1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft. Denn es gehört nicht zur üblichen Beschaffenheit eines Neuwagens, dass in dem Fahrzeug eine Software zum Einsatz kommt, die eine korrekte Messung der Stickoxidemissionen verhindert, indem der Stickoxidausstoß reduziert wird, sobald das Fahrzeug auf einem Prüfstand einem Emissionstest unterzogen wird.
  2. Eine Frist von zwei Wochen zur Nachbesserung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs ist insbesondere deshalb unangemessen kurz, weil von diesem Skandal eine Vielzahl von Fahrzeugen betroffen und das Kraftfahrt-Bundesamt in die technische Überarbeitung der betroffenen Fahrzeuge involviert ist. Angesichts dessen ist dem Verkäufer eine längere Frist zur Nachbesserung zuzugestehen als bei einem Mangel, der ohne Vorlaufzeit in jeder Vertragswerkstatt behoben werden kann. Es reicht aber jedenfalls aus, wenn dem Verkäufer für die Mangelbeseitigung ein Zeitraum von vier Monaten zur Verfügung steht.
  3. Ein Mangel, der nicht ohne behördliche Prüfung und Genehmigung der beabsichtigten Mangelbeseitigungsmaßnahmen beseitigt werden darf, ist nicht geringfügig. Einem auf einen solchen Mangel gestützten Rücktritt steht deshalb § 323 V 2 BGB auch dann nicht entgegen, wenn der Kostenaufwand zur Beseitigung des Mangels deutlich weniger als fünf Prozent des Kaufpreises beträgt.
  4. Hinsichtlich des zur Mangelbeseitigung erforderlichen Kostenaufwands ist bei Fahrzeugen, die vom VW-Abgasskandal betroffen sind, zu berücksichtigen, dass es keinen Marktpreis für die Entwicklung, Herstellung und Installation des zur Mangelbeseitigung erforderlichen Softwareupdates gibt. Wären insoweit allein die Angaben der Volkswagen AG maßgeblich, könnte diese bestimmen, ob von ihr verursachte Mängel erheblich sind oder nicht.
  5. Die zu erwartende Gesamtlaufleistung eines VW Tiguan CUP 2.0 TDI BMT 4MOTION (130 kW) beträgt 300.000 km.

LG Paderborn, Urteil vom 15.02.2017 – 4 O 231/16

Sachverhalt: Der Kläger erwarb von der beklagten Volkswagen AG auf der Grundlage einer Bestellung vom 23.01.2014 einen VW Tiguan CUP 2.0 TDI BMT 4MOTION. Auf den Listenpreis von 43.367,90 € gewährte die Beklagte dem Kläger einen Nachlass in Höhe von 15 % für „Menschen mit Behinderung“, sodass der Kaufpreis letztlich 36.503,26 € betrug.

Das Fahrzeug, das dem Kläger übergeben wurde, wurde in die Schadstoffklasse „Euro 5“ eingruppiert und ist vom VW-Abgasskandal betroffen. Es ist mit einem Dieselmotor des Typs EA189 und einer Software ausgestattet, die erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand einem Emissionstest unterzogen wird. In diesem Fall wird der VW Tiguan im „Modus 1“ betrieben, in dem die Abgasrückführungsrate relativ hoch und deshalb der Ausstoß von Stickoxid (NOX) relativ gering. Im normalen Fahrbetrieb, der im „Modus 0“ stattfindet, ist die Abgasrückführungsrate geringer als im „Modus 1“, sodass die NOX-Emissionen höher sind als auf dem Prüfstand.

Nachdem diese Problematik bekannt geworden war, entwickelte die Beklagte in Abstimmung mit dem Kraftfahrt-Bundesamt einen Zeit- und Maßnahmenplan für die technische Überarbeitung der vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge. Dieser sah eine Überarbeitung der mit einem 2,0-Liter-Dieselmotor des Typs EA189 ausgestatteten Fahrzeuge ab der 9. Kalenderwoche 2016 vor.

