Eine Vereinbarung, die die gesetzliche Verjährungsfrist für die Ansprüche eines Gebrauchtwagenkäufers wegen eines Mangels auf ein Jahr verkürzt, ist bei einem Verbrauchsgüterkauf (§ 474 I 1 BGB) nur wirksam, wenn der Verbraucher vor der Abgabe seiner Vertragserklärung von der Verkürzung der Verjährungsfrist eigens in Kenntnis gesetzt wurde (§ 476 II 2 Nr. 1 BGB) und die Verkürzung der Verjährungsfrist im Kaufvertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde (§ 476 II 2 Nr. 2 BGB). Eine besondere Zeitspanne zwischen der Information des Verbrauchers und dessen Vertragserklärung ist nicht vorgesehen, sodass dem Verbraucher nach der Information keine Überlegungsfrist einzuräumen ist.
LG München I, Urteil vom 28.04.2025 – 22 O 134/25
Sachverhalt: Die Klägerin erwarb von der Beklagten auf der Grundlage einer verbindlichen Bestellung vom 25.04.2023 einen gebrauchten Ford Edge zum Preis von 35.900 €. Im Bestellformular heißt es unmittelbar vor der Unterschriftenzeile:
„Die gesetzlichen Sachmängelansprüche gegen den Verkäufer werden auf ein Jahr ab Auslieferungsdatum befristet. Im Rahmen der Gewährleistung oder Fahrzeugaufbereitung können Teile des Fahrzeuges nachlackiert bzw. ersetzt worden sein.“
Die Klägerin wurde von der Beklagten vor Unterzeichnung der Bestellung über die Verkürzung der Verjährungsfrist in Kenntnis gesetzt. Zudem unterzeichnete sie eine gesonderte „Vereinbarung über die Verkürzung der Verjährungsfrist“ sowie eine „Dokumentation der Erfüllung der vorvertraglichen Informationspflichten beim Verkauf von Fahrzeugen oder Teilen/Zubehör“.
Am 04.05.2023 wurde das Fahrzeug der Klägerin übergeben. Im September 2024 forderte die Klägerin die Beklagte auf, das Fahrzeug wegen einens Getriebeschadens nachzubessern. Da die Beklagte dies ablehnte und auch nach anwaltlicher Aufforderung keine Nachbesserung vornahm, erklärte die Klägerin schließlich mit anwaltlichem Schreiben vom 15.11.2024 den Rücktritt von dem mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag und verlangte dessen Rückabwicklung.
Die Klägerin macht geltend, dass das Fahrzeug im September 2024 einen Getriebeschaden erlitten habe. Dieser sei bereits bei der Übergabe des Fahrzeugs angelegt gewesen. Das Automatikgetriebe habe nämlich nicht die erwartbare Haltbarkeit von mindestens 250.000 km erreicht. Der Getriebeschaden sei demnach keine Verschleißerscheinung und sie habe das Fahrzeug auch nicht unsachgemäß benutzt. Infolge des wirksamen Rücktritts habe die Beklagte ihr den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung zurückzuzahlen. Diese betrage ausgehend von einer voraussichtlichen Gesamtlaufleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs von 400.000 km rund 3.150 €. Der an die Beklagte gezahlte Kaufpreis sei angemessen mit 3,5 % p. a. zu verzinsen, sodass die Beklagte insgesamt 34.712,64 € zu zahlen habe.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgewähr des streitgegenständlichen Fahrzeugs, in Anspruch genommen. Darüber hinaus hat sie die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten sowie den Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.318,28 € nebst Zinsen begehrt.
Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt. Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben und geltend gemacht, sie habe mit der Klägerin eine gemäß § 476 II BGB zulässige und wirksame Vereinbarung getroffen, wonach kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche der Klägerin ein Jahr nach Übergabe des Fahrzeugs verjährten. Auf die Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist sei die Klägerin rechtzeitig und in der richtigen Form hingewiesen worden.
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: A. Die zulässige Klage ist unbegründet. Ein möglicher Rücktritt der Klägerin als Grundlage für die verlangte Rückzahlung des Kaufpreises ist wegen der erhobenen Einrede der Verjährung unwirksam.
I. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von 34.712,64 € gegen die Beklagte. Ein solcher Anspruch aus § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 323 I, 346 I BGB ist unbegründet.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rückabwicklung des Kaufvertrags aufgrund des Rücktritts nach unterlassener Nacherfüllung hinsichtlich eines behaupteten Mangels am streitgegenständlichen Fahrzeug. Der Ausübung des Rücktrittrechts steht gemäß §§ 438 IV, 218 I 1 BGB die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegen. Daher kann vorliegend dahinstehen, ob das Fahrzeug überhaupt einen Mangel aufweist. Ein Sachverständigengutachten war daher nicht einzuholen.
