1. Angaben, die der Hersteller eines Kraftfahrzeugs in einer im Internet veröffentlichten Bedienungsanleitung (hier: zum Infotainmentsystems „Audio 20 GPS“) macht, können öffentliche Äußerungen i. S. von § 434 I 3 BGB sein.
  2. Von dem potenziellen Käufer eines Kraftfahrzeugs kann nicht verlangt werden, dass er sich innerhalb einer – regelmäßig kurzen – Probefahrt, die nur einen Eindruck vermitteln soll und bei der die Fahreigenschaften im Vordergrund stehen, von sämtlichen Funktionen und Ausstattungsmerkmalen des Fahrzeugs im Detail Kenntnis verschafft. Dies gilt insbesondere in Bezug auf Premiumfahrzeuge, die mit einer Unzahl von (Sonder-)Ausstattungsmöglichkeiten angeboten werden.

LG Hannover, Urteil vom 15.06.2020 – 18 O 224/19

Sachverhalt: Im Dezember 2018 bestellte der Kläger bei der beklagten Daimler AG einen gebrauchten Pkw Mercedes-Benz E 220 d (T-Modell) zum Preis von 39.590,10 €. Dieses Fahrzeug war im Oktober 2017 produziert worden. Die von der Beklagten formulierte Bestellung nennt als vereinbarte Ausstattungsmerkmale unter anderem „Audio 20 GPS“ und „Euro 6c Modelljahr 808“.

Nachdem dem Kläger der Pkw am 21.12.2018 übergeben worden war, stellte er insbesondere fest, dass er keine FLAC-Audiodateien abspielen und im Navigationssystem keine Heimatadresse hinterlegen konnte. Diese Funktionen werden in einer von der Beklagten im Internet veröffentlichten Bedienungsanleitung für das Gerät „Audio 20 GPS“, anhand derer sich der Kläger vor dem Fahrzeugkauf informiert hatte, beschrieben. Das Fahrzeug des Klägers ist allerdings nicht mit dem System „Audio 20 GPS NTG 5.5“, sondern mit dem – älteren – System „Audio 20 GPS NTG 5ldquo; ausgestattet, das bis Oktober 2017 serienmäßig verbaut wurde (Modelljahr 808, Änderungsjahr 2017/1). Das neuere System wurde erst ab November 2017 verbaut (Modelljahr 808 +058, Änderungsjahr 2017/2).

Der Kläger bat die Beklagte um Umrüstung seines Fahrzeugs. Die Beklagte lehnte eine – mit erheblichem Aufwand verbundene – Umrüstung mit der Begründung ab, dass das Fahrzeug des Klägers nicht mangelhaft und eine Umrüstung auch nicht möglich sei. Daraufhin forderte der späterer Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte mit Schreiben vom 04.12.2019 auf, das Fahrzeug des Klägers bis zum 13.12.2019 nachzubessern. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom gleichen Tag ab.

Mit der Klage hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung von 5.000 € nebst Zinsen sowie auf Freistellung von außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Anspruch genommen. Außerdem hat er die Feststellung begehrt, dass ihm die Beklagte die für die Umrüstung seines Fahrzeugs erforderlichen weiteren Kosten erstatten müsse.