Im Februar 2016 informierte die Beklagte den Kläger darüber, dass der Stickoxidausstoß seines Fahrzeugs auf dem Prüfstand optimiert wird, und kündigte die Absprache eines Termins für die technische Überarbeitung des Fahrzeugs an. Der Kläger forderte die Beklagte auf, den VW Tiguan zurückzunehmen oder ohne Zuzahlung gegen ein nicht vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug – einen VW Beetle – zu tauschen. Dies lehnte die Beklagte ab.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 06.05.2016 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag und hilfsweise die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Gleichzeitig setzte er der Beklagten eine Frist zur Rückabwicklung des Kaufvertrags bis zum 31.05.2016. Mit Schreiben vom 17.05.2016 lehnte die Beklagte eine Rücknahme des Fahrzeugs ab und verzichtete im Hinblick auf etwaige Ansprüche, die im Zusammenhang mit der oben beschriebenen Software bestehen, bis zum 31.12.2017 auf die Einrede der Verjährung.

Das Kraftfahrt-Bundesamt gab das streitgegenständliche Fahrzeugmodell unter dem 21.07.2016 zur Umrüstung frei und bestätigte der Beklagten, dass die von ihr vorgesehenen Änderungen geeignet seien, die Vorschriftsmäßigkeit der betroffenen Fahrzeuge herzustellen.

Der Kläger ist der Ansicht, dass das von ihm erworbene Fahrzeug mangelhaft sei, da es im tatsächlichen Betrieb weit mehr Stickoxid ausstoße, als dies nach den einschlägigen Regelungen zulässig sei. Der Kläger meint zudem, er müsse sich auf eine Nachbesserung des Fahrzeugs nicht einlassen; eine Nachbesserung sei ihm nicht zuzumuten, weil ihn die Beklagte arglistig getäuscht habe. Die Beklagte habe die „Manipulationssoftware“ entwickelt und eingesetzt, um die Behörden und ihre Kunden – und damit auch ihn, den Kläger – über die tatsächlichen Stickoxidemissionen zu täuschen. Allein wegen der „Manipulationssoftware“ habe das Fahrzeug bereits einen Wertverlust von mindestens 45 % erlitten.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 25.10.2016 erneut den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Die Nutzungsentschädigung, die er bei einer Rückabwicklung dieses Vertrages an die Beklagte zahlen muss, beziffert der Kläger auf der Grundlage einer tatsächlichen Laufleistung von 41.500 km und einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung von 300.000 km mit 4.999,12 €.

Die Klage hatte weit überwiegend Erfolg.

Aus den Gründen: II. … 1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von insgesamt 31.453,64 € Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs … gemäß §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 434, 433, 323, 346 I, 348 BGB.

a) Der Kläger ist durch den im Schriftsatz vom 25.10.2016 erneut erklärten Rücktritt wirksam von dem zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag zurückgetreten (§ 349 BGB).

Soweit der Kläger bereits in dem anwaltlichen Schreiben vom 06.05.2016 erstmals … den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hat, war diese Erklärung unwirksam. Voraussetzung für eine wirksame Rücktrittserklärung ist insoweit, dass zum Zeitpunkt der Erklärung auch die Voraussetzungen des Rücktrittsrechts vorliegen. Dies war vorliegend jedoch nicht der Fall, da der Kläger die Beklagte erstmals in der Klageschrift vom 27.06.2016 zur Beseitigung der Mängel unter Setzung einer Frist von zwei Wochen aufgefordert hat.

b) Der streitgegenständliche Pkw war im Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB, da die im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Motor EA189 verwendete Software den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand optimiert.

Nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen gleicher Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.

