Ein Oldtimer-Verkäufer muss den Käufer ungefragt darüber aufklären, dass bei Restaurierungsarbeiten, die der Verkäufer veranlasst hat, der Wegstreckenzähler des Fahrzeugs auf null zurückgestellt wurde. Denn der Käufer eines Gebrauchtwagens darf auch mit Blick auf § 22b I Nr. 1 StVG grundsätzlich davon ausgehen, dass der Kilometerzähler die tatsächliche Laufleistung des Fahrzeugs anzeigt. Ist das nach der Kenntnis des Verkäufers nicht der Fall, hat er den Käufer darauf hinzuweisen, ohne dass es darauf ankommt, ob die Abweichung auf einer nach § 22b I Nr. 1 StVG strafbaren Manipulation beruht.

OLG München, Urteil vom 14.12.2016 – 20 U 1458/16

Sachverhalt: Der Kläger verlangt die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über einen Oldtimer sowie die Erstattung von Fracht-, Sachverständigen- und Rechtsanwaltskosten.

Er kaufte am 10.04.2015 von dem Beklagten für 330.000 € einen Pkw Mercedes-Benz 280 SE (Baujahr 1971). Das Fahrzeug wurde dem Kläger am selben Tag gegen Zahlung des Kaufpreises übergeben. Der schriftliche Kaufvertrag, ein „ADAC-Kaufvertrag für den privaten Verkauf eines historischen Kraftfahrzeuges (Oldtimer)“, enthält in Fettdruck folgenden Gewährleistungsausschluss:

„Das Kraftfahrzeug wird unter Ausschluss der Sachmängelhaftung verkauft. Dieser Ausschluss gilt nicht für die Schadensersatzansprüche aus Sachmängelhaftung, die auf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verletzung von Pflichten des Verkäufers beruhen, sowie bei der Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit. Ggf. noch bestehende Ansprüche gegenüber Dritten aus Sachmängelhaftung werden an den Käufer abgetreten.“.

In der Rubrik „I. Angaben des Verkäufers“ gab der Beklagte unter „1. Der Verkäufer garantiert“ durch Ankreuzen an, dass das Fahrzeug in der Zeit, in der es sein Eigentum war, keinen Unfallschaden und keine sonstigen Beschädigungen erlitten habe. Unter „2. Der Verkäufer erklärt“ gab der Beklagte unter anderem an, dass – soweit ihm bekannt – das Fahrzeug auch in der übrigen Zeit keine Unfallschäden und keine sonstigen Beschädigungen habe (Nr. 2.1), es eine Gesamtfahrleistung von 50 km („nur Testfahrten“) aufweise (Nr. 2.4) und es zwei Vorbesitzer („Fahrzeughalter einschließlich Verkäufer“) gehabt habe (Nr. 2.5).

In eine DEKRA-Gutachten zur Wiederinbetriebnahme vom 12.04.2010 ist der Kilometerstand mit 30.483 angegeben, in einem DEKRA-Bericht zur Hauptuntersuchung vom 02.04.2014 mit 15.

Der Kläger hatte das Fahrzeug bei einer Oldtimer-Messe in Stuttgart Ende März 2015 besichtigt, nachdem er durch ein „mobile.de“-Inserat darauf aufmerksam geworden war. In dem Inserat war die Laufleistung mit 800 km angegeben. Das Fahrzeug war als „komplett neu aufgebaut“ und „vergleichbar mit einem Neufahrzeug“ beschrieben; erneuert worden seien „alle Gummiteile, alle Leitungen, Bremse komplett neu, Motor komplett erneuert (Kolben, Lager, Ventile etc.), Automatikgetriebe komplett überholt, ebenfalls Vorder- und Hinterachse, Auspuff neu. Innenausstattung in Nappa-Leder neu, alle Chromteile neu verchromt“. Ein Fahrzeug in dieser Qualität werde es in Deutschland wahrscheinlich nicht mehr geben.

