufer zu diesem Zeitpunkt befürchten, dass eine Nachbesserung zu neuen Mängeln etwa in Gestalt eines höheren Kraftstoffverbrauchs oder einer verminderten Motorleistung führen werde, so spricht dies für das Vorliegen eines erheblichen Mangels.
-
Dafür, dass der Mangel, unter dem ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug leidet, i. S. des § 323 V 2 BGB erheblich ist, spricht, dass der Verkäufer nur mit Unterstützung der Volkswagen AG nachbessern kann, weil diese ihm (mindestens) ein Softwareupdate zur Verfügung stellen muss, und die Volkswagen AG ihrerseits auf die Freigabe dieses Updates durch das Kraftfahrt-Bundesamt angewiesen ist. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass vom VW-Abgasskandal betroffene Fahrzeuge aus Sicht des Kraftfahrt-Bundesamtes zwingend überarbeitet werden müssen, um ihre Zulassung nicht zu gefährden.
-
Ob dem Käufer (hier: eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Neuwagens) eine Nacherfüllung i. S. des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB unzumutbar ist, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls (z. B. Art und Ausmaß einer Beeinträchtigung der Interessen des Käufers, Zuverlässigkeit des Verkäufers, gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen Käufer und Verkäufer) zu beurteilen. Dabei findet eine Abwägung der Interessen beider Kaufvertragsparteien nicht statt.
-
Dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Neuwagens ist eine Nachbesserung (§ 439 I Fall 1 BGB) schon dann i. S. des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB unzumutbar, wenn die begründete Befürchtung besteht, dass die Nachbesserung etwa dergestalt zu Folgemängeln führen wird, dass sie sich negativ auf den Kraftstoffverbrauch und/oder die Motorleistung auswirken wird. Ferner kann sich die Unzumutbarkeit der Nachbesserung daraus ergeben, dass der Käufer „ins Ungewisse hinein“ abwarten müsste, weil nicht einmal ansatzweise abzusehen ist, wann die Nachbesserung stattfinden kann, und der Käufer dem Verkäufer deshalb keine sinnvolle Frist Nachbesserung setzen kann.
LG Bückeburg, Urteil vom 11.01.2017 – 2 O 39/16
Mehr lesen »
-
Ein Verkäufer darf sich auch dann darauf berufen, dass Ansprüche des Käufers wegen eines Mangels verjährt seien, wenn der Mangel darin besteht, dass der Kaufsache eine i. S. des § 434 I 1 BGB vereinbarte Beschaffenheit fehlt. Denn mit einer Beschaffenheitsvereinbarung ist aus Sicht eines verständigen Käufers nicht die Bereitschaft des Verkäufers verbunden, auf den Einwand der Verjährung zu verzichten und folglich für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit länger zu haften als gesetzlich vorgesehen. Etwas anders folgt auch nicht aus der – auf diese Konstellation nicht übertragbaren – Rechtsprechung des BGH, wonach ein pauschaler Gewährleistungsausschluss nicht für Mängel i. S. des § 434 I 1 BGB, sondern nur für Mängel i. S. des § 434 I 2 BGB gilt.
-
Ein Fahrzeughersteller ist nicht Gehilfe des Kfz-Händlers bei der Erfüllung der Pflicht zu mangelfreier Lieferung (§ 434 I 2 BGB) gegenüber dem Fahrzeugkäufer. Ein arglistiges Verhalten des Herstellers ist dem Händler deshalb nicht zuzurechnen.
OLG Hamm, Beschluss vom 05.01.2017 – 28 U 201/16
(vorangehend: LG Bochum, Urteil vom 08.09.2016 – 2 O 192/16)
Mehr lesen »
-
Ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug, das die Euro-5-Emissionsgrenzwerte in normalen Fahrbetrieb nicht einhält, ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft.
-
Die Beweislast dafür, dass seine in der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache liegende Pflichtverletzung i. S. des § 323 V 2 unerheblich, der Mangel also geringfügig ist, trifft den Verkäufer (im Anschluss an OLG Saarbrücken, Urt. v. 27.08.2014 – 2 U 150/13, NJW-RR 2015, 48; OLG München, Urt. v. 26.10.2011 – 3 U 1853/11).