Der Kläger hat geltend gemacht, dass mit der Angabe „Modelljahr 808“ in der Kfz-Bestellung – unstreitig – das Jahr 2018 gemeint sei. Deshalb ergebe sich aus der von der Beklagten im Internet veröffentlichten Bedienungsanleitung, dass sein Fahrzeug – weil es zwischen April 2017 und Februar 2018 hergestellt worden sein müsse – mit dem neueren „Audio 20“-Gerät ausgestattet sei. Die Beklagte ist der Ansicht, dass sie mit dem Kläger nicht vereinbart habe, dass sein Fahrzeug über das neuere „Audio 20“-Gerät verfüge. Auch die von ihr im Internet veröffentlichte Bedienungsanleitung sei nicht Bestandteil des mit dem Kläger geschlossenen Kaufvertrags geworden. Jedenfalls könne sich der Kläger auf diese Bedienungsanleitung nicht mit Erfolg stützen, weil sie – die Beklagte – im Internet durch einen Disclaimer darauf hingewiesen habe, dass nur die tatsächlich im dem Fahrzeug vorhandene Bedienungsanleitung Fahrzeugbestandteil sei. Diese solle durch die im Internet verfügbare Betriebsanleitung keinesfalls ersetzt werden. Dass er den Disclaimer zur Kenntnis genommen habe – so hat die Beklagte behauptet –, müsse der Kläger bestätigt haben, weil er andernfalls nicht an die im Internet verfügbare Bedienungsanleitung hätte gelangen können. Schließlich ist die Beklagte der Auffassung, dass eine Umrüstung des streitgegenständlichen Fahrzeugs einen unverhältnismäßigen Kostenaufwand erfordere.

Die Klage hatte Erfolg.

Aus den Gründen: I. Die zulässige auf Zahlung gerichtete Klage ist begründet.

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 BGB in Höhe von 5.000 €.

a) Zwischen den Parteien ist unstreitig ein Kaufvertrag geschlossen worden, der die Beklagte zur mangelfreien Lieferung der Kaufsache verpflichtet (§ 433 I BGB).

b) Das streitgegenständliche Fahrzeug war mangelhaft im Sinne des § 434 I BGB.

aa) Nach § 434 I 1 BGB ist eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache gemäß § 434 I 2 BGB frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (Nr. 1), sonst, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (Nr. 2). Zu der Beschaffenheit nach § 434 I 2 Nr. 2 gehören nach § 434 I 3 BGB auch Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers (§ 4 I und II ProdHaftG) oder seines Gehilfen insbesondere in der Werbung oder bei der Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache erwarten kann, es sei denn, dass der Verkäufer die Äußerung nicht kannte und auch nicht kennen musste, dass sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in gleichwertiger Weise berichtigt war oder dass sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte.

bb) Die Beklagte schuldete die Beschaffenheit des Fahrzeugs mit einem „Audio 20“-System, das sogenannte FLAC-Musikdateien abspielen kann und bei dem das Display für das Navigationssystem der auf Seite 15 der in Anlage K 3 wiedergegebenen Bedienungsanleitung entspricht sowie die Hinterlegung einer Adresse zwecks Navigation wie auf Seite 19 der in Anlage K 3 wiedergegebenen Bedienungsanleitung möglich ist. Unstreitig erfüllt das Navigationssystem des Fahrzeugs diese Anforderungen nicht. Es handelt sich nämlich dort um das System „Audio 20 GPS NTG 5“, nicht um das System „Audio 20 GPS NTG  5.5“. Dabei kann dahinstehen, ob nach einer Auslegung entsprechend dem objektiven Empfängerhorizont nach Treu und Glauben (§§ 133, 157, 242 BGB) bereits von einer vereinbarten Beschaffenheit i. S. des § 433 I 1 auszugehen ist oder in Ermangelung einer solchen konkreten Vereinbarung die übliche Beschaffenheit (nicht) vorliegt, die der Kläger nach den im Internet getätigten Veröffentlichungen der Beklagten gemäß § 434 I 2 Nr. 2 und Satz 3 BGB erwarten durfte.

In der Bestellung vom 11.12.2018 ist als Ausstattung des Fahrzeugs auf Seite 3 lediglich die Beschreibung „Audio 20 GPS“ und „Euro 6c Modelljahr 808“ genannt. Da es sich dabei um eine unzweifelhaft von der Beklagten vorformulierte Erklärung handelt, wäre es zunächst an ihr gewesen, bereits an dieser Stelle klarzustellen, um welches konkrete Modell es sich handelt. Da die Beklagte dies nicht getan hat, musste der weitere Inhalt des Kaufvertrags, hinsichtlich des konkreten „Modells“ des Systems anhand weiterer Umstände ausgelegt werden.