Mit Schreiben vom 11.04.2015 rügte der Kläger Mängel, die in einer Mercedes-Werkstatt festgestellt worden seien, und ließ mit Anwaltsschreiben vom 27.04.2015 die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und vorsorglich den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären. Gleichzeitig wurde der Beklagte aufgefordert, dem Kläger bis zum 07.05.2015 den Kaufpreis zurückzuzahlen und ihm die entstandenen Anwaltskosten zu ersetzen. Anfechtung und Rücktritt begründete der Kläger damit, dass der Oldtimer verschiedene Mängel aufweise, von denen einige auf einen Unfallschaden hindeuteten. Diesen Unfallschaden habe der Beklagte als gewerblicher Autohändler erkannt bzw. grob fahrlässig nicht erkannt.

Der Kläger hat in erster Instanz im Wesentlichen behauptet, der Beklagte restauriere und verkaufe Oldtimer gewerblich. Das von ihm, dem Kläger, erworbene Fahrzeug sei als umfassend und professionell restauriert angepriesen worden. Bei der Besichtigung auf der Messe in Stuttgart Ende März 2015 habe der Beklagte erklärt, der Oldtimer sei unfallfrei und „top restauriert“. Tatsächlich weise das Fahrzeug jedoch zahlreiche Mängel auf. Insbesondere liege ein nicht fachgerecht behobener Unfallschaden vor, der für den Beklagten als sachkundigen Kfz-Händler bei einer Sichtprüfung erkennbar gewesen sei. Außerdem sei die Restaurierung nicht fach- und sachgerecht durchgeführt worden.

Das Landgericht (LG Landshut, Urt. v. 11.03.2016 – 51 O 1707/15) hat die im Wesentlichen auf Rückzahlung des Kaufpreises (330.000 €) sowie Zahlung von 3.128 € (Fracht- und Sachverständigenkosten) und 4.066,11 € (vorgerichtliche Anwaltskosten) gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine arglistige Täuschung durch den Beklagten sei nicht nachgewiesen. Der Kläger habe weder nachgewiesen, dass das Fahrzeug während der Besitzzeit des Beklagten einen Unfallschaden erlitten habe, noch habe er nachgewiesen, dass dem Beklagten ein in der übrigen Zeit erlittener Unfallschaden bekannt gewesen sei. Die von dem Zeugen F berichtete Erklärung des Beklagten, das Fahrzeug sei ein deutsches Fahrzeug, es sei vollständig restauriert und unfallfrei, sei nicht im Zuge von Vertragsverhandlungen, sondern bei der Besichtigung auf der Messe abgegeben worden. Im schriftlichen Kaufvertrag sei sie nur eingeschränkt abgegeben worden; über den Inhalt dieses Vertrages hinausgehende Zusicherungen des Beklagten habe der Kläger nicht behauptet. Den im Kaufvertrag enthaltenen Gewährleistungsausschluss hat das Landgericht für wirksam erachtet. Die vom Kläger vorgetragenen Umstände reichten für den Nachweis, dass der Beklagte Unternehmer sei, nicht aus. Der Beklagte dürfe sich auf den Ausschluss der Sachmängelhaftung auch berufen. Denn er habe weder die Unfallfreiheit des Oldtimers garantiert, noch sei dem Kläger der Nachweis gelungen, dass der Beklagte einen Mangel des Fahrzeugs arglistig verschwiegen habe. Seine Behauptung, der Beklagte habe den Oldtimer selbst restauriert, habe der Kläger nicht beweisen können.

Dagegen wandte sich der Kläger mit der Berufung und trug erstmals im Berufungsverfahren vor, der Beklagte habe ihn über die Laufleistung des Fahrzeugs getäuscht. Aus dem DEKRA-Gutachten zur Wiederinbetriebnahme vom 12.04.2010 habe der Beklagte gewusst, dass damals der Kilometerstand 30.483 betragen habe. Dennoch habe er im Kaufvertrag die Gesamtlaufleistung mit lediglich 50 km angegeben. Während der Besitzzeit des Beklagten sei der Kilometerzähler dergestalt manipuliert worden, dass er statt einer Laufleistung von 30.483 km nur eine solche von 50 km anzeige. Die stelle gemäß § 22b I Nr. 1 StVG eine Straftat dar. Ihm, dem Kläger, sei nicht bekannt gewesen, dass der Oldtimer eine höhere Gesamtlaufleistung aufweise als angegeben, und er habe das Fahrzeug auch nicht unabhängig von seiner Laufleistung erwerben wollen.

