1. Zur Un­zu­läs­sig­keit ei­ner Fest­stel­lungs­kla­ge (§ 256 I ZPO) des – aus ab­ge­tre­te­nem Recht des Käu­fers/​Lea­sing­ge­bers vor­ge­hen­den – Lea­sing­neh­mers ge­gen den Ver­käu­fer mit dem Ziel der Fest­stel­lung, dass sich der Kauf­ver­trag zwi­schen dem Ver­käu­fer und dem Lea­sing­ge­ber auf­grund des vom Lea­sing­neh­mer er­klär­ten Rück­tritts in ein Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis um­ge­wan­delt ha­be.
  2. Ge­mäß § 440 Satz 1 Fall 3 BGB kann dem Käu­fer (bzw. dem aus ab­ge­tre­te­nem Recht des Käu­fers/​Lea­sing­ge­bers vor­ge­hen­den Lea­sing­neh­mer) ei­nes vom so­ge­nann­ten Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs ei­ne Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung vor der Er­klä­rung des Rück­tritts vom Kauf­ver­trag un­zu­mut­bar sein, wenn der Ver­käu­fer er­klärt hat, dass ei­ne Soft­ware­lö­sung zur Be­sei­ti­gung ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung erst in meh­re­ren Mo­na­ten zur Ver­fü­gung ste­hen wer­de (Be­stä­ti­gung von Se­nat, Beschl. v. 22.02.2022 – VI­II ZR 434/21, ju­ris Rn. 15).
  3. Im Hin­blick auf die Recht­spre­chung des EuGH (Urt. v. 14.07.2022 – C-145/20, ECLI:EU:C:2022:572 = ju­ris Rn. 95 ff. – Por­sche In­ter Au­to und Volks­wa­gen), die auch bei der Aus­le­gung und An­wen­dung des § 323 V 2 BGB zu be­rück­sich­ti­gen ist, kann ei­ne der­ar­ti­ge Ab­schalt­ein­rich­tung nicht als ge­ring­fü­gi­ge Ver­trags­wid­rig­keit i. S. von Art. 3 VI der Richt­li­nie 1999/44/EG des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 25.05.1999 zu be­stimm­ten As­pek­ten des Ver­brauchs­gü­ter­kaufs und der Ga­ran­ti­en für Ver­brauchs­gü­ter (ABl. 1999 L 171, 12) und da­mit grund­sätz­lich nicht als ei­ne un­er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung nach § 323 V 2 BGB an­ge­se­hen wer­den.
  4. An das Vor­lie­gen ei­nes still­schwei­gen­den Ver­zichts auf Rech­te sind stren­ge An­for­de­run­gen zu stel­len. Da­her müs­sen für die An­nah­me ei­nes still­schwei­gen­den Ver­zichts des Ver­käu­fers auf die im kauf­män­ni­schen Ge­schäfts­ver­kehr gel­ten­de Rü­ge­ob­lie­gen­heit des Käu­fers ge­mäß § 377 II, III HGB be­zie­hungs­wei­se auf die dem Ver­käu­fer güns­ti­gen Rechts­fol­gen ei­ner nach der vor­ge­nann­ten Vor­schrift be­reits ein­ge­tre­te­nen Ge­neh­mi­gungs­wir­kung ein­deu­ti­ge An­halts­punk­te vor­lie­gen (Be­stä­ti­gung von Se­nat, Urt. v. 19.06.1991 – VI­II ZR 149/90, NJW 1991, 2633 un­ter II 1 c bb; Urt. v. 25.11.1998 – VI­II ZR 259/97, NJW 1999, 1259 un­ter III 2 a).

BGH, Ur­teil vom 09.11.2022 – VI­II ZR 272/20

Sach­ver­halt: Die Be­klag­te zu 1 (nach­fol­gend auch: Be­klag­te) han­delt mit Kraft­fahr­zeu­gen. Sie bot dem Klä­ger, der als Exis­tenz­grün­der ein Fahr­zeug zu ge­werb­li­chen Zwe­cken er­wer­ben woll­te, ei­nen von der – am Re­vi­si­ons­ver­fah­ren nicht be­tei­lig­ten – Volks­wa­gen AG (Be­klag­te zu 2) her­ge­stell­ten Neu­wa­gen VW Cad­dy Kas­ten­wa­gen Ma­xi Eco­Pro­fi 1.6 TDI zum Lis­ten­preis von 22.932,89 € an. Auf Ver­mitt­lung der Be­klag­ten zu 1 schloss der Klä­ger so­dann mit der Volks­wa­gen Lea­sing GmbH (nach­fol­gend: Lea­sing­ge­be­rin) nach Maß­ga­be ei­ner „Ge­schäfts­fahr­zeug-Lea­sing-Be­stel­lung“ vom 28.05.2015 ei­nen Lea­sing­ver­trag über das vor­ge­nann­te Fahr­zeug mit ei­ner Lauf­zeit von 60 Mo­na­ten. Das Fahr­zeug wur­de dem Klä­ger am 02.06.2015 über­ge­ben.

Die Lea­sing­ge­be­rin, die das Fahr­zeug von der Be­klag­ten er­warb, trat dem Klä­ger ge­mäß Nr. XI­II ih­rer für Ge­schäfts­fahr­zeu­ge gel­ten­den Lea­sing­be­din­gun­gen „sämt­li­che An­sprü­che und Rech­te aus dem Kauf­ver­trag […] we­gen der Man­gel­haf­tig­keit des Fahr­zeugs ab“. Fer­ner ist dort be­stimmt:

„Der Lea­sing­neh­mer […] ist zur un­ver­züg­li­chen Män­gel­rü­ge ge­gen­über dem Ver­käu­fer des Fahr­zeugs er­mäch­tigt und ver­pflich­tet, die Rech­te und An­sprü­che im ei­ge­nen Na­men und mit der Maß­ga­be gel­tend zu ma­chen, dass im Fal­le des Rück­tritts und der Kauf­preis­min­de­rung et­wai­ge Zah­lun­gen des Lie­fe­ran­ten di­rekt an den Lea­sing­ge­ber zu leis­ten sind.“

Die Her­stel­le­rin hat­te das Fahr­zeug mit ei­nem Die­sel­mo­tor des Typs EA189 (Ab­gas­norm Eu­ro 5) aus­ge­stat­tet. Die­ser Mo­tor ver­fügt über ei­ne Steue­rungs­soft­ware, die er­kennt, ob sich das Fahr­zeug auf ei­nem Prüf­stand be­fin­det. In die­sem Fall wird ei­ne hö­he­re Ab­gas­rück­füh­rungs­ra­te und so­mit ein ge­rin­ge­rer Stick­oxid(NOX-)Aus­stoß als im Nor­mal­be­trieb be­wirkt. Dies wur­de im Sep­tem­ber 2015 durch ei­ne Mit­tei­lung der Fahr­zeug­her­stel­le­rin öf­fent­lich be­kannt. Das Kraft­fahrt-Bun­des­amt wer­te­te die Steue­rungs­soft­ware in sei­nem Rück­ruf­be­scheid vom 15.10.2015 als un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung. Der Klä­ger er­lang­te da­von in un­mit­tel­ba­rem zeit­li­chen Zu­sam­men­hang Kennt­nis.

Mit An­walts­schrei­ben vom 02.02.2016 er­klär­te der Klä­ger ge­gen­über der Be­klag­ten den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und ver­lang­te des­sen Rück­ab­wick­lung. Die Be­klag­te trat dem mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 16.02.2016 un­ter Ver­weis auf ein in der Ent­wick­lung be­find­li­ches Soft­ware­up­date der Fahr­zeug­her­stel­le­rin ent­ge­gen. Sie kün­dig­te an, mit der Um­set­zung ei­ner Rück­ruf­ak­ti­on kön­ne ab der 36. Ka­len­der­wo­che 2016 be­gon­nen wer­den. Wei­ter er­klär­te sie, dass dem Rück­ab­wick­lungs­be­geh­ren des Klä­gers nicht ent­spro­chen wer­den kön­ne, sie aber bis zum 31.12.2016 auf die Er­he­bung der Ver­jäh­rungs­ein­re­de ver­zich­te.

Der Klä­ger, der die Zah­lung der Lea­sing­ra­ten ein­stell­te, hat mit der Kla­ge – so­weit im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren von In­ter­es­se – die Fest­stel­lung be­gehrt, dass sich das Kauf­ver­trags­ver­hält­nis zwi­schen der Lea­sing­ge­be­rin und der Be­klag­ten durch sei­ne Rück­tritts­er­klä­rung, die er in der Kla­ge­schrift wie­der­holt hat, in ein Ab­wick­lungs­ver­hält­nis um­ge­wan­delt ha­be.

Wäh­rend des erst­in­stanz­li­chen Ver­fah­rens – am 21.12.2016 – setz­te die Be­klag­te den Klä­ger da­von in Kennt­nis, dass das an­ge­kün­dig­te Soft­ware­up­date für sein Fahr­zeug zur Ver­fü­gung ste­he. Am 07.02.2019 kün­dig­te die Lea­sing­ge­be­rin den Lea­sing­ver­trag und nahm das Fahr­zeug im sel­ben Mo­nat zu­rück.

Das Land­ge­richt hat die Fest­stel­lungs­kla­ge man­gels des ge­mäß § 256 I ZPO er­for­der­li­chen Fest­stel­lungs­in­ter­es­ses ab­ge­wie­sen. Mit der Be­ru­fung hat der Klä­ger sein Fest­stel­lungs­be­geh­ren wei­ter­ver­folgt und – so­weit im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren von In­ter­es­se – die Be­klag­te hilfs­wei­se auf Zah­lung von 21.932,89 € nebst Zin­sen an die Lea­sing­ge­be­rin, Zug um Zug ge­gen Über­ga­be und Über­eig­nung des ge­lie­fer­ten Fahr­zeugs so­wie Zah­lung ei­ner noch dar­zu­le­gen­den Nut­zungs­ent­schä­di­gung, in An­spruch ge­nom­men. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat der Fest­stel­lungs­kla­ge statt­ge­ge­ben und die Re­vi­si­on für die Be­klag­te mit der Be­grün­dung zu­ge­las­sen, es sei klä­rungs­be­dürf­tig, ob es im Streit­fall ei­ner Frist­set­zung be­durft ha­be.

Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten, die da­mit die Wie­der­her­stel­lung des land­ge­richt­li­chen Ur­teils be­gehr­te, so­weit das Be­ru­fungs­ge­richt zu ih­rem Nach­teil er­kannt hat, hat­te Er­folg..

Aus den Grün­den: [11]   I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zur Be­grün­dung sei­ner Ent­schei­dung – so­weit für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren von In­ter­es­se – im We­sent­li­chen aus­ge­führt:

[12]   Die ge­gen die Be­klag­te ge­rich­te­te Fest­stel­lungs­kla­ge sei zu­läs­sig. Im Zeit­punkt der Kla­ge­er­he­bung ha­be der Klä­ger nicht ab­se­hen kön­nen, wie sich die Lea­sing­ge­be­rin ver­hal­ten wer­de. Es ha­be die Mög­lich­keit im Raum ge­stan­den, dass sie das Fahr­zeug ver­wer­te. Da des­sen Her­aus­ga­be an die Be­klag­te dann nicht mög­lich ge­we­sen wä­re, hät­te der Klä­ger ge­mäß § 346 II 1 Nr. 2 BGB Wert­er­satz leis­ten müs­sen, was die Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens er­for­dert hät­te.

[13]    Die Fest­stel­lungs­kla­ge sei auch be­grün­det. Das Ver­trags­ver­hält­nis zwi­schen der Lea­sing­ge­be­rin und der Be­klag­ten sei auf­grund der in der Kla­ge­schrift vom Klä­ger auch na­mens der Lea­sing­ge­be­rin ab­ge­ge­be­nen Rück­tritts­er­klä­rung in ein Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis um­ge­wan­delt wor­den.