Jedenfalls war davon auszugehen, dass es sich bei dem Fahrzeug um das Modelljahr 808 handelt, da dieses ausdrücklich erwähnt wird und Anhaltspunkte für ein anderes Modelljahr nicht vorlagen. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Ebenso war zu berücksichtigen, dass das Fahrzeug im Oktober 2017 produziert wurde. Ferner ist zwischen den Parteien unstreitig, dass das sich Modelljahr 808 auf das Jahr 2018 bezieht. Die Beklagte ergänzt hierzu, dass das Modelljahr 808 das Änderungsjahr 2017/1 beinhaltet, während das Modelljahr 808 +058 das Änderungsjahr 2017/2 beinhaltet. Dass diese Differenzierung den Käufern von möglichen Fahrzeugen bekannt war oder auch nur bekannt sein konnte, ist nicht ersichtlich und wird auch in Bezug auf den Kläger nicht behauptet. Hierauf kommt es allerdings letztlich nicht entscheidend an.

Entscheidend ist vielmehr, dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Kaufs eine Bedienungsanleitung im Internet öffentlich zugänglich gemacht hat, Unter anderem für das Modelljahr 04/2017 bis 02/2018 des Systems „Audio 20“. Diese enthält die oben angeführten Funktionalitäten. Dies ist unzweifelhaft und unbestritten so zu verstehen, dass der Zeitraum von April 2017 bis Februar 2018 gemeint ist. Da das Fahrzeug des Klägers im Oktober 2017 produziert wurde und somit in diesen Zeitraum fällt sowie der Bezeichnung entspricht, wie sie die Beklagte in der Bestellung selbst vorgegeben hat, war kein anderes Verständnis möglich, als dass es sich um die Anleitung zu dem System des Klägers handelt. Dies muss die Beklagte hinnehmen, die weder in der Bestellung (s. oben) noch auf den von ihr gestalteten Internetseiten eine genauere Differenzierung angegeben hat, obwohl ihr das ohne Weiteres möglich gewesen wäre.

Soweit damit nicht bereits die entsprechende Beschaffenheit vereinbart war, weil der Kläger die Angaben in der Bestellung nicht anders verstehen konnte – ohne dass es auf einen abweichenden, nicht erkennbaren Willen der Beklagten ankommen würde –, ist die Beklagte an die Angaben zumindest gemäß § 434 I 3 BGB gebunden, dessen Voraussetzungen hier vorliegen.

Dies wird nicht, wie von der Beklagten behauptet, durch die Einblendung eines sogenannten Disclaimers ausgeschlossen. Der Kläger hat bestritten, dass ihm ein solcher Disclaimer angezeigt worden ist. Zum Beweis ihrer gegenteiligen Behauptung, dass die Bedienungsanleitung im Internet oder der App nur zugänglich gewesen sei, wenn der Kläger bestätigt habe, dass er die Disclaimer gelesen und angenommen habe, bietet die Beklagte jedoch keinen tauglichen Beweis an. Das Beweisangebot auf Seite 4 der Klageerwiderung „wie zuvor“ bezieht sich auf das vorige Beweisangebot „Beweis Disclaimer, Anlage B 1“. Die Anlage B 1 stellt einen abgedruckten Text dar, der offenbar den mit dem Disclaimer angezeigten Text darstellen soll. Der abgedruckte Text kann aber keinen Beweis dafür bieten, dass dieser dem Kläger auch angezeigt worden ist, was einen technischen Vorgang darstellt für den die Beklagte beweisfällig bleibt.

