1. Der Käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens kann zwar grund­sätz­lich nicht er­war­ten, dar­über in­for­miert zu wer­den, wie, wann und von wem der Ver­käu­fer das Fahr­zeug er­wor­ben hat. Das gilt aber aus­nahms­wei­se dann nicht, wenn die Um­stän­de des Er­werbs den Ver­dacht na­he­le­gen, dass es wäh­rend der Be­sitz­zeit des Vor­ei­gen­tü­mers zur un­sach­ge­mä­ßen Be­hand­lung des Fahr­zeugs ge­kom­men ist. Sol­che Um­stän­de sind zum Bei­spiel ge­ge­ben, wenn der Ver­käu­fer das Fahr­zeug selbst kurz zu­vor von ei­nem „flie­gen­den“ Zwi­schen­händ­ler er­wor­ben hat. In ei­nem sol­chen Fall ist der Ver­käu­fer zur Auf­klä­rung des Käu­fers ver­pflich­tet, weil der Ver­dacht na­he­liegt, dass es wäh­rend der Be­sitz­zeit des un­be­kann­ten Vor­ei­gen­tü­mers zu Ma­ni­pu­la­tio­nen am Ki­lo­me­ter­zäh­ler oder ei­ner sons­ti­gen un­sach­ge­mä­ßen Be­hand­lung des Fahr­zeugs ge­kom­men ist.
  2. Ver­wei­gert ein Schuld­ner die Er­fül­lung ei­nes Zah­lungs­an­spruchs ernst­haft und end­gül­tig, so ver­wei­gert er zu­gleich jeg­li­chen Er­satz von Rechts­an­walts­kos­ten, die zur Durch­set­zung des An­spruchs auf­ge­wen­det wur­den (im An­schluss an OLG Ham­burg, Urt. v. 03.02.2010 – 4 U 17/09, ju­ris Rn. 58).

OLG Bran­den­burg, Ur­teil vom 20.04.2023 – 10 U 50/22

Sach­ver­halt: Der Be­klag­te bot im Ok­to­ber 2018 ei­nen Au­di A6 quat­tro im In­ter­net zum Kauf an. Die­ses Fahr­zeug war am 01.07.2012 in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka erst­zu­ge­las­sen und am 04.10.2013 von New York nach Li­tau­en ver­schifft wor­den.

Die Klä­ge­rin be­sich­tig­te den Au­di A6 quat­tro am 31.10.2018 bei dem Be­klag­ten, der 263 km von ih­rem Wohn­ort ent­fernt wohnt, im Bei­sein ih­res Ehe­manns M und der Ehe­frau des Be­klag­ten F. Die Klä­ge­rin und ihr Ehe­mann führ­ten au­ßer­dem ei­ne Pro­be­fahrt durch, nach­dem der Be­klag­te den Mo­tor des Fahr­zeugs ge­star­tet und den Pkw aus der Ein­fahrt sei­nes Grund­stücks her­aus­ge­fah­ren hat­te. Un­strei­tig spra­chen die Par­tei­en über ei­nen Krat­zer, den der Au­di A6 quat­tro an ei­ner Tür auf­wies, und an­de­re, klei­ne­re Krat­zer. Im Üb­ri­gen ist der In­halt des Ge­sprächs der Par­tei­en über Schä­den des Fahr­zeugs strei­tig. Der Be­klag­te wies die Klä­ge­rin au­ßer­dem dar­auf hin, dass der Pkw für den US-ame­ri­ka­ni­schen Markt pro­du­ziert und aus den Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka re­impor­tiert wor­den sei.

Am 03.11.2018 schlos­sen die Par­tei­en so­dann – wie­der­um bei dem Be­klag­ten – ei­nen schrift­li­chen Kauf­ver­trag über den Pkw. Die Klä­ge­rin zahl­te den ver­ein­bar­ten Kauf­preis von 21.500 € und er­hielt den Au­di A6 quat­tro, der zu die­sem Zeit­punkt ei­nen Ki­lo­me­ter­stand von 78.108 auf­wies.

En­de No­vem­ber 2020 er­litt die Klä­ge­rin mit dem Fahr­zeug ei­nen Wild­scha­den. Sei­tens der von der Klä­ge­rin mit der Be­he­bung des Scha­dens be­auf­trag­ten Werk­statt wur­de ihr mit­ge­teilt, dass der Au­di A6 quat­tro in der Ver­gan­gen­heit be­reits ei­nen mas­si­ven Un­fall­scha­den er­lit­ten ha­be.

Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 09.03.2021 er­klär­te die Klä­ge­rin dar­auf­hin die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung, hilfs­wei­se den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag, und for­der­te den Be­klag­ten – er­folg­los – auf, das Fahr­zeug bis zum 23.03.2021 Zug um Zug ge­gen Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses zu­rück­zu­neh­men.

Die Klä­ge­rin be­haup­tet, ihr Ehe­mann ha­be den Be­klag­ten un­ter an­de­rem zu Un­fall­vor­schä­den des Pkw be­fragt. Der Be­klag­te ha­be er­klärt, dass das Fahr­zeug bis auf den – un­strei­tig er­wähn­ten – Krat­zer an der Fah­rer­tür so­wie klei­ne­re Krat­zer un­fall­frei sei, oh­ne die­se Er­klä­rung auf sei­ne Be­sitz­zeit zu be­schrän­ken. Wei­ter be­haup­tet die Klä­ge­rin un­ter Vor­la­ge ei­ner „Fahr­zeug­his­to­rie“ und ei­nes C-Be­richts, das Fahr­zeug ha­be im Jahr 2013 in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka ei­nen mas­si­ven Un­fall er­lit­ten, bei dem die Air­bags aus­ge­löst wor­den sei­en. Der Be­klag­te – so be­haup­tet die Klä­ge­rin wei­ter – ha­be den Au­di A6 quat­tro von ei­nem Händ­ler er­wor­ben, der als wirt­schaft­li­chen To­tal­scha­den ver­un­fall­te und in Ost­eu­ro­pa in­stand­ge­setz­te Fahr­zeu­ge in Deutsch­land ver­kau­fe, und er ha­be ge­wusst, dass der Pkw ein Un­fall­wa­gen sei. Schon bei der Über­ga­be des Pkw hät­ten zu­dem die Brems­leuch­ten beim Star­ten des Mo­tors und gleich­zei­ti­ger Be­tä­ti­gung der Brem­se nicht funk­tio­niert. Die Rück­leuch­ten sei­en auf­ge­schnit­ten und mit Si­li­kon zu­sam­men­ge­klebt ge­we­sen, und nur der rech­te Au­ßen­spie­gel ha­be ein­ge­klappt wer­den kön­nen. Au­ßer­dem sei am 10.11.2018 ein Feh­ler des Se­kun­där­luft­sys­tems (Feh­ler­code P049100) an­ge­zeigt wor­den. Nach­dem die­ser Feh­ler ge­löscht wor­den sei, sei er re­gel­mä­ßig nach fünf wei­te­ren Fahr­zy­klen wie­der auf­ge­tre­ten.

Sie – die Klä­ge­rin – ha­be von dem mas­si­ven Un­fall­scha­den, den der Au­di A6 quat­tro vor ih­rer Be­sitz­zeit er­lit­ten ha­be, erst da­durch Kennt­nis er­langt, dass sie sei­tens ih­rer Werk­statt im No­vem­ber 2020 dar­auf hin­ge­wie­sen wor­den sei. Der Be­klag­te ha­be den Un­fall­scha­den in­des be­wusst ver­schwie­gen. Er ha­be den Mo­tor des Pkw so­wohl vor der Pro­be­fahrt, die sie – die Klä­ge­rin – un­ter­nom­men ha­be, als auch bei der Über­ga­be des Fahr­zeugs selbst ge­star­tet, um zu ver­mei­den, dass sie Feh­ler­mel­dun­gen be­mer­ke und da­mit ei­nen Hin­weis auf ei­nen Un­fall­scha­den er­hal­te. Au­ßer­dem ha­be der Be­klag­te den Feh­ler „P049100“ vor den Ver­kaufs­ver­hand­lun­gen und vor der Über­ga­be des Fahr­zeugs aus des­sen Feh­ler­spei­cher ge­löscht.

