Tag: Schadensersatz
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Zur „Stoffgleichheit“ im Zusammenhang mit der Absicht, einem Dritten bei einem Gebrauchtwagenverkauf einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen (§ 263 I StGB).
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Für die Bewertung eines schädigenden Verhaltens als sittenwidrig i. S. von § 826 BGB ist in einer Gesamtschau dessen Gesamtcharakter zu ermitteln und das gesamte Verhalten des Schädigers bis zum Eintritt des Schadens beim konkreten Geschädigten zugrunde zu legen. Dies wird insbesondere dann bedeutsam, wenn die erste potenziell schadensursächliche Handlung und der Eintritt des Schadens zeitlich auseinanderfallen und der Schädiger sein Verhalten zwischenzeitlich nach außen erkennbar geändert hat.
BGH, Urteil vom 30.07.2020 – VI ZR 5/20
(vorangehend: OLG Koblenz, Urteil vom 02.12.2019 – 12 U 804/19)
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Beschädigt ein Kaufinteressent außerhalb einer Probefahrt fahrlässig ein auf dem Betriebsgelände eines Kraftfahrzeughändlers stehendes Fahrzeug, so ist er dem Händler (auch) gemäß §§ 280 I, § 311 II Nr. 2, § 241 II BGB (culpa in contrahendo) zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet.
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Überlässt ein Kraftfahrzeughändler einem Kaufinteressenten ein Fahrzeug für eine Probefahrt, so ist von einem stillschweigenden Haftungsausschluss für den Fall auszugehen, dass der Kaufinteressent das Fahrzeug fahrlässig beschädigt; der Kaufinteressent haftet also regelmäßig nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Probefahrt im öffentlichen Straßenverkehr oder auf dem Betriebsgelände des Händlers stattfindet.
AG Essen-Steele, Urteil vom 24.07.2020 – 17 C 136/19
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Die Erfüllung eines Kaufvertrags ist dem Verkäufer nicht schon deshalb i. S. von § 275 I BGB unmöglich, weil er die Sache, die er dem Käufer nach § 433 I 1 BGB übergeben und übereignen muss, an einen Dritten veräußert hat. Unmöglichkeit liegt vielmehr erst dann vor, wenn feststeht, dass ein Rückerwerb der geschuldeten Sache durch den Verkäufer ausgeschlossen ist. Allerdings indiziert die Veräußerung der Sache an einen Dritten die Unmöglichkeit, sofern der Verkäufer nicht darlegt, dass er zur Erfüllung des Kaufvertrags willens und in der Lage ist (vgl. BGH, Urt. v. 26.03.1999 – V ZR 368/97, BGHZ 141, 179, 181 ff.).
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Ein Anspruch des Käufers auf Schadensersatz statt der Leistung bei Ausschluss der Leistungspflicht (§§ 280 I, III, 283 BGB) ist verjährungsrechtlich selbstständig, das heißt, seine Verjährung beginnt nicht zeitgleich mit der Verjährung des Anspruchs, dessen Erfüllung unmöglich ist. Vielmehr beginnt die drei Jahre betragende Verjährungsfrist erst mit der Entstehung des Anspruchs, also mit dem Eintritt der Unmöglichkeit (§§ 195, 199 I BGB).
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Ob dem Verkäufer die Lieferung der gekauften Sache i. S. von § 275 I BGB unmöglich ist, hängt maßgeblich davon ab, ob ein Stückkauf oder ein Gattungskauf vorliegt.
LG Hagen, Urteil vom 17.07.2020 – 7 S 68/19
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Der Geschädigte, der im Wege der konkreten Schadensabrechnung Ersatz der Kosten für ein fabrikneues Ersatzfahrzeug begehrt, muss sich einen Nachlass für Menschen mit Behinderung anrechnen lassen, den er vom Hersteller aufgrund von diesem generell und nicht nur im Hinblick auf ein Schadensereignis gewährter Nachlässe erhält (Fortführung von Senat, Urt. v. 18.10.2011 – VI ZR 17/11, NJW 2012, 50 Rn. 9 f.).