[14]   Das Fahr­zeug sei bei Aus­lie­fe­rung nicht i. S. des § 434 I 2 Nr. 1 BGB (a.F.) frei von Sach­män­geln ge­we­sen. Es hät­te je­der­zeit still­ge­legt wer­den kön­nen, denn es sei mit ei­ner Soft­ware aus­ge­stat­tet ge­we­sen, bei der es sich um ei­ne ver­bo­te­ne Ab­schalt­ein­rich­tung i. S. des Art. 5 II der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 20.06.2007 über die Typ­ge­neh­mi­gung von Kraft­fahr­zeu­gen hin­sicht­lich der Emis­sio­nen von leich­ten Per­so­nen­kraft­wa­gen und Nutz­fahr­zeu­gen (Eu­ro 5 und Eu­ro 6) und über den Zu­gang zu Re­pa­ra­tur- und War­tungs­in­for­ma­tio­nen für Fahr­zeu­ge (ABl. 2007 L 171, 1) han­de­le.

[15]   Der Klä­ger sei ge­mäß § 437 Nr. 2, § 323 II Nr. 3, § 440 Satz 1 Fall 3 BGB zum Rück­tritt be­rech­tigt ge­we­sen, oh­ne der Be­klag­ten zu­vor ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung zu set­zen. Es lä­gen be­son­de­re Um­stän­de i. S. des § 323 II Nr. 3 BGB vor, die un­ter Ab­wä­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen den so­for­ti­gen Rück­tritt recht­fer­tig­ten. Dies sei der Fall, wenn das Ver­trau­en in die Leis­tungs­fä­hig­keit des Schuld­ners ent­fal­len sei, et­wa weil er den Man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen ha­be. Zwar feh­le es hier an ei­nem arg­lis­ti­gen Ver­hal­ten der Be­klag­ten. Auch sei ihr die Arg­list der Fahr­zeug­her­stel­le­rin bei der Ent­wick­lung des Mo­tors EA189 nicht zu­re­chen­bar. Dies sei je­doch nicht er­for­der­lich, denn ei­ne ei­gen­ver­ant­wort­li­che Nach­bes­se­rung bie­te die Be­klag­te nicht an. Sie sei in vol­lem Um­fang auf die Tä­tig­keit der In­ge­nieu­re der Ent­wick­lungs­ab­tei­lung der Fahr­zeug­her­stel­le­rin und da­mit auf die­je­ni­gen Per­so­nen an­ge­wie­sen, die den Man­gel letzt­lich ver­ur­sacht hät­ten. An­ge­sichts die­ser be­son­de­ren Um­stän­de sei dem Klä­ger ei­ne Nach­bes­se­rung durch ein Soft­ware­up­date auch ge­mäß § 440 Satz 1 Fall 3 BGB nicht zu­mut­bar. Dar­an än­de­re die Ein­be­zie­hung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes grund­sätz­lich nichts, denn die­ses ha­be we­der die Ka­pa­zi­tät noch die Mög­lich­keit, die Wir­kungs­wei­se und die Lang­zeit­fol­gen des Soft­ware­up­dates si­cher zu be­ur­tei­len, weil es sei­ne Kon­trol­le nicht im Stra­ßen­ver­kehr, son­dern auf dem Prüf­stand vor­neh­me.

[16]   Hin­zu kom­me, dass im Ja­nu­ar und Fe­bru­ar 2016 die Ent­wick­lung des Soft­ware­up­dates erst für die 36. Ka­len­der­wo­che in Aus­sicht ge­stellt wor­den und der Er­folg der Maß­nah­me gänz­lich un­ge­wiss ge­we­sen sei. Zu­min­dest dann, wenn ei­ne Ab­hil­fe­mög­lich­keit erst noch ent­wi­ckelt wer­den müs­se, sei das Set­zen ei­ner Nach­frist un­zu­mut­bar.

[17]   Der Wirk­sam­keit des Rück­tritts ste­he die Be­stim­mung des § 323 V 2 BGB nicht ent­ge­gen, denn die Pflicht­ver­let­zung der Be­klag­ten sei nicht im Sin­ne die­ser Vor­schrift ge­ring­fü­gig ge­we­sen. Maß­geb­li­cher Zeit­punkt für die Be­ur­tei­lung der Er­heb­lich­keit sei die Rück­tritts­er­klä­rung. Der Ein­satz ei­ner so­ge­nann­ten „Schum­mel­soft­ware“ bei ei­nem Kraft­fahr­zeug sei ei­ne er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung, wenn im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung – wie hier – das Soft­ware­up­date noch nicht vor­lie­ge. Ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten kom­me es nicht aus­schließ­lich auf den mit ei­ner et­wai­gen Nach­bes­se­rung für sie ver­bun­de­nen Kos­ten­auf­wand an.

[18]   Der Man­gel gel­te nicht ge­mäß § 377 II HGB als ge­neh­migt. Al­ler­dings sei der Kauf­ver­trag ein Han­dels­ge­schäft i. S. von § 377 I HGB. Dies gel­te selbst dann, wenn der Klä­ger nicht als Kauf­mann an­zu­se­hen sein soll­te, denn es kom­me aus­schließ­lich auf die Lea­sing­ge­be­rin an. Der Klä­ger ha­be den Man­gel erst im Fe­bru­ar 2016 und da­mit nicht un­ver­züg­lich i. S. des § 377 HGB ge­rügt. Die Rü­ge­pflicht sei nach der Ad-hoc-Mit­tei­lung des da­ma­li­gen Vor­stands­vor­sit­zen­den der Fahr­zeug­her­stel­le­rin im Sep­tem­ber 2015 ent­stan­den. Der Klä­ger ha­be nicht in Ab­re­de ge­stellt, in un­mit­tel­ba­rem Zu­sam­men­hang Kennt­nis da­von er­langt zu ha­ben, dass auch sein Fahr­zeug mit ei­ner sol­chen Ab­schalt­ein­rich­tung aus­ge­stat­tet ge­we­sen sei

[19]   Ei­ne Rü­ge­pflicht des Klä­gers ha­be je­doch nicht be­stan­den. Ei­ne Män­gel­rü­ge sei über­flüs­sig, wenn dem Ver­käu­fer der Man­gel klar sei und er au­ßer­dem wis­se, dass der Käu­fer sich mit der ge­lie­fer­ten Wa­re nicht ab­fin­de. Der Be­klag­ten sei der Man­gel be­kannt ge­we­sen. Auf­grund des dro­hen­den Wi­der­rufs der Zu­las­sung sei ihr auch klar ge­we­sen, dass sich der Klä­ger mit der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung nicht ab­fin­den wer­de.

[20]   Zu­dem ha­be die Be­klag­te auf die Rü­ge­ver­pflich­tung und die Rechts­fol­gen des § 377 II, III HGB kon­klu­dent ver­zich­tet. Zwar müss­ten die Um­stän­de klar auf ei­nen Ver­zicht schlie­ßen las­sen. Dies sei hier je­doch der Fall. In ih­rem Schrei­ben vom 16.02.2016 ha­be die Be­klag­te vor­be­halt­los auf die Nach­bes­se­rung durch die Fahr­zeug­her­stel­le­rin ver­wie­sen und sich so­wohl ent­schul­digt als auch die Ge­wäh­rung der Mo­bi­li­tät wäh­rend ei­nes Werk­statt­auf­ent­halts zu­ge­sagt. Dar­über hin­aus ha­be die Be­klag­te ei­nen Ver­jäh­rungs­ver­zicht er­klärt. Ei­ne Ver­pflich­tung zur Nach­bes­se­rung ha­be sie nicht in Ab­re­de ge­stellt, son­dern vor­be­halt­los an­er­kannt. Dar­in lie­ge nach dem maß­geb­li­chen ob­jek­ti­ven Emp­fän­ger­ho­ri­zont ein kon­klu­den­ter Ver­zicht. Es kom­me nicht dar­auf an, dass die Be­klag­te oh­ne Nach­bes­se­rung nicht zur Rück­ab­wick­lung be­reit ge­we­sen sei, denn auch die Ver­pflich­tung zur Nach­bes­se­rung sei ein Recht i. S. des § 377 HGB.

[21]   II. Die­se Be­ur­tei­lung hält recht­li­cher Nach­prü­fung in ent­schei­den­den Punk­ten nicht stand.

[22]   1. Die Re­vi­si­on ist un­ein­ge­schränkt statt­haft, weil das Be­ru­fungs­ge­richt sie in der an­ge­foch­te­nen Ent­schei­dung im Hin­blick auf die Be­klag­te ins­ge­samt zu­ge­las­sen hat (§ 543 I 1 ZPO). Da­bei hat das Be­ru­fungs­ge­richt, das Klä­rungs­be­darf ge­se­hen hat, ob es ei­ner Nach­frist­set­zung, die der Klä­ger nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts vor der Rück­tritts­er­klä­rung un­ter­las­sen hat, be­durft ha­be, ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung die – auch im Üb­ri­gen zu­läs­si­ge – Re­vi­si­on nicht wirk­sam auf die Be­grün­det­heit der Fest­stel­lungs­kla­ge be­schränkt.

[23]   Zwar kann die Zu­las­sung der Re­vi­si­on nach stän­di­ger Recht­spre­chung des BGH auf ei­nen tat­säch­lich und recht­lich selbst­stän­di­gen Teil des Ge­samt­streitstoffs be­schränkt wer­den, der Ge­gen­stand ei­nes Teil- oder Zwi­schen­ur­teils sein oder auf den der Re­vi­si­ons­klä­ger selbst sei­ne Re­vi­si­on be­schrän­ken könn­te. Ei­ne sol­che Be­schrän­kung der Zu­las­sung muss nicht in der Ent­schei­dungs­for­mel an­ge­ord­net sein, son­dern kann sich auch aus den Ur­teils­grün­den er­ge­ben, wenn sie sich die­sen mit der er­for­der­li­chen Ein­deu­tig­keit ent­neh­men lässt. Hat das Be­ru­fungs­ge­richt die Re­vi­si­on we­gen ei­ner Rechts­fra­ge zu­ge­las­sen, die al­lein für ei­nen ein­deu­tig ab­grenz­ba­ren Teil des Ver­fah­rens­stoffs von Be­deu­tung ist, kann die ge­bo­te­ne Aus­le­gung der Ur­teils­grün­de er­ge­ben, dass die Zu­las­sung der Re­vi­si­on auf die­sen Teil be­schränkt ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 06.07.2022 – VI­II ZR 155/21, ju­ris Rn. 20; Urt. v. 02.05.2022 – VIa ZR 122/21, WM 2022, 1077 Rn. 6; Beschl. v. 17.08.2021 – VI­II ZR 378/19, ju­ris Rn. 8; je­weils m. w. Nachw.). Un­zu­läs­sig ist es da­ge­gen, die Zu­las­sung auf ein­zel­ne von meh­re­ren An­spruchs­grund­la­gen oder auf be­stimm­te Rechts­fra­gen zu be­schrän­ken (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 29.04.2015 – VI­II ZR 197/14, BGHZ 205, 177 Rn. 13; Urt. v. 24.05.2022 – VI ZR 1215/20, VersR 2022, 1034 Rn. 14; Urt. v. 13.07.2022 – XII ZR 75/21, WM 2022, 1756 Rn. 18, zur Ver­öf­fent­li­chung in BGHZ be­stimmt; je­weils m. w. Nachw.).

[24]   Ge­mes­sen dar­an hat das Be­ru­fungs­ge­richt die Zu­las­sung der Re­vi­si­on hier nicht wirk­sam auf die Be­grün­det­heit der Fest­stel­lungs­kla­ge be­schränkt. Es hat die Re­vi­si­on im Te­nor (für die Be­klag­te) un­ein­ge­schränkt zu­ge­las­sen und in den Ur­teils­grün­den aus­ge­führt, die Re­vi­si­on sei für die Be­klag­te un­ter dem Ge­sichts­punkt zu­zu­las­sen, ob der Käu­fer (bzw. Lea­sing­neh­mer) ei­nes Fahr­zeugs mit un­zu­läs­si­ger Ab­schalt­ein­rich­tung vom Kauf­ver­trag zu­rück­tre­ten kön­ne, oh­ne dem Ver­käu­fer im Rah­men ei­ner Nach­frist­set­zung Ge­le­gen­heit zur Män­gel­be­sei­ti­gung zu ge­ben.