Die (be­haup­te­ten) Fehl­funk­tio­nen – so macht die Klä­ge­rin gel­tend – hät­ten ih­re Ur­sa­che sämt­lich in ei­ner man­gel­haf­ten In­stand­set­zung des Un­fall­wa­gens. Dies sei dem Be­klag­ten auch be­kannt ge­we­sen.

Mit ih­rer Kla­ge hat die Klä­ge­rin über die Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags hin­aus die Zah­lung von 315,60 € ver­langt. Da­bei han­delt es sich um Fahrt­kos­ten, die die Klä­ge­rin im Zu­sam­men­hang mit der Be­sich­ti­gung und der Über­ga­be des Au­di A6 quat­tro auf­ge­wen­det ha­ben will. Au­ßer­dem hat die Klä­ge­rin Auf­wen­dun­gen in Hö­he von ins­ge­samt 817,11 € (u. a. für Kenn­zei­chen­schil­der und ei­ne Haupt­un­ter­su­chung) er­setzt ver­langt.

Der Be­klag­te ist der Kla­ge mit der Be­haup­tung ent­ge­gen­ge­tre­ten, er ha­be den Au­di A6 quat­tro im Jahr 2014 von ei­ner Pri­vat­per­son für et­wa 35.000&nbbsp;€ er­wor­ben. Er ha­be we­der beim Kauf des Pkw noch spä­ter von ei­nem Un­fall­scha­den er­fah­ren. Vor der Pro­be­fahrt, die die Klä­ge­rin un­ter­nom­men ha­be, ha­be er den Mo­tor des Fahr­zeugs selbst ge­star­tet, weil die Klä­ge­rin be­zie­hungs­wei­se ihr Ehe­mann den Start­vor­gang am Mo­tor be­gut­ach­ten woll­te. Er, der Be­klag­te, ha­be kei­ne – ihm un­be­kann­ten – Män­gel ver­schlei­ern wol­len. Dass der Pkw ge­ne­rell un­fall­frei sei, sei bei den Ver­trags­ver­hand­lun­gen nie an­ge­spro­chen wor­den und ha­be er auch nicht be­haup­tet. Er ha­be le­dig­lich mit­ge­teilt, dass der Au­di A6 quat­to in sei­ner Be­sitz­zeit kei­nen Un­fall er­lit­ten ha­be.

Die An­fech­tung – so meint der Be­klag­te, der im Üb­ri­gen die Ein­re­de der Ver­jäh­rung er­ho­ben hat – ha­be die Klä­ge­rin nicht in­ner­halb der Frist des § 124 BGB er­klärt.

Hilfs­wei­se hat der Be­klag­te die Auf­rech­nung mit ei­nem An­spruch auf Zah­lung ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von 4.571,37 € er­klärt.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge nach Ver­neh­mung der Zeu­gen M und F ab­ge­wie­sen. Es sei nicht mit dem nach § 286 I 1 ZPO er­for­der­li­chem Maß da­von über­zeugt, dass der Be­klag­te von dem be­haup­te­ten Un­fall­scha­den des Au­di A6 quat­tro ge­habt ha­be. Die­ser Un­fall­scha­den sei äu­ßer­lich nicht er­kenn­bar; auch der Ehe­mann der Klä­ge­rin, der Kfz-Me­cha­tro­ni­ker sei, ha­be ihn we­der bei der Be­sich­ti­gung des Pkw noch da­nach er­kannt. Die Be­haup­tung der Klä­ge­rin, der Be­klag­te ha­be aus den Um­stän­den, un­ter de­nen er selbst das Fahr­zeug er­wor­ben ha­be, Kennt­nis von dem Un­fall­scha­den er­langt, sei will­kür­lich „ins Blaue hin­ein“ auf­ge­stellt und da­mit un­be­acht­lich. Das Ge­richt sei auch nicht da­von über­zeugt, dass der Be­klag­te – dem in­so­weit je­de Kennt­nis ge­fehlt ha­be – der Klä­ge­rin vor­be­halt­los die Un­fall­frei­heit des Au­di A6 quat­tro zu­ge­si­chert ha­be. Der Klä­ge­rin sei klar ge­we­sen, dass sie ein Fahr­zeug er­wer­be, das be­reits 2012 in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka zu­ge­las­sen wor­den sei und da­mit min­des­tens ei­nen wei­te­ren Vor­be­sit­zer ge­habt ha­be. Dem­entspre­chend sei der Klä­ge­rin auch klar ge­we­sen, dass der Be­klag­te im Hin­blick auf Vor­schä­den des Pkw auf In­for­ma­tio­nen „sei­nes“ Ver­käu­fers an­ge­wie­sen ge­we­sen sei.

Mit ih­rer da­ge­gen ge­rich­te­ten Be­ru­fung hat die Klä­ge­rin ihr Kla­ge­be­geh­ren wei­ter­ver­folgt. Sie hat ins­be­son­de­re gel­tend ge­macht, das Land­ge­richt ha­be zu Un­recht ei­ne se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last des Be­klag­ten ver­neint. Ihr Vor­trag sei ent­ge­gen der An­nah­me des Land­ge­richts nicht „ins Blaue hin­ein“ er­folgt. Viel­mehr sei der Vor­trag des Be­klag­ten, wie er zu dem Au­di A6 quat­tro ge­langt sei, wi­der­sprüch­lich. Wenn er den Pkw von ei­nem pri­va­ten Ver­käu­fer er­wor­ben hät­te, dann müss­te die­ser in der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung ein­ge­tra­gen sein. Dass ei­ne ent­spre­chen­de Ein­tra­gung feh­le, das Fahr­zeug al­so vor dem Er­werb durch den Be­klag­ten in Deutsch­land nicht zu­ge­las­sen ge­we­sen sei, spre­che da­für, dass der Be­klag­te es nicht von ei­nem pri­va­ten Ver­käu­fer er­wor­ben ha­be. Dies hät­te er ihr – der Klä­ge­rin – of­fen­ba­ren müs­sen.

Das Rechts­mit­tel hat­te über­wie­gend Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … Die bis auf ei­nen Teil des Fest­stel­lungs­an­trags zu­läs­si­ge Kla­ge ist über­wie­gend be­grün­det.

1. Die Klä­ge­rin hat ei­nen An­spruch ge­gen die Be­klag­te auf Zah­lung von 16.928,63 €. Ein sol­cher An­spruch ist auf­grund des § 812 I 1 Fall 1 BGB ent­stan­den. Nach die­ser Vor­schrift ist der­je­ni­ge, der durch die Leis­tung ei­nes an­de­ren et­was oh­ne recht­li­chen Grund er­langt, zur Her­aus­ga­be ver­pflich­tet. Die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung nach § 123 I Fall 1 BGB steht aus­weis­lich § 325 BGB ne­ben dem Rück­tritt. Da die Klä­ge­rin nur die­se bei­den Rech­te gel­tend macht, kann die um­strit­te­ne Fra­ge, ob Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che und das An­fech­tungs­recht aus § 123 I BGB wahl­wei­se ne­ben­ein­an­der ste­hen, of­fen­blei­ben (vgl. hier­zu ver­nei­nend Eg­gert, in: Rein­king/​Eg­gert, Der Au­to­kauf, 14. Aufl. [2020], Rn. 3859; be­ja­hend Stau­din­ger/​Sin­ger/​v. Fincken­stein, BGB, Neu­be­arb. 2021, § 123 Rn. 103 m. w. Nachw.).

a) Der Be­klag­te hat von der Klä­ge­rin den Kauf­preis von 21.500 € er­langt.

b) Die Über­eig­nung des Kauf­prei­ses er­folg­te oh­ne recht­li­chen Grund, weil die Klä­ge­rin den zu­grun­de lie­gen­den Kauf­ver­trag er­folg­reich ge­mäß § 123 I Fall 1 BGB an­ge­foch­ten hat. Nach die­ser Vor­schrift kann der­je­ni­ge, der zur Ab­ga­be ei­ner Wil­lens­er­klä­rung durch arg­lis­ti­ge Täu­schung be­stimmt wor­den ist, die Er­klä­rung an­fech­ten.

aa) Ei­ne Täu­schung liegt im Streit­fall vor. Ei­ne Täu­schung kann durch Vor­spie­ge­lung oder Ent­stel­lung von Tat­sa­chen oder durch ihr Ver­schwei­gen be­gan­gen wer­den. Ver­schwei­gen von Tat­sa­chen stellt ei­ne Täu­schungs­hand­lung dar, wenn hin­sicht­lich der ver­schwie­ge­nen Tat­sa­chen ei­ne Auf­klä­rungs­pflicht be­steht (BGH, Urt. v. 18.03.2003 – X ZR 19/01, ju­ris Rn. 19).

