1. Verlangt der Käufer eines Neuwagens wegen eines Mangels, der bereits bei der Übergabe des Fahrzeugs an den Käufer vorgelegen hat, gemäß § 437 Nr. 1, § 439 I Fall 2 BGB die Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs, so wird dieser Nacherfüllungsanspruch nicht dadurch zu Fall gebracht, dass der Verkäufer den Mangel anschließend beseitigt.
  2. Hält der Käufer trotz der Beseitigung des Mangels durch den Verkäufer an seinem Nacherfüllungsverlangen (§ 437 Nr. 1, § 439 I Fall 2 BGB) fest, so verstößt er damit nur gegen die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn der Mangel nachträglich mit seiner – des Käufers – Zustimmung beseitigt wurde.
  3. Ein bei Ausübung des dem Käufer nach § 437 Nr. 1, § 439 I BGB zustehenden Wahlrechts erheblicher Mangel wird nicht zu einem Mangel von minderer Bedeutung (vgl. § 439 III 2 BGB), wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Mangel mit verhältnismäßig geringem Aufwand beseitigt werden kann oder – ohne Zustimmung des Käufers – beseitigt worden ist.

OLG Nürnberg, Urteil vom 20.02.2017 – 14 U 199/16
(nachfolgend: BGH, Urteil vom 24.10.2018 – VIII ZR 66/17)

Sachverhalt: Der Kläger erwarb von der Beklagten mit Kaufvertrag vom 20.07.2012 einen Neuwagen (BMW X3) mit Schaltgetriebe zum Preis von 38.265 €. Das Fahrzeug wurde dem Kläger im September 2012 übergeben.

Ab Januar 2013 erschien im Display des Fahrzeugs mehrmals die Meldung, dass die Kupplung überhitzt sei. Deshalb, und weil der Kläger Probleme mit der Elektronik rügte, befand sich der Pkw mehrfach bei der Beklagten zur Mangelbeseitigung. Der Kläger nutzte sein Fahrzeug nicht zum Fahren im Gelände, weil er fürchtete, dort liegen zu bleiben.

Nachdem die Displaymeldung „Kupplung überhitzt!“ am 02.07. und am 08.07.2013 erneut aufgetreten war, forderte der Kläger die Beklagte mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 11.07.2013 zur Lieferung eines mangelfreien Neuwagens auf. Hierfür setzte er der Beklagten eine Frist bis zum 30.09.2013 und bot an, der Beklagten das gelieferte Fahrzeug Zug um Zug gegen Übergabe eines mangelfreien Fahrzeugs zurückzugeben. Die Beklagte kam der Aufforderung zur Nacherfüllung nicht nach.

Der Kläger hat behauptet, im Display seines Fahrzeugs erscheine häufig eine Textmeldung, die zum vorsichtigen Anhalten des Fahrzeugs auffordere, damit – was bis zu 45 Minuten dauern könne – die Kupplung abkühlen könne.

Demgegenüber hat die Beklagte behauptet, dass die Kupplung technisch einwandfrei sei und die Warnmeldung nur bei besonderer Beanspruchung der Kupplung erscheine, um Schäden vorzubeugen. Seitens der Fahrzeugherstellerin sei ihr – der Beklagten – auf Nachfrage zugesichert worden, dass das Fahrzeug bei Erscheinen des Warnhinweises nicht abgestellt werden müsse; vielmehr könne die Kupplung bei betriebsgerechter Bedienung auch im Fahrbetrieb abkühlen. Nach einem Softwareupdate erscheine deshalb seit Juli 2013 folgende Meldung im Fahrzeugdisplay:

„Kupplung im Stand oder während der Fahrt abkühlen lassen. Häufiges Anfahren und längeres Fahren unterhalb Schrittgeschwindigkeit vermeiden. Nach Erlöschen dieser Meldung ist die Kupplung abgekühlt und nicht geschädigt.“

Das Softwareupdate sei im Oktober 2014 – nach Erstellung des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen vom 08.09.2014 – auf das Fahrzeug des Klägers aufgespielt worden.

