1. Der Käufer eines gebrauchten Kraftfahrzeugs kann grundsätzlich – wenn keine besonderen Umstände vorliegen – i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB erwarten, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr als „Bagatellschäden“ gekommen ist. Als „Bagatellschäden“ sind bei Personenkraftwagen nur ganz geringfügige, äußere (Lack-)Schäden anerkannt, nicht dagegen andere (Blech-) Schäden, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand nur gering war. Ob das Fahrzeug nach dem Unfall fachgerecht repariert worden ist, ist nicht von Bedeutung; vielmehr stellt alleine die Tatsache, dass es bei einem Unfall einen erheblichen Schaden erlitten hat, einen Sachmangel i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB dar (wie BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53 Rn. 20; Urt. v. 12.03.2008 – VIII ZR 253/05, NJW 2008, 1517 Rn. 18).
  2. Zur Abgrenzung zwischen einem „Bagatellschaden“ und einem Sachmangel i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB bei einem elf Jahre alten Gebrauchtwagen mit einer Laufleistung von 220.000 km, der bereits fünf Vorhalter hatte.

LG Kassel, Urteil vom 13.03.2019 – 9 O 1070/16
(nachfolgend: OLG Frankfurt a. M. – Zivilsenate Kassel –, Beschluss vom 29.06.2020 – 15 U 116/19BGH, Beschluss vom 09.03.2021 – VIII ZB 1/21)

Sachverhalt: Der Kläger erwarb von dem beklagten Kraftfahrzeughändler am 02.02.2016 für 9.200 € einen am 07.01.2005 erstzugelassenen Gebrauchtwagen, dessen Laufleistung in der dem Kaufvertrag zugrunde liegenden verbindlichen Bestellung des Fahrzeugs mit 228.000 km angegeben war. In dem Bestellformular heißt es außerdem:

„Zahl, Art und Umfang von Unfallschäden laut Vorbesitzer: Keine großen Unfälle od. Rahmenschäden, kleinere behobene Blech od Bagatellschäden nicht ausgeschlossen.“

Mit Schreiben vom 19.02.2016 forderte der – anwaltlich vertretene – Kläger den Beklagten auf, bis zum 29.02.2016 näher bezeichnete Mängel des Fahrzeugs zu beseitigen. Darüber hinaus teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass der Pkw nach seiner Auffassung bei einem Unfall einen erheblichen seitlichen Aufprallschaden erlitten habe. Auch insoweit begehrte der Kläger von dem Beklagten Nacherfüllung.

Nachdem der Kläger am 17.02.2016 ein das Fahrzeug betreffendes Gutachten hatte erstellen lassen, erklärte er unter dem 07.03.2016 gegenüber dem Beklagten die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und forderte den Beklagten auf, ihm bis zum 14.03.2016 – Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs – den Kaufpreis zurückzuzahlen.

In der Klageschrift hat der Kläger überdies vorsorglich den Rücktritt von dem hier interessierenden Kaufvertrag erklärt.

Er hat behauptet, aus den Spaltmaßen im vorderen Teil des streitgegenständlichen Fahrzeugs ergebe sich, dass der Pkw vor dem 02.02.2016 einen erheblichen Unfallschaden erlitten habe. Die Motorhaube sei nicht fachgerecht nachlackiert worden. Im hinteren Bereich des rechten Schwellers sei von unten ein unbearbeiteter Spachtelauftrag erkennbar; hier sei in die Struktur des Fahrzeuggefüges eingegriffen worden. Am linken Am linken hinteren Seitenteil sei die Lackschicht etwa doppelt so dick wie bei einem nur bei der Herstellung lackierten Fahrzeug. An einer Stelle hinter der Hinterachse betrage die Lackschichtdicke 669 μm; im Bereich des Kniestücks betrage sie 1.050 μm;. Dies deute darauf hin, dass hier Instandsetzungsmaßnahmen vorgenommen und dabei das Seitenteil teilweise ersetzt worden sei.