In der Berufungsbegründung vom 10.6.2016 hat der Kläger vorsorglich auch deshalb die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt, weil er über die Laufleistung des Fahrzeugs, dessen (angeblich) „vollständige Restaurierung“ und die (angebliche) Unfallfreiheit getäuscht worden sei.

In der mündlichen Verhandlung am 12.10.2016 hat der Beklagte angegeben, der Wegstreckenzähler des Oldtimers habe ursprünglich Meilen angezeigt. Bei der Umjustierung auf Kilometer sei er auf null gestellt worden.

Die Berufung hatte Erfolg.

Aus den Gründen: II. Die Berufung ist begründet. Dabei kann dahinstehen, ob der vereinbarte Gewährleistungsausschluss nach §§ 475 I, 14 BGB unwirksam ist, weil der Beklagte gewerblich mit Oldtimern handelt. Ebenso kann offenbleiben, ob das streitgegenständliche Fahrzeug die vom Kläger entsprechend dem Privatgutachten des Sachverständigen K vom 12.06.2015 behaupteten Mängel aufweist.

1. Der Kläger hat Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung (§§ 123 I, 142 I, 812 I 1 Fall 1 BGB) sowie Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten (culpa in contrahendo; §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB), weil – wie sich im Berufungsverfahren ergeben hat – die Angaben des Beklagten im Kaufvertrag vom 10.04.2015 zur Gesamtfahrleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs unzutreffend sind und der Beklagte zudem pflichtwidrig verschwiegen hat, dass im Rahmen der von ihm veranlassten Restaurierungsarbeiten der Tacho auf „0“ gesetzt worden ist.

a) Das diesbezügliche Vorbringen des Klägers ist nicht verspätet, denn es beruht nicht auf einer Nachlässigkeit des Klägers, dass der Vortrag in erster Instanz unterblieben ist (§ 531 II Nr. 3 ZPO). Der Kläger war nicht gehalten, Nachforschungen zum Stand des Wegstreckenzählers zum Zeitpunkt der Wiederinbetriebnahme des Fahrzeugs durch den Beklagten im Jahr 2010 anzustellen. Es ist deshalb nicht als Nachlässigkeit des Klägers zu werten, dass er erst im Berufungsverfahren nach eingehender Untersuchung des vom Beklagten übersandten Bildmaterials durch seinen Prozessbevollmächtigten erkannte, dass auf einem am 01.04.2010 aufgenommenen Foto ein Tachostand von 30.483 ersichtlich ist.

Zudem stützt der Kläger die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung auf unstreitige Tatsachen. Der Beklagte hat in der Berufungserwiderung vom 22.07.2016 eingeräumt, dass der Tacho des streitgegenständlichen Fahrzeugs im Zuge der von ihm veranlassten Restaurierung auf „0“ gesetzt worden ist, und hat nicht substanziiert bestritten, dass der Tacho davor eine Laufleistung von rund 30.000 (Kilometer oder Meilen) angezeigt hat.

b) Der Beklagte hat im Kaufvertrag zumindest ins Blaue hinein eine unzutreffende Gesamtlaufleistung angegeben und dadurch den Kläger arglistig getäuscht (§ 123 I BGB).