Die Parteien haben wirksam die Frist der Verjährung der Mängelrechte gemäß § 476 II BGB auf ein Jahr ab Übergabe des Fahrzeugs verkürzt. Das gebrauchte Fahrzeug wurde am 04.05.2023 an die Klägerin übergeben. Im September 2024 wandte sich die Klägerin an die Beklagte mit der Bitte um Nachbesserung wegen eines angeblichen Getriebeschadens. Die Rücktrittserklärung erfolgte mit Schreiben vom 15.11.2024. Mit Ablauf des 04.05.2024 war aufgrund der wirksamen Verkürzung der Verjährungsfrist aber bereits nach § 476 II BGB die Geltendmachung der Mängelrechte aus § 437 BGB unwirksam geworden.
Die Vereinbarung zur Verkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr ist gemäß § 476 II 2 BGB wirksam zwischen den Parteien zustande gekommen. Die Voraussetzungen sind eingehalten.
Auf die Verkürzung der Verjährungsfrist wurde die Klägerin gemäß § 476 II 2 Nr. 1 BGB eigens und rechtzeitig vor Abgabe ihrer Vertragserklärung aufmerksam gemacht. Hierfür ist es ausreichend, dass dies unmittelbar bei ihrer Vertragsunterschrift geschehen ist. Eine entsprechende Zeile findet sich unmittelbar gut leserlich über ihrer Unterschrift auf der Anlage K1. Zudem hat sie unstreitig zugleich die Anlagen B1 und B2 unterzeichnet, in denen ebenfalls die Verkürzung der Verjährungsfrist der Mängelrechte ausdrücklich vereinbart und darauf hingewiesen wurde. Der Wortlaut dieser Vereinbarungen ist insoweit eindeutig und unmissverständlich. So heißt es in der Vereinbarung gemäß Anlage B2 („Vereinbarung mit einem Verbraucher über eine Verkürzung der Verjährungsfrist beim Verkauf von Gebrauchtwagen oder gebrauchten Ersatzteilen/Zubehör“):
„Abweichend von der gesetzlich geregelten zweijährigen Verjährungsfrist vereinbaren die Vertragsparteien hiermit eine Verjährungsfrist von 1 Jahr für die Geltendmachung von Ansprüchen wegen Sach- und Rechtsmängeln der gebrauchten Kaufsache/Ware“.
In zeitlicher Hinsicht ist ausreichend, dass dies unmittelbar vor der Abgabe der Vertragserklärung der Klägerin erfolgte. Eine Frist zum Nachdenken, wie die Klägerin meint, war nicht erforderlich, da es der Klägerin nach Kenntnisnahme des Hinweises unbenommen blieb, keine Vertragserklä rung abzugeben. Eine gesonderte Zeitspanne zwischen Hinweis und Vertragserklärung ist im Gesetz nicht vorgesehen (vgl. MünchKomm-BGB/S. Lorenz, 9. Aufl. [2024], § 476 Rn. 33) und im Übrigen auch nur schwer bestimmbar. Sie ist auch nicht notwendig, da ohne eine Willenserklärung des Käufers ein Vertragsschluss nicht möglich ist. Somit ist seinem Schutz genügt, wenn er vor seiner Erklärung in Kenntnis gesetzt wird. Dies ist auch bei anderen vertraglichen Vereinbarungen und Abweichungen von gesetzlichen Regelungen (beispielsweise durch Allgemeine Geschäftsbedingungen) grundsätzlich ausreichend. Weshalb eine zeitliche Frist (welche, wird auch von der Klägerin nicht aufgezeigt) zwischen Mitteilung und Unterzeichnung bei der Verjährungsverkürzung erforderlich sein soll, die das Gesetz sonst nicht kennt, ist nicht erkennbar. Soweit die Klägerin insoweit auf die Gesetzesbegründung abstellt und daraus ein entsprechendes Erfordernis einer frühzeitigen Information ableiten will, verkennt sie den Zusammenhang der zitierten Fundstelle. Darin wird darauf abgestellt, dass im deutschen Recht nicht erst auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses (in der Regel also Annahme des Angebots des Käufers durch den Verkäufer), sondern bereits auf den Zeitpunkt der Abgabe des Kaufangebots des Käufers abgestellt werden soll, damit der Verkäufer nicht erst nach Unterschrift des Käufers auf die Verkürzung hinweisen kann und damit der Käufer bei Abgabe seiner Vertragserklärung im Unklaren gelassen werden kann. Entscheidend für den Schutz des Käufers ist aber, dass er bei Abgabe seiner Erklärung auf die Verkürzung hingewiesen wird. Dies ist hier erfolgt.
Die Parteien haben die Verjährungsverkürzung auch ausdrücklich und gesondert im Vertrag vereinbart gemäß § 476 II 2 Nr. 2 BGB. Dies erfolgte zum einen durch die Aufnahme der entsprechenden Zeile im Bestellformular gemäß Anlage K1 und zum anderen durch die gesondert unterschrieben Vereinbarung gemäß Anlage B2.
II. Mangels Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags befindet sich die Beklagte auch nicht im Annahmeverzug des Fahrzeugs. Auch Ansprüche auf Bezahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten bestehen mangels Anspruch in der Hauptsache nicht.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
B. …