Darüber hinaus – so hat der Kläger geltend gemacht – weise das dem Beklagten am 19.02.2016 übersandte Diagnoseprotokoll erhebliche Fehler aus, von denen sechs die Direkteinspritz- und Vorglühanlage beträfen. Zudem sei im Steuergerät für das Antiblockiersystem (ABS) ein Fehler abgelegt; ein weiterer Fehler betreffe das Airbagsystem. Im (schadhaften) Steuergerät für die Leuchtweitenregulierung seien drei Fehler abgelegt.

Der Kläger hat weiter behauptet, bei äußerer Betrachtung des linken Hauptscheinwerfers falle auf, dass dieser Feuchtigkeit „gezogen“ habe. Der streitgegenständliche Pkw sei mit Kurvenlicht ausgestattet, sodass schon der Ersatz des Scheinwerfers und der zugehörigen Stellmotoren mit hohen Kosten verbunden sein werde. Überdies seien die Glühkerzen der Zylinder 3, 4 und 5 schadhaft.

Mit seiner Klage hat der Kläger den Beklagten auf Rückzahlung des Kaufpreises (9.200 € nebst Zinsen), Zug um Zug gegen Rückgewähr des streitgegenständlichen Pkw, in Anspruch genommen und die Feststellung begehrt, dass der Beklagte mit der Annahme des Fahrzeugs in Verzug sei. Darüber hinaus hat der Kläger von dem Beklagten – jeweils nebst Zinsen – die Kosten für das vorprozessual eingeholte Gutachten (1.161,06 €), die für eine Notreparatur des Fahrzeugs aufgewendeten Kosten (243,69 €) und außergerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten (887,03 €) ersetzt verlangt. Bei der Notreparatur wurden nach der Behauptung des Klägers ein Hydraulikschlauch ersetzt und das Hydrauliköl aufgefüllt.

Der Beklagte hat vor allem in Abrede gestellt, dass der streitgegenständliche Pkw ein Unfallwagen sei. Einen größeren Unfall- oder gar einen Rahmenschaden habe das Fahrzeug nicht erlitten. Die festgestellte Nachlackierung lasse allenfalls darauf schließen, dass kleinere Blechschäden behoben worden seien. Jedenfalls habe er, der Beklagte, von einem größeren Unfallschaden keine Kenntnis gehabt, sodass er sich den Vorwurf der Arglist nicht gefallen lassen müsse.

Die Klage hatte im Wesentlichen Erfolg.

Aus den Gründen: Der Kläger hat gegen den Beklagten Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises für den streitgegenständlichen Pkw abzüglich der von ihm gezogenen Nutzungsvorteile. Ferner ist der Beklagte verpflichtet, an den Kläger die Kosten für die Einholung des vorgerichtlichen Sachverständigengutachtens in Höhe von 1.161,06 € sowie die Kosten der durchgeführten Reparatur in Höhe von 243,69 € nebst Zinsen zu erstatten. Der Beklagte befindet sich darüber hinaus mit der Annahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug.

Der Kläger hat Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aufgrund des wirksam von ihm erklärten Rücktritts gemäß §§ 434 I, 437 Nr. 2 Fall 2, 323, 326 V BGB.

Das streitgegenständliche Fahrzeug war zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs mangelhaft.

Dabei ergibt sich die Berechtigung zum Rücktritt vom Kaufvertrag nicht aus etwaig unfachmännisch durchgeführten Reparaturen der Karosserieschäden, sondern aufgrund der fehlenden Unfallfreiheit des Fahrzeugs. Es kann dahinstehen, ob – wie vom Beklagten behauptet – die optische Ausbesserung am unteren Schweller auf Veranlassung des Klägers erfolgt ist, da hieraus jedenfalls nicht abgeleitet werden kann, dass dem Kläger die Unfallwageneigenschaft des Fahrzeugs bekannt war oder seine Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht.

Die von dem Sachverständigen festgestellten Karosserieschäden am linken und rechten hinteren Bereich des Fahrzeugs und den entsprechenden Seitenteilen stellen einen zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigenden Mangel dar.