Der Beklagten wäre es auch ohne Weiteres zumutbar, zum genauen Funktionieren und den Voraussetzungen des von ihr benutzten Disclaimers vorzutragen. Insoweit erscheint es zweifelhaft, dass sie – wie in der mündlichen Verhandlung geschehen – die Behauptung des Klägers schlicht bestreitet, dass der Disclaimer lediglich bei Windows-Software funktioniere, er hingegen ein Apple-Gerät mit eigener Software benutzt habe. Letztlich kann nur die Beklagte um die technischen Voraussetzungen ihres Disclaimers wissen. Die Angaben des Klägers hierzu sind jedenfalls plausibel.

Die Beklagte hat anders als der Kläger auch keine nachvollziehbare Abfolge von Bildschirmfotografien („Screenshots“) vorgelegt, aus denen man die von ihr behauptete Einblendung von Disclaimern hätte prüfen können. Ferner wäre es auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung möglich gewesen, mit den mobilen Endgeräten der Parteien aufzuzeigen, ob tatsächlich Disclaimer eingeblendet werden. Auch von dieser Möglichkeit wurde vonseiten der Beklagten kein Gebrauch gemacht. Stattdessen hat sich die Beklagte auf die Vorlage des Textes des Disclaimers beschränkt und die nachvollziehbaren Angaben des Klägers pauschal bestritten, obwohl ihr näherer Vortrag zu ihren eigenen Internetseiten ohne Weiteres möglich gewesen wäre.

Dabei ist dem Gericht nicht entgangen, dass auf Seite 1 der Anlage K 3 sich unten ein Text befindet, in dem es unter anderem heißt „eventuell wiederholt Cookies und Disclaimer bestätigen“. Dies lässt jedoch keinen eindeutigen Schluss zu, dass dem Kläger bereits ein Disclaimer angezeigt wurde. Vielmehr kann das Wort „wiederholt“ in diesem Zusammenhang nicht nur bedeuten, dass bereits eine Anzeige erfolgt ist, sondern dass – nicht zwingend, sondern eventuell – erst im weiteren Verlauf noch anzuzeigende Cookies und Disclaimer nicht nur einfach, sondern (eventuell) mehrfach bestätigt werden müssen. Im Übrigen würde selbst erstere Auslegung nicht den sicheren Schluss zulassen, dass bereits eine Anzeige erfolgt ist.

Ob der von der Klägerin behauptete Disclaimer insoweit ausreichend gewesen wäre, kann daher dahinstehen.

cc) Die Einwände der Beklagten, es sei Sache des Käufers, sich im Rahmen einer Probefahrt oder durch sonstige Informationen beim Hersteller/Verkäufer über die konkreten Eigenschaften der Kaufsache zu informieren, greifen nicht durch.

Der Verweis auf eine Probefahrt liegt neben der Sache, weil er nicht im Einklang mit der Lebenswirklichkeit steht. Innerhalb einer regelmäßig kurzen Probefahrt ist es unmöglich, dass sich der Käufer über sämtliche Detailfunktionen eines Kraftfahrzeugs Kenntnis verschafft, gerade bei Premiumfahrzeugen mit einer Unzahl von Sonderausstattungsmöglichkeiten. Sofern die Beklagte ihren Kunden die Fahrzeuge nicht mehrere Tage vorab zu Prüfung überlassen will – was nach der Lebenswahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist –, kann sie den Kunden nicht vorhalten, jede Fahrzeugfunktionalität bis ins allerkleinste Detail prüfen zu müssen. Eine Probefahrt vermittelt nur einen Überblick über das Fahrzeug, wobei die Fahreigenschaften im Vordergrund stehen.