[25]   Den Ur­teils­grün­den lässt sich be­reits nicht mit der er­for­der­li­chen Ein­deu­tig­keit ent­neh­men, dass das Be­ru­fungs­ge­richt be­ab­sich­tig­te, die Re­vi­si­on je­den­falls auf die Wirk­sam­keit des er­klär­ten Rück­tritts und da­mit auf die Be­grün­det­heit der Fest­stel­lungs­kla­ge zu be­schrän­ken. Zwar ist die vom Be­ru­fungs­ge­richt for­mu­lier­te Zu­las­sungs­fra­ge nur für ei­nen selbst­stän­di­gen Teil des Streitstoffs er­heb­lich, näm­lich al­lein für die Be­grün­det­heit der Fest­stel­lungs­kla­ge, nicht aber für die hier­von in der Re­gel ein­deu­tig ab­grenz­ba­ren Zu­läs­sig­keits­vor­aus­set­zun­gen ei­ner Fest­stel­lungs­kla­ge ge­mäß § 256 I ZPO. Je­doch lässt sich nicht mit der ge­bo­te­nen Klar­heit aus­schlie­ßen, dass das Be­ru­fungs­ge­richt le­dig­lich ein Mo­tiv für sei­ne Zu­las­sungs­ent­schei­dung be­zeich­net hat.

[26]   Oh­ne­hin wä­re ei­ne sol­che Be­schrän­kung auf die Be­grün­det­heit der Fest­stel­lungs­kla­ge – ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung – un­zu­läs­sig. Denn das Be­ru­fungs­ge­richt kann die Prü­fungs­kom­pe­tenz des Re­vi­si­ons­ge­richts nicht ein­schrän­ken, so­weit Pro­zess­vor­aus­set­zun­gen von Amts we­gen zu prü­fen sind (BGH, Urt. v. 10.10.2017 – XI ZR 456/16, NJW 2018, 227 Rn. 10 m. w. Nachw.). Dies gilt auch für das von Amts we­gen zu prü­fen­de Vor­han­den­sein ei­nes Fest­stel­lungs­in­ter­es­ses (BGH, Urt. v. 10.10.2017 – XI ZR 456/16, NJW 2018, 227 Rn. 10 m. w. Nachw.).

[27]   2. Die Re­vi­si­on ist be­grün­det.

[28]   Die Fest­stel­lungs­kla­ge ist man­gels Fest­stel­lungs­in­ter­es­ses ge­mäß § 256 I ZPO un­zu­läs­sig (da­zu nach­fol­gend un­ter a). Der auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses an die Lea­sing­ge­be­rin ge­rich­te­te Hilfs­an­trag des Klä­gers ist un­be­grün­det (da­zu nach­fol­gend un­ter b). Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zu Un­recht ge­meint, dass ei­ne Män­gel­rü­ge i. S. von § 377 HGB ent­behr­lich ge­we­sen sei be­zie­hungs­wei­se die Be­klag­te kon­klu­dent auf die Gel­tend­ma­chung der Rechts­fol­gen der un­ter­blie­be­nen be­zie­hungs­wei­se ver­spä­te­ten An­zei­ge der Man­gel­haf­tig­keit des Fahr­zeugs we­gen der ein­ge­bau­ten un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung ver­zich­tet ha­be. Der Klä­ger ist da­her an ei­nem Rück­tritt vom Kauf­ver­trag (§ 437 Nr. 2, § 323 I BGB) we­gen der ge­mäß § 377 I, III HGB ein­ge­tre­te­nen Ge­neh­mi­gung der Kauf­sa­che ge­hin­dert.

[29]   a) Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts ist der in der Haupt­sa­che ge­stell­te Fest­stel­lungs­an­trag un­zu­läs­sig, weil es an dem ge­mäß § 256 I ZPO er­for­der­li­chen Fest­stel­lungs­in­ter­es­se fehlt.

[30]   aa) Nach § 256 I ZPO kann auf die Fest­stel­lung des Be­ste­hens oder des Nicht­be­ste­hens ei­nes Rechts­ver­hält­nis­ses Kla­ge er­ho­ben wer­den, wenn der Klä­ger ein recht­li­ches In­ter­es­se dar­an hat, dass das Rechts­ver­hält­nis als­bald fest­ge­stellt wer­de. Ein sol­ches In­ter­es­se ist nach der Recht­spre­chung des BGH ge­ge­ben, wenn dem kon­kre­ten, vom Fest­stel­lungs­an­trag be­trof­fe­nen Recht des Klä­gers ei­ne ge­gen­wär­ti­ge Ge­fahr der Un­si­cher­heit droht und der er­streb­te Fest­stel­lungs­aus­spruch ge­eig­net ist, die­se Ge­fahr zu be­sei­ti­gen (BGH, Urt. v. 13.01.2010 – VI­II ZR 351/08, NJW 2010, 1877 Rn. 12; Urt. v. 19.11.2014 – VI­II ZR 79/14, NJW 2015, 873 Rn. 29; Urt. v. 02.05.2022 – VIa ZR 122/21, WM 2022, 1077 Rn. 15; je­weils m. w. Nachw.). Ist dem Klä­ger ei­ne Kla­ge auf Leis­tung mög­lich und zu­mut­bar und er­schöpft sie das Rechts­schutz­ziel, fehlt ihm grund­sätz­lich das Fest­stel­lungs­in­ter­es­se, weil er im Sin­ne ei­ner bes­se­ren Rechts­schutz­mög­lich­keit den Streitstoff in ei­nem Pro­zess klä­ren kann (vgl. BGH, Urt. v. 05.10.2021 – VI ZR 136/20, NJW-RR 2022, 23 Rn. 15; Urt. v. 02.06.2022 – VII ZR 160/21, ju­ris Rn. 11; je­weils m. w. Nachw.). Al­ler­dings ist ei­ne Fest­stel­lungs­kla­ge trotz der Mög­lich­keit, Leis­tungs­kla­ge zu er­he­ben, zu­läs­sig, wenn die Durch­füh­rung des Fest­stel­lungs­ver­fah­rens un­ter dem Ge­sichts­punkt der Pro­zess­wirt­schaft­lich­keit zu ei­ner sinn­vol­len und sach­ge­mä­ßen Er­le­di­gung der auf­ge­tre­te­nen Streit­punk­te führt (BGH, Urt. v. 05.10.2021 – VI ZR 136/20, NJW-RR 2022, 23 Rn. 15; Urt. v. 02.06.2022 – VII ZR 160/21, ju­ris Rn. 11).

[31]   bb) Dar­an ge­mes­sen ist der auf die Fest­stel­lung ge­rich­te­te Haupt­an­trag, dass sich der Kauf­ver­trag zwi­schen der Lea­sing­ge­be­rin und der Be­klag­ten durch die Rück­tritts­er­klä­rung des Klä­gers in ein Ab­wick­lungs­ver­hält­nis um­ge­wan­delt ha­be, un­zu­läs­sig. Dem Klä­ger war die Er­he­bung ei­ner Leis­tungs­kla­ge mög­lich und zu­mut­bar, weil er sein Rechts­schutz­ziel da­mit er­rei­chen kann. Denn so­fern sich der aus ab­ge­tre­te­nem Recht des Lea­sing­ge­bers kla­gen­de Lea­sing­neh­mer mit dem Rück­tritt vom Kauf­ver­trag ge­gen­über dem Lie­fe­ran­ten durch­setzt, fehlt dem Lea­sing­ver­trag nach der ge­fes­tig­ten Recht­spre­chung des Se­nats von vorn­her­ein die Ge­schäfts­grund­la­ge, so­dass dem Lea­sing­ge­ber von An­fang an kei­ne An­sprü­che auf Zah­lung von Lea­sing­ra­ten zu­ste­hen (s. nur Se­nat, Urt. v. 16.09.2015 – VI­II ZR 119/14, NJW 2016, 397 Rn. 28 m. w. Nachw.).

[32]   (1) Dass dem Klä­ger nicht be­kannt war, wie sich die Lea­sing­ge­be­rin ver­hal­ten wür­de (so die Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung), än­dert nichts dar­an, dass er sein Ziel, aus ab­ge­tre­te­nem Recht ei­ne Ver­ur­tei­lung auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags her­bei­zu­füh­ren, bei Vor­lie­gen der er­for­der­li­chen Tat­be­stands­vor­aus­set­zun­gen hät­te ver­wirk­li­chen und in­fol­ge­des­sen dem Lea­sing­ver­trag die Ge­schäfts­grund­la­ge hät­te ent­zie­hen kön­nen. Nicht nach­voll­zieh­bar ist in die­sem Zu­sam­men­hang der wei­te­re Ein­wand der Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung, man­gels Kennt­nis der Hö­he des Kauf­prei­ses sei dem Klä­ger die Er­he­bung ei­ner Leis­tungs­kla­ge nicht mög­lich ge­we­sen. Da­von ab­ge­se­hen, dass die Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung nicht auf über­gan­ge­nen Sach­vor­trag ver­weist, wo­nach der Klä­ger er­folg­los Aus­kunft von der Lea­sing­ge­be­rin über die Hö­he des Kauf­prei­ses ver­langt hät­te, war er auch in der La­ge, die­sen im Rah­men sei­nes in zwei­ter In­stanz ge­stell­ten Hilfs­an­trags zu be­zif­fern.

[33]   (2) Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts kann ein Fest­stel­lungs­in­ter­es­se des Klä­gers auch nicht un­ter pro­zess­wirt­schaft­li­chen Grün­den dar­aus her­ge­lei­tet wer­den, dass zur Zeit der Kla­ge­er­he­bung die Mög­lich­keit ei­ner Ver­wer­tung des Fahr­zeugs durch die Lea­sing­ge­be­rin im Raum ge­stan­den ha­be und der Be­klag­ten ge­ge­be­nen­falls ge­mäß § 346 II 1 Nr. 2 BGB Wert­er­satz zu leis­ten wä­re, weil ei­ne Her­aus­ga­be des Fahr­zeugs an sie un­ter Um­stän­den nicht mög­lich ge­we­sen wä­re, und dies die Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens er­for­dert hät­te. Da­bei ist das Be­ru­fungs­ge­richt er­sicht­lich da­von aus­ge­gan­gen, dass ein sol­cher Fest­stel­lungs­an­trag für die Ver­fol­gung der In­ter­es­sen des Klä­gers als Lea­sing­neh­mer aus­rei­chend ist. Es hat hier­bei je­doch au­ßer Acht ge­las­sen, dass der Klä­ger aus ab­ge­tre­te­nem Recht der Lea­sing­ge­be­rin An­sprü­che gel­tend macht und es des­we­gen vor­ran­gig auf de­ren In­ter­es­sen als Käu­fe­rin an­kommt. Für die Rück­ab­wick­lung des zwi­schen der Lea­sing­ge­be­rin und der Be­klag­ten ab­ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trags in­fol­ge Rück­tritts ist die blo­ße Fest­stel­lung der Um­wand­lung in ein Ab­wick­lungs­ver­hält­nis aber un­zu­rei­chend. Denn da­mit bleibt of­fen, wel­che Leis­tun­gen im Rah­men der Rück­ab­wick­lung zu­rück­zu­ge­wäh­ren sind. Dass dem Klä­ger un­ab­hän­gig da­von ein In­ter­es­se an der be­gehr­ten Fest­stel­lung zu­kä­me, ist nicht er­sicht­lich. Ein sol­ches könn­te sich al­len­falls aus dem Lea­sing­ver­trag er­ge­ben. An­sprü­che ge­gen die Lea­sing­ge­be­rin wer­den aber nicht ver­folgt.