Darüber hinaus hat die Beklagte geltend gemacht, dass die vom Kläger verlangte Ersatzlieferung nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich sei. Denn bei einem Fahrzeugwert von 37.710 € und angesichts eines zwischenzeitlich eingetretenen Wertverlusts von 25 bis 30 % beliefen sich die Kosten der Nacherfüllung (§ 439 I Fall 2 BGB) auf circa 9.500 bis 11.300 €. Ein Austausch der Kupplungsanlage verursache dagegen nur Kosten in Höhe von 2.500 €. Im Übrigen sei eine Nacherfüllung unmöglich (§ 275 I BGB), wenn der Hinweis auf die überhitzte Kupplung selbst als Mangel angesehen werde.

Das Landgericht (LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 30.12.2015 – 9 O 8893/13) hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Fahrzeug des Klägers nicht mehr mangelhaft sei, nachdem die Beklagte den Mangel, den der Pkw ursprünglich aufgewiesen habe, im Laufe des Rechtsstreits behoben habe.

Die Berufung des Klägers hatte überwiegend Erfolg.

Aus den Gründen: II. … 1. Der Kläger kann nach § 434 I 1, 2 Nr. 2, § 437 Nr. 1, § 439 I Fall 2 BGB die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. Denn das ihm in Vollziehung des Kaufvertrags überlassene Fahrzeug war zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht frei von Sachmängeln (a). Dem Anspruch des Klägers kann weder entgegengehalten werden, dass eine Nacherfüllung unmöglich (b), noch, dass eine Mangelbeseitigung zwischenzeitlich erfolgt (c) sei. Auch der Einwand der Unverhältnismäßigkeit (§ 439 III BGB) steht der Beklagten nicht zur Verfügung (d).

a) Das streitgegenständliche Fahrzeug wurde dem Kläger nicht frei von Sachmängeln ausgeliefert. Denn die vom gerichtlichen Sachverständigen im Zuge seines Augenscheins am 04.08.2014 dokumentierte Displaymeldung

(„Kupplungstemperatur! Vorsichtig anhalten und Kupplung abkühlen lassen. Der Vorgang kann bis zu 45 Minuten dauern. Nach Erlöschen dieser Meldung ist die Weiterfahrt möglich. Die Kupplung ist nicht beschädigt.“)

beruhte auf dem bis Juli 2013 geltenden Stand der auf den Fahrzeugen der streitgegenständlichen Serie aufgespielten Software. Dies stellt die Beklagte, die zunächst aufgrund des von ihr geschilderten Missverständnisses im Rahmen der Kommunikation mit der Entwicklungsabteilung bestritten hat, dass die Warnmeldung eine Aufforderung zum Anhalten enthalten habe, nicht mehr in Abrede.

Die vorstehend mitgeteilte Displaymeldung stellt auch einen Sachmangel des erworbenen Fahrzeugs dar. Denn nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB ist eine Sache nur dann frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Ein Fahrzeug, dessen Steuerungselektronik den Fahrzeugnutzer durch einen Warnhinweis zum Anhalten des Fahrzeugs und anschließenden Abwarten von bis zu 45 Minuten auffordert, ohne dass hierfür ein relevanter Grund gegeben ist, eignet sich nicht für die gewöhnliche Verwendung als Fortbewegungsmittel. Denn die von Inhalt und Gestaltung des Warnhinweises ausgehende Reaktionsaufforderung wird den durchschnittlichen Fahrzeugkäufer, der regelmäßig auch den Erhalt seiner Gewährleistungs- und Garantieansprüche im Blick haben wird, dazu anhalten, seine Fahrt für einen nicht unerheblichen Zeitraum (vgl. die vom gerichtlichen Sachverständigen ermittelten Wartezeiten bis zum Erlöschen der Displayanzeige von 28 und 42 Minuten) zu unterbrechen. Dass ein Abkühlen der Kupplung auch während fortgesetzter Fahrt möglich ist und eine Schädigung der Kupplung auch auf diese Weise vermieden werden kann, lässt sich dem Warnhinweis in seiner damaligen Fassung nicht entnehmen. Käufer von Kraftfahrzeugen erwarten in objektiv berechtigter Weise nicht, dass sie von der Fahrzeugelektronik ohne eine tatsächlich bestehende Notwendigkeit einen Warnhinweis erteilt bekommen, der zur Abwendung drohender Schäden eine keinen Aufschub duldende Änderung des Fahrverhaltens in Form des Anhaltens nahelegt. Mit einer solchen unangemessenen Beeinträchtigung der Nutzbarkeit muss ein Fahrzeugkäufer nicht rechnen.