Im Übrigen hat der Kläger sich im Vorfeld des Vertrags auf den Internetseiten der Beklagten über die Detailfunktion des Fahrzeugs Kenntnis verschafft. Darüber hinaus zu verlangen, dass sich der Käufer über jedes Detail ausdrücklich beim Verkäufer erkundigt, ist ebenfalls lebensfremd. Der Käufer verfügt auch regelmäßig nicht über die Kenntnisse, wann welche Details im Rahmen von Modellwechseln und Modellanpassungen eingearbeitet werden. Allein die Beklagte legte dies fest und gibt entsprechende Bezeichnungen vor. Wenn diese so ungenau sind, dass der Leistungsgegenstand dabei nicht erkennbar ist, kann dies nicht in die Sphäre des Klägers verschoben werden. So erschließt sich nicht, woher der Kläger wissen sollte, dass das im Internet beworbene Navigationssystem erst ab November 2017 verbaut wurde und nicht bereits im Oktober 2017, in dem sein Fahrzeug hergestellt wurde. Dass ausgerechnet in diesem Monat ein Wechsel erfolgte, kann allenfalls der Hersteller und damit die Beklagte wissen. Die Angabe „Modelljahr 808“ mit Bezug auf das Jahr 2018 lässt dies nicht erkennen. Insbesondere kann der Kläger nicht wissen, dass es auch ein Modelljahr 808 +058 gibt. Dabei ist bereits nicht ersichtlich, dass es in den von der Beklagten vorgesehenen Bestellformularen überhaupt so detaillierte Bezeichnungen gibt. Es erscheint ebenso möglich, dass bei den Modelljahren nur die Ziffern 808 als „Oberbegriff“ angegeben werden.

Letztlich ist auch der Versuch, das Risiko ungenauer Angaben in den selbst hergestellten und zwingend zu verwendenden Bestellformularen dem Vertragspartner aufzuerlegen, mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht zu vereinbaren. Dies gilt unabhängig davon, ob der Vertragspartner Verbraucher ist oder nicht. Im Übrigen hat der Kläger bereits mit der Klageschrift vorgetragen, dass der Zusatz „Firma“ in der Rechnung daher rühre, dass er bereits in der Vergangenheit Kunde der Beklagten gewesen sei, als er noch eine Firma betrieben habe. Dies sei zum streitgegenständlichen Kaufdatum hingegen nicht mehr der Fall gewesen. Er habe das Fahrzeug als Verbraucher erworben. Insoweit konnte die Beklagte die Verbrauchereigenschaft auch nicht mit dem pauschalen Verweis darauf bestreiten, dass es in der Rechnung „Firma“ hieß. Dieses Indiz hat der Kläger schlüssig widerlegt, ohne dass die Beklagte dem entgegengetreten ist.

Unabhängig davon müssen aber solche unklaren Formulierungen zulasten des Verwenders gehen, der sich sonst einen Vorteil verschaffen könnte, indem er den Vertragspartner über die Beschaffenheit der geschuldeten Kaufsache im Unklaren lässt und ihm damit die Wahrnehmung von Mängelrechten erschwert oder unmöglich macht. Dies kann unabhängig davon, ob dies beabsichtigt ist oder gar systematisch erfolgt – wofür das Gericht vorliegend keinen Anhalt hat – oder schlicht aus Nachlässigkeit geschieht, nicht zugelassen werden. Es wäre für die Beklagte jedenfalls leicht möglich, die konkrete Bezeichnung des vereinbarten Systems, nämlich „NTG 5“, in die Bestellung aufzunehmen.Wenn sie dies nicht tut, kann sie die Folgen hieraus nicht auf den Vertragspartner abwälzen, der sich insoweit auf anderweitige Angaben der Beklagten verlassen muss. Woher der Kläger wissen soll, dass es ein Nachfolgemodell „NTG 5.5“ ab November überhaupt gibt, erschließt sich nicht. Insoweit kann ihm auch nicht vorgeworfen werden, dass er sich hierüber nicht zuvor bei der Beklagten erkundigt hat. Dies fällt ausschließlich in deren Wissenskreis.