[34]   cc) Ei­ne man­gels Fest­stel­lungs­in­ter­es­ses un­zu­läs­si­ge Fest­stel­lungs­kla­ge nach § 256 I ZPO kann zwar grund­sätz­lich in ei­ne Zwi­schen­fest­stel­lungs­kla­ge ge­mäß § 256 II ZPO um­ge­deu­tet wer­den (vgl. BGH, Urt. v. 11.07.1990 – VI­II ZR 165/89, WM 1990, 2128 un­ter B II 2; Urt. v. 17.04.2018 – XI ZR 446/16, NJW-RR 2018, 1067 Rn. 16; s. auch H. Beck­mann/​Scharff, Lea­sing­recht, 4. Aufl., § 16 Rn. 58). Auch ei­ne sol­che wä­re in­des im Streit­fall un­zu­läs­sig.

[35]   Nach der Recht­spre­chung des BGH ist es für die Zu­läs­sig­keit ei­ner Zwi­schen­fest­stel­lungs­kla­ge not­wen­dig, dass das zu klä­ren­de Rechts­ver­hält­nis für die Ent­schei­dung der Haupt­sa­che nicht nur prä­ju­di­zi­ell ist, son­dern zwi­schen den Par­tei­en noch über den ge­gen­wär­ti­gen Streit­ge­gen­stand hin­aus Be­deu­tung er­lan­gen kann (BGH, Urt. v. 09.12.2015 – VI­II ZR 330/12, ju­ris Rn. 34; Urt. v. 07.03.2013 – VII ZR 223/11, NJW 2013, 1744 Rn. 19; Urt. v. 23.03.1982 – KZR 5/81, BGHZ 83, 251, 255; Urt. v. 17.05.1977 – VI ZR 174/74, BGHZ 69, 37, 42; Roth, in: Stein/​Jo­nas, ZPO, 23. Aufl., § 256 Rn. 103, 106). An letz­te­rer Vor­aus­set­zung fehlt es hier. Nach den vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen ist we­der gel­tend ge­macht noch sonst er­sicht­lich, dass die Wirk­sam­keit des Rück­tritts im Ver­hält­nis der Par­tei­en spä­ter noch für an­de­re An­sprü­che Be­deu­tung er­lan­gen könn­te.

[36]   b) Der für den Fall der Un­zu­läs­sig­keit des Fest­stel­lungs­an­trags ge­stell­te, auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags ge­rich­te­te Hilfs­an­trag, der eben­falls in die Re­vi­si­ons­in­stanz ge­langt ist, ist un­be­grün­det.

[37]   Legt – wie hier – die be­klag­te Par­tei ge­gen ih­re Ver­ur­tei­lung nach dem Haupt­an­trag Re­vi­si­on ein, so ist oh­ne Wei­te­res auch der auf ei­nem ein­heit­li­chen Sach­ver­halt be­ru­hen­de Hilfs­an­trag des Klä­gers Ge­gen­stand der Re­vi­si­ons­ver­hand­lung (st. Rspr.; s. nur BGH, Urt. v. 29.01.1964 – V ZR 23/63, BGHZ 41, 38, 41 f.; Urt. v. 24.01.1990 – VI­II ZR 296/88, NJW-RR 1990, 518 un­ter I 2 a; Urt. v. 20.09.2019 – V ZR 218/18, BGHZ 223, 155 Rn. 27; Urt. v. 22.09.2021 – I ZR 83/20, NJW 2022, 775 Rn. 21; Urt. v. 21.04.2022 – VII ZR 783/21, NJW-RR 2022, 1104 Rn. 25; Ball, in: Mu­sielak/​Voit, ZPO, 19. Aufl., § 557 Rn. 4; Münch­Komm-ZPO/​Krü­ger, 6. Aufl., § 557 Rn. 5).

[38]   Auf der Grund­la­ge der vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen lässt sich ab­schlie­ßend be­ur­tei­len, dass dem Klä­ger aus ihm (lea­sing­ty­pisch) ab­ge­tre­te­nem Sach­män­gel­ge­währ­leis­tungs­recht der Lea­sing­ge­be­rin ein An­spruch auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags mit der Be­klag­ten ge­mäß § 434 I BGB in der bis zum 31. De­zem­ber 2021 gel­ten­den Fas­sung (Art. 229 § 58 EGBGB; im Fol­gen­den: a.F.), § 437 Nr. 2, §§ 323, 440, 346 I BGB nicht zu­steht. Denn der Klä­ger ist ent­ge­gen der An­sicht des Be­ru­fungs­ge­richts auf­grund ei­ner ge­mäß § 377 I, III HGB ein­ge­tre­te­nen Ge­neh­mi­gung der Kauf­sa­che an ei­nem wirk­sa­men Rück­tritt vom Kauf­ver­trag ge­hin­dert, weil ei­ne Man­gel­an­zei­ge im Sin­ne der vor­ge­nann­ten Vor­schrift we­der ent­behr­lich war noch die Be­klag­te auf die Rechts­fol­gen des Rü­ge­ver­säum­nis­ses (still­schwei­gend) ver­zich­tet hat.

[39]   aa) Rechts­feh­ler­frei hat das Be­ru­fungs­ge­richt al­ler­dings an­ge­nom­men, dass das vom Klä­ger ge­leas­te Fahr­zeug zum Zeit­punkt der Über­ga­be ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung i. S. von Art. 5 II 1 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 20.06.2007 über die Typ­ge­neh­mi­gung von Kraft­fahr­zeu­gen hin­sicht­lich der Emis­sio­nen von leich­ten Per­so­nen­kraft­wa­gen und Nutz­fahr­zeu­gen (Eu­ro 5 und Eu­ro 6) und über den Zu­gang zu Re­pa­ra­tur- und War­tungs­in­for­ma­tio­nen für Fahr­zeu­ge (ABl. 2007 L 171, 1) auf­wies und ihm da­mit we­gen der zu­min­dest la­ten­ten Ge­fahr ei­ner Be­triebs­un­ter­sa­gung (§ 5 I FZV) ein Sach­man­gel nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB a.F. an­haf­te­te (vgl. hier­zu nur Se­nat, Urt. v. 21.07.2021 – VI­II ZR 254/20, BGHZ 230, 296 Rn. 23 ff.; Urt. v. 29.09.2021 – VI­II ZR 111/20, BGHZ 231, 149 Rn. 20; Urt. v. 26.01.2022 – VI­II ZR 140/20, VersR 2022, 703 Rn. 17; Urt. v. 04.05.2022 – VI­II ZR 50/20, WM 2022, 1611 Rn. 18).

[40]   bb) Im Er­geb­nis zu Recht hat das Be­ru­fungs­ge­richt des Wei­te­ren ent­schie­den, dass der Klä­ger wirk­sam den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klä­ren konn­te, ob­wohl er der Be­klag­ten nicht die ge­mäß § 437 Nr. 2, § 323 I BGB für den Rück­tritt des Käu­fers (bzw. des die Sach­män­gel­ge­währ­leis­tungs­rech­te des Käu­fers gel­tend ma­chen­den Lea­sing­neh­mers; nach­fol­gend nur: Käu­fer) grund­sätz­lich er­for­der­li­che Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat.

[41]   Ob der Käu­fer ei­nes mit ei­nem Sach­man­gel be­haf­te­ten Fahr­zeugs vom Kauf­ver­trag zu­rück­tre­ten kann, ob­gleich er dem Ver­käu­fer zu­vor nicht die ge­mäß § 437 Nr. 2, § 323 I BGB für den Rück­tritt grund­sätz­lich er­for­der­li­che Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat, be­stimmt sich da­nach, ob die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes Aus­nah­me­tat­be­stands (§ 323 II, § 326 V, § 440 BGB) im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung ge­ge­ben sind.

[42]   Nach den vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen kann ei­ne vom Ge­setz zu­ge­las­se­ne Aus­nah­me von dem Frist­set­zungs­er­for­der­nis zwar nicht mit der vom Be­ru­fungs­ge­richt in ers­ter Li­nie ge­nann­ten Be­grün­dung be­jaht wer­den, die Be­klag­te sei bei der Nach­bes­se­rung durch das Auf­spie­len des von ihr an­ge­kün­dig­ten Soft­ware­up­dates auf die Fahr­zeug­her­stel­le­rin und da­mit auf die­je­ni­ge Per­son an­ge­wie­sen, die den Man­gel (arg­lis­tig) ver­ur­sacht ha­be (da­zu nach­fol­gend un­ter (1)). Aus re­vi­si­ons­recht­li­cher Sicht nicht zu be­an­stan­den ist je­doch die wei­te­re Wür­di­gung des Be­ru­fungs­ge­richts, dem Klä­ger sei das Auf­spie­len des Soft­ware­up­dates un­zu­mut­bar ge­we­sen, weil ein sol­ches zur Zeit der Rück­tritts­er­klä­rung nicht zur Ver­fü­gung ge­stan­den und die Be­klag­te mit An­walts­schrei­ben vom 16.02.2016 er­klärt ha­be, mit der „Um­set­zung der Rück­ruf­ak­ti­on“ kön­ne (erst) ab der „KW 36/16“ be­gon­nen wer­den (da­zu nach­fol­gend un­ter (2)).

[43]   (1) Das Be­ru­fungs­ge­richt ist zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass ei­ne Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung na­ment­lich dann ent­behr­lich ist, wenn be­son­de­re Um­stän­de vor­lie­gen, die un­ter Ab­wä­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen die so­for­ti­ge Aus­übung des Rück­tritts­rechts recht­fer­ti­gen (§ 437 Nr. 2, § 323 II Nr. 3 BGB). Ein die so­for­ti­ge Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags recht­fer­ti­gen­des über­wie­gen­des Käu­fer­in­ter­es­se ist re­gel­mä­ßig dann zu be­ja­hen, wenn der Ver­käu­fer dem Käu­fer ei­nen ihm be­kann­ten Man­gel bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags arg­lis­tig ver­schwie­gen hat (Se­nat, Urt. v. 09.01.2008 – VI­II ZR 210/06, NJW 2008, 1371 Rn. 19 f.; Urt. v. 20.05.2009 – VI­II ZR 247/06, NJW 2009, 2532 Rn. 17; Urt. v. 10.03.2010 – VI­II ZR 182/08, NJW 2010, 2503 Rn. 19; Urt. v. 29.09.2021 – VI­II ZR 111/20, BGHZ 231, 149 Rn. 24). In die­sen Fäl­len ist in al­ler Re­gel ein den Ver­käu­fer­be­lan­gen vor­ge­hen­des In­ter­es­se des Käu­fers an­zu­er­ken­nen, von ei­ner wei­te­ren Zu­sam­men­ar­beit mit dem Ver­käu­fer Ab­stand zu neh­men, um sich vor mög­li­chen wei­te­ren Täu­schungs­ver­su­chen zu schüt­zen (Se­nat, Urt. v. 29.09.2021 – VI­II ZR 111/20, BGHZ 231, 149 Rn. 24 m. w. Nachw.).

[44]   (a) Das Be­ru­fungs­ge­richt will ei­ne sol­che Un­zu­mut­bar­keit der Nach­er­fül­lung und ei­ne hier­an an­knüp­fen­de, die Be­lan­ge des Ver­käu­fers in den Hin­ter­grund tre­ten las­sen­de In­ter­es­sen­be­wer­tung auch auf die Fall­ge­stal­tung über­tra­gen, in der der Ver­käu­fer den Man­gel nicht kann­te und ein Arg­list­vor­wurf ihn selbst nicht trifft, je­doch der Her­stel­ler das mit ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung aus­ge­stat­te­te Fahr­zeug arg­lis­tig in den Ver­kehr ge­bracht hat und nun­mehr zum Zweck der Nach­bes­se­rung ein vom Her­stel­ler ent­wi­ckel­tes (be­zie­hungs­wei­se in der Ent­wick­lung be­find­li­ches) Soft­ware­up­date ver­wen­det wer­den soll.