Letztlich findet die Annahme eines Sachmangels auch darin eine Stütze, dass der ursprüngliche Warnhinweis später textlich überarbeitet worden ist. Dafür, dass die Aufforderung, das Fahrzeug anzuhalten und sodann bis zu 45 Minuten abzuwarten, aus dem Warnhinweis entfernt wurde, obwohl der Schutz der Kupplung diese Verhaltensweisen erfordert, sind Anhaltspunkte weder ersichtlich noch vorgetragen.

Soweit die Beklagte geltend macht, sie habe dem Kläger mehrmals und mit Schreiben vom 24.07.2013 sogar schriftlich mitgeteilt, dass beim Auftreten der Warnmeldung keine Notwendigkeit zum Anhalten bestehe, lässt dies den Sachmangel nicht entfallen. Die Auskunft der Beklagten erfolgte nach deren eigener Schilderung auf der Basis von Informationen aus der Entwicklungsabteilung, denen bereits der ab Juli 2013 erneuerte Text der Warnmeldung zugrunde gelegen hat. Sie – die Auskunft – bezog sich daher nicht auf die im Fahrzeug des Klägers hinterlegte Warnmeldung und war daher nicht geeignet, deren Aufforderungscharakter für den Kläger verbindlich zu beseitigen, zumal von einer Erklärung der Beklagten, für etwaige Folgekosten aufzukommen, die auf ein Ignorieren der Warnmeldung zurückzuführen sind, nicht die Rede ist. Zudem musste sich der Kläger nicht darauf einlassen, etwaige andere Fahrer des Pkw über die (fehlende) Bedeutung der Warnmeldung informieren zu müssen.

b) Die vom Kläger verlangte Nacherfüllung ist nicht unmöglich. Soweit die Beklagte dies unter Hinweis darauf, dass Fahrzeuge ohne „diese“ Warnmeldung nicht existieren würden, geltend macht, kann damit der Anspruch des Klägers nicht zu Fall gebracht werden. Denn es erschließt sich nicht, weshalb es für die Beklagte oder „für jedermann“ (vgl. § 275 I BGB) unmöglich sein sollte, ein Fahrzeug der streitgegenständlichen Baureihe ohne den mangelhaften Warnhinweis zu beschaffen. Dass dies (jederzeit) möglich (gewesen) ist, zeigt gerade das nach der Behauptung der Beklagten seit Juli 2013 vorliegende Softwareupdate. Schließlich kommt die Annahme von Unmöglichkeit im Falle des Gattungskaufs ohnehin erst dann in Betracht, wenn die gesamte Gattung untergegangen ist und nicht mehr hergestellt werden kann (Palandt/Weidenkaff, BGB, 76. Aufl. [2017], § 439 Rn. 15).

c) Dem Anspruch des Klägers kann selbst dann nicht entgegengehalten werden, dass der Mangel zwischenzeitlich – im Laufe des Rechtsstreits – behoben worden sei, wenn davon ausgegangen werden müsste, dass auf das streitgegenständliche Fahrzeug am 14.10.2014 ein Softwareupdate mit dem von der Beklagten behaupteten geänderten Text des Warnhinweises aufgespielt worden ist.

aa) Der Nacherfüllungsanspruch des Klägers wäre in diesem Fall nicht durch Erfüllung (§ 362 I BGB) erloschen.