Nach der ge­fes­tig­ten Recht­spre­chung des BGH be­steht bei Ver­trags­ver­hand­lun­gen für je­den Ver­trags­part­ner die Pflicht, den an­de­ren Teil über sol­che Um­stän­de auf­zu­klä­ren, die den Ver­trags­zweck des an­de­ren ver­ei­teln kön­nen und da­her für sei­nen Ent­schluss von we­sent­li­cher Be­deu­tung sind, so­fern er die Mit­tei­lung nach der Ver­kehrs­auf­fas­sung er­war­ten kann (BGH, Urt. v. 04.04.2001 – VI­II ZR 32/00, ju­ris Rn. 18; Urt. v. 13.06.2007 – VI­II ZR 236/06, ju­ris Rn. 35; Urt. v. 16.12.2009 – VI­II ZR 38/09, ju­ris Rn. 15). Ein Ver­käu­fer ver­schweigt ei­nen of­fen­ba­rungs­pflich­ti­gen Man­gel be­reits dann arg­lis­tig, wenn er ihn min­des­tens für mög­lich hält und gleich­zei­tig da­mit rech­net und bil­li­gend in Kauf nimmt, dass der Ver­trags­part­ner den Feh­ler nicht kennt und bei Kennt­nis den Kauf­ver­trag nicht oder nicht mit dem ver­ein­bar­ten In­halt ge­schlos­sen hät­te (BGH, Urt. v. 11.02.2004 – VI­II ZR 386/02, NJW 2004, 1032 un­ter II 1; Urt. v. 30.04.2003 – V ZR 100/02, NJW 2003, 2380 un­ter II 2 b m. w. Nachw.; st. Rspr.).

Der Be­klag­te hat die Klä­ge­rin vor­lie­gend dar­über ge­täuscht, dass er das Fahr­zeug nicht von ei­nem pri­va­ten Vor­be­sit­zer er­wor­ben hat, son­dern von ei­nem „flie­gen­den Zwi­schen­händ­ler“, al­so ei­nem Ver­käu­fer, der das Fahr­zeug selbst nicht auf sich zu­ge­las­sen hat­te, es nur kur­ze Zeit in Be­sitz hat­te und der für den Be­klag­ten nach dem Kauf nicht mehr greif­bar war.

Zwar kann der Käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens nicht grund­sätz­lich die Mit­tei­lung er­war­ten, wie, wann und von wem das zum Ver­kauf ste­hen­de Fahr­zeug be­schafft wur­de (OLG Mün­chen, Urt. v. 14.03.2018 – 20 U 2499/17, ju­ris Rn. 34). Von die­sem Grund­satz wird aber ei­ne Aus­nah­me ge­macht, wenn die Um­stän­de des Er­werbs den Ver­dacht na­he­le­gen, dass es wäh­rend der Be­sitz­zeit des Vor­ei­gen­tü­mers zur un­sach­ge­mä­ßen Be­hand­lung des Fahr­zeugs ge­kom­men ist. Sol­che Um­stän­de sind zum Bei­spiel ge­ge­ben, wenn der Ver­käu­fer das Fahr­zeug selbst kurz zu­vor von ei­nem „flie­gen­den Zwi­schen­händ­ler” er­wor­ben hat. In ei­nem sol­chen Fall ist der Ver­käu­fer zur Auf­klä­rung ver­pflich­tet, weil der Ver­dacht na­he­liegt, dass es wäh­rend der Be­sitz­zeit des un­be­kann­ten Vor­ei­gen­tü­mers zu Ma­ni­pu­la­tio­nen am Ki­lo­me­ter­zäh­ler oder ei­ner sons­ti­gen un­sach­ge­mä­ßen Be­hand­lung des Fahr­zeugs ge­kom­men ist (BGH, Urt. v. 16.12.2009 – VI­II ZR 38/09, ju­ris Rn. 16). Ver­gleich­bar wird ei­ne Auf­klä­rungs­pflicht beim Pri­vat­ver­kauf an­ge­nom­men, wenn der Ver­käu­fer ei­nen im Au­to­ki­no nur per Hand­schlag er­wor­be­nen äl­te­ren Ge­braucht­wa­gen nach kur­zer Zeit wie­der ver­kauft (OLG Frank­furt a. M., Beschl. v. 16.11.2012 – 15 U 222/12, n. v.; zi­tiert nach Eg­gert, in: Rein­king/​Eg­gert, a. a. O., Rn. 3229a).

Bei dem Er­werb von ei­nem pri­va­ten Vor­be­sit­zer, der das Fahr­zeug selbst zu­ge­las­sen und ge­fah­ren hat, kann der Er­wer­ber da­von aus­ge­hen, dass der Ver­käu­fer Kennt­nis von Vor­schä­den hat und die­se of­fen­bart. Ein pri­va­ter Ver­käu­fer muss ne­ben Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen auch straf­recht­li­che Ver­fol­gung fürch­ten, wenn er Un­fall­schä­den nicht of­fen­legt. An­ders ist es bei dem Er­werb von ei­nem „flie­gen­den” Zwi­schen­händ­ler; es liegt auf der Hand, dass die­ser kei­ne ei­ge­ne Kennt­nis von Vor­schä­den ha­ben kann, gleich­falls sind Nach­for­schun­gen in ei­nem sol­chen Fall er­schwert.

Der Be­klag­te hat den sub­stan­zi­ier­ten Vor­trag der Klä­ge­rin, dass er das Fahr­zeug nicht von ei­nem pri­va­ten Vor­be­sit­zer, son­dern un­ter Um­stän­den, die dem Er­werb von ei­nem „flie­gen­den Zwi­schen­händ­ler“ gleich­kom­men, er­wor­ben ha­be, nicht aus­rei­chend sub­stan­zi­iert be­strit­ten. Dass der Ver­käu­fer für den Be­klag­ten nicht greif­bar ist, er­gibt sich schon aus dem Vor­trag des Be­klag­ten selbst. So will der Be­klag­te kei­ne Kennt­nis mehr da­von ha­ben, von wem er das Fahr­zeug er­wor­ben hat. Im Rah­men der per­sön­li­chen An­hö­rung nach § 141 ZPO hat sich der Be­klag­te we­der an den Ort noch die Ge­gend, in der er das Fahr­zeug er­wor­ben ha­ben will, er­in­nern kön­nen, nicht ein­mal auf ei­ne Him­mels­rich­tung hat er sich zu­nächst fest­le­gen wol­len. In An­be­tracht der Hö­he des Kauf­prei­ses und der Er­klä­rung des Be­klag­ten, dass er nicht re­gel­mä­ßig Fahr­zeu­ge kauft, ist das kom­plet­te Feh­len ei­ner Er­in­ne­rung schwer nach­zu­voll­zie­hen. Sein Vor­trag ist dar­über hin­aus wi­der­sprüch­lich, wenn er zu­nächst schrift­sätz­lich vor­trägt, er ha­be den An­kauf­ver­trag mit al­len wei­te­ren Un­ter­la­gen zum Fahr­zeug der Klä­ge­rin über­ge­ben, in der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 16.12.2021 je­doch er­klärt, er ha­be den An­kauf­ver­trag aus dem Jah­re 2014 nicht an die Klä­ge­rin über­ge­ben und wis­se auch nicht, wo der Ver­trag sei.