[45]   Die­se Sicht­wei­se ist von Rechts­feh­lern be­ein­flusst. Die dem Tatrich­ter ob­lie­gen­de Be­ur­tei­lung, ob die Nach­er­fül­lung auf­grund der be­son­de­ren Um­stän­de des Ein­zel­falls für den Käu­fer un­zu­mut­bar ist, ist zwar das Er­geb­nis ei­ner wer­ten­den Be­trach­tung und kann vom Re­vi­si­ons­ge­richt nur dar­auf über­prüft wer­den, ob der Tatrich­ter die maß­geb­li­chen Tat­sa­chen voll­stän­dig und feh­ler­frei fest­ge­stellt und ge­wür­digt hat und ob er die all­ge­mein an­er­kann­ten Maß­stä­be be­rück­sich­tigt und rich­tig an­ge­wandt hat (Se­nat, Urt. v. 29.09.2021 – VI­II ZR 111/20, BGHZ 231, 149 Rn. 26 m. w. Nachw.). Ei­ner re­vi­si­ons­recht­li­chen Nach­prü­fung an­hand die­ser Maß­stä­be hält je­doch we­der die In­ter­es­sen­ab­wä­gung des Be­ru­fungs­ge­richts noch die ihr zu­grun­de lie­gen­de Be­wer­tung, dem Klä­ger sei ei­ne Nach­bes­se­rung aus die­sem Grun­de nicht zu­mut­bar, stand, weil das Be­ru­fungs­ge­richt die da­für maß­geb­li­chen Tat­sa­chen nicht voll­stän­dig fest­ge­stellt hat.

[46]   Zwar kann die Ver­trau­ens­grund­la­ge zwi­schen ei­nem Käu­fer und ei­nem Ver­käu­fer un­ter Um­stän­den auch dann ge­stört sein, wenn der Ver­käu­fer sich bei Ver­trags­ab­schluss ord­nungs­ge­mäß ver­hal­ten hat, je­doch der Her­stel­ler des Fahr­zeugs die­ses mit ei­ner ihm be­kann­ten und ver­schwie­ge­nen un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung in den Ver­kehr ge­bracht hat und der Ver­käu­fer nun al­lein ei­ne Nach­bes­se­rung in Form ei­nes von die­sem Her­stel­ler ent­wi­ckel­ten (oder in der Ent­wick­lung be­find­li­chen) Soft­ware­up­dates an­bie­tet. Da­bei kommt es dar­auf an, ob spä­tes­tens bei Er­klä­rung des Rück­tritts die Ver­trau­ens­grund­la­ge zwi­schen den Par­tei­en so ge­stört war, dass ei­ne Nach­er­fül­lung für den Käu­fer un­ter Ein­be­zie­hung des Her­stel­lers nicht zu­mut­bar war. Ob dies der Fall ist, hängt von den kon­kre­ten Um­stän­den des Ein­zel­falls ab, die der Tatrich­ter nicht sche­ma­tisch, son­dern in sorg­fäl­ti­ger Ab­wä­gung zu wür­di­gen hat (Se­nat, Urt. v. 29.09.2021 – VI­II ZR 111/20, BGHZ 231, 149 Rn. 27).

[47]   (b) Ge­mes­sen dar­an hat das Be­ru­fungs­ge­richt kei­ne hin­rei­chen­den Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen, ob ei­ne Nach­er­fül­lung im Rah­men des zwi­schen den Par­tei­en ge­schlos­se­nen Ver­trags zum Zeit­punkt des Rück­tritts für den Klä­ger un­zu­mut­bar war, weil die­se mit­tels ei­nes von der ur­sprüng­lich arg­lis­tig han­deln­den Her­stel­le­rin ent­wi­ckel­ten Soft­ware­up­dates er­fol­gen soll­te. Denn es hat nicht in Be­tracht ge­zo­gen, dass die Her­stel­le­rin durch ih­re Ad-hoc-Mit­tei­lung vom 22.09.2015 ih­re un­ter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dung, im ei­ge­nen Kos­ten- und Ge­winn­in­ter­es­se das Kraft­fahrt-Bun­des­amt und letzt­lich die Fahr­zeug­käu­fer zu täu­schen, er­setzt hat durch die Stra­te­gie, an die Öf­fent­lich­keit zu tre­ten, Un­re­gel­mä­ßig­kei­ten ein­zu­räu­men und in Zu­sam­men­ar­beit mit dem Kraft­fahrt-Bun­des­amt Maß­nah­men zur Be­sei­ti­gung des ge­setz­wid­ri­gen Zu­stands zu er­ar­bei­ten, um die Ge­fahr ei­ner Be­triebs­be­schrän­kung oder -un­ter­sa­gung zu ban­nen (vgl. BGH, Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798 Rn. 37; Urt. v. 08.12.2020 – VI ZR 244/20, WM 2021, 50 Rn. 15). In An­be­tracht des­sen und der Be­ob­ach­tung der wei­te­ren Ent­wick­lung durch die (Fach-)Öf­fent­lich­keit könn­te ein er­neu­tes arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten der Fahr­zeug­her­stel­le­rin frag­lich sein (vgl. Se­nat, Urt. v. 29.09.2021 – VI­II ZR 111/20, BGHZ 231, 149 Rn. 29; Urt. v. 26.01.2022 – VI­II ZR 140/20, VersR 2022, 703 Rn. 26).

[48]   Das Be­ru­fungs­ge­richt hat sich mit­hin nicht da­mit be­fasst, ob vor die­sem Hin­ter­grund aus Sicht ei­nes ob­jek­ti­ven Käu­fers zum Zeit­punkt des – nach der Wür­di­gung des Be­ru­fungs­ge­richts – in der Kla­ge­schrift er­klär­ten Rück­tritts noch die Ge­fahr er­neu­ter Täu­schungs­hand­lun­gen der Fahr­zeug­her­stel­le­rin be­stand. Die von der Recht­spre­chung bei ei­nem arg­lis­ti­gen Ver­hal­ten des Ver­käu­fers re­gel­mä­ßig an­ge­nom­me­ne Un­zu­mut­bar­keit der ge­wähl­ten Art der Nach­er­fül­lung be­ruht aber ent­schei­dend dar­auf, dass die Ge­fahr ei­nes fort­ge­setz­ten arg­lis­ti­gen Ver­hal­tens der Ge­gen­sei­te ge­ge­ben ist. Der Käu­fer soll mit dem Recht zum so­for­ti­gen Über­gang auf die se­kun­dä­ren Ge­währ­leis­tungs­rech­te vor mög­li­chen wei­te­ren Täu­schun­gen ge­schützt wer­den. Wä­re ein wei­te­res arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten der Her­stel­le­rin – was die Tatrich­ter im Ein­zel­nen zu prü­fen ha­ben – aus ob­jek­ti­ver Sicht aus­zu­schlie­ßen, wä­re ei­ne auf ihr frü­he­res arg­lis­ti­ges Vor­ge­hen ge­stütz­te Un­zu­mut­bar­keit der Nach­bes­se­rung nicht an­zu­neh­men (vgl. Se­nat, Urt. v. 29.09.2021 – VI­II ZR 111/20, BGHZ 231, 149 Rn. 30).

[49]   (2) Er­gän­zen­der tatrich­ter­li­cher Fest­stel­lun­gen be­darf es je­doch nicht, weil sich die wei­te­re, selbst­stän­dig tra­gen­de Wür­di­gung des Be­ru­fungs­ge­richts als rechts­feh­ler­frei er­weist, un­ter den hier ge­ge­be­nen Um­stän­den sei ei­ne Aus­nah­me von dem Er­for­der­nis der Frist­set­zung je­den­falls des­halb ge­ge­ben, weil dem Klä­ger das Set­zen ei­ner Nach­frist un­zu­mut­bar ge­we­sen sei, nach­dem die Be­klag­te mit An­walts­schrei­ben vom 16.02.2016 er­klärt hat­te, mit der „Um­set­zung der Rück­ruf­ak­ti­on“ kön­ne (erst) in meh­re­ren Mo­na­ten, näm­lich ab der Ka­len­der­wo­che 36/2016 be­gon­nen wer­den.

[50]   (a) Nach der vom Be­ru­fungs­ge­richt zu­tref­fend her­an­ge­zo­ge­nen Vor­schrift des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB kommt es dar­auf an, ob die dem Käu­fer zu­ste­hen­de Art der Nach­er­fül­lung für die­sen un­zu­mut­bar ist. Die „dem Käu­fer zu­ste­hen­de Art der Nach­er­fül­lung“ ist die Art der Nach­er­fül­lung, die er ge­wählt und der Ver­käu­fer nicht zu Recht ver­wei­gert hat (Se­nat, Urt. v. 29.09.2021 – VI­II ZR 111/20, BGHZ 231, 149 Rn. 40). Der Klä­ger hat – was vor­lie­gend aus­reicht (vgl. Se­nat, Urt. v. 29.09.2021 – VI­II ZR 111/20, BGHZ 231, 149 Rn. 40) – bei dem in der Kla­ge­schrift er­klär­ten Rück­tritt sein Wahl­recht im Sin­ne ei­ner Nach­bes­se­rung aus­ge­übt und nicht Nach­lie­fe­rung ver­langt. Des­we­gen kommt es auf den von der Re­vi­si­on in der münd­li­chen Ver­hand­lung gel­tend ge­mach­ten Um­stand nicht an, dass Fest­stel­lun­gen zur Un­mög­lich­keit der Nach­lie­fe­rung vom Be­ru­fungs­ge­richt nicht ge­trof­fen wor­den sind.

[51]   Für die Be­ur­tei­lung der Un­zu­mut­bar­keit der Nach­er­fül­lung ist der Er­kennt­nis­stand des Käu­fers im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung maß­ge­bend (vgl. Se­nat, Urt. v. 18.01.2017 – VI­II ZR 234/15, NJW 2017, 1666 Rn. 36). Zu be­rück­sich­ti­gen sind al­le Um­stän­de des Ein­zel­falls. Da­bei kann sich un­ter (be­son­de­ren) Um­stän­den die Un­zu­mut­bar­keit für den Käu­fer auch auf­grund zeit­li­cher Ge­ge­ben­hei­ten und ei­ner da­mit ein­her­ge­hen­den Un­ge­wiss­heit dar­über er­ge­ben, ob der Ver­käu­fer in ab­seh­ba­rer Zeit zur Män­gel­be­sei­ti­gung in der La­ge sein wird (vgl. Se­nat, Urt. v. 18.01.2017 – VI­II ZR 234/15, NJW 2017, 1666 Rn. 34 ff.; Beschl. v. 22.02.2022 – VI­II ZR 434/21, ju­ris Rn. 15). Letzt­lich kommt es aus­schlag­ge­bend dar­auf an, ob auf­grund der auf­ge­tre­te­nen Män­gel das Ver­trau­en des Käu­fers in ei­ne ins­ge­samt ord­nungs­ge­mä­ße Her­stel­lung des Fahr­zeugs ernst­haft er­schüt­tert ist (Se­nat, Urt. v. 23.01.2013 – VI­II ZR 140/12, NJW 2013, 1523 Rn. 34; Beschl. v. 22.02.2022 – VI­II ZR 434/21, ju­ris Rn. 15).

[52]   Die dem Tatrich­ter hier­nach ob­lie­gen­de Be­ur­tei­lung, ob die Nach­bes­se­rung auf­grund der be­son­de­ren Um­stän­de des Ein­zel­falls für den Käu­fer un­zu­mut­bar ist, ist – wie oben be­reits in an­de­rem Zu­sam­men­hang aus­ge­führt – das Er­geb­nis ei­ner wer­ten­den Be­trach­tung und kann vom Re­vi­si­ons­ge­richt nur dar­auf über­prüft wer­den, ob der Tatrich­ter die maß­geb­li­chen Tat­sa­chen voll­stän­dig und feh­ler­frei fest­ge­stellt und ge­wür­digt und ob er die all­ge­mein an­er­kann­ten Maß­stä­be be­rück­sich­tigt und rich­tig an­ge­wandt hat (Se­nat, Urt. v. 23.01.2013 – VI­II ZR 140/12, NJW 2013, 1523 Rn. 24; Urt. v. 26.01.2022 – VI­II ZR 140/20, VersR 2022, 703 Rn. 23).