Nach § 439 I BGB kann der Käufer als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. Der Käufer ist dabei in seiner Wahl zwischen den beiden Arten der Nacherfüllung frei und kann beliebig nach seinem Interesse entscheiden, ohne auf das des Verkäufers, der auf seine Rechte aus § 439 III BGB verwiesen ist, Rücksicht nehmen zu müssen (Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 439 Rn. 5; jurisPK-BGB/Pammler, 8. Aufl. [2017], § 439 Rn. 35; Erman/Grunewald, BGB, 14. Aufl. [2014], § 439 Rn. 12; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2013, § 439 Rn. 8 ff.; MünchKomm-BGB/Westermann, 7. Aufl. [2016], § 439 Rn. 4). Dem Verkäufer steht es von daher nicht frei, die vom Käufer getroffene Wahl dadurch zu unterlaufen, dass er die Nacherfüllung auf die vom Käufer nicht gewählte Art und Weise (hier: Beseitigung des Mangels anstelle der Lieferung einer mangelfreien Sache) erbringt. Nur durch Vornahme der verlangten Art der Nacherfüllung kann der Verkäufer das vom Käufer wirksam ausgeübte Wahlrecht zum Erlöschen bringen (Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 439 Rn. 8). Die Frage, ob es dem Käufer nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt sein kann, trotz Beseitigung des Mangels an der von ihm gewählten anderen Art der Nacherfüllung (Lieferung einer mangelfreien Sache) festzuhalten (vgl. nachfolgend unter bb), ist vom Einwand der Erfüllung zu unterscheiden.

bb) Die Frage, ob es dem Käufer infolge einer nachträglichen Mangelbehebung verwehrt ist, sich auf ein bereits ausgeübtes Gewährleistungsrecht zu berufen, ist höchstrichterlich bislang nur zum Wandelungsrecht nach § 462 BGB a.F. und zum Rücktrittsrecht nach § 437 Nr. 2 Fall 1, § 323 BGB beantwortet worden (vgl. Wassermann, jurisPR-BGHZivilR 1/2009 Anm. 1). Die insoweit angestellten Überlegungen lassen sich jedoch auch auf das im vorliegenden Fall vom Kläger ausgeübte Wahlrecht nach § 439 I BGB übertragen.

(1) Zu § 462 BGB a.F. hat der BGH (vgl. BGH, Urt. v. 19.06.1996 – VIII ZR 252/95, juris Rn. 11 ff.) ausgeführt, dass das Wandelungsrecht des Käufers unberührt bleibt, wenn der Mangel einer gekauften Sache durch eine – (vertraglich) nicht vereinbarte – Nachbesserung bis zum Vollzug der Wandelung zwar erfolgreich, aber ohne Zustimmung des Käufers, also eigenmächtig, beseitigt wird. Nur wenn eine im Einverständnis mit dem Käufer durchgeführte Nachbesserung zur vollständigen Behebung des Mangels geführt habe, sei der Wandelung der Boden entzogen.

Auch in der vom Erstgericht herangezogenen Entscheidung des OLG Düsseldorf (Urt. v. 10.11.1995 – 22 U 65/95, NJW-RR 1998, 265) wird maßgeblich darauf abgestellt, dass sich der Käufer den auf § 242 BGB gestützten Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens gefallen lassen muss, wenn er zu erkennen gibt, dass er trotz bereits gerichtlich geltend gemachter Wandelung einer Klaglosstellung durch Beseitigung aller Mängel nicht ablehnend gegenübersteht. Ein Rechtssatz, dass sich ein Käufer bereits allein deshalb nicht mehr auf den bei Gefahrübergang vorhanden gewesenen Mangel berufen kann, weil dieser im Laufe des Rechtsstreits durch den Verkäufer behoben worden ist, lässt sich der genannten Entscheidung nicht entnehmen.