(1) Ausweislich des an den Beklagten adressierten DEKRA-Gutachtens vom 12.04.2010 zur Wiederinbetriebnahme wies das streitgegenständliche Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt einen Kilometerstand von 30.483 auf. Soweit der Beklagte im Schriftsatz vom 25.08.2016 diesen Kilometerstand bestreitet und darauf verweist, er könne nicht sagen, ob der Sachverständige diese Zahl zutreffend abgelesen habe oder ob ein Zahlendreher oder eine Zahlenverwechslung vorliege, ist das nicht hinreichend substanziiert. Konkrete Anhaltspunkte für einen Ablese- oder Übertragungsfehler des Gutachters trägt der Beklagte nicht vor. Überdies hat der Kläger dargelegt, dass das vom Beklagten übermittelte, am 01.04.2010 aufgenommene Foto des Armaturenbretts bei entsprechender Vergrößerung einen Tachostand von 30.483 km zeigt. Diesen Sachvortrag hat der Beklagte nicht bestritten.

(2) Ohne Erfolg wendet der Beklagte ein, er habe im Kaufvertrag keine Gesamtfahrleistung angegeben. An dem unter Nr. 2.4 des Vertragsformulars vorgedruckten Text, „dass das Kfz – soweit ihm bekannt – eine Gesamtfahrleistung von … aufweist“, hat der Beklagte nichts geändert oder gestrichen, sondern nur die Zahl in die vorgesehene Lücke eingetragen und handschriftlich hinzugefügt „nur Testfahrten“.

(3) Soweit der Beklagte meint, die Angabe von nur 50 km habe vom Kläger nicht als Gesamtfahrleistung des über 40 Jahre alten Fahrzeugs verstanden werden können, folgt der Senat dem nicht. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass gerade ein Fahrzeug wie das streitgegenständliche aufgrund besonderer Umstände über Jahrzehnte hinweg nicht gefahren wird. Das gilt umso mehr, als dieser Fahrzeugtyp – wie vom Beklagten im Inserat hervorgehoben – nur in geringer Stückzahl hergestellt worden ist. Die Darlegungen des Beklagten zur üblichen Laufleistung von Kraftfahrzeugen führen nicht weiter, denn die für eine Vielzahl von Fahrzeugen anzunehmenden Erfahrungs- und Durchschnittswerte zur Laufleistung schließen nicht aus, dass in einem besonders gelagerten Einzelfall eine außergewöhnliche Abweichung von diesen Werten vorliegt. Überdies hat der Beklagte das Fahrzeug im Inserat als „vergleichbar einem Neufahrzeug“ beschrieben, das „es in dieser Qualität in Deutschland wahrscheinlich nicht mehr geben“ werde. Der Kläger musste auch nicht aus dem Umfang der beschriebenen Restaurierungsarbeiten den Schluss ziehen, dass das Fahrzeug eine weitaus höhere Gesamtlaufleistung aufweise als vom Beklagten im Vertrag angegeben, denn aus der Darstellung der durchgeführten Arbeiten geht nicht hervor, ob diese durch nutzungsbedingten Verschleiß oder Alterung bzw. Standzeit bedingt waren.

(4) Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass ihm der im April 2010 angezeigte Tachostand nicht mehr erinnerlich gewesen sei. Er ist dafür verantwortlich, dass seine Erklärungen im Vertrag vollständig und richtig sind, und hat gegebenenfalls eine eingeschränkte Erinnerung durch einen Blick in die Unterlagen zu dem Fahrzeug aufzufrischen. Das gilt umso mehr, als nach dem eigenen Vortrag des Beklagten der Tachostand im Zuge der von ihm veranlassten Restaurierungsarbeiten auf „0“ gesetzt wurde. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der (fünfstellige) Tacho möglicherweise auch vor der Herabsetzung des Kilometerstandes auf „0“ nicht die wahre Gesamtlaufleistung wiedergegeben hat.