Dar­über hin­aus ist nicht nach­voll­zieh­bar, dass der Be­klag­te als ers­ter Hal­ter in der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II ver­merkt ist. Denn wenn er das Fahr­zeug von ei­nem pri­va­ten Vor­be­sit­zer, der selbst Hal­ter des Fahr­zeugs war, in Deutsch­land er­wor­ben hät­te, müss­te die­ser Vor­be­sit­zer eben­falls in der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung ver­merkt sein und sich die Zahl der Vor­hal­ter auf (min­des­tens) zwei be­lau­fen. Ge­gen den Er­werb von ei­nem pri­va­ten Ver­käu­fer spricht dar­über hin­aus die Tat­sa­che, dass der Be­klag­te in der münd­li­chen Ver­hand­lung da­von sprach, dass das Fahr­zeug bei sei­ner Be­sich­ti­gung im Jah­re 2014 ein ro­tes Über­füh­rungs­kenn­zei­chen trug. Zu­dem hat der Be­klag­te im Rah­men sei­ner An­hö­rung vor dem Se­nat auf die Fra­ge des Se­nats nach der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II und dem dort er­sicht­li­chen Um­stand, dass der Be­klag­te dar­in als ers­ter Hal­ter ein­ge­tra­gen ist, er­klärt, er sei ein­fach mit den Pa­pie­ren aus den USA zur Zu­las­sungs­stel­le ge­gan­gen und ha­be dann die­se Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung be­kom­men. Dies be­deu­tet, dass das Fahr­zeug vor­her nicht in Deutsch­land zu­ge­las­sen war, denn sonst hät­te das Fahr­zeug be­reits ei­ne Kon­for­mi­täts­be­schei­ni­gung ge­habt und der Be­klag­te nicht mit den „Pa­pie­ren aus den USA“ zur Zu­las­sungs­stel­le ge­hen müs­sen. Dass das Fahr­zeug au­ßer dem Be­klag­ten und dem Erst­nut­zer in den USA kei­ne wei­te­ren Hal­ter, ins­be­son­de­re in Li­tau­en, hat­te, er­gibt sich dar­aus, dass der Ver­käu­fer als ers­ter na­ment­lich be­nann­ter Hal­ter in der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II ein­ge­tra­gen ist und bei der Zahl der vor­he­ri­gen Hal­ter die Zahl „1“ steht. Denn aus der Ein­tra­gung des Be­klag­ten als ein­zi­gem Hal­ter folgt, dass er die ers­te Per­son war, die das Fahr­zeug in Deutsch­land zu­ge­las­sen hat. Aus der An­ga­be der Zahl „1“ bei den Vor­hal­tern folgt, dass der Be­klag­te ge­gen­über der Zu­las­sungs­be­hör­de an­ge­ge­ben hat­te, dass es nur ei­nen Vor­hal­ter im Aus­land gab, da die Be­hör­de ei­nen Strich („–“) ein­tra­gen muss, wenn die An­zahl der Vor­hal­ter nicht er­mit­telt wer­den kann.​Dies stellt ei­nen ge­wich­ti­gen Um­stand da­für dar, dass ei­ne Pflicht be­stand, auch un­ge­fragt über die Er­werbs­um­stän­de be­zie­hungs­wei­se die Her­kunft des Fahr­zeugs auf­zu­klä­ren. Oh­ne ei­nen ent­spre­chen­den Hin­weis geht ein Käu­fer näm­lich da­von aus, dass der Ver­trags­part­ner das Fahr­zeug neu oder ge­braucht vom vor­he­ri­gen Hal­ter un­mit­tel­bar aus den USA er­wor­ben hat, je­den­falls nicht, dass es be­reits min­des­tens zwei Vor­be­sit­zer gab und das Fahr­zeug über Li­tau­en im­por­tiert wur­de.

Die sich so er­ge­ben­de Auf­klä­rungs­pflicht hat der Be­klag­te ver­letzt. Dass der Be­klag­te dar­über auf­ge­klärt hat, dass das Fahr­zeug aus den USA „re­impor­tiert“ wor­den ist, er­füllt die Auf­klä­rungs­pflicht nicht, weil die aus­schlag­ge­ben­de Tat­sa­che fehlt, dass das Fahr­zeug nicht von den USA nach Deutsch­land ver­bracht wur­de, son­dern es da­zwi­schen noch ei­nen Auf­ent­halt in Li­tau­en hat­te.

bb) Der Be­klag­te han­del­te auch arg­lis­tig. Der er­for­der­li­che Täu­schungs­wil­le liegt vor. So­fern ei­ne Täu­schungs­hand­lung – bei Be­ste­hen ei­ner Auf­klä­rungs­pflicht durch Ver­schwei­gen – ge­eig­net ist, den ent­stan­de­nen Irr­tum her­vor­zu­ru­fen und hier­durch den Ent­schluss zur Ab­ga­be der Wil­lens­er­klä­rung zu be­ein­flus­sen, reicht es hier­für, wenn der Han­deln­de sich der Eig­nung be­wusst ist oder je­den­falls mit der Mög­lich­keit rech­net, der Geg­ner wer­de bei Kennt­nis die Wil­lens­er­klä­rung nicht oder nicht mit dem ge­wünsch­ten In­halt ab­ge­ben, und er gleich­wohl die Hand­lung mit dem Wil­len vor­nimmt, den Irr­tum her­vor­zu­ru­fen und den Geg­ner zur Ab­ga­be der Wil­lens­er­klä­rung zu ver­an­las­sen. Denn dann ist der – be­reits bei be­ding­tem Vor­satz ge­ge­be­ne – Täu­schungs­wil­le vor­han­den, der die Arg­list i. S. des § 123 I Fall 1 BGB kenn­zeich­net (BGH, Urt. v. 22.02.2005 – X ZR 123/03, ju­ris Rn. 11). Der Ver­käu­fer braucht kei­ne be­trü­ge­ri­sche Ab­sicht zu ha­ben, son­dern es reicht schon be­ding­ter Vor­satz – im Sin­ne ei­nes (blo­ßen) „Für­mög­lich­hal­tens“ und „In­kauf­neh­mens“ – mit dem kein mo­ra­li­sches Un­wert­ur­teil ver­bun­den sein muss (BGH, Urt. v. 14.10.1993 – III ZR 156/92, BGHZ 123, 363 = ju­ris Rn. 9).

(1) Nach die­sen Maß­stä­ben liegt Arg­list auf­sei­ten des Be­klag­ten vor.

Den Vor­trag der Klä­ge­rin, der Be­klag­te ha­be das ver­un­fall­te Fahr­zeug im Ver­gleich zu ver­gleich­ba­ren nicht un­fall­vor­ge­schä­dig­ten Fahr­zeu­gen be­son­ders güns­tig und von ei­nem da­für spe­zia­li­sier­ten Ver­käu­fer er­wor­ben, hat der Be­klag­te nicht aus­rei­chend be­strit­ten. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Land­ge­richts kann der Vor­trag der Klä­ge­rin nicht als will­kür­lich „ins Blaue hin­ein“ un­be­rück­sich­tigt ge­las­sen wer­den. Falls die dar­le­gungs­pflich­ti­ge Par­tei kei­nen Ein­blick in die Ge­sche­hens­ab­läu­fe hat und ihr die Be­weis­füh­rung des­halb er­schwert ist, darf sie auch ver­mu­te­te Tat­sa­chen vor­tra­gen und un­ter Be­weis stel­len. Sie ist grund­sätz­lich nicht ge­hin­dert, Tat­sa­chen zu be­haup­ten, über die sie kei­ne ge­nau­en Kennt­nis­se hat, die sie aber nach La­ge der Din­ge für wahr­schein­lich hält (BGH, Beschl. v. 27.04.2022 – XII ZR 37/21, ju­ris Rn. 10; Beschl. v. 21.04.2022 – I ZR 129/21, ju­ris Rn. 15). Ei­ne Be­haup­tung ist erst dann un­be­acht­lich, wenn sie oh­ne greif­ba­re An­halts­punk­te für das Vor­lie­gen ei­nes be­stimm­ten Sach­ver­halts will­kür­lich „aufs Ge­ra­te­wohl“ oder „ins Blaue hin­ein“ auf­ge­stellt wor­den ist (BGH, Beschl. v. 11.01.2022 – VI­II ZR 33/20, ju­ris Rn. 18). Bei der An­nah­me von Will­kür in die­sem Sin­ne ist je­doch Zu­rück­hal­tung ge­bo­ten; in der Re­gel wird sie nur beim Feh­len jeg­li­cher tat­säch­li­cher An­halts­punk­te ge­recht­fer­tigt sein kön­nen (BGH, Beschl. v. 11.01.2022 – VI­II ZR 33/20, ju­ris Rn. 18 m. w. Nachw.). Im Streit­fall hat­te die Klä­ge­rin vor­ge­tra­gen und durch Vor­la­ge von Aus­künf­ten von Re­cher­che­diens­ten samt Fo­tos des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs sub­stan­zi­iert, dass das ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug im Ju­ni 2013 den USA ei­nen schwe­ren Un­fall­scha­den er­lit­ten ha­be und im Ok­to­ber 2013 mit ei­nem ge­schätz­ten Wert von 10.000 € in aus den USA nach Li­tau­en ge­bracht wor­den ist. Die­sen Vor­trag hat der Be­klag­te nur pau­schal und da­mit nicht aus­rei­chend be­strit­ten. An­ge­sichts des kon­kre­ten Vor­trags der Klä­ge­rin, der auch die Vor­la­ge ei­nes Be­richts mit Fahr­zeug­ge­schich­te ei­ner Aus­kunf­tei (An­la­ge K 5) so­wie ei­nes wei­te­ren Be­richts der Fir­ma C (An­la­ge K 6) um­fasst, ein­schließ­lich Fo­tos des er­heb­lich be­schä­dig­ten Fahr­zeugs, hät­te der Be­klag­te für ein wirk­sa­mes Be­strei­ten kon­kre­te Punk­te an­grei­fen müs­sen, zum Bei­spiel durch Er­he­bung von Ein­wen­dun­gen ge­gen den In­halt und die Rich­tig­keit der vor­ge­leg­ten Be­rich­te. Da­mit lie­gen oh­ne Wei­te­res greif­ba­re An­halts­punk­te da­für vor, dass der Er­werb un­ter Um­stän­den, die auf ei­nen Un­fall­scha­den hin­deu­ten, er­folgt sein und die Be­klag­te arg­lis­tig ge­han­delt ha­ben könn­te.