(2) Zum Rücktrittsrecht nach § 437 Nr. 2 Fall 1, § 323 BGB hat der BGH (vgl. BGH, Urt. v. 05.11.2008 – VIII ZR 166/07, juris Rn. 23) entschieden, dass der Käufer unter dem Gesichtspunkt treuwidrigen Verhaltens (§ 242 BGB) nur dann gehindert ist, an der durch den wirksam erklärten Rücktritt erlangten Rechtsposition festzuhalten, wenn die später erfolgte Mängelbeseitigung mit seiner Zustimmung erfolgt ist. Insoweit genügt zur Begründung des Vorwurfs treuwidrigen Verhaltens auch nicht, dass der Käufer etwaigen Reparaturmaßnahmen lediglich nicht entgegengetreten ist, wozu nach erklärtem Rücktritt auch keine Veranlassung besteht.

(3) Unabhängig davon, dass der Käufer mit der Ausübung seines Wahlrechts nach § 439 I BGB nicht wie beim Rücktritt nach § 437 Nr. 2 Fall 1, § 323 BGB oder bei der Minderung nach § 437 Nr. 2 Fall 2, § 441 BGB von einem Gestaltungsrecht Gebrauch macht, mit dessen wirksamer Erklärung der Kaufvertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt bzw. der Kaufpreis auf den § 441 III 1 BGB entsprechenden Betrag herabgesetzt ist, kann dem Käufer ein Festhalten am Anspruch auf Lieferung einer mangelfreien Sache nur dann nach § 242 BGB als treuwidriges, widersprüchliches Verhalten vorgeworfen werden, wenn die vom Verkäufer durchgeführte Mängelbeseitigung mit seiner Zustimmung erfolgt ist.

Auch der bedingungsfeindlichen und unwiderruflichen Erklärung über die Ausübung des Wahlrechts nach § 439 I BGB kommt eine Gestaltungswirkung zu (Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 439 Rn. 6). Diese kann einerseits an der den Käufer erfassenden Bindungswirkung (vgl. OLG Celle, Urt. v. 19.12.2012 – 7 U 103/12, juris Rn. 10) und andererseits daran festgemacht werden, dass einer nicht der Wahl des Käufers entsprechende Nacherfüllung durch den Verkäufer keine Erfüllungswirkung zukommt (vgl. oben II 1 c aa).

Wenn die Beseitigung des Mangels nicht die i. S. des § 362 I BGB geschuldete Leistungshandlung (Lieferung einer mangelfreien Sache) darstellt und damit der Erlöschenstatbestand der Erfüllung ausscheidet, vermag sie den einmal entstandenen Gewährleistungsanspruch des Käufers, dessen Tatbestandsvoraussetzungen auch nach dem zum relevanten Zeitpunkt des Schlusses der (letzten) mündlichen Verhandlung bestehenden Erkenntnisstand als nach wie vor erfüllt anzusehen sind, nicht zu Fall zu bringen. Denn die spätere Beseitigung des Mangels ändert nichts daran, dass die Sache „bei Gefahrübergang“ nicht frei von Sachmängeln gewesen ist und damit Rechte des Käufers nach § 437 BGB zur Entstehung gebracht worden sind. Die Gewährleistungsansprüche des Käufers haben materiell-rechtlich nicht zur Voraussetzung, dass der bei Gefahrübergang vorhandene Mangel bis zum Zeitpunkt einer gerichtlichen Entscheidung (durchgehend) fortbesteht. Jedenfalls nach ihrer wirksamen Ausübung erfahren sie durch eine ohne Zustimmung des Käufers vorgenommene Mängelbeseitigung keine Einschränkung mehr. Für die Gewährleistungsrechte des Rücktritts und der Minderung folgt dies bereits aus ihrer unmittelbaren Gestaltungswirkung. Für das ausgeübte Wahlrecht nach § 439 I BGB kann aus Gründen des Käuferschutzes nichts anderes gelten. Unzuträglichkeiten für den Verkäufer, die mit der Aufrechterhaltung des Nacherfüllungsverlangens trotz erfolgter Mängelbeseitigung verbunden sind, kann sachgerecht mit dem Einwand treuwidrigen bzw. widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) begegnet werden.