Zwar ist die Unfallfreiheit nicht zum Bestandteil einer Beschaffenheitsvereinbarung i. S. des § 434 I 1 BGB geworden. Die Parteien haben im Hinblick auf Unfallschäden des Fahrzeugs keine Vereinbarung dahin gehend getroffen, dass es sich um ein unfallfreies Fahrzeug handele. Ausweislich des vorliegenden Bestellscheins wurde dort niedergelegt, dass keine größeren Unfälle oder Rahmenschäden vorlägen und kleinere behobene Blech- oder Bagatellschäden nicht ausgeschlossen würden. Eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne einer Unfallfreiheit stellt dies nicht dar. Ebenso wenig kommt eine negative Beschaffenheitsvereinbarung dergestalt, dass das Fahrzeug möglicherweise nicht unfallfrei ist, nicht in Betracht; solches wurde dort nicht angegeben. Es ist lediglich die Rede von kleineren Bagatellschäden oder Blechschäden.

Da es somit hinsichtlich von Unfallschäden an einer klaren Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 I 1 BGB fehlt und die in Rede stehende Sollbeschaffenheit sich auch nicht aus der nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung gemäß § 434 I 2 Nr. 1 BGB ergibt, ist das streitgegenständlich Fahrzeug nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB dann frei von Sachmängeln, wenn es sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.

Für die gewöhnliche Verwendung eignet sich ein gebrauchter Personenkraftwagen grundsätzlich dann, wenn er keine technischen Mängel aufweist, die die Zulassung zum Straßenverkehr hindern oder die Gebrauchsfähigkeit aufheben oder beeinträchtigen. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.

Das Fahrzeug weist jedoch nicht eine Beschaffenheit auf, die bei einem Gebrauchtwagen üblich ist und die der Käufer erwarten kann. Bei einem Gebrauchtwagen ist, sofern keine besonderen Umstände gegeben sind, jedenfalls der normale alters- und gebrauchsbedingte Verschleiß üblich und hinzunehmen. Welche Beschaffenheit dabei üblich ist, hängt im Übrigen von den Umständen des Einzelfalls ab, wie beispielsweise dem Alter und der Laufleistung des Fahrzeugs, der Anzahl der Vorbesitzer und der Art der Vorbenutzung; für das was der Käufer erwarten darf, kann ferner der Kaufpreis oder der dem Käufer erkennbaren Pflegezustand des Fahrzeugs von Bedeutung sein.

Bei Beschädigung des Fahrzeugs kann es für die Unterscheidung, ob es sich um einen möglicherweise nicht unüblichen und daher hinzunehmenden Bagatellschaden oder um einen außergewöhnlichen, nicht zu erwarten Fahrzeugmangel handelt, auf die Art des Schadens und die Höhe der Reparaturkosten ankommen. Dabei kann eine Abgrenzung zwischen einem Bagatellschaden und einem Sachmangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB an die ständige Rechtsprechung des BGH zur Offenbarungspflicht von Schäden und Unfällen beim Gebrauchtwagenkauf angelehnt werden. Danach muss ein Verkäufer eines Gebrauchtwagens einen Schaden oder Unfall, der ihm bekannt ist oder mit dessen Vorhandensein er rechnet, grundsätzlich auch ungefragt dem Käufer mitteilen, wenn er sich nicht dem Vorwurf arglistigen Verschweigens aussetzen will, es sei denn, der Schaden oder Unfall war so geringfügig, dass er bei vernünftiger Betrachtungsweise den Kaufentschluss nicht beeinflussen kann. Die Grenze für nicht mitteilungspflichtige Bagatellschäden ist bei Personenkraftwagen sehr eng zu ziehen. Dabei sind als Bagatellschäden bei Personenkraftwagen nur ganz geringfügige, äußere (Lack-)Schäden anerkannt, nicht dagegen andere (Blech-)Schäden, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand nur gering war. Ob das Fahrzeug nach dem Unfall fachgerecht repariert worden ist, ist dabei grundsätzlich nicht von Bedeutung. Alleine die Tatsache, dass das Fahrzeug bei einem Unfall einen erheblichen Schaden erlitten hat, stellt einen Sachmangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB dar, was auch allein daraus ersichtlich ist, dass bei einem erheblichen Unfallschaden selbst bei einer ordnungsgemäßen Reparatur von einem Minderwert des Fahrzeugs auszugehen ist.

Auch beim Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs kann der Käufer, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, erwarten, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr als „Bagatellschäden“ gekommen ist.

Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall kein Bagatellschaden, sondern ein erheblicher Fahrzeugmangel vor. Nach den insoweit plausiblen und nachvollziehbaren Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen, denen sich die erkennende Kammer in vollem Umfang anschließt und sich die Ausführungen zu eigen macht, handelt es sich bei den Karosserieschäden im linken und rechten hinteren Bereich, insbesondere im Bereich des hinteren linken Seitenteils des Fahrzeugs, nicht nur um Lackschäden, sondern um Blechschäden, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Folge einer erheblichen Fahrzeugbeschädigung und eines Unfallgeschehens sind. Den Kostenaufwand zur fachgerechten Beseitigung dieser Blechschäden hat der Sachverständige im Rahmen der mündlichen Erläuterung auf mindestes 3.000 € taxiert. Ein solcher Schaden kann jedenfalls bei einem hochwertigen Fahrzeug wie dem vorliegenden, auch unter Berücksichtigung des erheblichen Alters (11 Jahre), der Vorbesitzer (5) und der erheblichen Laufleistung (220.000 km) nicht als Bagatellschaden angesehen werden, mit dem ein Käufer vernünftigerweise rechnen muss.

Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt, dass am Einstieg hinten rechts in der Vergangenheit ein erheblicher Unfallschaden vorgelegen habe, der durch Ausbeulen und Spachteln sowie anschließendes Nachlackieren beseitigt worden sei. Dadurch sei aber die ursprüngliche Form nicht wieder erreicht worden; dies zeige sich insbesondere durch das deutliche differierende Spaltmaß zwischen dem Schweller und der Türkante. Auch an der hinteren linken Seitenwand seien im vorderen Bereich umfangreiche Instandsetzungsarbeiten ausgeführt worden. Dabei und durch die extrem dicke Spachtelauftragung von beinah 1,5 mm sei dort die ursprüngliche Form nicht wieder erreicht worden. Entsprechend liege dort die Seitenwand gegenüber der Türkante deutlich nach innen eingezogen vor. Daraus, so der Sachverständige, ergebe sich, dass auch im Bereich der linken Seitenwand in der Vergangenheit ein deutlicher Unfallschaden vorgelegen habe, welcher nur unsachgemäß beseitigt worden sei.

Ungeachtet dessen hat der Sachverständige weiter ausgeführt, dass auch im Bereich der Vorderfront offensichtlich Kotflügel ausgewechselt worden seien und die Motorhaube unsachgemäß nachlackiert worden sei. Anders als bei den Heckschäden könne die Ursache hierfür jedoch nicht mehr festgestellt werden; es sei nicht zwangsläufig, dass dies auf ein Unfallgeschehen zurückzuführen sei.

Es kann hier dahinstehen, ob im Bereich des Schwellers auf der rechten Seite auf Veranlassen des Klägers eine optische Ausbesserung vorgenommen wurde, da jedenfalls unstreitig über den erheblichen Unfallschaden im Bereich der Seitenteile rechts und links nicht gesprochen wurde. Der Beklagte hat eine Kenntnis dieser von dem Sachverständigen festgestellten Unfallschäden auch gänzlich in Abrede gestellt und mitgeteilt, dass ihm ein solches Unfallgeschehen nicht bekannt sei. Mithin ist hierüber auch nicht gesprochen worden, und die Unfallschäden musste der Kläger – anders als die nachlackierte Motorhaube – nicht erkennen.

Der Sachverständige hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Reparaturkosten für die im hinteren Bereich des Fahrzeugs vorhandenen Unfallschäden auf mindestens 3.000 € taxiert.

Aufgrund dieser Unfallwageneigenschaft kam es nicht mehr darauf an, dass gegebenenfalls die Mängel in der Nachlackierung der Motorhaube für den Kläger bei Erwerb des Fahrzeugs bereits erkennbar waren; ebenso wenig kam es darauf an, ob die im Fehlerspeicher festgestellten Fehler bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen haben.

Soweit der Sachverständige, Dipl.-Ing. S nachvollziehbar und plausibel die Schäden an der rechten Seite im hinteren Teil des Einstiegs und an der hinteren linken Seitenwand festgestellt hat, decken sich diese Feststellungen auch mit den Feststellungen des vorgerichtlichen Gutachters der G-GmbH, der die Begutachtung des Fahrzeugs bereits am 17.02.2016, mithin 15 Tage nach Gefahrübergang am 02.02.2016, festgestellt und in dem Gutachten dokumentiert hat. Es bestehen daher für die Kammer keine Zweifel, dass unter Berücksichtigung des § 476 BGB a.F. (= § 477 BGB n.F.) die festgestellten Unfallschäden bereits zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs vorgelegen haben.