-
Der einem vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeug anhaftende Mangel ist schon dann nicht nur unerheblich i. S. des § 323 V 2 BGB, wenn im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Käufers ungeklärt ist, ob eine Beseitigung des Mangels möglich ist oder schon an der fehlenden Zustimmung des Kraftfahrt-Bundesamtes scheitert. Ungeachtet dessen ist der Mangel schon deshalb keine „quasi beiläufig“ zu beseitigende Bagatelle, weil die Volkswagen AG unter Beteiligung des Kraftfahrt-Bundesamtes Lösungen für die verschiedenen vom VW-Abgasskandal betroffenen Motoren entwickeln musste.
-
Bei der Prüfung, ob der Mangel, der einem vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeug anhaftet, i. S. des § 323 V 2 BGB geringfügig und deshalb ein Rücktritt vom Kaufvertrag ausgeschlossen ist, ist zulasten des Verkäufers zu berücksichtigen, dass bislang nicht feststeht, ob die geplante Umrüstung der Fahrzeuge zu einem höheren Kraftstoffverbrauch – und jedenfalls deshalb auch zu einer Wertminderung – führt.
-
Setzt der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs dem Verkäufer eine – zu knapp bemessene – Frist zur Nachbesserung von (hier) nur vier Wochen, wird dadurch eine angemessene Frist in Lauf gesetzt, die bis zu sechs Monaten betragen kann. Denn jedenfalls muss dem Verkäufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs mehr Zeit zur Verfügung stehen als für die Behebung „klassischer“ Mängel erforderlich. Je länger der Mangel dem Verkäufer bekannt war und je mehr Zeit ihm für die Vorbereitung und Durchführung der Mangelbeseitigung zur Verfügung stand, desto kürzer kann allerdings die Frist zur Nachbesserung bemessen werden.
-
Die zu erwartende Gesamtlaufleistung eines VW Passat 2.0 TDI (103 kW) beträgt 250.000 km.
LG Potsdam, Urteil vom 04.01.2017 – 6 O 211/16
Mehr lesen »
-
Ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug, bei dem eine Software für eine Verringerung des Stickoxidausstoßes sorgt, sobald das Fahrzeug auf einem Prüfstand einen genormten Fahrzyklus durchfährt, ist schon deshalb i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil das Fahrzeug zwingend ein Softwareupdate erhalten muss, um keinen Verlust der Betriebserlaubnis zu riskieren. Darüber hinaus darf ein Kfz-Käufer i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB erwarten, dass sein Fahrzeug die einschlägigen Emissionsgrenzwerte tatsächlich einhält und diese Grenzen nicht nur deshalb (scheinbar) eingehalten werden, weil die Schadstoffemissionen reduziert werden, sobald das Fahrzeug einem Emissionstest unterzogen wird.
-
Die Volkswagen AG als Verkäuferin eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs kann nicht mit Erfolg geltend machen, dass ihre in der Lieferung des mangelhaften Fahrzeugs liegende Pflichtverletzung i. S. des § 323 V 2 BGB unerheblich sei. Denn jedenfalls ist es ein Widerspruch, einen Mangel einerseits vorsätzlich herbeizuführen und andererseits die daraus resultierende Pflichtverletzung als unerheblich zu bezeichnen.
-
Die zu erwartende Gesamtlaufleistung eines VW Tiguan 2.0 TDI beträgt 350.000 km.
LG Braunschweig, Urteil vom 29.12.2016 – 6 O 58/16
Mehr lesen »
-
Der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Neuwagens hat auch dann keinen Anspruch aus § 823 I BGB wegen der Beschädigung fremden Eigentums gegen die – nicht Partei des Kaufvertrags gewordene – Volkswagen AG, wenn das Fahrzeug mit Blick darauf, dass darin eine die Schadstoffemissionen manipulierende Software zum Einsatz kommt, mangelhaft ist. Denn ein Anspruch aus § 823 I BGB besteht nicht, wenn der geltend gemachte Schaden lediglich den auf der Mangelhaftigkeit beruhenden Unwert der Sache für das Nutzungs- und Äquivalenzinteresse des Erwerbers ausdrückt. Vielmehr kommt ein Anspruch aus § 823 I BGB nur in Betracht, wenn der geltend gemachte Schaden nicht stoffgleich mit dem der Sache von Anfang an anhaftenden Mangelunwert ist.