(4) Nach Maßgabe der genannten Grundsätze erweist sich das Festhalten des Klägers am entstandenen Anspruch auf Nachlieferung einer mangelfreien Sache auch dann nicht als treuwidrig, wenn von einer vollständigen Behebung des Mangels im Zuge des Softwareupdates am 14.10.2014 ausgegangen werden müsste. Denn es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Kläger mit einem Versuch der Beklagten einverstanden gewesen sei, den bereits gerichtlich geltend gemachten und vom gerichtlich bestellten Sachverständigen festgestellten Mangel durch Aufspielen eines Softwareupdates zu beseitigen. Die Annahme eines Einverständnisses des Klägers scheidet schon deshalb aus, weil auch die Mitarbeiter der Beklagten das Fahrzeug des Klägers nicht an das Diagnosegerät angeschlossen haben, um den streitgegenständlichen Mangel zu beseitigen.

d) Der Beklagten steht die Einrede aus § 439 III BGB nicht zu. Infolgedessen ist sie auch nicht nach § 275 II BGB, der noch strengere Anforderungen („grobes Missverhältnis“) an eine Unzumutbarkeit der Nacherfüllung stellt, von ihrer Verpflichtung befreit (Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl. [2017], § 275 Rn. 27 f.).

aa) Nach § 439 III 1 BGB kann der Verkäufer – auch erstmals während des Rechtsstreits (BGH, Urt. v. 16.10.2013 – VIII ZR 273/12, juris Rn. 17) – die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte (§ 439 III 2 BGB). Maßgeblich kommt es dabei darauf an, ob die Kosten der Nachlieferung im Verhältnis zu den Kosten der Nachbesserung unverhältnismäßig sind („relative Unverhältnismäßigkeit“). Ein Recht des Verkäufers, die einzig mögliche Form der Abhilfe wegen (absolut) unverhältnismäßiger Kosten zu verweigern, besteht dagegen im Rahmen eines – hier vorliegenden – Verbrauchsgüterkaufs i. S. der §§ 474 ff. BGB nicht (BGH, Urt. v. 21.12.2011 – VIII ZR 70/08, juris Rn. 35 f.).

bb) Im Rahmen der bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung gebotenen Abwägung (vgl. Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 439 Rn. 16a) ist der gesamte – gegebenenfalls geschätzte – Aufwand der Kosten für die Nachbesserung einerseits und für die Nachlieferung andererseits gegenüberzustellen. Die Kosten für die Nachlieferung übersteigen dabei vorliegend diejenigen einer Nachbesserung um ein Vielfaches, ohne dass es darauf ankommt, welchen Wert das zurückgenommene Fahrzeug für die Beklagte hat und welche Kosten für das nachzuliefernde Neufahrzeug im Einzelnen anfallen. Die Kosten einer Nachbesserung bestimmen sich am Aufwand für die Entwicklung eines Softwareupdates, mit dem der Text des streitgegenständlichen Warnhinweises so modifiziert wird, dass dem Fahrzeugführer keine unangemessene, die Nutzbarkeit des Fahrzeugs unnötig einschränkende Reaktion nahegelegt wird. Die von der Beklagten nicht näher bezifferten Kosten mögen beträchtlich sein, stellen aber im Hinblick darauf, dass Aktualisierungen der Fahrzeugsteuerungssoftware ohnehin regelmäßig auch aus anderen Gründen oder aufgrund von Kundenbeschwerden erfolgen, einen Aufwand dar, der ohnehin anfällt. Im Vergleich hierzu fallen die Kosten der Nachlieferung zusätzlich an.

cc) Dem steht allerdings die erhebliche Bedeutung des Mangels entgegen.

