Ein Oldtimer-Verkäufer muss den Käufer ungefragt darüber aufklären, dass bei Restaurierungsarbeiten, die der Verkäufer veranlasst hat, der Wegstreckenzähler des Fahrzeugs auf null zurückgestellt wurde. Denn der Käufer eines Gebrauchtwagens darf auch mit Blick auf § 22b I Nr. 1 StVG grundsätzlich davon ausgehen, dass der Kilometerzähler die tatsächliche Laufleistung des Fahrzeugs anzeigt. Ist das nach der Kenntnis des Verkäufers nicht der Fall, hat er den Käufer darauf hinzuweisen, ohne dass es darauf ankommt, ob die Abweichung auf einer nach § 22b I Nr. 1 StVG strafbaren Manipulation beruht.
OLG München, Urteil vom 14.12.2016 – 20 U 1458/16
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Der Verkäufer eines Gebrauchtwagens muss den Käufer auch dann ungefragt darüber aufklären, dass das Fahrzeug in der Vergangenheit als Mietwagen genutzt wurde, wenn das Fahrzeug nur eine verhältnismäßig geringe Laufleistung (hier: 15.000 km) aufweist und die Erstzulassung noch nicht lange (hier: circa acht Monate) zurückliegt. Erst recht besteht eine Aufklärungspflicht in den Fällen, in denen es dem Käufer erkennbar darauf ankommt, wie das Fahrzeug zuvor genutzt wurde.
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Unterlässt der Verkäufer den Hinweis auf die Vornutzung des Fahrzeugs als Mietwagen, kann der Käufer wegen der Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht (§ 241 II BGB) zum Rücktritt vom Kaufvertrag und zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 I BGB) berechtigt sein.
LG Hamburg, Urteil vom 28.10.2016 – 326 O 31/16
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Auch der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs (hier: Audi A4 Avant) kann grundsätzlich erst wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten, nachdem er dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat und diese Frist erfolglos abgelaufen ist.
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Ein Vertragshändler muss sich das möglicherweise arglistige Verhalten des Fahrzeugherstellers nicht zurechnen lassen.
LG Düsseldorf, Urteil vom 23.08.2016 – 6 O 413/15
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Heißt es in einem Kaufvertrag über einen Gebrauchtwagen „Unfallschäden: unbekannt“, so liegt weder eine positive Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) des Inhalts vor, dass das verkaufte Fahrzeug unfallfrei ist, noch haben die Vertragsparteien eine negative Beschaffenheitsvereinbarung des Inhalts getroffen, dass das verkaufte Fahrzeug möglicherweise nicht unfallfrei ist.
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Ein Gebrauchtwagen, der zwei größere Unfallschäden erlitten hat, ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil er keine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.
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Der gewerbliche Verkäufer eines Gebrauchtwagens verhält sich nicht arglistig, wenn er den Käufer nicht darauf hinweist, dass er – der Händler – beim Ankauf des Fahrzeugs nicht nach möglichen Unfallschäden gefragt habe. Denn liegen keine besonderen Anhaltspunkte für einen Unfallschaden vor, obliegen einem Gebrauchtwagenhändler weder entsprechende Erkundigungen, noch muss er ein zum Verkauf angebotenes Fahrzeug auf Unfallschäden untersuchen. Vielmehr ist der Händler grundsätzlich lediglich zu einer fachmännischen äußeren Besichtigung („Sichtprüfung“) verpflichtet.
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Der Einwand eines gewerblichen Gebrauchtwagenverkäufers, ein geliefertes Fahrzeug gelte nach § 377 II, III HGB mangels (rechtzeitiger) Rüge eines Mangels als genehmigt, ist nicht schon deshalb eine unzulässige Rechtsausübung i. S. des § 242 BGB, weil der Verkäufer seine Haftung für Sachmängel ausgeschlossen hat und der Haftungsausschluss (möglicherweise) wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Käufers unwirksam ist (§ 307 I, II Nr. 2 BGB i. V. mit § 309 Nr. 7 lit. a und b BGB). Denn jedenfalls kann von einem Käufer, der selbst Kaufmann ist, erwartet werden, dass er sich seiner Untersuchungs- und Rügeobliegenheit bewusst ist und einen Mangel auch dann – vorsorglich – rechtzeitig rügt, wenn er davon ausgeht, dass der Verkäufer seine Haftung für Mängel wirksam ausgeschlossen habe.
LG Traunstein, Urteil vom 10.08.2016 – 3 O 2147/15
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Dass „die Volkswagen AG“ den Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs arglistig über dessen Schadstoffemissionen getäuscht hat, setzt voraus, dass wenigstens ein Mitglied ihres Vorstands Kenntnis von der Entwicklung und der Verwendung der die Schadstoffemissionen manipulierenden Software hatte. Die substanziierte Darlegung, dass diese Voraussetzung erfüllt ist, gehört zur Schlüssigkeit eines Klagevortrags.
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Ein VW-Vertragshändler, der in der Rechtsform einer GmbH im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Fahrzeuge verkauft, ohne mit der Volkswagen AG gesellschaftsrechtlich oder personell verflochten zu sein, muss sich ein etwa arglistiges Verhalten der Volkswagen AG im Zusammenhang mit dem VW-Abgasskandal nicht zurechnen lassen. Denn als Fahrzeugherstellerin ist die Volkswagen AG nicht Gehilfin des Vertragshändlers bei der Erfüllung von Verkäuferpflichten, sondern Dritte i. S. von § 123 II 1 BGB.