Die Kammer ist der Ansicht, dass ein Fahrzeug, bei dem eine Software verbaut wurde, durch welche die Stickoxidwerte (NOX) im Vergleich zwischen Prüfstandlauf (NEFZ) und realem Fahrbetrieb verschlechtert werden, keine Beschaffenheit aufweist, die ein Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Insoweit schließt sich die Kammer auch der überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung, insbesondere der obergerichtlichen Auffassung des OLG Hamm an, wonach ein Neufahrzeug nicht schon dann der üblichen und berechtigterweise von einem Käufer zu erwartenden Beschaffenheit entspricht, wenn es technisch sicher und fahrbereit ist und über alle Genehmigungen verfügt. Durch die Installation der Manipulationssoftware, die die korrekte Messung der Stickoxidwerte verhindert und im Prüfbetrieb niedrigere Ausstoßmengen vorspiegelt, weicht das Fahrzeug von der bei vergleichbaren Fahrzeugen üblichen Beschaffenheit ab (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 21.06.2016 – 28 W 14/16, juris Rn. 28 [Pkh-Verfahren]; LG Hagen, Urt. v. 18.10.2016 – 3 O 66/16, juris Rn. 36 ff.; LG Aachen, Urt. v. 06.12.2016 – 10 O 146/16, juris Rn. 26, LG Paderborn, Urt. v. 17.05.2016 – 2 O 381/15, juris Rn. 16).

Dabei hat die Kammer auch berücksichtigt, dass sich die Emissionswerte im Alltagsbetrieb eines Fahrzeugs von denen in einem synthetischen Prüfzyklus in der Regel unterscheiden. Das ergibt sich schon daraus, dass sie von einer Vielzahl von Faktoren wie Fahrverhalten, Verkehrsfluss usw. abhängig sind, die im Prüfzyklus nur standardisiert stattfinden. Dennoch besteht bei einem die Prüfstandwerte nicht manipulierenden Fahrzeug die Gewähr dafür, dass die Vermeidung schädlicher Emissionen im Straßenverkehr mit derselben Effektivität wie auf dem Prüfstand erfolgt (vgl. LG Paderborn, Urt. v. 09.06.2016 – 3 O 23/16, juris Rn. 27). Bezogen auf das streitgegenständliche, von dem sogenannten VW-Abgasskandal betroffene Fahrzeug besteht jedoch der Unterschied, dass der Käufer insoweit in seiner Erwartung, dass das Fahrzeug die vorgegebenen Grenzwerte im Rahmen des maßgeblichen Prüfverfahrens auch tatsächlich einhält, dadurch enttäuscht wird, dass das Ergebnis im Prüfstand gerade nur aufgrund der speziellen Software erzielt wird.

c) Der Kläger hat der Beklagten auch erfolglos eine Frist zur Nachbesserung gesetzt (§ 323 I BGB). Insoweit war es unschädlich, dass der Kläger der Beklagten erstmals in der Klageschrift vom 27.06.2016 eine Frist zur Beseitigung der Mängel gesetzt hat, da maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Voraussetzungen des Rücktritts die mündliche Verhandlung ist. Die Frist muss nach der Fälligkeit und vor Undurchsetzbarkeit des Anspruchs gesetzt werden, kann jedoch auch noch innerhalb des Prozesses nachgeholt werden (BeckOK-BGB/H. Schmidt, Stand: 01.11.2016, § 323 Rn. 12a).

Die Kammer ist der Ansicht, dass die vom Kläger in der Klageschrift vom 27.06.2016 gesetzte zweiwöchige Frist zwar unangemessen kurz gewesen ist, allerdings eine angemessene Frist zur Nachbesserung erfolglos abgelaufen war.

Die gesetzte zweiwöchige Frist war insbesondere … nicht angemessen, da von dem sogenannten VW-Abgasskandal eine Vielzahl von Fahrzeugen betroffen ist und der Beklagten insoweit zuzugestehen war, anhand eines zeitlichen Maßnahmenplans den zeitlichen Ablauf der Umrüstung zu koordinieren. An die Stelle der zu kurzen Frist ist eine objektiv angemessene Frist getreten (vgl. BGH, Urt. v. 15.03.1996 – V ZR 316/94). Insoweit bedarf es keiner Entscheidung der Kammer, wie lang eine angemessene Frist zu bemessen gewesen wäre, da zwischen der Aufforderung zur Nacherfüllung in der Klageschrift vom 27.06.2016 und der Erklärung des Rücktritts im Schriftsatz vom 25.10.2016 ein Zeitraum von vier Monaten erfolglos verstrichen ist, was zumindest einen angemessenen Zeitraum darstellt.