Den Vor­trag der Klä­ge­rin hat der Be­klag­te nicht aus­rei­chend be­strit­ten, er gilt da­her ge­mäß § 138 Abs. 3 ZPO als zu­ge­stan­den. Den Be­klag­ten trifft näm­lich ei­ne sog. se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last. Er kann sich da­her, um recht­lich wirk­sam be­strei­ten zu kön­nen, nicht auf das blo­ße Be­strei­ten des klä­ge­ri­schen Vor­trags zu­rück­zie­hen, son­dern hät­te kon­kret zu den Um­stän­den des Fahr­zeu­ger­werbs vor­tra­gen müs­sen, ins­be­son­de­re von wel­cher Per­son und un­ter wel­chen Be­din­gun­gen er das Fahr­zeug er­warb.

Den Pro­zess­geg­ner trifft in der Re­gel ei­ne se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last, wenn die pri­mär dar­le­gungs­be­las­te­te Par­tei kei­ne nä­he­re Kennt­nis der maß­geb­li­chen Um­stän­de und auch kei­ne Mög­lich­keit zur wei­te­ren Sach­ver­halts­auf­klä­rung hat, wäh­rend dem Pro­zess­geg­ner nä­he­re An­ga­ben da­zu oh­ne wei­te­res mög­lich und zu­mut­bar sind (BGH, Urt. v. 23.09.2022 – V ZR 148/21, ju­ris Rn. 24).

Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind er­füllt, weil die Klä­ge­rin am Er­werb des Fahr­zeugs durch den Be­klag­ten nicht be­tei­ligt war und da­her auch kei­ne Kennt­nis hier­über ha­ben kann. Sie kann sich ei­ne sol­che Kennt­nis auch nicht ver­schaf­fen, ins­be­son­de­re nicht durch die Ein­ho­lung ei­ner Aus­kunft aus dem Zen­tra­len Fahr­zeu­g­re­gis­ter. Denn dar­in wer­den ge­mäß § 33 StVG Da­ten über die Per­son ge­spei­chert, wel­che das Fahr­zeug erst­mals in Deutsch­land zu­las­sen lässt, nicht aber die Da­ten des Ver­äu­ße­rers. Da aus­weis­lich der von der Klä­ge­rin im Be­ru­fungs­zug vor­ge­leg­ten Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II der Be­klag­te das Fahr­zeug am 30.01.2014 zu­ge­las­sen hat­te und die Be­schei­ni­gung für die erst­ma­li­ge Zu­las­sung des Fahr­zeugs aus­ge­ge­ben wur­de, spricht nichts da­für, dass in dem Re­gis­ter Da­ten über an­de­re Per­so­nen als dem Be­klag­ten ge­spei­chert sind.

Dem Be­klag­ten als Pro­zess­geg­ner sind auch nä­he­re An­ga­ben zu der re­le­van­ten Tat­sa­che oh­ne Wei­te­res mög­lich und zu­mut­bar. Dies ist für ei­ne Pro­zess­par­tei in der Re­gel der Fall, wenn sich die be­haup­te­ten Um­stän­de in ih­rem Wahr­neh­mungs­be­reich ver­wirk­licht ha­ben (BGH, Urt. v. 15.08.2019 – III ZR 205/17, ju­ris Rn. 23; Urt. v. 22.10.2014 – VI­II ZR 41/14, ju­ris Rn. 17). Zwar darf sich ei­ne Par­tei auf Nicht­wis­sen be­ru­fen, wenn sie sich an ei­nen lan­ge zu­rück­lie­gen­den (All­tags-)Vor­gang – nach der Le­bens­er­fah­rung glaub­haft – nicht mehr zu er­in­nern ver­mag (vgl. BGH, Urt. v. 19.04.2001 – I ZR 238/98, ju­ris Rn. 28 – DIE PRO­FIS). Die blo­ße Be­haup­tung, sich nicht zu er­in­nern, reicht in­des­sen nicht aus (BGH, Beschl. v. 17.08.2015 – IV ZR 140/15, ju­ris Rn. 13).

Nach die­sen Grund­sät­zen war dem Be­klag­ten nä­he­rer Vor­trag zu den ge­nau­en Um­stän­den des Er­werbs zu­mut­bar. Der Se­nat hält sei­ne Ein­las­sung, sich nicht mehr an die De­tails des An­kaufs des Fahr­zeugs durch ihn zu er­in­nern, für nicht hin­rei­chend nach­voll­zieh­bar. Auch wenn man be­rück­sich­tigt, dass der An­kauf im Jahr 2014, al­so vor fast acht Jah­ren er­folgt ist und da­mit lan­ge zu­rück­liegt, muss es sich für den Be­klag­ten an­ge­sichts des ho­hen Prei­ses von 35.000 € für das Fahr­zeug so­wie der Tat­sa­che, dass er das Fahr­zeug dann et­wa vier Jah­re in sei­nem Be­sitz hat­te und auch nicht vor­trägt, re­gel­mä­ßig mit ei­ner gro­ßen An­zahl von Fahr­zeu­gen zu han­deln, um ei­nen be­son­de­ren und au­ßer­ge­wöhn­li­chen Vor­gang ge­han­delt ha­ben, zu dem kon­kre­te Er­in­ne­run­gen noch er­war­tet wer­den kön­nen.

Das er­gibt sich auch dar­aus, dass sich der Be­klag­te, in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung per­sön­lich an­ge­hört, an ein­zel­ne De­tails durch­aus er­in­nern konn­te, et­wa dass er das Fahr­zeug durch ei­ne In­ter­net­an­zei­ge be­merkt hat­te, dass er zum Ver­käu­fer „her­un­ter­ge­fah­ren“ sei, dass er sich für den Kauf der Hil­fe ei­ner wei­te­ren Per­son be­dient und ein Über­füh­rungs­kenn­zei­chen be­nutzt hat­te, der Ver­käu­fer ein Mann war, der Be­klag­te kei­ne Pro­be­fahrt ge­macht hat­te, er nicht über die Her­kunft des Fahr­zeugs ge­spro­chen ha­ben und auch nicht über den vom Ver­käu­fer ver­lang­ten Preis wei­ter ver­han­delt ha­ben will, das Fahr­zeug in ei­ner Sied­lung an der Stra­ße vor­ne bei dem Grund­stück ge­stan­den und er kei­ne wei­te­ren Fahr­zeu­ge zum Ver­kauf ge­se­hen ha­be.