Nicht entscheidend ist, ob die im Internet vorhandene Bedienungsanleitung Vertragsbestandteil wurde oder die im Fahrzeug befindliche Bedienungsanleitung mangelhaft ist. Vielmehr ist die Betriebsanleitung nur für die Auslegung des Vertrags (sowie) im Rahmen des § 434 I 3 BGB zu beachten.

c Der Kläger hat auch erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung (§ 437 Nr. 1, § 439 BGB) gesetzt. Mit Anwaltsschreiben vom 02.12.2019 hat er die Beklagte zur Nacherfüllung bis zum 13.12.2019 aufgefordert. Eine längere Frist war nicht zu setzen, zumal die Ablehnung bereits am gleichen Tag vorlag. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass auch diese Fristsetzung bereits nicht erforderlich war, weil die Beklagte auf persönliche Aufforderung des Klägers bereits mitgeteilt hatte, dass kein Mangel vorläge und eine Nacherfüllung zudem unmöglich sei. Dies ist als ernsthafte und endgültige Verweigerung i. S. des § 281 II Fall 1 BGB aufzufassen. Der Kläger konnte nach dieser Aussage nicht damit rechnen, dass die Beklagte bereit wäre, einen nach ihrer Ansicht nicht vorliegenden Mangel zu beseitigen, besonders wenn dies aus Sicht der Beklagten unmöglich wäre.

d) Die Beklagte handelte auch schuldhaft i. S. des § 280 I BGB. Ein Verschulden wird nach § 280 I 2 BGB vermutet, wenn sich der Schuldner nicht exkulpiere kann. Für eine solche Exkulpation ist vorliegend nichts ersichtlich, zumal die Beklagte die Nacherfüllung auch vorsätzlich verweigert haben dürfte.

e) Dem Kläger ist auch ein Schaden entstanden.

Nach § 249 I BGB hat, wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Der Verkäufer einer Sache schuldet nach § 433 I 2 BGB eine mangelfreie Sache und hat diesen Zustand im Wege der Nacherfüllung nach § 439 BGB von Rechts wegen auch nachträglich herzustellen. Dem ist die Beklagte nicht nachgekommen, weshalb sie nunmehr für die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands im Wege des Schadensersatzes aufzukommen hat.

Hierzu hat der Kläger unstreitig vorgetragen, dass die Kosten einer Mangelbeseitigung bzw. Umrüstung durch Dritte sich voraussichtlich auf 5.000 € beliefen. Entsprechend dieser als zugestanden geltenden Behauptung war die Beklagte zu verurteilen.

f) Weder stand noch steht der Beklagten das Recht zu, die Nacherfüllung gemäß § 439 IV 1 BGB ganz oder teilweise zu verweigern. Es ist nicht ersichtlich, dass die eine oder die andere Art der Nacherfüllung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist.

Nach § 439 IV BGB kann der Verkäufer die von dem Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 II und III BGB verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind nach § 439 IV 2 BGB insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. In diesem Fall beschränken sich die Rechte des Käufers nach § 439 IV 3 BGB auf die andere Art der Nacherfüllung, wobei das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des § 439 IV 1 BGB zu verweigern, unberührt bleibt.

Es ist nicht ersichtlich, woraus eine Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung folgen soll. Hierzu hat die Beklagte nicht nachvollziehbar vorgetragen. Insbesondere hat der Kläger unbestritten vorgetragen, dass eine Umrüstung des Fahrzeugs durch die Beklagte zum Selbstkostenpreis nur circa die Hälfte der sonst anfallenden Kosten verursache. Diese Begründung ist ohne Weiteres nachvollziehbar und wird von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt, sodass sie nach § 138 III ZPO als zugestanden gilt. Dabei ist ferner zu berücksichtigen, dass bei einer Umrüstung durch die Beklagte diese das eingebaute System behalten und wiederverwenden, insbesondere veräußern kann. Es ist allgemein bekannt, dass die Audio- und Navigationssysteme von hochpreisigen Premiumfahrzeugen, wie sie hier in Streit stehen, einen erheblichen Wert – auch im gebrauchten Zustand – haben, insbesondere deswegen auch häufig das Ziel von Diebstählen sind. Schon deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagten erhebliche Kosten entstehen würden.