[53]   (b) Hier­nach ist die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, das Rück­tritts­recht sei im Streit­fall nicht von dem frucht­lo­sen Ab­lauf ei­ner Nach­er­fül­lungs­frist ab­hän­gig, weil ei­ne Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung für den Klä­ger un­zu­mut­bar i. S. von § 440 Satz 1 Fall 3 BGB war, aus Rechts­grün­den nicht zu be­an­stan­den. Denn die Be­klag­te hat mit An­walts­schrei­ben vom 16.02.2016 er­klärt, mit der Um­set­zung der Rück­ruf­ak­ti­on kön­ne erst nach län­ge­rer Zeit, näm­lich ab der Ka­len­der­wo­che 36/2016 (Sep­tem­ber 2016) be­gon­nen wer­den. Da­mit war zur Zeit der – vom Be­ru­fungs­ge­richt für maß­geb­lich er­ach­te­ten – Rück­tritts­er­klä­rung in der Kla­ge­schrift vom 13.06.2016 of­fen, wann ei­ne Soft­ware­lö­sung zur Be­sei­ti­gung der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung für das Fahr­zeug des Klä­gers zur Ver­fü­gung ste­hen wer­de. Denn die Be­klag­te hat le­dig­lich va­ge an­ge­kün­digt, dass mit der Rück­ruf­ak­ti­on um die­se Zeit „be­gon­nen“ wer­den kön­ne. Ins­be­son­de­re lag die­ser Zeit­punkt ge­rau­me Zeit, hier so­gar meh­re­re Mo­na­te in der Zu­kunft. Vor die­sem Hin­ter­grund kommt es we­der auf den von der Re­vi­si­on an­ge­führ­ten Zeit­punkt der Frei­ga­be­ent­schei­dung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes (19.05.2016) noch auf die Fra­ge an, ob mit dem frei­ge­ge­be­nen Soft­ware­up­date ei­ne voll­stän­di­ge Be­sei­ti­gung des Man­gels zu er­rei­chen sein wür­de.

[54]   cc) Eben­falls zu Recht hat das Be­ru­fungs­ge­richt an­ge­nom­men, dass der vom Klä­ger er­klär­te Rück­tritt nicht ge­mäß § 323 V 2 BGB aus­ge­schlos­sen ist, weil die in der man­gel­haf­ten Lie­fe­rung des mit ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung (Prüf­stan­der­ken­nungs­soft­ware) aus­ge­stat­te­ten Fahr­zeugs lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung nicht als un­er­heb­lich im Sin­ne der vor­ge­nann­ten Vor­schrift ein­zu­stu­fen ist.

[55]   (1) Die Be­ur­tei­lung, ob ei­ne Pflicht­ver­let­zung un­er­heb­lich i. S. des § 323 V 2 BGB ist, er­for­dert – wo­von das Be­ru­fungs­ge­richt zu­tref­fend aus­ge­gan­gen ist – ei­ne um­fas­sen­de In­ter­es­sen­ab­wä­gung auf der Grund­la­ge der Um­stän­de des Ein­zel­falls (st. Rspr.; vgl. et­wa Se­nat, Urt. v. 28.05.2014 – VI­II ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 16 m. w. Nachw.; Urt. v. 18.10.2017 – VI­II ZR 242/16, DAR 2018, 78 Rn. 12; Urt. v. 11.12.2019 – VI­II ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 46; Urt. v. 29.09.2021 – VI­II ZR 111/20, BGHZ 231, 149 Rn. 44). Maß­ge­bend für die­se Be­ur­tei­lung ist der Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung (Se­nat, Urt. v. 11.12.2019 – VI­II ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 48 m. w. Nachw.). Die Dar­le­gungs- und Be­weis­last für die tat­sach­li­chen Vor­aus­set­zun­gen der Un­er­heb­lich­keit der Pflicht­ver­let­zung trägt da­bei der Ver­käu­fer und nicht der Käu­fer (vgl. Se­nat, Urt. v. 18.10.2017 – VI­II ZR 242/16, DAR 2018, 78 Rn. 11; Urt. v. 29.09.2021 – VI­II ZR 111/20, BGHZ 231, 149 Rn. 44; Beschl. v. 09.11.2021 – VI­II ZR 184/20, ju­ris Rn. 22).

[56]   (2) Hier­bei kommt es nicht dar­auf an, ob – wie die Re­vi­si­on gel­tend macht – der Man­gel durch ein Soft­ware­up­date in we­ni­ger als ei­ner Stun­de zu – vom Klä­ger nicht zu tra­gen­den – Kos­ten von we­ni­ger als 100 € (fol­gen­los) zu be­sei­ti­gen wä­re. Denn nach der zwi­schen­zeit­lich er­gan­ge­nen Recht­spre­chung des EuGH (nach­fol­gend: Ge­richts­hof), die auch bei der Aus­le­gung und An­wen­dung des § 323 V 2 BGB zu be­rück­sich­ti­gen ist, kann ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung nicht als ge­ring­fü­gi­ge Ver­trags­wid­rig­keit i. S. von Art. 3 VI der Richt­li­nie 1999/44/EG des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 25.05.1999 zu be­stimm­ten As­pek­ten des Ver­brauchs­gü­ter­kaufs und der Ga­ran­ti­en für Ver­brauchs­gü­ter (ABl. 1999 L 171, 12) und da­mit grund­sätz­lich auch nicht als ei­ne un­er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung nach § 323 V 2 BGB an­ge­se­hen wer­den.

[57]   Der Ge­richts­hof (s. EuGH, Urt. v. 14.07.2022 – C-145/20, ECLI:EU:C:2022:572 = ju­ris Rn. 96 f. – Por­sche In­ter Au­to und Volks­wa­gen) hat ent­schei­dend dar­auf ab­ge­stellt, dass ein Fahr­zeug­typ, der mit ei­ner Ab­schalt­ein­rich­tung aus­ge­rüs­tet ist, de­ren Ver­wen­dung nach Art. 5 II der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 ver­bo­ten ist, nicht ge­neh­migt wer­den kann. Ein sol­ches Fahr­zeug ver­mag die in An­hang I der vor­ge­nann­ten Ver­ord­nung vor­ge­se­he­nen Emis­si­ons­grenz­wer­te nicht ein­zu­hal­ten. Wei­ter hat der Ge­richts­hof auf die Er­wä­gungs­grün­de 1 und 4 bis 6 die­ser Ver­ord­nung hin­ge­wie­sen, die die Be­deu­tung des Um­welt­schut­zes und die Er­for­der­lich­keit un­ter­strei­chen, die Stick­stoff­oxid(NOx)-Emis­sio­nen bei Die­sel­fahr­zeu­gen er­heb­lich zu min­dern, um die Luft­qua­li­tät zu ver­bes­sern und die Luft­ver­schmut­zungs­grenz­wer­te ein­zu­hal­ten (EuGH, Urt. v. 14.07.2022 – C-145/20, ECLI:EU:C:2022:572 = ju­ris Rn. 95 – Por­sche In­ter Au­to und Volks­wa­gen). Im Hin­blick hier­auf gel­ten für die Be­ur­tei­lung des Vor­lie­gens ei­ner nicht un­er­heb­li­chen Pflicht­ver­let­zung i. S. von § 323 V 2 BGB kei­ne an­de­ren Maß­stä­be, wenn – wie hier – ein Ver­brauchs­gü­ter­kauf nicht vor­liegt.

[58]   dd) Rechts­feh­ler­haft hat das Be­ru­fungs­ge­richt da­ge­gen an­ge­nom­men, ei­ne nach § 377 I, III HGB an­zu­neh­men­de Ge­neh­mi­gung des Man­gels sei hier nicht ge­ge­ben, so­dass der Klä­ger auch aus die­sem Grund nicht an der wirk­sa­men Aus­übung des Rück­tritts­rechts ge­hin­dert sei.

[59]   (1) Nach der Vor­schrift des § 377 I HGB hat im Fal­le ei­nes bei­der­sei­ti­gen Han­dels­kaufs (§ 343 I HGB) der Käu­fer die Wa­re un­ver­züg­lich nach der Ab­lie­fe­rung durch den Ver­käu­fer, so­weit dies nach ord­nungs­mä­ßi­gem Ge­schäfts­gan­ge tun­lich ist, zu un­ter­su­chen und, wenn sich ein Man­gel zeigt, dem Ver­käu­fer un­ver­züg­lich An­zei­ge zu ma­chen. Un­ter­lässt der Käu­fer die An­zei­ge, gilt die Wa­re ge­mäß § 377 II HGB als ge­neh­migt, es sei denn, der Man­gel war bei der Un­ter­su­chung nicht er­kenn­bar. Nach § 377 III HGB muss, wenn sich ein sol­cher Man­gel spä­ter zeigt, die An­zei­ge un­ver­züg­lich nach der Ent­de­ckung ge­macht wer­den; an­de­ren­falls gilt die Wa­re auch in An­se­hung die­ses Man­gels als ge­neh­migt. So liegt es hier.

[60]   (2) Noch rechts­feh­ler­frei ist das Be­ru­fungs­ge­richt da­von aus­ge­gan­gen, dass die Rü­ge­ob­lie­gen­heit auch im Rah­men des zwi­schen ei­nem Lea­sing­ge­ber und des­sen Lie­fe­ran­ten ab­ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trags gilt (Se­nat, Urt. v. 24.01.1990 – VI­II ZR 22/89, BGHZ 110, 130, 137 ff.) und im ge­ge­be­nen Fall ein bei­der­sei­ti­ges Han­dels­ge­schäft i. S. von §§ 343 I, 377 HGB vor­liegt. Zwar hat das Be­ru­fungs­ge­richt nicht fest­ge­stellt, ob (auch) der aus ab­ge­tre­te­nem Recht kla­gen­de Klä­ger Kauf­mann ist. Dar­auf kommt es je­doch nicht an, denn die An­wend­bar­keit des § 377 HGB rich­tet sich nach dem zwi­schen der Be­klag­ten und der Lea­sing­ge­be­rin, der Volks­wa­gen Lea­sing GmbH, ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag (vgl. Se­nat, Urt. v. 24.01.1990 – VI­II ZR 22/89, BGHZ 110, 130, 138). Da­bei han­delt es sich – wie das Be­ru­fungs­ge­richt sei­ner Wür­di­gung un­aus­ge­spro­chen zu­grun­de ge­legt hat – um ei­nen bei­der­sei­ti­gen Han­dels­kauf i. S. des §§ 343 I, 344 I HGB.

[61]   Für die Fra­ge, ob ein Han­dels­kauf vor­liegt, kommt es al­lein auf den Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses und die dar­an be­tei­lig­ten Per­so­nen, hier die Lea­sing­ge­be­rin und die Be­klag­te, an. An­ders als die Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat gel­tend ge­macht hat, ver­liert der Kauf­ver­trag sei­ne Ei­gen­schaft als bei­der­sei­ti­ges Han­dels­ge­schäft nicht, wenn über die Kauf­sa­che zu­sätz­lich ein Lea­sing­ver­trag mit ei­nem nicht­kauf­män­ni­schen Lea­sing­neh­mer ge­schlos­sen wird. Dar­aus folgt, dass die Rü­ge­ob­lie­gen­heit aus § 377 HGB un­ter sol­chen Um­stän­den nicht ent­fällt. Es be­steht kei­ne sach­li­che Recht­fer­ti­gung da­für, dass der Ver­käu­fer ge­gen­über sei­nem kauf­män­ni­schen Ver­trags­part­ner nur des­halb den Schutz des § 377 HGB ver­lie­ren soll, weil die­ser ei­nen Lea­sing­ver­trag mit ei­nem Nicht­kauf­mann ge­schlos­sen hat (Se­nat, Urt. v. 24.01.1990 – VI­II ZR 22/89, BGHZ 110, 130, 138).