Die­sem Er­in­nern an ver­ein­zel­te De­tails des An­kaufs steht je­doch ge­gen­über, dass der Be­klag­ten an­ge­ge­ben hat, sich an eben­so ein­präg­sa­me oder deut­lich ein­präg­sa­me­re De­tails des An­kaufs nicht zu er­in­nern. So hat er auch auf mehr­fa­che und un­ter­schied­li­che Nach­fra­gen des Se­nats nicht ge­schil­dert, in wel­cher Ge­gend er das Fahr­zeug er­wor­ben hat. Er hat da­zu zwar auf Nach­fra­gen an­ge­ge­ben, der An­kauf sei im Sü­den Deutsch­lands er­folgt, er sei „run­ter­ge­fah­ren“. Ob und wel­che grö­ße­re Stadt in der Nä­he ge­we­sen und auf wel­chem Weg er zu­min­dest un­ge­fähr aus M. in den Sü­den ge­fah­ren sei, konn­te er da­ge­gen nicht schil­dern. Da er nach sei­nen An­ga­ben nicht re­gel­mä­ßig mit ei­ner grö­ße­ren An­zahl von Fahr­zeu­gen han­delt, er­scheint das Feh­len jeg­li­cher Er­in­ne­rung je­doch le­bens­nah nicht nach­voll­zieh­bar, zu­mal auch der Aus­kunft über den Ort des An­kaufs ge­ben­de Kauf­ver­trag nach An­ga­ben des Be­klag­ten nicht mehr auf­find­bar ist. Hin­zu kommt, dass das Fahr­zeug auch nach der Schil­de­rung des Be­klag­ten erst­mals von ihm in Deutsch­land zu­ge­las­sen wor­den ist. Da dem Be­klag­ten als Kfz-Schlos­ser durch­aus über­durch­schnitt­li­che Kennt­nis­se über Fahr­zeu­ge un­ter­stellt wer­den kön­nen, er­scheint es nur we­nig nach­voll­zieh­bar, wenn der Be­klag­te bei sei­ner per­sön­li­chen An­hö­rung an­ge­ge­ben hat, mit dem Ver­käu­fer nicht über die Her­kunft des Fahr­zeu­ges ge­spro­chen zu ha­ben.

Dass sich der Be­klag­te auf der ei­nen Sei­te De­tails des An­kaufs er­in­nert, auf der an­de­ren Sei­te aber sich we­der an Stadt noch Bun­des­land des Ver­kaufs oder wei­te­re De­tails über den Ver­käu­fer er­in­nern kann, ist vor die­sem Hin­ter­grund nicht aus­rei­chend, um das Nich­ter­in­nern für den Se­nat nach der Le­bens­er­fah­rung nach­voll­zieh­bar er­schei­nen zu las­sen. Da­her hat der Be­klag­te im Rah­men der ihn tref­fen­den se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last nicht hin­rei­chend vor­ge­tra­gen, so­dass das ent­ge­gen­ste­hen­de Vor­brin­gen der Klä­ge­rin un­strei­tig ist.

(2) Der Vor­satz des Be­klag­ten er­streck­te sich auch dar­auf, bei der Klä­ge­rin ei­nen Irr­tum hin­sicht­lich der Er­werbs­um­stän­de zu er­re­gen und in­so­weit ih­ren Wil­len zum Ver­trags­schluss zu be­ein­flus­sen. Dass der Be­klag­te in den Ver­kaufs­ver­hand­lun­gen mit­ge­teilt hat, dass das Fahr­zeug aus den USA „re­impor­tert“ wor­den sei, lässt für den Se­nat den Rück­schluss zu, dass ihm die Re­le­vanz der Her­kunft des Fahr­zeugs für den Kauf­ent­schluss der Klä­ge­rin be­wusst war und da­her das Ver­schwei­gen der Tat­sa­che, dass er das Fahr­zeug nicht von ei­nem pri­va­ten Vor­be­sit­zer, son­dern ei­nem „flie­gen­den Zwi­schen­händ­ler“ er­wor­ben hat­te, in dem Be­wusst­sein er­folgt, dass die Klä­ge­rin den Ver­trag bei Of­fen­ba­rung sonst nicht schlie­ßen wer­den wür­de.

cc) Die Täu­schung war auch für den Ver­trags­schluss kau­sal. Die er­for­der­li­che Kau­sa­li­tät zwi­schen Täu­schungs­hand­lung und Wil­lens­er­klä­rung ist im Rah­men der An­fech­tung nach § 123 I Fall 1 BGB schon dann ge­ge­ben, wenn die Wil­lens­er­klä­rung oh­ne die Täu­schung mit ei­nem an­de­ren In­halt oder zu ei­nem an­de­ren Zeit­punkt ab­ge­ge­ben wor­den wä­re; es ge­nügt al­so schon, wenn oh­ne die Täu­schungs­hand­lung das Ge­schäft erst spä­ter ab­ge­schlos­sen wor­den wä­re (BGH, Urt. v. 23.10.2014 – III ZR 82/13, ju­ris Rn. 12; Urt. v. 22.01.1964 – VI­II ZR 103/62, ju­ris Rn. 14). Dass die Klä­ge­rin den Ver­trag nicht, je­den­falls nicht zu dem Preis oder nach Durch­füh­rung wei­te­rer Re­cher­chen und da­mit spä­ter ab­ge­schlos­sen hät­te, er­gibt sich dar­aus, dass sie vor dem Ver­trags­schluss das Fahr­zeug be­sich­tig­te, Pro­be fuhr und dem Be­klag­ten ver­schie­de­ne Fra­gen zu dem Fahr­zeug stell­te, auch zu Un­fall­vor­schä­den und in­so­weit so­gar zu Krat­zern. Das reicht für den Rück­schluss aus, dass sie bei der Of­fen­ba­rung der ge­nau­en Um­stän­de des Fahr­zeu­ger­werbs durch den Be­klag­ten den Ver­trag nicht zu den tat­säch­lich er­folg­ten Be­din­gun­gen ab­ge­schlos­sen hät­te, son­dern zu­nächst wei­ter nach­ge­fragt hät­te, zum Bei­spiel zum Preis, zur Per­son des Ver­käu­fers oder zum – ihr nicht über­ge­be­nen – Kauf­ver­trag aus dem Jahr 2014.

c) Die Klä­ge­rin hat die An­fech­tung auch er­klärt. In­so­weit hat sie un­be­strit­ten vor­ge­tra­gen, mit vor­ge­richt­li­chem Schrei­ben vom 09.03.2021 we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung die An­fech­tung er­klärt zu ha­ben; ei­ne Er­klä­rung des Rück­tritts sei nur hilfs­wei­se er­folgt.

d) Die Klä­ge­rin hat auch die Jah­res­frist des § 124 I BGB ein­ge­hal­ten. Die Frist be­ginnt im Fal­le der arg­lis­ti­gen Täu­schung ge­mäß § 124 II BGB mit dem Zeit­punkt, in wel­chem der An­fech­tungs­be­rech­tig­te die Täu­schung ent­deckt. Nicht aus­rei­chend ist ein blo­ßes Ken­nen­müs­sen; auch ein blo­ßer Ver­dacht, ge­täuscht wor­den zu sein, ge­nügt nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 21.09.2011 – IV ZR 38/09, NJW 2012, 296 Rn. 46 – HE­ROS II). Dar­le­gungs- und be­weis­be­las­tet für die Ver­säu­mung der Frist ist der An­fech­tungs­geg­ner (BGH, Urt. v. 11.03.1992 – VI­II ZR 291/90, ju­ris Rn. 18), al­so der Be­klag­te. Die­ser hat aber nicht aus­rei­chend dar­ge­legt, dass die Klä­ge­rin schon vor dem Wild­scha­den im No­vem­ber 2020 von dem Im­port des Fahr­zeugs aus den USA nach Li­tau­en und ei­nem Un­fall­scha­den wuss­te. In­so­weit hat er nicht aus­rei­chend dar­ge­legt und es ist für den Se­nat auch nicht aus an­de­ren Grün­den er­sicht­lich, dass und war­um die vom Be­klag­ten – un­ter hilfs­wei­ser Zu­ei­gen­ma­chung des klä­ge­ri­schen Vor­trags un­ter­stell­ten – an­ge­führ­ten Män­gel (Fehl­funk­ti­on Brems­lich­ter, Au­ßen­spie­gel, Spu­r­ein­stel­lung, Feh­ler­mel­dung „P049100 Se­kun­där­luft­sys­tem Ban­k1 Durch­lauf zu ge­ring“) bei der Klä­ge­rin da­zu ge­führt hät­ten, dass sie auf den Im­port des Fahr­zeugs aus den USA nach Li­tau­en oder ei­nen schwe­ren Un­fall­scha­den ge­schlos­sen hat.