Tatsächlich wäre aber selbst ohne Berücksichtigung dieses Umstands die Nacherfüllung nicht unverhältnismäßig, weil es auch insoweit an einem ausreichend substanziierten Vortrag der Beklagten fehlt. Zu den konkreten Tatbestandsmerkmalen der von ihr erhobenen Einwendung nach § 439 IV BGB, der insbesondere auf den Wert der Sache im mangelfreien Zustand und die Bedeutung des Mangels abstellt, wird nicht ausreichend vorgetragen. Selbst wenn man unterstellen würde, dass die Kosten 6.000 € betragen würden, ohne die richtigerweise zu berücksichtigende Selbstkostenersparnis und den Restwert des eingebauten Systems, ergibt sich bei einem Kaufpreis von knapp 40.000 € Unverhältnismäßigkeit nicht ohne Weiteres. So trägt die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte zum Wert der Sache im mangelfreien Zustand nichts vor. Vielmehr beschränkt sie sich auf die Behauptung, dass die als Komforteinbuße zu wertende Beanstandung des Klägers, keine FLAC-Dateien abspielen und keine Heimatadresse im Navigationssystem hinterlegen zu können, keinen Austausch des gesamten Systems rechtfertige. Allerdings leuchtet nicht ein, warum die von der Beklagten selbst eingeräumte „Komfortminderung“ keine erhebliche Beeinträchtigung darstellen soll. Gerade bei Premiumfahrzeugen, wie sie die Beklagte anbietet, ist hoher Komfort eines der Hauptwerbe- und Kaufargumente. Hinsichtlich der FLAC-Dateien fehlt es komplett an Beklagtenvortrag. Hinsichtlich des Navigationssystems wird zwar ausgeführt, dass die Adresseingabe über Sprachbedienung oder per direkter Eingabe erfolgen könne. Dies ist jedoch kein adäquater Ausgleich, weil es für den Benutzer umständlich ist und nicht dem Stand der Technik entspricht, die gewünschte Adresse immer wieder neu einzugeben oder einzusprechen, zumal die Sprachsteuerungssysteme in Kraftfahrzeugen in heutiger Zeit technisch noch nicht einwandfrei und zuverlässig arbeiten, was gleichfalls allgemein bekannt ist. Dass die Heimatsadresse wie jede andere Adresse auch unter Favoriten gespeichert werden könne, stellt keinen hinreichenden Ersatz dar, weil diese Adresse dann erst aus den Favoriten herausgesucht werden muss, wovon das Gericht mangels nachvollziehbaren Sachvortrags der Beklagten bei lebensnaher Betrachtung ausgeht. Konkreter Vortrag der Beklagten fehlt insoweit, wenn sie nur angibt, dass die Adresse dadurch „schnell“ abrufen werden könne, gleichzeitig aber eine Komfortminderung einräumt.

Berücksichtigt man richtigerweise die weit geringeren Selbstkostenpreise und den Vorteil, das alte System behalten zu dürfen, wird man auf dieser Grundlage erst recht keine Unverhältnismäßigkeit annehmen können.

Letztlich spricht gegen eine Unverhältnismäßigkeit der Mangelbeseitigung auch, dass die Beklagte diese zunächst nicht geltend gemacht hat, sondern sich gegenüber dem Kläger darauf berufen hat, dass kein Mangel vorliege und eine Umrüstung nicht möglich sei. Insbesondere ist nicht erklärlich, wieso statt der angeblichen Unverhältnismäßigkeit die objektiv und unstreitig unrichtige Begründung gegeben wurde, eine Mangelbeseitigung sei nicht möglich. Dass eine Unmöglichkeit i. S. des § 275 I BGB gemeint ist, stellt insoweit die naheliegendste Auslegungsmöglichkeit dieses Vortrags dar, die das Gericht gemäß § 286 ZPO zugrunde legt.