[62]   (3) Eben­falls rechts­feh­ler­frei hat das Be­ru­fungs­ge­richt an­ge­nom­men, dass die wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen des § 377 I, III HGB er­füllt sind. Da­bei kann auch im Streit­fall die im Se­nats­ur­teil vom 24.01.1990 (VI­II ZR 22/89, BGHZ 110, 130, 138, 142) of­fen­ge­las­se­ne Fra­ge da­hin­ste­hen, un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen ei­ne for­mu­lar­ver­trag­li­che Über­tra­gung der Rü­ge­ob­lie­gen­heit des Käu­fers/​Lea­sing­ge­bers auf den Lea­sing­neh­mer ei­ner In­halts­kon­trol­le stand­hal­ten wür­de (vgl. da­zu Münch­Komm-BGB/​Koch, 8. Aufl., Fi­nan­zie­rungs­lea­sing [An­hang zu § 515 BGB] Rn. 87; H. Schmidt, in Ul­mer/​Brand­ner/​Hen­sen, AGB-Recht, 13. Aufl., Teil 2 (29) Lea­sing­ver­trä­ge Rn. 9; Wim­mer-Le­on­hardt, in: Mar­ti­nek/​Stof­fels/​Wim­mer-Le­on­hardt, Hand­buch des Lea­sing­rechts, 2. Aufl., § 14 Rn. 12; Om­lor, in: El­len­ber­ger/​Bun­te, Bank­rechts-Hand­buch, 6. Aufl., § 80 Rn. 54; Rei­ni­cke/Tiedt­ke, Kauf­recht, 8. Aufl., Rn. 1796 ff.; BeckOGK-BGB/​Zie­m­ßen, Stand: 01.10.2022, § 535 Rn. 950; Hopt/​Ley­ens, HGB, 41. Aufl., § 377 Rn. 59).

[63]   Denn das Be­ru­fungs­ge­richt hat zu Recht – und in­so­weit nicht an­ge­grif­fen – un­ab­hän­gig da­von, ob die Rü­ge­ob­lie­gen­heit die Lea­sing­ge­be­rin oder den Klä­ger traf, ei­nen Ver­stoß ge­gen § 377 III HGB an­ge­nom­men. Zu­tref­fend hat das Be­ru­fungs­ge­richt (un­aus­ge­spro­chen) ei­nen ver­deck­ten Man­gel im Sin­ne der vor­ge­nann­ten Vor­schrift be­jaht. Bei der Aus­stat­tung des vom Klä­ger ge­leas­ten Fahr­zeugs mit ei­nem über ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung ver­fü­gen­den Mo­tor han­delt es sich um ei­nen Man­gel, der nicht be­reits bei der Ab­lie­fe­rung er­kannt wer­den konn­te. Un­ter den vom Be­ru­fungs­ge­richt im Streit­fall fest­ge­stell­ten Um­stän­den konn­ten der Klä­ger und die Lea­sing­ge­be­rin den Man­gel (frü­hes­tens) nach Be­kannt­wer­den der Ad-hoc-Mit­tei­lung des Fahr­zeug­her­stel­lers vom 22.09.2015, ge­ge­be­nen­falls – was hier kei­ner Ent­schei­dung be­darf – auch erst nach Be­kannt­wer­den des Rück­ruf­be­scheids des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes vom 15.10.2015 er­ken­nen.

[64]   Je­doch ha­ben we­der der Klä­ger noch die Lea­sing­ge­be­rin den Sach­man­gel des Fahr­zeugs un­ver­züg­lich nach sei­ner Ent­de­ckung an­ge­zeigt. Ei­ne Män­gel­an­zei­ge der Lea­sing­ge­be­rin hat das Be­ru­fungs­ge­richt nicht fest­ge­stellt. Der Klä­ger hat nach den re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den­den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts un­strei­tig be­reits „in un­mit­tel­ba­rem Zu­sam­men­hang“ mit der Ad-hoc-Mit­tei­lung der Fahr­zeug­her­stel­le­rin vom 22.09.2015 da­von Kennt­nis er­langt, dass auch das vom ihm ge­leas­te Fahr­zeug mit ei­ner sol­chen Ab­schalt­vor­rich­tung aus­ge­stat­tet war. Un­ab­hän­gig da­von, wann er kon­kret vom Vor­han­den­sein ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung er­fah­ren hat (Sep­tem­ber oder Ok­to­ber 2015), hat er je­den­falls erst Mo­na­te spä­ter und da­mit nicht un­ver­züg­lich – mit An­walts­schrei­ben vom 02.02.2016 an die Be­klag­te – be­an­stan­det, dass „Ab­gas­tests zur Mes­sung des Schad­stoff­aus­sto­ßes […] durch die Ver­wen­dung ei­ner spe­zi­el­len Soft­ware ma­ni­pu­liert“ wor­den sei­en. Die dies­be­züg­li­che Wür­di­gung des Be­ru­fungs­ge­richts wird von den Par­tei­en im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren nicht an­ge­grif­fen.

[65]   (4) Nicht frei von Rechts­irr­tum hat das Be­ru­fungs­ge­richt al­ler­dings an­ge­nom­men, dass trotz des – rechts­feh­ler­frei fest­ge­stell­ten – Rü­ge­ver­säum­nis­ses die Ge­neh­mi­gungs­wir­kung des § 377 I, III HGB nicht ein­ge­tre­ten sei. Zur Be­grün­dung hat es in ers­ter Li­nie dar­auf ab­ge­stellt, ei­ne An­zei­ge des Man­gels sei ent­behr­lich ge­we­sen, weil er der Be­klag­ten be­kannt und auf­grund des dro­hen­den Wi­der­rufs der Fahr­zeug­zu­las­sung klar ge­we­sen sei, dass der Klä­ger sich mit der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung nicht ab­fin­den wer­de.

[66]   (a) Das Be­ru­fungs­ge­richt hat be­reits nicht fest­ge­stellt, dass die Be­klag­te als Ver­käu­fe­rin im maß­geb­li­chen Zeit­punkt, zu dem die An­zei­ge­ob­lie­gen­heit durch die Lea­sing­ge­be­rin be­zie­hungs­wei­se den Klä­ger zu er­fül­len war, Kennt­nis von dem Sach­man­gel hat­te. Dar­über hin­aus hat es ins­be­son­de­re über­se­hen, dass ei­ne Män­gel­rü­ge nicht schon dann ent­behr­lich ist, wenn der Ver­käu­fer von ei­nem Man­gel der Kauf­sa­che Kennt­nis hat. Dies er­gibt sich schon dar­aus, dass das Ge­setz die­se Rechts­fol­ge ge­mäß § 377 V HGB nur bei ei­nem – hier nicht ge­ge­be­nen – arg­lis­ti­gen Ver­schwei­gen des Man­gels durch den Ver­käu­fer vor­sieht (s. Se­nat, Urt. v. 25.09.1985 – VI­II ZR 175/84, NJW 1986, 316 un­ter II 2 b bb; Urt. v. 24.01.1990 – VI­II ZR 22/89, BGHZ 110, 130, 140; Urt. v. 27.06.1990 – VI­II ZR 72/89, NJW-RR 1990, 1462 un­ter II 2 c aa).

[67]   (b) Auch aus an­de­ren Grün­den war ei­ne Rü­ge­ob­lie­gen­heit nicht ent­behr­lich. Zwar hat der Se­nat in dem vor­ge­nann­ten Ur­teil vom 27.06.1990 (VI­II ZR 72/89, NJW-RR 1990, 1462 un­ter II 1 b) ent­schie­den, dass es ei­ner Män­gel­an­zei­ge nach § 377 HGB nicht be­darf und die Kauf­sa­che auch oh­ne ei­ne sol­che nicht als ge­neh­migt gilt, wenn sich der Ver­käu­fer be­reits bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags zur Be­sei­ti­gung von Män­geln der beim Käu­fer be­find­li­chen Kauf­sa­che ver­pflich­tet hat (eben­so Achil­les, in: Eben­roth/​Bou­jong/​Joost/​Strohn, HGB, 4. Aufl., § 377 Rn. 239; so auch Münch­Komm-HGB/​Gru­ne­wald, 5.  Aufl., § 377 Rn. 85). Denn ei­ne bei Ver­trags­ab­schluss aus­drück­lich ein­be­zo­ge­ne Ver­ein­ba­rung ei­ner Feh­ler­be­sei­ti­gung geht über blo­ße Kennt­nis des Ver­käu­fers hin­aus (Se­nat, Urt. v. 27.06.1990 VI­II ZR 72/89, NJW-RR 1990, 1462 un­ter II 2 c aa). Ein sol­cher Son­der­fall, in dem die Ge­neh­mi­gungs­wir­kung nach § 377 HGB nicht ein­tritt, ist nach den recht­feh­ler­frei ge­trof­fe­nen und im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren nicht an­ge­grif­fe­nen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts hier je­doch nicht ge­ge­ben.

[68]   (5) Rechts­feh­ler­haft hat das Be­ru­fungs­ge­richt zu­dem an­ge­nom­men, das An­walts­schrei­ben der Be­klag­ten vom 16.02.2016 sei als kon­klu­den­ter Ver­zicht auf den Ein­wand der ver­spä­te­ten Män­gel­rü­ge aus­zu­le­gen. Zwar hat sich die Be­klag­te in dem vor­ge­nann­ten Schrei­ben nicht aus­drück­lich dar­auf be­ru­fen, dass die Man­gel­haf­tig­keit des Kraft­fahr­zeugs ver­spä­tet ge­rügt wor­den sei. Dar­aus folgt je­doch nicht, dass sie still­schwei­gend auf die Rechts­fol­gen der Ver­spä­tung ver­zich­tet hat.

[69]   (a) Im Aus­gangs­punkt rich­tig hat das Be­ru­fungs­ge­richt ge­se­hen, dass der Ver­käu­fer nach der stän­di­gen Recht­spre­chung des BGH je­der­zeit und auch still­schwei­gend auf die Rechts­fol­gen aus § 377 II, III HGB – be­zie­hungs­wei­se auf den Ein­wand der Ver­spä­tung ei­ner Män­gel­rü­ge – ver­zich­ten kann und die An­nah­me ei­nes sol­chen Ver­zichts in Be­tracht kommt, wenn der Ver­käu­fer die be­an­stan­de­ten Wa­ren vor­be­halt­los zu­rück­ge­nom­men oder vor­be­halt­los Nach­bes­se­rung ver­spro­chen oder den Ein­wand der ver­spä­te­ten Män­gel­an­zei­ge nicht er­ho­ben hat (Se­nat, Urt. v. 29.03.1978 – VI­II ZR 245/76, NJW 1978, 2394 un­ter IV; Urt. v. 24.01.1990 – VI­II ZR 22/89, BGHZ 110, 130, 144; Urt. v. 19.06.1991 – VI­II ZR 149/90, NJW 1991, 2633 un­ter II 1 c aa; Urt. v. 25.11.1998 – VI­II ZR 259/97, NJW 1999, 1259 un­ter III 2 a [zu Art. 39 CISG]; s. auch Achil­les, in: Eben­roth/​Bou­jong/​Joost/​Strohn, a. a. O., § 377 Rn. 240).

[70]   (b) Das Be­ru­fungs­ge­richt hat die­se Maß­stä­be aber rechts­feh­ler­haft auf den fest­ge­stell­ten Sach­ver­halt an­ge­wen­det. Da ein still­schwei­gen­der Ver­zicht auf Rech­te im All­ge­mei­nen nicht zu ver­mu­ten ist, müs­sen ein­deu­ti­ge An­halts­punk­te vor­lie­gen, die der Käu­fer als Auf­ga­be des Rechts durch den Ver­trags­part­ner ver­ste­hen darf (Se­nat, Urt. v. 19.06.1991 – VI­II ZR 149/90, NJW 1991, 2633 un­ter II 1 c bb; Urt. v. 25.11.1998 – VI­II ZR 259/97, NJW 1999, 1259 un­ter III 2 a [je­weils zu § 377 HGB]; Urt. v. 26.08.2020 – VI­II ZR 351/19, BGHZ 227, 15 Rn. 62 m. w. Nachw.). Nach die­sem Maß­stab sind hin­rei­chen­de An­halts­punk­te da­für nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts im Streit­fall je­doch nicht ge­ge­ben.