e) Der An­spruch ist da­nach in Hö­he des von der Klä­ge­rin ge­zahl­ten Kauf­prei­ses ent­stan­den. Im Rah­men des An­spruchs aus § 812 I 1 Fall 1, § 123 I Fall 1, § 142 I BGB, ist die so­ge­nann­te Sal­do­theo­rie zu­guns­ten der Klä­ge­rin da­hin ge­hend ein­ge­schränkt, dass sie als Be­rei­che­rungs­gläu­bi­ge­rin – et­wai­ge – Zu­rück­be­hal­tungs­rech­te be­zie­hungs­wei­se Ge­gen­an­sprü­che des Be­klag­ten nicht be­reits – et­wa im Rah­men ei­nes An­tra­ges auf ei­ne Zug-um-Zug-Ver­ur­tei­lung – zu be­rück­sich­ti­gen hat (vgl. BGH, Urt. v. 08.01.1970 – VII ZR 130/68, BGHZ 53, 144 = ju­ris Rn. 17; OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ju­ris Rn. 159; OLG Karls­ru­he, Urt. v. 10.03.1992 – 15 U 260/91, NJW-RR 1992, 1144, 1145). Ge­gen­an­sprü­che des Be­klag­ten wer­den da­her nur be­rück­sich­tigt, so­weit die­ser sol­che in den Pro­zess ein­ge­führt hat.

f) Der An­spruch ist in Hö­he von 4.571,37 € auf­grund der in den Pro­zess ein­ge­führ­ten Hilfs­auf­rech­nung un­ter­ge­gan­gen (§ 389 BGB). Dem Be­klag­ten steht je­den­falls in die­ser Hö­he ein An­spruch ge­gen die Klä­ge­rin aus § 812 I 1 Fall 2, §§ 818 I, II, 100 BGB zu.

Die Klä­ge­rin ist durch die Nut­zung des Fahr­zeugs auf Kos­ten des Be­klag­ten be­rei­chert und muss hier­für Wert­er­satz leis­ten. Die­ser ist rech­ne­risch auf der Grund­la­ge ei­ner li­nea­ren Ab­schrei­bung zu er­mit­teln. Aus­zu­ge­hen ist von der vor­aus­sicht­li­chen rest­li­chen Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs bei An­kauf. Der Se­nat schätzt den Nut­zungs­vor­teil ge­mäß § 287 I ZPO auf der Grund­la­ge, dass das Fahr­zeug bei Kauf ei­ne Rest­lauf­leis­tung von 221.892 km hat­te. Bei Kauf be­trug die Lauf­leis­tung 78.108 km und der Se­nat geht im We­ge der Schät­zung von ei­ner Lauf­leis­tung von ver­gleich­ba­ren Ober­klas­se­fahr­zeu­gen von 300.000 km aus. Auf der Grund­la­ge des im Tat­be­stand des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils an­ge­ge­ben Ki­lo­me­ter­stands von 195.017 km er­gibt sich ei­ne Nut­zung von 116.909 km (al­so knapp der Hälf­te der er­war­te­ten Lauf­leis­tung) und da­mit auf Grund­la­ge die­ser Zah­len ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung von 11.327,78 €. Da die­ser Be­trag den im We­ge der Hilfs­auf­rech­nung gel­tend ge­mach­ten Be­trag er­reicht, kann of­fen­blei­ben, ob der Vor­trag des Be­klag­ten zu­trifft, dass das Fahr­zeug ei­ne hö­he­re Lauf­leis­tung auf­wei­sen müs­se als von der Be­klag­ten schrift­sätz­lich zu­ge­stan­den.

Der Se­nat muss auch im Rah­men die­ser Ent­schei­dung von dem Ki­lo­me­ter­stand von 195.017 km aus­ge­hen. Denn die­se Zahl ist im Tat­be­stand des an­ge­foch­te­nen Ur­teils als von der Klä­ge­rin be­haup­tet aus­ge­wie­sen. Der Tat­be­stand er­bringt ge­mäß § 314 Satz 1 ZPO Be­weis da­für, dass in der erst­in­stanz­li­chen münd­li­chen Ver­hand­lung die­se Zahl von der Klä­ge­rin vor­ge­tra­gen wor­den ist. Tat­be­stand­li­che Fest­stel­lun­gen im an­ge­foch­te­nen Ur­teil, die nicht mit ei­nem Tat­be­stands­be­rich­ti­gungs­an­trag an­ge­grif­fen wor­den sind, sind für das Be­ru­fungs­ge­richt bin­dend (vgl. BGH, Urt. v. 01.07.2021 – I ZR 137/20, ju­ris Rn. 27 – Kaf­fee­be­rei­ter). Dem Tat­be­stand kommt zwar kei­ne Be­weis­kraft nach § 314 Satz 1 ZPO zu, wenn und so­weit er Wi­der­sprü­che, Lü­cken oder Un­klar­hei­ten auf­weist, die sich aus dem Ur­teil selbst er­ge­ben (BGH, Urt. v. 17.04.2014 – II ZR 265/16, NJW-RR 2018, 873 Rn. 18). Sol­che Wi­der­sprü­che zum Ki­lo­me­ter­stand ent­hält das Ur­teil aber nicht. Las­sen sich die Wi­der­sprü­che, Lü­cken oder Un­klar­hei­ten da­ge­gen nur durch Rück­griff auf – ge­mäß § 313 II 2 ZPO all­ge­mein in Be­zug ge­nom­me­ne – vor­be­rei­ten­de Schrift­sät­ze dar­stel­len, bleibt es bei der Be­weis­wir­kung des § 314 Satz 1 ZPO und dem Grund­satz, dass der durch den Tat­be­stand des Ur­teils er­brach­te Be­weis nur durch das Sit­zungs­pro­to­koll ent­kräf­tet wer­den kann (BGH, Urt. v. 12.05.2015 – VI ZR 102/14, NZG 2015, 1432 Rn. 48). Zwar muss das Be­ru­fungs­ge­richt von ei­nem in der Be­ru­fungs­in­stanz er­folg­ten vom Tat­be­stand ab­wei­chen­den Vor­trag aus­ge­hen, wenn die Par­tei­en die­se Tat­sa­che in der zwei­ten In­stanz über­ein­stim­mend an­ders dar­stel­len. Denn der Tat­be­stand er­bringt nach § 314 Satz 1 ZPO Be­weis nur für das münd­li­che Par­tei­vor­brin­gen in der je­wei­li­gen In­stanz, schließt aber ab­wei­chen­den Vor­trag in ei­ner hö­he­ren In­stanz – in den Gren­zen der §§ 530, 531 ZPO – nicht aus (BGH, Urt. v. 19.06.2021 – III ZR 38/20, ju­ris Rn. 19). Ei­ne sol­che über­ein­stim­mend an­de­re Dar­stel­lung liegt im Streit­fall aber nicht vor. Der Be­klag­te hat zwar auf den Vor­trag der Klä­ge­rin in der zweit­in­stanz­li­chen Ver­hand­lung, sie kön­ne sich den im Tat­be­stand ge­nann­ten Ki­lo­me­ter­stand nicht er­klä­ren, in der münd­li­chen Ver­hand­lung nicht re­agiert. Da er aber schon in der ers­ten In­stanz mit kon­kre­ter Be­grün­dung die von der Klä­ge­rin schrift­sätz­lich vor­ge­tra­ge­ne Ki­lo­me­ter­an­ga­be be­strit­ten hat­te, folgt aus ei­nem sol­chen Schwei­gen nicht, dass er nun­mehr von sei­nem erst­in­stanz­li­chen Vor­trag ab­wei­chend den ge­rin­ge­ren Ki­lo­me­ter­stand ge­mäß § 138 III ZPO zu­ge­ste­hen woll­te.

g) Der An­spruch ist auch nicht ver­jährt. Da Kauf­ver­trag und Über­ga­be im Jahr 2018 er­folgt sind, wä­re die drei­jäh­ri­ge Frist des § 195 BGB bei Kla­ge­er­he­bung im Jahr 2021 selbst dann noch nicht ab­ge­lau­fen, wenn die Ver­jäh­rung ge­mäß § 199 I BGB schon mit Ab­lauf des Jah­res 2018 zu lau­fen be­gon­nen hät­te.