Die streitgegenständliche Warnmeldung schränkt die Verwendungsmöglichkeiten des erworbenen Fahrzeugs spürbar ein. Denn ein achtsamer Fahrzeugnutzer, der den Eintritt drohender Schäden am Fahrzeug vermeiden und gegebenenfalls bestehende Gewährleistungs- und Garantieansprüche nicht gefährden möchte, wird der Aufforderung, das Fahrzeug anzuhalten und die Fahrt bis zu 45 Minuten zu unterbrechen, nachkommen. Erachtet man die Kosten für eine Modifikation des hinterlegten Warnhinweises für beträchtlich (vgl. oben II 1 d bb), hat dies indizielle Bedeutung für das Gewicht des Mangels. Dass der Mangel möglicherweise mit dem Softwareupdate am 14.10.2014 behoben worden ist, steht der Annahme eines Mangels von erheblicher Bedeutung nicht entgegen. Denn als relevanter Zeitpunkt für die Beurteilung der Bedeutung des Mangels ist der Gefahrübergang anzusehen, da zu diesem Zeitpunkt eine einwandfreie Leistung geschuldet war (MünchKomm-BGB/Westermann, a. a. O., § 439 Rn. 27). Dass der Mangel zu einem späteren Zeitpunkt – während des gerichtlichen Verfahrens und lange, nachdem der Kläger sein Wahlrecht nach § 439 I BGB ausgeübt und die Beklagte entsprechend in Verzug gesetzt hatte – möglicherweise behoben worden ist, schmälert die Bedeutsamkeit des Mangels nicht, sondern wirft lediglich die Frage auf, ob das Festhalten des Klägers an seinem Nachlieferungsanspruch treuwidrig (§ 242 BGB) ist (vgl. oben II 1 c bb). Dementsprechend hat der BGH (vgl. BGH, Urt. v. 15.06.2011 – VIII ZR 139/09, juris Rn. 9) zu der ähnlich gelagerten Thematik des Ausschlusses des Rücktrittsrechts nach § 323 V 2 BGB wegen der Geringfügigkeit des Mangels vertreten, dass ein zum Zeitpunkt des Rücktritts erheblicher Mangel nicht zu einem geringfügigen Mangel wird, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Mangel mit verhältnismäßig geringem Aufwand behoben werden kann.

Nachdem die Beklagte es bis zum Nachlieferungsverlangen des Klägers nicht vermocht hat, den Mangel zu beheben oder eine Möglichkeit der Mangelbehebung anzubieten, und auch im gerichtlichen Verfahren zunächst geltend gemacht hat, die Beseitigung eines in dem Warnhinweis zu sehenden Mangels sei unmöglich, kommt es ihr nicht zugute, dass das letztlich nur durch ihre Weigerung, den berechtigten Anspruch des Klägers zu erfüllen, ermöglichte Aufspielen des Softwareupdates am 14.10.2014 möglicherweise zur Behebung des Mangels, zu der es ohne Einverständnis des Käufers gar nicht hätte kommen dürfen, geführt hat. Allein die unterschiedliche rechtskonstruktive Ausgestaltung des Rücktritts vom Kaufvertrag und des dem Käufer nach § 439 I BGB eingeräumten Wahlrechts rechtfertigt es nicht, den Käufer, der die ihn und den Verkäufer bindende Wahl nach § 439 I BGB getroffen hat, in dem Fall, dass der Mangel später an Bedeutsamkeit/Erheblichkeit verliert, schlechter zu stellen als den Käufer, der nach Schaffung der erforderlichen Voraussetzung erklärt hat, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Weder dem mit wirksamem Rücktritt fällig gewordenen Anspruch aus dem Rückgewährschuldverhältnis (§§ 346 ff. BGB) noch dem mit Zugang des Nacherfüllungsverlangens nach § 439 I BGB fällig gewordenen (vgl. Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 439 Rn. 3a) Anspruch auf die gewählte Art der Nacherfüllung kann entgegengehalten werden, es habe sich nachträglich herausgestellt, dass der Mangel mit geringem Aufwand behoben werden kann bzw. dass er – ohne die Zustimmung des Käufers – behoben worden ist.