[71]   Die tatrich­ter­li­che Aus­le­gung ei­ner In­di­vi­dua­l­er­klä­rung kann vom Re­vi­si­ons­ge­richt zwar nur dar­auf­hin über­prüft wer­den, ob ge­setz­li­che oder all­ge­mein an­er­kann­te Aus­le­gungs­re­geln, die Denk­ge­set­ze oder all­ge­mei­ne Er­fah­rungs­sät­ze ver­letzt sind, we­sent­li­cher Aus­le­gungs­stoff au­ßer Acht ge­las­sen wor­den ist oder die Aus­le­gung auf mit der Re­vi­si­on ge­rüg­ten Ver­fah­rens­feh­lern be­ruht (st. Rspr.; vgl. nur Se­nat, Urt. v. 28.09.2022 – VI­II ZR 300/21, ju­ris Rn. 14; Urt. v. 18.10.2017 – VI­II ZR 32/16, WM 2018, 1801 Rn. 17; Urt. v. 09.07.2014 – VI­II ZR 376/13, BGHZ 202, 39 Rn. 42; je­weils m. w. Nachw.). Ei­ner an die­sem Maß­stab aus­ge­rich­te­ten Prü­fung hält die Aus­le­gung des Schrei­bens vom 16.02.2016 durch das Be­ru­fungs­ge­richt je­doch nicht stand.

[72]  (c) In dem vor­be­zeich­ne­ten Schrei­ben an die Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten des Klä­gers ha­ben die Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten der Be­klag­ten un­ter an­de­rem mit­ge­teilt:

„In Eu­ro­pa sind nach den der­zeit gül­ti­gen ge­setz­li­chen Be­stim­mun­gen der VO (EG 715/2007) die Ab­gas­wer­te maß­geb­lich, die in ei­nem be­stimm­ten vor­ge­se­he­nen Prüf­ver­fah­ren (NEFZ) er­mit­telt wer­den. Vor die­sem Hin­ter­grund kann es ver­fah­rens­be­dingt bei Die­sel­fahr­zeu­gen zu Ab­wei­chun­gen zwi­schen den Ab­gas­wer­ten, die im ge­setz­li­chen Prüf­ver­fah­ren er­mit­telt wer­den, und den im rea­len Fahr­be­trieb er­mit­tel­ten Emis­si­ons­wer­ten kom­men.

Wir in­for­mie­ren Ih­re Man­dant­schaft hier­mit über die ak­tu­el­len Ent­wick­lun­gen im Zu­sam­men­hang mit der Soft­ware, wel­che bei Die­sel­mo­to­ren des Typs EA189 den Aus­stoß vom Stick­oxid (NOx) auf dem Prüf­stand op­ti­miert.

Der Volks­wa­gen-Kon­zern hat dem Kraft­fahrt-Bun­des­amt be­reits die kon­kre­ten tech­ni­schen Maß­nah­men für die Mo­tor­va­ri­an­te Ih­rer Man­dant­schaft vor­ge­stellt, wel­che durch das Kraft­fahrt-Bun­des­amt ge­neh­migt wur­den. Für das Fahr­zeug Ih­rer Man­dant­schaft herrscht so­mit Klar­heit hin­sicht­lich der Be­he­bung der Un­re­gel­mä­ßig­kei­ten.

Die vom Volks­wa­gen-Kon­zern ent­wi­ckel­te tech­ni­sche Lö­sung sieht wie folgt aus: Bei der Mo­tor­va­ri­an­te Ih­rer Man­dant­schaft wird di­rekt vor dem Luft­mas­sen­mes­ser ein so­ge­nann­ter Strö­mungs­gleich­rich­ter be­fes­tigt. Da­bei han­delt es sich um ein Git­ter­netz, das den ver­wir­bel­ten Luft­strom vor dem Luft­mas­sen­mes­ser be­ru­higt und da­durch den Ver­bren­nungs­vor­gang op­ti­miert. Zu­dem wird an Fahr­zeu­gen mit die­sem Mo­tor ein Soft­ware­up­date durch­ge­führt.

Durch die ge­schil­der­te Maß­nah­me wird der Aus­stoß an NOx so weit re­du­ziert, dass die ein­schlä­gi­gen Grenz­wer­te ein­ge­hal­ten wer­den. Der Zeit­auf­wand für die Um­set­zung der tech­ni­schen Maß­nah­me in ei­ner Werk­statt un­se­rer Man­dan­tin wird vor­aus­sicht­lich we­ni­ger als ei­ne Stun­de in An­spruch neh­men.“

[73]   (d) Das vor­ge­nann­te Schrei­ben ent­hält we­der nach sei­nem Wort­laut noch nach sei­nen Be­gleit­um­stän­den und nach der In­ter­es­sen­la­ge (§§ 133, 157 BGB) ein­deu­ti­ge An­halts­punk­te, die die An­nah­me ei­nes Ver­zichts auf die Rü­ge­ob­lie­gen­heit be­zie­hungs­wei­se auf die Ge­neh­mi­gungs­wir­kung des § 377 I, III HGB recht­fer­ti­gen. Dies hat das Be­ru­fungs­ge­richt rechts­feh­ler­haft ver­kannt und zu­dem Aus­le­gungs­stoff un­be­ach­tet ge­las­sen. An­ders als es ge­meint hat, wird be­reits an­hand des Wort­lauts des Schrei­bens deut­lich, dass die Be­klag­te nicht vor­be­halt­los Nach­bes­se­rung ei­nes Sach­man­gels des ge­leas­ten Fahr­zeugs an­ge­bo­ten hat. Sie be­schreibt le­dig­lich, dass die Ab­gas­wer­te im rea­len Fahr­be­trieb „ver­fah­rens­be­dingt“ nicht dem uni­ons­recht­lich vor­ge­se­he­nen Prüf­ver­fah­ren ent­sprä­chen. Ei­ne Er­klä­rung über ei­ne et­wai­ge ei­ge­ne Ein­stands­pflicht auf­grund des ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trags ent­hält das Schrei­ben hin­ge­gen nicht.

[74]   (aa) Die Be­klag­te hat den Klä­ger schlicht über die vom Her­stel­ler be­reits ge­trof­fe­nen be­zie­hungs­wei­se in der Vor­be­rei­tung be­find­li­chen Maß­nah­men un­ter­rich­tet („Wir in­for­mie­ren Ih­re Man­dant­schaft …“). Sie hat ent­ge­gen der Sicht­wei­se des Be­ru­fungs­ge­richts nicht „an­er­kannt“, zur Nach­bes­se­rung ver­pflich­tet zu sein, son­dern le­dig­lich zum Aus­druck ge­bracht, in die vom Her­stel­ler ge­plan­te Vor­nah­me der Maß­nah­me ein­ge­bun­den zu sein, wie der Hin­weis auf die „Um­set­zung der tech­ni­schen Maß­nah­me in ei­ner Werk­statt un­se­rer Man­dan­tin“ ver­deut­licht. Die Be­klag­te hat zu­dem be­tont, dass „die Durch­füh­rung der Maß­nah­men auf Kos­ten des Volks­wa­gen-Kon­zerns“ er­folgt, mit­hin nicht auf ih­re ei­ge­nen Kos­ten. Die im nächs­ten Satz er­folg­te Ver­si­che­rung der Be­klag­ten, sie wer­de den Klä­ger „zur Ver­mei­dung von Un­an­nehm­lich­kei­ten für den Zeit­raum der Durch­füh­rung der Maß­nah­me mo­bil hal­ten“, spricht ent­ge­gen der An­sicht des Be­ru­fungs­ge­richts eben­falls nicht da­für, dass die Be­klag­te dem Klä­ger vor­be­halt­los Nach­bes­se­rung ver­spre­chen woll­te. Die ver­wen­de­te For­mu­lie­rung lässt nicht ein­mal er­ken­nen, ob die da­durch ent­ste­hen­den Kos­ten von der Be­klag­ten selbst ge­tra­gen wer­den oder – wo­für der vor­an­ge­gan­ge­ne Satz spricht – von der Fahr­zeug­her­stel­le­rin.

[75]   (bb) Zwar hat die Be­klag­te – wo­von das Be­ru­fungs­ge­richt sich eben­falls hat lei­ten las­sen – auch ei­nen Ver­jäh­rungs­ver­zicht er­klärt. Dies ist je­doch eben­falls kein ein­deu­ti­ger Hin­weis dar­auf, dass sie kon­klu­dent auf die Gel­tend­ma­chung der Rechts­fol­gen der be­reits ein­ge­tre­te­nen Ge­neh­mi­gungs­fik­ti­on nach § 377 III HGB ver­zich­ten woll­te. Die Be­klag­te hat in ih­rem Schrei­ben vom 16.02.2016 her­vor­ge­ho­ben, auf die Ver­jäh­rungs­ein­re­de (le­dig­lich) bis zum 31.12.2016 zu ver­zich­ten. Da­mit hat sie zum Aus­druck ge­bracht, et­wai­ge Rechts­vor­tei­le nicht ins­ge­samt auf­ge­ben zu wol­len, son­dern nur zeit­wei­se. Dies hat das Be­ru­fungs­ge­richt eben­so wie den Um­stand un­be­rück­sich­tigt ge­las­sen, dass der aus­drück­lich er­klär­te (zeit­lich oh­ne­hin be­grenz­te) Ver­jäh­rungs­ver­zicht die Schluss­fol­ge­rung na­he­legt, dass die Be­klag­te dar­über hin­aus kei­ne ihr güns­ti­ge Rechts­po­si­ti­on hat auf­ge­ben wol­len. Über­dies hat die Be­klag­te – was das Be­ru­fungs­ge­richt eben­falls au­ßer Acht ge­las­sen hat – im Zu­sam­men­hang mit dem Ver­jäh­rungs­ver­zicht un­miss­ver­ständ­lich klar­ge­stellt: „Vor die­sem Hin­ter­grund bit­ten wir um Ver­ständ­nis, dass dem Rück­ab­wick­lungs­ge­such Ih­rer Man­dant­schaft nicht ent­spro­chen wer­den kann.“ Das ver­deut­licht, dass die Be­klag­te kei­ne Er­klä­rung ab­ge­ben woll­te, die dem Klä­ger ein Rück­tritts­recht ent­ge­gen den ge­setz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen ge­wäh­ren soll­te. Das wä­re aber bei ei­nem (kon­klu­den­ten) Ver­zicht auf die für die Be­klag­te vor­teil­haf­ten Rechts­fol­gen der Ge­neh­mi­gungs­wir­kung ei­ner un­ter­blie­be­nen recht­zei­ti­gen Män­gel­an­zei­ge nach § 377 III HGB der Fall.

[76]   (6) Ent­ge­gen dem von der Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung in der münd­li­chen Ver­hand­lung er­ho­be­nen Ein­wand ist die Be­ru­fung der Be­klag­ten auf die un­ter­blie­be­ne be­zie­hungs­wei­se ver­spä­tet gel­tend ge­mach­te Män­gel­rü­ge nicht treu­wid­rig (§ 242 BGB). Über­gan­ge­nen Sach­vor­trag des Klä­gers, aus dem sich ein treu­wid­ri­ges Ver­hal­ten der Be­klag­ten er­gä­be, hat die Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung nicht auf­ge­zeigt. So­weit sie dar­auf ab­stellt, dass die Be­klag­te das Auf­spie­len des Up­dates als Nach­bes­se­rung vor­be­halt­los an­ge­bo­ten ha­be, trifft dies – wie aus­ge­führt – nicht zu.

[77]   III. Das an­ge­foch­te­ne Ur­teil kann hier­nach kei­nen Be­stand ha­ben, so­weit zum Nach­teil der Be­klag­ten zu 1 er­kannt wor­den ist. Es ist in­so­weit auf­zu­he­ben (§ 562 I ZPO). Der Se­nat ent­schei­det in der Sa­che selbst, da es wei­te­rer Fest­stel­lun­gen nicht be­darf und die Sa­che zur End­ent­schei­dung reif ist (§ 563 III ZPO). Dies führt zur Auf­he­bung des Be­ru­fungs­ur­teils, so­weit die­ses zum Nach­teil der Be­klag­ten zu 1 er­gan­gen ist, so­wie zur Zu­rück­wei­sung der Be­ru­fung des Klä­gers hin­sicht­lich der erst­in­stanz­li­chen Ab­wei­sung der ge­gen die Be­klag­te zu 1 ge­rich­te­ten Kla­ge.

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