-
Der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Neuwagens kann nicht mit Erfolg geltend machen, er habe durch Zahlung des Kaufpreises für das Fahrzeug einen Vermögensschaden erlitten, für den die – nicht am Kaufvertrag beteiligte – Volkswagen AG gemäß § 823 II BGB i. V. mit § 263 I StGB hafte. Denn eine Bereicherungsabsicht i. S. des § 263 I StGB ist nur gegeben, wenn es dem Täter auf die Erlangung eines dem Vermögensschaden des Getäuschten entsprechenden Vermögensvorteils, auf den er keinen Anspruch hat, ankommt. Die Volkswagen AG hat indes nicht (auch) die durch Zahlung des Kaufpreises günstigere Gestaltung der Vermögenslage des Kfz-Verkäufers, sondern (nur) die Veräußerung eines Fahrzeugs an diesen erstrebt.
-
Die Volkswagen AG hat den Käufern ihrer vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge nicht in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zufügt. Sie hat den Käufern insbesondere nicht vorgespiegelt, dass die Fahrzeuge beim regulären Betrieb im Straßenverkehr die einschlägigen Emissionsgrenzwerte einhielten. Darüber hinaus fehlt es an einem Vermögensschaden i. S. des § 826 BGB, weil vom VW-Abgasskandal betroffene Fahrzeuge ohne jede Einschränkung im Straßenverkehr verwendet werden können und eine mögliche Minderung des Verkaufswertes allenfalls dann einen Schaden des Käufers darstellt, wenn das Fahrzeug tatsächlich verkauft werden soll.
LG Braunschweig, Urteil vom 29.12.2016 – 1 O 2084/15 (249)
Mehr lesen »
-
Ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil es nicht die Beschaffenheit aufweist, die der Käufer erwarten kann. Ein Käufer darf davon ausgehen, dass das Fahrzeug den zur Erlangung der Typgenehmigung erforderlichen Emissionstest unter Einhaltung der vorgegebenen Bedingungen erfolgreich absolviert hat. Dem widerspricht es, wenn das Fahrzeug die einschlägigen Emissionsgrenzwerte nur deshalb eingehalten hat, weil eine eigens zu diesem Zweck konzipierte Software während des Tests eine Verringerung des Stickoxidausstoßes bewirkt hat.
-
Ein Neuwagenkäufer hat keinen Anspruch auf die ersatzweise Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs (§§ 437 Nr. 1, 439 I Fall 2 BGB), wenn das Fahrzeug so, wie der Käufer es ursprünglich bestellt hatte, wegen eines Modellwechsels nicht mehr hergestellt wird und alle auf dem Markt noch verfügbaren gleichartigen und gleichwertigen Fahrzeuge ebenfalls mangelhaft sind. In diesem Fall ist dem Verkäufer eine Ersatzlieferung i. S. des § 275 I BGB unmöglich; ein Fahrzeug der neuesten Generation muss er dem Käufer nicht liefern.
-
Dadurch, dass Softwareentwickler der Volkswagen AG in vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugen eine Software installiert haben, die (nur) während eines Emissionstests für eine Verringerung des Stickoxidausstoßes sorgt, kann bei den Käufern dieser Fahrzeuge i. S. des § 263 I StGB ein Irrtum darüber erregt oder unterhalten worden sein, dass die Typgenehmigung legal erlangt wurde.
-
Die Haftung einer juristischen Person (hier: der Volkswagen AG) aus § 826 BGB i. V. mit § 31 BGB setzt voraus, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter i. S. des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht hat. Der Vorwurf der Sittenwidrigkeit lässt sich indes nicht dadurch begründen, dass unter Anwendung der Grundsätze der Wissenszurechnung und -zusammenrechnung auf die „im Hause“ der juristischen Person vorhandenen Kenntnisse abgestellt wird.