Bei der Bestimmung der Angemessenheit der Frist ist auf den Sinn und Zweck der Fristsetzung abzustellen. Die Frist soll dem Schuldner eine letzte Gelegenheit zur Vertragserfüllung eröffnen und braucht daher nicht so zu bemessen werden, dass der Schuldner die noch gar nicht begonnene Leistung erst anfangen und fertigstellen kann. Der Schuldner soll vielmehr in die Lage versetzt werden, die bereits in Angriff genommene Leistung zu vollenden (vgl. BGH, Urt. v. 10.02.1982 – VIII ZR 27/81). Insoweit hat die Kammer berücksichtigt, dass der Beklagten aufgrund der Vielzahl der betroffenen Fahrzeuge und der Notwendigkeit der Zustimmung durch das Kraftfahrt-Bundesamt ein längerer Zeitraum zuzugestehen war, als dies für einen Mangel erforderlich ist, der in jeder Vertragswerkstatt ohne Vorlaufzeit behoben werden kann. Allerdings waren die Reparaturmaßnahmen für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp bereits in der 9. Kalenderwoche 2016 angelaufen, sodass eine Nachbesserung zum Zeitpunkt der Aufforderung durch den Kläger auch schon technisch möglich war. Zudem war die Freigabe der erforderlichen Reparaturmaßnahme durch das Kraftfahrt-Bundesamt unter dem 21.07.2016 erfolgt.

Da somit eine angemessene Frist in Lauf gesetzt wurde, die nunmehr auch erfolglos abgelaufen ist, bedurfte es keiner Entscheidung der Kammer dahin gehend, ob eine Fristsetzung auch gemäß § 323 II BGB oder § 326 V BGB entbehrlich gewesen wäre.

d) Der Rücktritt war vorliegend auch nicht wegen einer Unerheblichkeit des Mangels gemäß § 323 V 2 BGB ausgeschlossen. Danach kann der Gläubiger bei einer nicht vertragsgemäßen Leistung nicht vom Vertrag zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

Die Beurteilung, ob ein Mangel unerheblich ist, erfordert eine umfassende Interessenabwägung. Dabei sind die Bedeutung des Mangels und sein Beseitigungsaufwand zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 16 m. w. Nachw.; OLG Hamm, Urt. v. 12.09.2013 – 21 U 35/13).

Der Unerheblichkeit der Pflichtverletzung steht nach Ansicht der Kammer der Umstand entgegen, dass das Kraftfahrt-Bundesamt die Beseitigung des Mangels angeordnet hat. Zudem hat das Kraftfahrt-Bundesamt der Beklagten ausdrücklich vorgeschrieben, dass eine Mangelbeseitigung nicht ohne Zustimmung des Kraftfahrt-Bundesamtes vorgenommen werden dürfe. Eine Mangelbeseitigung, die einer behördlichen Prüfung und der anschließenden Genehmigung bedarf, ist jedoch nicht unerheblich (vgl. LG Dortmund, Urt. v. 29.09.2016 – 25 O 49/16). Aus diesem Grund können für die Prüfung der Erheblichkeit bei dem streitgegenständlichen Mangel auch nicht die üblichen Grundsätze direkt angewendet werden, die bei Mängeln im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen herangezogen werden.

Soweit die Beklagte angeführt hat, die Kosten der Mangelbeseitigung beliefen sich auf gerade einmal 0,1 % des gezahlten Kaufpreises, sodass schon insoweit von einer Unerheblichkeit auszugehen sei, so kann die Kammer dem nicht zustimmen. Zwar ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung bei einem behebbaren Mangel von einer Geringfügigkeit des Mangels und damit von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung gemäß § 323 V 2 BGB jedenfalls in der Regel nicht mehr auszugehen, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag von fünf Prozent des Kaufpreises übersteigt (vgl. BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 30). Dies kann jedoch nicht in diesem Fall gelten, wenn eine Mangelbeseitigung an sich erst von einer behördlichen Genehmigung abhängt. Zudem können die von der Beklagten bezifferten Werte hinsichtlich der Kosten der Mangelbeseitigung auch nicht direkt zur Bemessung des Mangelbeseitigungsaufwands herangezogen werden, da es an einem feststellbaren Marktpreis für die Entwicklung, Herstellung und Installation des Updates fehlt. Wären bereits allein derartige Angaben des Herstellers maßgeblich, könnte dieser durch seine Preisangaben bestimmen, ob von ihm verursachte Mängel erheblich sind oder nicht (vgl. LG Hagen, Urt. v. 18.10.2016 – 3 O 66/16, juris Rn. 64).