(5) Die Laufleistung des Fahrzeugs kann bei dem streitgegenständlichen Oldtimer nicht als für den Kaufentschluss unerheblicher Umstand angesehen werden, was dem Beklagten auch bewusst sein musste. Es mag sein, dass bei Sammlerfahrzeugen der bisherigen Laufleistung als wertbildendem Faktor nicht dieselbe Bedeutung zukommt wie bei einem zum täglichen Gebrauch bestimmten Fahrzeug. Das ändert aber nichts daran, dass es sich um einen – möglicherweise weniger gewichtigen – Faktor handelt, der für die Kaufentscheidung Bedeutung haben kann. Das zeigt sich schon daran, dass in den vom Beklagten verwendeten Formularkaufvertrag für den „Verkauf eines historischen Fahrzeugs“ eine Erklärung des Verkäufers zur Gesamtfahrleistung vorgesehen ist. Überdies hat der Beklagte in den von ihm eingestellten Inseraten jeweils einen (niedrigen) Kilometerstand angegeben, was ebenfalls belegt, dass dieser durchaus von Interesse ist. Hinzu kommt, dass der Beklagte das Fahrzeug im Inserat als „vergleichbar mit einem Neufahrzeug“ beschrieben hat. In diesem Zusammenhang stellt die im Kaufvertrag angegebene außergewöhnlich niedrige Gesamtlaufleistung einen mit dieser Beschreibung korrespondierenden und sie bestätigenden Umstand dar. Zudem hat der Kläger vorgetragen, dass ihm die Laufleistung des Fahrzeugs wichtig gewesen sei.

c) Darüber hinaus stellt die Herabsetzung des Tachostandes auf „0“ im Zuge der vom Beklagten veranlassten Restaurierungsarbeiten schon für sich betrachtet einen Umstand dar, über den der Beklagte als Verkäufer den Kläger ungefragt aufzuklären hatte. Die Veränderung des Messergebnisses des Wegstreckenzählers stellt grundsätzlich eine Straftat dar (§ 22b I Nr. 1 StVG). Der Käufer eines gebrauchten Fahrzeugs kann sich folglich darauf verlassen, dass die Anzeige des Wegstreckenzählers die tatsächlich gemessene gesamte Laufleistung des Fahrzeugs wiedergibt. Ist das nach Kenntnis des Verkäufers nicht der Fall, hat er den Käufer darauf hinzuweisen.

Hier ist überdies aufgrund einer vom Beklagten veranlassten Maßnahme das Messergebnis des Wegstreckenzählers verändert worden. Unerheblich ist, ob die Veränderung des Messergebnisses als Verfälschung i. S. des § 22b I Nr. 1 StVG einzuordnen ist oder nicht, etwa weil sie im Rahmen der Reparatur, Justierung oder Konvertierung des Wegstreckenzählers erfolgt ist. Die berechtigte Erwartung des Käufers, dass der Tachostand der tatsächlichen Laufleistung entspricht, wird in beiden Fällen nicht erfüllt. Es kommt somit nicht darauf an, ob die Herabsetzung des Tachostandes auf „0“ deshalb erfolgt ist, weil der Tacho ursprünglich Meilen gezählt hat und im Zuge der Restaurierung auf die Zählung von Kilometern umgestellt worden ist, wie vonseiten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dargelegt.

d) Der Kläger hat die Anfechtung fristgerecht erklärt (§ 124 I, II BGB). Die Anfechtungsfrist beginnt, sobald der Anfechtungsberechtigte vom Irrtum und vom arglistigen Verhalten des anderen Teils Kenntnis erlangt hat; ein bloßer Verdacht oder Kennenmüssen genügt nicht. Die Kenntnis vom arglistigen Verhalten des Beklagten hat der Kläger erst erlangt, als ihm aufgrund der im Berufungsverfahren durchgeführten Nachforschungen bekannt geworden ist, dass der Tacho vor der Restaurierung einen Stand von rund 30.000 (Kilometer oder Meilen) ausgewiesen hat. Es ist folglich ohne Belang, ob die im Gutachten K vom 11.05.2010 festgestellten Mängel auch für einen Laien erkennbar allenfalls bei einer Laufleistung von 100.000 km eintreten können; der Einholung des hierfür angebotenen Sachverständigengutachtens bedarf es nicht …

e) Im Übrigen bleibt der zugleich bestehende Anspruch aus culpa in contrahendo auch nach Ablauf der Anfechtungsfrist bestehen (Palandt/Ellenberger, BGB 76. Aufl. [2017], § 124 Rn. 1 m. w. Nachw.).