BGH, Urteil vom 14.07.2020 – VI ZR 268/19
(vorangehend: OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 03.06.2019 – 29 U 203/18)
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Der geltend gemachte Anspruch auf Befreiung von vorprozessual angefallenen Rechtsanwaltskosten erhöht als Nebenforderung den Wert des Beschwerdegegenstands nicht, soweit er neben der Hauptforderung geltend gemacht wird, für deren Verfolgung Rechtsanwaltskosten angefallen sein sollen. Soweit diese Hauptforderung jedoch nicht Prozessgegenstand ist, handelt es sich bei dem geltend gemachten Anspruch auf Befreiung von vorprozessual angefallenen Rechtsanwaltskosten nicht um eine Nebenforderung.
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Der Wert dieses Anteils ist durch eine Differenzrechnung zu ermitteln, bei der von den gesamten nach der Klagedarstellung vorprozessual angefallenen Rechtsanwaltskosten diejenigen (fiktiven) Kosten abzuziehen sind, die entstanden wären, wenn der Rechtsanwalt auch vorprozessual den Anspruch nur in der Höhe geltend gemacht hätte, wie er Gegenstand der Klage geworden ist.
BGH, Beschluss vom 07.07.2020 – VI ZB 66/19
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- Angaben, die der Hersteller eines Kraftfahrzeugs in einer im Internet veröffentlichten Bedienungsanleitung (hier: zum Infotainmentsystems „Audio 20 GPS“) macht, können öffentliche Äußerungen i. S. von § 434 I 3 BGB sein.
- Von dem potenziellen Käufer eines Kraftfahrzeugs kann nicht verlangt werden, dass er sich innerhalb einer – regelmäßig kurzen – Probefahrt, die nur einen Eindruck vermitteln soll und bei der die Fahreigenschaften im Vordergrund stehen, von sämtlichen Funktionen und Ausstattungsmerkmalen des Fahrzeugs im Detail Kenntnis verschafft. Dies gilt insbesondere in Bezug auf Premiumfahrzeuge, die mit einer Unzahl von (Sonder-)Ausstattungsmöglichkeiten angeboten werden.
LG Hannover, Urteil vom 15.06.2020 – 18 O 224/19
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Eine Bestimmung des zuständigen Gerichts kann in entsprechender Anwendung des § 36 I Nr. 3 ZPO auch für ein selbstständiges Beweisverfahren vorgenommen werden.
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In dem Bestimmungsverfahren kommt es nicht darauf an, ob die Antragsgegner tatsächlich Streitgenossen i. S. von § 36 I Nr. 3, §§ 59,60 ZPO sind. Maßgeblich ist insoweit vielmehr allein der Vortrag des Antragstellers (vgl. auch § 486 II 1 ZPO).
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Ein Fall dringender Gefahr i. S. von § 486 III ZPO liegt nicht schon dann vor, wenn zu besorgen ist, dass das Beweismittel verlorengeht oder seine Benutzung erschwert wird. Entscheidend ist vielmehr, ob die die verlangte und sofort notwendige Beweiserhebung vor dem – an sich zuständigen – Gericht, das nach dem Vortrag des Antragstellers zur Entscheidung in der Hauptsache berufen wäre, nicht mehr rechtzeitig durchführbar wäre.
BayObLG, Beschluss vom 10.06.2020 – 1 AR 39/20
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- Die „schnelle Motoraufwärmfunktion“ in Audi-Fahrzeugen (hier: einem Audi SQ5 3.0 TDI plus), die nahezu ausschließlich nur dann aktiviert wird, wenn die damit ausgestatteten Fahrzeuge auf einem Prüfstand den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfährt, ist eine unzulässige Abschalteinrichtung i. S. von Art. 3 Nr. 10, Art. 5 II 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007.