Der Annahme eines unerheblichen Mangels steht auch entgegen, dass das Vertrauen in die Beklagte, die vorliegend auch das … Softwareupdate entwickelt hat, durch das heimliche Vorgehen beeinträchtigt worden ist. Der Kunde ist jedoch im weiteren Verlauf auf eine Geschäftsbeziehung zur Beklagten angewiesen, da die Beklagte auch für die Reparaturen und die Erstellung von Ersatzteilen zuständig ist (vgl. LG Hagen, Urt. v. 18.10.2016 – 3 O 66/16, juris Rn. 67; LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, juris Rn. 50). Insoweit verbleibt ein nachhaltiger Vertrauensverlust, der für den Kunden spürbar bleibt, solange er ein Fahrzeug der Beklagten nutzt.

e) Aufgrund des wirksamen Rücktritts sind gemäß § 346 I BGB die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Die Beklagte muss den gezahlten Kaufpreis erstatten und erhält neben dem streitgegenständlichen Fahrzeug auch die durch die Fahrleistung eingetretene Wertminderung des Fahrzeugs ersetzt (§ 346 II 1 Nr. 1 BGB). Auf den zurückzuerstattenden Kaufpreis in Höhe von 36.503,26 € hat sich der Kläger deswegen eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 5.049,62 € anrechnen zu lassen.

Die Kammer hat für die Berechnung die vom Kläger angegebene Laufleistung in Höhe von 41.500 km angesetzt. Insoweit geht die Kammer davon aus, dass das klägerische Fahrzeug am 15.02.2017 keine über 41.500 km hinausgehende Laufleistung aufgewiesen hat. Der zum Termin erschienene Vater des Klägers hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung angegeben, mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug zum Termin gefahren zu sein. Die am Tag der mündlichen Verhandlung tatsächlich vorliegende Laufleistung von 41.040 km hat er insoweit durch Vorlage einer Bildaufnahme zur Überzeugung der Kammer dargelegt.

Die Gesamtlaufzeit des streitgegenständlichen Fahrzeugs schätzt die Kammer auf 300.000 km.

Der Kläger muss für den Gebrauchsvorteil einen Nutzungsersatz in Höhe von 5.049,62 € leisten

$$\left({\frac{\text{Bruttokaufpreis}\times\text{gefahrene Kilometer}}{\text{Gesamtlaufzeit}}}\right).$$

2. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 I BGB. Ein Anspruch auf Verzugszinsen besteht jedoch entgegen dem Antrag des Klägers nicht bereits ab dem 01.06.2016, da Voraussetzung für den Verzugseintritt bei der Rückabwicklung von gegenseitigen Leistungen ist, dass der Kläger seinerseits der Beklagten die Gegenleistung ordnungsgemäß anbietet. Da der Kläger der Beklagten erstmals im Schriftsatz vom 25.10.2016 die Rückgabe des Fahrzeugs angeboten hat, ist die Beklagte erst seit dem 28.10.2016 in Verzug.

3. Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Feststellung, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug befindet. Die Beklagte befindet sich gemäß §§ 298, 293 BGB in Annahmeverzug. Der Kläger hat der Beklagten das streitgegenständliche Fahrzeug im Schriftsatz vom 25.10.2016 abholbereit angeboten. Da die Pflicht am Belegenheitsort der Sache, mithin am Wohnsitz des Klägers zu erfüllen war, reichte auch das wörtliche Angebot i. S. des § 295 BGB aus.

4. Der Kläger hat auch einen Anspruch gegen die Beklagte auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.474,89 € gemäß §§ 280 I, 249, 257 BGB. Mit der Lieferung eines mangelbehafteten Fahrzeugs hat die Beklagte ihre Pflichten aus dem Kaufvertrag verletzt, wobei sie sich nicht nach § 280 I 2 BGB entlastet hat. Zudem war die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts auch notwendig und erforderlich. …

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