(1) Die unzutreffende Angabe der Gesamtlaufleistung im Kaufvertrag stellt ebenso eine Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflicht dar wie das Verschweigen der Veränderung des Tachostands. Bei den Angaben unter Nr. I. 2 des Kaufvertrages („Der Verkäufer erklärt“) handelt es sich um Wissenserklärungen. Der Verkäufer, der eine solche Wissensmitteilung abgibt, haftet nach §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB dafür, dass die Angaben vollständig und richtig sind (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VIII ZR 253/05, NJW 2008, 1517 Rn. 13; Palandt/Weidenkaff, BGB, 76. Aufl. [2017], § 434 Rn. 15 m. w. Nachw.). Das ist hinsichtlich der Angaben des Beklagten zur Gesamtfahrleistung nicht der Fall. Insoweit wird auf die Ausführungen unter 1 b Bezug genommen.

(2) Die Veränderung der Anzeige des Wegstreckenzählers hatte der Beklagte offenzulegen (vgl. oben 1 c). Das hat er unstreitig unterlassen.

2. Soweit der Beklagte im Schriftsatz vom 14.11.2016 erstmals unter Beweisantritt vorträgt, er habe bereits in einem Telefonat mit dem Kläger auf dessen Frage nach der Laufleistung erläutert, dass diese nicht verlässlich angegeben werden könne, ist dieses Vorbringen ebenso verspätet wie die unter Beweis gestellte Behauptung, der Kläger habe bei der Besichtigung des Fahrzeugs bei der Oldtimer-Messe in Stuttgart einen Tachostand von rund 30.000 wahrnehmen können (§ 530 ZPO i. V. mit § 296 I ZPO). Die Zulassung würde den Rechtsstreit verzögern und ist nicht hinreichend entschuldigt.

Dem Beklagten wurde eine Schriftsatzfrist eingeräumt im Hinblick auf den Schriftsatz des Klägers vom 05.10.2016. Damit stehen die neuen Behauptungen nicht in Zusammenhang.

Der Hinweis des Senats im Termin vom 12.10.2016, wonach sich eine Haftung des Beklagten auch aus der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten ergeben könne, bietet keinen Anlass zu neuem Sachvortrag. Dieser rechtlichen Einordnung liegt kein anderer Sachverhalt zugrunde als derjenige, aus dem sich die arglistige Täuschung ergibt. Der Beklagte hat weder in der Berufungserwiderung vom 22.07.2016 noch in seiner Stellungnahme vom 25.08.2016 zum Hinweis des Senats vom 03.08.2016, wonach die Annahme von arglistigem Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit seinen Angaben zur Gesamtfahrleistung naheliege, die nun behaupteten Gespräche mit dem Kläger bzw. mit dessen Bekannten über die schwierig zu schätzende Kilometerleistung erwähnt. Demgegenüber hat er in diesen Schriftsätzen umfangreich dargelegt, weshalb aus seiner Sicht dem Kläger bewusst sein musste, dass die Angabe im schriftlichen Vertrag nicht die Gesamtlaufleistung betreffen konnte. Im Schriftsatz vom 25.08.2016 hat er zudem vorgetragen, der Kläger habe nach einer Gesamtlaufleistung zu keinem Zeitpunkt gefragt. Auch hat er in der Berufungserwiderung ausdrücklich vorgetragen, der Tacho sei im Rahmen der Restaurierung auf „0“ gesetzt worden (was durch den Bericht zur Hauptuntersuchung vom 02.04.2014 belegt wird, in dem der Kilometerstand mit „15“ angegeben ist), sodass der ursprüngliche Stand bei der Besichtigung durch den Kläger Ende März 2015 nicht mehr angezeigt worden sein kann.

3. Der Kläger hat Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 330.000 €, Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs, sowie auf Erstattung der Fracht- und Sachverständigenkosten in Höhe von insgesamt 3.128 € und der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 4.066,11 € …

PDF erstellen