LG Bayreuth, Urteil vom 20.12.2016 – 21 O 34/16
(nachfolgend: OLG Bamberg, Beschluss vom 02.08.2017 – 6 U 5/17)
Mehr lesen »
-
Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen (hier: ein VW Caddy) ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft. Denn zum einen weist das Fahrzeug keine Beschaffenheit auf, die bei vergleichbaren Fahrzeugen üblich ist und die der Käufer erwarten kann. Vielmehr ist es bei vergleichbaren Fahrzeugen anderer Hersteller nicht bekanntermaßen üblich, dass eine Software zum Einsatz kommt, die für eine Verringerung der Stickoxidemissionen sorgt, sobald das Fahrzeug auf einem Prüfstand einem Emissionstest unterzogen wird (im Anschluss an LG Braunschweig, Urt. v. 12.10.2016 – 4 O 202/16). Zum anderen eignet sich ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug nicht zur gewöhnlichen Verwendung, da es zwingend umgerüstet werden muss, um keine Nachteile bis hin zum Verlust der allgemeinen Betriebserlaubnis zu erleiden (im Anschluss an LG Oldenburg, Urt. v. 01.09.2016 – 16 O 790/16).
-
Die Pflichtverletzung des Verkäufers, die in der Lieferung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs liegt, ist nicht unerheblich i. S. des § 323 V 2 BGB, wenn und solange nicht ausgeschlossen ist, dass der Markt einem vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeug einen geringeren Wert beimisst als einem vergleichbaren nicht vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeug (Risiko des merkantilen Minderwerts).
-
Hinsichtlich eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs ist eine Frist zur Nachbesserung von mehr als zwei Monaten angemessen. Daran ändert nichts, dass eine Vielzahl an Fahrzeugen betroffen ist. Denn zum einen erfordert die Nachbesserung eines einzelnen Fahrzeugs – wie die Volkswagen AG geltend macht – nur einen geringen Zeit- und Kostenaufwand, und zum anderen steht der Masse an betroffenen Fahrzeugen eine enorme Infrastruktur der Volkswagen AG gegenüber.
LG Regensburg, Urteil vom 15.12.2016 – 1 O 638/16
Mehr lesen »
-
Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen (hier: ein VW Tiguan 2.0 TDI) ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft. Denn der Käufer eines Neuwagens darf erwarten, dass in dem Fahrzeug keine Software zum Einsatz kommt, die erkennt, ob das Fahrzeug einem Emissionstest unterzogen wird, und (nur) in diesem Fall insbesondere den Ausstoß von Stickoxiden (NOX) reduziert. Der Käufer muss hingegen nicht davon ausgehen, dass das Fahrzeug zwingend einem Softwareupdate unterzogen werden muss, um seine Vorschriftsmäßigkeit wiederherzustellen und keine Betriebsuntersagung zu riskieren.
-
Die Pflichtverletzung des Verkäufers, die in der Lieferung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs liegt, ist schon deshalb nicht i. S. des § 323 V 2 BGB unerheblich, weil Nachbesserungsmaßnahmen der umfassenden Prüfung und Genehmigung des Kraftfahrt-Bundesamtes bedürfen.
-
Der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs, der wirksam vom Kaufvertrag über das Fahrzeug zurückgetreten ist, verliert seine dadurch erlangte Rechtsposition nicht, wenn er an der vom Kraftfahrt-Bundesamt angeordneten Rückrufaktion der Fahrzeugherstellerin teilnimmt. Denn die Teilnahme ist nicht freiwillig, sondern der Käufer riskiert eine Betriebsuntersagung und den Entzug der seinem Fahrzeug zugeteilten Feinstaubplakette, wenn er an der Rückrufaktion nicht teilnimmt.
-
Die zu erwartende Gesamtlaufleistung eines VW Tiguan 2.0 TDI (103 kW) beträgt 250.000 km.
LG Aachen, Urteil vom 06.12.2016 – 10 O 146/16
Mehr lesen »