LG Bamberg, Urteil vom 22.07.2016 – 11 O 62/16
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Es ist nicht glaubhaft, dass der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs vom Kauf Abstand genommen hätte, wenn er gewusst hätte, dass in dem Fahrzeug eine seinen Schadstoffausstoß manipulierende Software zum Einsatz kommt. Denn zum einen beeinträchtigt die Software nicht die Nutzbarkeit des Fahrzeugs, und zum anderen kann sie innerhalb von weniger als einer Stunde mit einem Aufwand von unter 100 € beseitigt werden.
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Der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen – und deshalb möglicherweise mangelhaften – Fahrzeugs muss dem Verkäufer grundsätzlich gemäß § 323 I BGB eine angemessene Frist zur Nacherfüllung (§ 439 I BGB) setzen, bevor er wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten kann. Bei der Bemessung dieser Frist ist zugunsten des Verkäufers zu berücksichtigen, dass die den Schadstoffausstoß manipulierende Software, die in dem Fahrzeug zum Einsatz kommt, seien Betrieb nicht beeinträchtigt. Ebenso ist zugunsten des Verkäufers zu berücksichtigen, dass eine Nachbesserung (§ 439 I Fall 1 BGB) nur in Abstimmung mit dem Kraftfahrt-Bundesamt erfolgen kann.
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Die – mögliche – Pflichtverletzung eines Kfz-Verkäufers, die in der Lieferung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen und deshalb möglicherweise mangelhaften Fahrzeugs liegt, ist i. S. von § 323 V 2 BGB unerheblich und rechtfertigt deshalb keinen Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag. Denn der – unterstellte – Mangel lässt sich durch die Installation eines Softwareupdates beseitigen, und diese Maßnahme erfordert einen Kostenaufwand von weniger als 100 €, sodass die Mangelbeseitigungskosten im Verhältnis zum Kaufpreis geringfügig sind.
LG München II, Urteil vom 05.07.2016 – 14 O 404/16
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Ein Dieselfahrzeug, bei dem eine Software die Abgasaufbereitung (nur) in einer Testsituation optimiert und das deshalb vom sogenannten VW-Abgasskandal betroffen ist, ist i. S. des § 434 I BGB mangelhaft.
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Eine Nachbesserung ist auch dann objektiv unmöglich, wenn der Mangel, der der Kaufsache anhaftet, zwar einschließlich seiner Ursache beseitigt werden kann, aber ein technischer oder merkantiler Minderwert verbleibt.
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Ein VW-Vertragshändler muss sich das Wissen und insbesondere eine etwaige arglistige Täuschung der Volkswagen AG als Fahrzeugherstellerin nicht zurechnen lassen.
OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016 – 7 W 26/16
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Ein Verkäufer verschweigt einen Mangel nur dann arglistig, wenn er die den Mangel begründenden Umstände kennt oder sie zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer diese Umstände nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Ob der Verkäufer die den Mangel begründenden Umstände rechtlich zutreffend einordnet, ist ohne Belang; dass sich ihm ihr Vorliegen hätte aufdrängen müssen, genügt für Arglist aber nicht.
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Einen Mangel, der einer Besichtigung zugänglich und damit für den Käufer ohne Weiteres erkennbar ist, muss der Verkäufer nicht von sich aus offenbaren.
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Nach einem mangelbedingten Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag ist gemeinsamer Erfüllungsort für sämtliche Rückgewährpflichten der Ort, an dem sich die Kaufsache vertragsgemäß befindet.
OLG München, Urteil vom 09.06.2016 – 23 U 1201/14
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Der bloße Zusatz „i. A.“ in einem Kfz-Kaufvertrag steht der Annahme, der diesen Vertrag angeblich nur vermittelnde Kraftfahrzeughändler habe das Fahrzeug in Wahrheit selbst verkauft, dann nicht entgegen, wenn der Händler ein so großes Interesse am Verkauf des Fahrzeugs hatte, dass er sogar vor einem Betrug Käufers nicht zurückgeschreckt ist.
AG Dresden, Urteil vom 25.05.2016 – 105 C 4787/15
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Ein etwa arglistiges Verhalten der Volkswagen AG im Zusammenhang mit dem VW-Abgasskandal kann einem VW-Vertragshändler nicht zugerechnet werden, weil die Volkswagen AG als Fahrzeugherstellerin nicht Erfüllungsgehilfin des Vertragshändlers ist.
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Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen ist zwar i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft. Der dem Fahrzeug anhaftende – behebbare – Mangel ist jedoch geringfügig und rechtfertigt deshalb gemäß § 323 V 2 BGB keinen Rücktritt vom Kaufvertrag.
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Die in der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache liegende Pflichtverletzung des Verkäufers kann auch dann i. S. des § 323 V 2 BGB unerheblich sein und deshalb einen Rücktritt nicht rechtfertigen, wenn der der Kaufsache anhaftende Mangel nicht behebbar ist.
LG Dortmund, Urteil vom 12.05.2016 – 25 O 6/16
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