2. Der Zinsanspruch ergibt sich für die Mängelbeseitigungskosten aus §§ 291, 288 I 2 BGB. Ein Anspruch war insoweit lediglich ab Rechtshängigkeit geltend gemacht. Rechtshängigkeit trat einen Tag nach Zustellung der Klageschrift ein (§§ 253 I, 261 I ZPO, § 187 I BGB; vgl. BGH, Urt. v. 10.10.2017 – XI ZR 555/16, BeckRS 2017, 131350). Die Zustellung erfolgte gemäß Postzustellungsurkunde am 10.01.2020.

3. Der Kläger hat gegen die Beklagte ferner Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 €. Rechtsanwaltskosten sind vorliegend unter dem Gesichtspunkt des Verzugs zu erstatten.

Rechtsverfolgungskosten sind gemäß §§ 280 I, II, 286 BGB als adäquat verursachte Verzugsfolge zu erstatten, wenn sie – nach Eintritt des Verzugs – aus Sicht des Forderungsgläubigers zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 08.11.1994 – VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348, 350; Urt. v. 23.10.2003 – IX ZR 249/02, NJW 2004, 444, 446). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Denn die Beklagte hat das Mängelbeseitigungsverlangen des Klägers (ernsthaft und endgültig) zurückgewiesen. Die Beauftragung der jetzigen Prozessbevollmächtigten erfolgte erst, nachdem die eigenen Bemühungen des Klägers fruchtlos geblieben waren und Verzug nach § 286 II Nr. 3 BGB eingetreten war.

Die Vergütung errechnet sich aus einem Gegenstandswert entsprechend dem Interesse an der Mängelbeseitigung (5.000 € zuzüglich Preisunsicherheit), mithin bis zu 6.000 € (Anlage 2 zu § 13 I 3 RVG). Hieraus ergibt sich eine Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) von 460,20 €; zuzüglich der Pauschale für Post und Telekommunikation (Nr. 7002 VV RVG) in Höhe von 20 € sowie 19 % Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG) ergibt sich ein Betrag von 571,44 €. Von dieser Verbindlichkeit kann der Kläger gemäß § 257 BGB Freistellung verlangen.

III. Auch die Feststellungsklage ist zulässig und begründet.

Der Antrag war im Wege der von dem Gericht vorzunehmenden Auslegung im wohlverstandenen Parteiinteresse unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 308 I ZPO dahin gehend auszulegen, dass er sich auf die Beseitigungskosten für die vom Kläger konkret gerügten Mängel bezog. Diese waren entsprechend in den Tenor aufzunehmen. Auch die etwas unklare Formulierung „in der Variante gemäß Bedienungsanleitung der Beklagten für den Herstellungszeitraum April 2017 bis Februar 2018“ war aus Gründen größerer Klarheit durch eine konkretere Bezugnahme auf die konkrete Bedienungsanleitung zu ersetzen. Insoweit handelt es sich lediglich um Klarstellungen. Gleiches gilt für die haftungsbegrenzende Zufügung des konkreten Modelljahrs und der konkreten Modellbezeichnung („entsprechend dem ab November 2017 produzierten Modelljahr 808 +058, Änderungsjahr 2017/2, Audio 20 GPS NTG 5.5“).

Insbesondere besteht auch ein Feststellungsinteresse nach § 256 I ZPO. Entsprechend den obigen Ausführungen besteht zwischen den Parteien ein Rechtsverhältnis, aus dem die Beklagte Schadensersatz nach § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 BGB schuldet. Dabei besteht die konkrete Wahrscheinlichkeit weiterer Schäden in Form von höheren Umrüstungskosten. Die konkreten Kosten können erst nach Durchführung der Arbeiten beziffert werden. Anderes ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. …

PDF erstellen