Da der Gebrauchtwagen bei Gefahrübergang somit nicht unfallfrei war, konnte der Kläger gemäß § 434 I 2 Nr. 2, § 437 Nr. 2 Fall 1, 323, 326 V BGB vom Vertrag zurücktreten.

Einer vorangehenden Fristsetzung zur Nacherfüllung durch Nachbesserung der nicht fachgerecht ausgeführten Reparaturarbeiten bedurfte es dabei nicht, weil der Mangel der Eigenschaft als Unfallwagen nicht behebbar ist (§ 326 V BGB). Durch Nachbesserung lässt sich der Charakter des Fahrzeugs als Unfallwagen nicht korrigieren. Eine Ersatzlieferung ist bei dem hier vorliegenden Gebrauchtwagenkauf nicht möglich.

Die in der Lieferung des mangelhaften Fahrzeugs liegende Pflichtverletzung ist schließlich nicht unerheblich, sodass dem Rücktritt auch nicht § 323 V 2 BGB entgegensteht.

Aufgrund des Rücktritts kann der Kläger von dem Beklagten gemäß §§ 346 I, 348 BGB die Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 9.200 € Zug um Zug gegen Rückgewähr des Fahrzeugs verlangen, wobei der Kläger sich jedoch die gezogene Nutzung anrechnen lassen muss.

Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. S hat der Kläger mit dem Fahrzeug insgesamt 36.146 km seit Übergabe am 02.02.2016 ausweislich der Laufleistung nach der Kilometeranzeige zurückgelegt. Unter Zugrundelegung einer Gesamtfahrleistung von 300.000 km ergibt sich insoweit ein gezogener Nutzungsvorteil in Höher von 1.108,48 €, sodass der Beklagte zur Rückzahlung in Höhe von 8.091,52 € verpflichtet ist.

Darüber hinaus ist der Beklagte verpflichtet, dem Kläger die Aufwendungen in Höhe der Kosten für das vorgerichtliche Gutachten in Höhe von 1.161,06 € sowie für die Notreparatur in Höhe von 243,69 € zu ersetzen. Soweit der Beklagte die Erforderlichkeit der Reparaturkosten noch im Rahmen der Klageerwiderung bestritten hat, hat der Kläger insoweit auf die Reparaturrechnung Bezug genommen und im Schriftsatz vom 10.11.2016 weitere Ausführungen zu der notwendigen Reparatur gemacht, die von dem Beklagten nicht mehr bestritten wurden.

Aufgrund der vorgerichtlichen Schreiben vom 19.02. und vom 07.03.2016, mit dem der Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises aufgefordert wurde, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, befindet sich der Beklagte auch in Annahmeverzug.

Die Entscheidung hinsichtlich der Zinsen beruht auf §§ 291, 288 I 2 BGB.

Soweit der Kläger die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren begehrt, war die Klage abzuweisen. Bereits mit Schriftsatz vom 19.02.2016 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers gegenüber dem Beklagten die anwaltliche Vertretung und die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen angezeigt. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Beklagte weder in Verzug, noch war der Kläger zu diesem Zeitpunkt wirksam vom Vertrag zurückgetreten. Ein entsprechender Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der arglistigen Täuschung. Die Beweisaufnahme hat zwar ergeben, dass die Eigenschaft als Unfallwagen zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen hat, hingehen konnte nicht festgestellt werden, dass der Beklagte den Kläger bei Abschluss des Kaufvertrags arglistig getäuscht hat. …

Hinweis: Das OLG Frankfurt a. M. – Zivilsenate Kassel – hat die Berufung des Beklagten nach einem entsprechenden Hinweis mit Beschluss vom 29.06.2020 – 15 U 116/19 – als unzulässig verworfen (§ 522 I ZPO). Diesen Beschluss hat der BGH mit Beschluss vom 09.03.2021 – VIII ZB 1/21 aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

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