- Der Käufer eines – hier gebrauchten – Fahrzeugs, das über eine unzulässige Abschalteinrichtung in Gestalt einer „schnellen Motoraufwärmfunktion“ verfügt, hat gegen die Audi AG auch dann einen auf Rückgängigmachung des Kaufvertrags gerichteten Anspruch auf Schadensersatz wegen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung (§ 826 BGB), wenn der Kaufvertrag erst geschlossen wurde, nachdem die Volkswagen AG unter dem 22.09.2015 in einer Ad-hoc-Mitteilung auf Auffälligkeiten und Unregelmäßigkeiten bei EA189-Motoren hingewiesen hatte. Das gilt schon deshalb, weil für die Bewertung, ob sich die Audi AG sittenwidrig verhalten hat, auf den Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem der mit einer „schnellen Motoraufwärmfunktion“ versehene Motor bzw. ein mit diesem Motor ausgestattetes Fahrzeug in den Verkehr gebracht wurde.
- Der Anspruch auf Ersatz des Kaufpreises, den der Käufer für ein mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattetes Fahrzeug gezahlt hat, ist im Wege der Vorteilsanrechnung um die von dem Käufer gezogenen Nutzungsvorteile zu reduzieren. Diese Vorteilsanrechnung hat nicht deshalb ganz oder teilweise zu unterbleiben, weil ein Fahrzeug, in dem eine unzulässige Abschalteinrichtung installiert ist, i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft ist. Denn dieser Mangel wirkt sich auf die tatsächliche Nutzung des Fahrzeugs nicht aus; er führt vielmehr lediglich dazu, dass aus rechtlichen Gründen der weitere (ungestörte) Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr nicht gewährleistet ist.
- Deliktszinsen (§ 849 BGB) kann der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs nicht mit Erfolg verlangen, wenn er für die Hingabe seines Geldes (Kaufpreis) im Wege des Leistungsaustauschs eine in tatsächlicher Hinsicht voll nutzbare Gegenleistung (Fahrzeug) erhalten hat. In diesem Fall kompensiert vielmehr die tatsächliche Nutzbarkeit der Gegenleistung die Nutzungsmöglichkeit des Geldes.
- § 476 II letzter Halbsatz BGB (= § 475 II letzter Halbsatz BGB a.F.) verstößt gegen die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, weil diese Vorschrift entgegen Art. 5 I und Art. 7 I Unterabs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bei einem Verbrauchsgüterkauf über eine gebrauchte Sache zulässt, dass die Verjährungsfrist für Ansprüche des Käufers wegen eines Mangels durch Vereinbarung auf weniger als zwei Jahre verkürzt wird (so auch BGH, Urt. v. 09.10.2019 – VIII ZR 240/18, BGHZ 223, 235 Rn. 22, unter Verweis auf EuGH, Urt. v. 13.07.2017 – C-133/16, ECLI:EU:C:2017:541 = Rn. 44 ff. – Ferenschild). Die Mitgliedstaaten können nämlich nach Art. 5 I und Art. 7 I Unterabs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtline nur eine Vereinbarung über die Verkürzung der Haftungsdauer des Verkäufers, aber keine Vereinbarung über die Verkürzung der Verjährungsfrist erlauben.