dd) In die Abwägung kann nicht eingestellt werden, dass auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Denn es steht nicht fest, dass mit dem am 14.10.2014 aufgespielten Softwareupdate der Mangel ohne nachteilige Folgen für den Kläger beseitigt werden konnte. Obwohl der gerichtliche Sachverständige zur Erstellung seines zweiten Gutachtens vom 29.09.2015 die Prüfungsfahrt, die er mit dem Fahrzeug des Klägers bereits am 04.08.2014 im Zuge der Erstellung seines ersten Gutachtens vom 08.09.2014 durchgeführt hatte, vollumfänglich wiederholt hat, konnte er weder den streitgegenständlichen noch einen anderen Warnhinweis „auslösen“. Der Sachverständige konnte insoweit nicht ausschließen, „dass mittels des sich im BMW X3 im Juli 2015 befindlichen Softwarestandes ein Aufleuchten der Kupplungsüberhitzungsanzeige abgeschaltet [gewesen sei]“ (vgl. Seite 6 des Gutachtens vom 29.09.2015). Für den Kläger besteht damit die Unsicherheit, ob die Funktion, die die Überhitzung der Kupplung betrifft, tatsächlich mit einem geänderten Warnhinweis verknüpft oder ob sie komplett abgeschaltet worden ist.

2. Die Beklagte befindet sich gemäß § 293 BGB seit 01.10.2013 in Verzug mit der Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs, nachdem ihr vom Kläger mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 11.07.2013 die Rückgabe des erworbenen Fahrzeugs Zug um Zug gegen Herausgabe des Ersatzfahrzeugs bis spätestens 30.09.2013 angeboten worden ist.

3. Ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten steht dem Kläger dagegen nicht zu. Ein Schadenersatzanspruch aus §§ 280 I, II, 286 BGB besteht nicht, weil der Kläger nicht dargelegt hat, dass zum Zeitpunkt der Beauftragung seines Rechtsanwalts sich die Beklagte mit der Nacherfüllung in Verzug befunden habe. Ein Ausgleich von Rechtsanwaltskosten nach § 434 I 2 Nr. 2, § 439 II BGB kommt nur in Betracht, soweit diese zur Auffindung des zu beseitigenden Mangels notwendig gewesen sind (BGH, Urt. v. 17.02.1999 – X ZR 40/96, juris Rn. 10). Soweit der Kläger die Beklagte mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 11.07.2013 zur Nacherfüllung auffordern ließ, ist ein Zusammenhang der anwaltlichen Tätigkeit mit der Auffindung der Ursache der Mangelerscheinungen und der Klärung der Verantwortlichkeit für den Mangel zur Vorbereitung eines die Nacherfüllung einschließenden Gewährleistungsanspruchs (vgl. auch BGH, Urt. v. 30.04.2014 – VIII ZR 275/13, juris Rn. 12) nicht ersichtlich.

III. …

IV. Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts zugelassen, da die Entscheidung die höchstrichterlich nicht geklärte Frage betrifft, welche Auswirkungen eine nach Ausübung des Wahlrechts nach § 439 I BGB ohne Zustimmung des Käufers erfolgte Mangelbeseitigung auf dessen Anspruch auf Lieferung einer mangelfreien Sache besitzt (§ 543 II 1 Nr. 2 ZPO).

Hinweis: Auf die Revision der Beklagten hat der VIII. Zivilsenat des BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG Nürnberg zurückverwiesen (BGH, Urt. v. 24.10.2018 – VIII ZR 66/17).

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