- Bei Kaufverträgen, die eine mit Blick auf die Richtlinienwidrigkeit des § 476 II letzter Halbsatz BGB (= § 475 II letzter Halbsatz BGB a.F.) unzulässige Verkürzung der für Gewährleistungsansprüche des Käufers geltenden gesetzlichen Verjährungsfrist vorsehen, kann dem übereinstimmenden Willen der Parteien, die Haftung des Verkäufers für Mängel zu begrenzen, durch eine ergänzende Vertragsauslegung zur Geltung verholfen werden. Denn hätten die Parteien gewusst, dass zwar die Haftungsdauer des Verkäufers, nicht aber die Verjährungsfrist wirksam auf ein Jahr verkürzt werden kann, hätten sie als redliche Vertragspartner ihren Regelungsplan, die Haftung des Verkäufers für Mängel zu beschränken, dergestalt verwirklicht, dass sie einvernehmliche die Haftungsdauer auf ein Jahr verkürzt hätten. Diese ergänzende Vertragsauslegung führt zu dem interessengerechten, mit der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in Einklang stehenden Ergebnis, dass der Verkäufer nur für solche Mängel einstehen muss, die sich binnen eines Jahres ab Ablieferung der Kaufsache zeigen, und dass Gewährleistungsansprüche des Käufers wegen solcher Mängel zwei Jahre nach Ablieferung der Kaufsache verjähren.
- Ein – unterstellter – Verstoß gegen § 27 I EG-FGV hat nicht zur Folge, dass der Kaufvertrag über ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug gemäß § 134 BGB nichtig ist (im Anschluss an (OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.07.2019 – 17 U 160/18, juris Rn. 35 ff.; OLG Hamburg, Urt. v. 21.12.2018 – 11 U 55/18, juris Rn. 66 ff.; beide m. w. Nachw.).
OLG Koblenz, Urteil vom 05.06.2020 – 8 U 1803/19
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- Es steht wertungsmäßig einer unmittelbaren arglistigen Täuschung der Fahrzeugkäufer gleich, wenn ein Fahrzeughersteller im Rahmen einer von ihm bei der Motorenentwicklung getroffenen strategischen Entscheidung, die Typgenehmigungen der Fahrzeuge durch arglistige Täuschung des Kraftfahrt-Bundesamts zu erschleichen und die derart bemakelten Fahrzeuge alsdann in Verkehr zu bringen, die Arglosigkeit und das Vertrauen der Fahrzeugkäufer gezielt ausnutzt.
- Bestehen hinreichende Anhaltspunkte für die Kenntnis zumindest eines vormaligen Mitglieds des Vorstands von der getroffenen strategischen Entscheidung, trägt der beklagte Hersteller die sekundäre Darlegungslast für die Behauptung, eine solche Kenntnis habe nicht vorgelegen. Darauf, ob die vormaligen Mitglieder des Vorstands von dem Kläger als Zeugen benannt werden könnten, kommt es nicht an.
- Wird jemand durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrags gebracht, den er sonst nicht geschlossen hätte, kann er auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung dadurch einen Vermögensschaden erleiden, dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist. Die Bejahung eines Vermögensschadens unter diesem Aspekt setzt allerdings voraus, dass die durch den unerwünschten Vertrag erlangte Leistung nicht nur aus rein subjektiv willkürlicher Sicht als Schaden angesehen wird, sondern dass auch die Verkehrsanschauung bei Berücksichtigung der obwaltenden Umstände den Vertragsschluss als unvernünftig, den konkreten Vermögensinteressen nicht angemessen und damit als nachteilig ansieht.
- Die Grundsätze der Vorteilsausgleichung gelten auch für einen Anspruch aus sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß § 826 BGB.
BGH, Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19
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Hat ein Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs schon im Jahr 2015 nicht nur allgemein vom VW-Abgasskandal, sondern auch davon Kenntnis erlangt, dass sein Fahrzeug davon betroffen ist, dann sind auf § 826 BGB gestützte Schadensersatzansprüche des Käufers gegen die Volkswagen AG mit Ablauf des 31.12.2018 verjährt. Gleiches gilt für auf § 823 I BGB oder auf § 823 II BGB in Verbindung mit einem Schutzgesetz gestützte Schadensersatzansprüche.
OLG Stuttgart, Urteil vom 14.04.2020 – 10 U 466/19
(nachfolgend: BGH, Urteil vom 17.12.2020 – VI ZR 739/20)
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