2. Der Zins­an­spruch folgt aus § 286 I 1, II Nr. 3; § 288 1 BGB, wo­bei in dem Schrei­ben des Be­klag­ten vom 24.03.2021 ei­ne end­gül­ti­ge und ernst­haf­te Zah­lungs­ver­wei­ge­rung liegt (§ 286 II Nr. 3 BGB).

3. Der An­trag auf Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs ist auf­grund des schutz­wür­di­gen In­ter­es­ses der Klä­ge­rin, den für die Voll­stre­ckung nach § 756 I, § 765 Nr. 1 ZPO er­for­der­li­chen Nach­weis des An­nah­me­ver­zugs be­reits im Er­kennt­nis­ver­fah­ren er­brin­gen zu kön­nen (BGH, Urt. v. 31.05.2000 – XII ZR 41/98, ju­ris Rn. 22 ff.), mit Aus­nah­me des hier­für nicht maß­geb­li­chen Be­ginns des An­nah­me­ver­zugs zu­läs­sig.

Der An­nah­me­ver­zug er­gibt sich aus §§ 293, 295 BGB. Ein wört­li­ches An­ge­bot liegt in dem Schrei­ben vom 09.03.2021. Der Ein­wand des Be­klag­ten, dass die Klä­ge­rin in die­sem Schrei­ben zu viel ge­for­dert ha­be und ein An­nah­me­ver­zug des­we­gen aus­ge­schlos­sen sei, bleibt oh­ne Er­folg. Zwar führt ein wört­li­ches An­ge­bot auf Rück­ga­be des Fahr­zeugs nicht zum An­nah­me­ver­zug, wenn es an ei­ne un­be­rech­tig­te Be­din­gung ge­knüpft ist, et­wa an die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses in ei­nem Um­fang, der die Scha­dens­er­satz­pflicht des Be­klag­ten er­heb­lich über­steigt (BGH, Urt. v. 20.04.2021 – VI ZR 521/19, ju­ris Rn. 7), wo­bei sich dies auch dar­aus er­ge­ben kann, dass ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung nicht von der For­de­rung ab­ge­zo­gen wird (vgl. BGH, Urt. v. 14.12.2020 – VI ZR 573/20, ju­ris Rn. 4). Hier liegt aber kei­ne un­be­rech­tig­te Zu­viel­for­de­rung der Klä­ge­rin vor, weil ein be­rei­che­rungs­recht­li­cher An­spruch gel­tend ge­macht wur­de und bei ei­ner arg­lis­ti­gen Täu­schung aus den oben ge­nann­ten Grün­den die so­ge­nann­te Sal­do­theo­rie da­hin ge­hend ein­ge­schränkt ist, dass die Klä­ge­rin als Be­rei­che­rungs­gläu­bi­ge­rin – et­wai­ge – Zu­rück­be­hal­tungs­rech­te be­zie­hungs­wei­se Ge­gen­an­sprü­che der Be­klag­ten nicht be­reits – et­wa durch Ab­zug von dem An­spruch auf Kauf­preis­rück­zah­lung – zu be­rück­sich­ti­gen hat (vgl. OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ju­ris Rn. 159; OLG Karls­ru­he, Urt. v. 10.03.1992 – 15 U 260/91, NJW-RR 1992, 1144, 1145). Ihr stand da­her vor der Auf­rech­nungs­er­klä­rung im Pro­zess ein An­spruch auf Rück­zah­lung des vol­len Kauf­prei­ses zu.

4. Der wei­te­re An­trag, den Be­klag­ten zur Zah­lung von 1.132,71 € – zu­sam­men­ge­setzt aus 315,60 € Fahrt­kos­ten und ver­geb­li­chen Auf­wen­dun­gen in Hö­he von 817,11 € für das Fahr­zeug – zu ver­ur­tei­len, ist nur in Hö­he von 316,48 € be­grün­det. Die Klä­ge­rin hat nur in die­ser Hö­he ei­nen An­spruch ge­gen den Be­klag­ten auf Zah­lung für ver­geb­li­che Auf­wen­dun­gen.

a) Der An­spruch er­gibt sich aus §§ 280 I, 241 II, 311 II Nr. 1 BGB. Zwi­schen den Par­tei­en be­stand auf­grund der Ver­hand­lun­gen über den Kauf des Fahr­zeugs ein vor­ver­trag­li­ches Schuld­ver­hält­nis. Die Pflicht­ver­let­zung des Be­klag­ten liegt dar­in, dass er bei den ers­ten Ver­trags­ver­hand­lun­gen und der Pro­be­fahrt die Her­kunft des Fahr­zeugs und die Mo­da­li­tä­ten sei­nes ei­ge­nen An­kaufs nicht of­fen­ge­legt hat.

Hat – wie hier – der Be­klag­te auf­grund ei­ner vor­ver­trag­li­chen Pflicht­ver­let­zung die Un­wirk­sam­keit des Ver­trags zu ver­tre­ten, weil der Kauf­ver­trag we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung an­ge­foch­ten wor­den ist, so ist der An­fech­ten­de so zu stel­len, wie er oh­ne die Pflicht­ver­let­zung ge­stan­den hät­te. Grund­sätz­lich ist da­von aus­zu­ge­hen, dass oh­ne die Pflicht­ver­let­zung der Ver­trag nicht zu­stan­de ge­kom­men wä­re. Die Klä­ge­rin kann dann im Rah­men des zu er­set­zen­den Ver­trau­ens­scha­dens auch Er­satz ih­rer nutz­lo­sen Auf­wen­dun­gen ver­lan­gen. Hier­zu zäh­len al­le Auf­wen­dun­gen, die sie im Hin­blick auf die Wirk­sam­keit des Kauf­ver­trags und die fort­be­ste­hen­de Nutz­bar­keit des Fahr­zeugs ge­macht hat (OLG Braun­schweig, Urt. v. 06.11.2014 – 8 U 163/13, ju­ris Rn. 73).

aa) Nach die­sem Grund­satz kann die Klä­ge­rin 265,30 € für die Ab­ho­lung und Über­füh­rung des Fahr­zeugs ver­lan­gen. Der Se­nat schätzt im Rah­men des § 287 I ZPO die Hö­he der Kos­ten auf die­sen Be­trag. In­so­weit legt er der Be­rech­nung min­des­tens die gel­tend ge­mach­ten 0,30 € pro Ki­lo­me­ter zu­grun­de (vgl. OLG Cel­le, Urt. v. 19.02.2020 – 14 U 69/19, ju­ris Rn. 43; LG Ham­burg, Urt. v. 16.11.2018 – 306 S 49/17, ju­ris Rn. 39 in An­leh­nung an § 5 I Nr. 2 JVEG). So­weit der Be­klag­te mit Nicht­wis­sen be­strei­tet, dass die Klä­ge­rin tat­säch­lich von ih­rem Wohn­sitz aus an­ge­reist sei, und gel­tend macht, er ken­ne den Wohn­sitz auch nicht, hält der Se­nat den ent­spre­chen­den Vor­trag un­ter Be­rück­sich­ti­gung des Be­weis­ma­ßes des § 287 I ZPO und der Tat­sa­che, dass der Wohn­sitz der Klä­ge­rin Ein­gang in die Kauf­ver­trags­ur­kun­de, vor­ge­leg­te Rech­nun­gen an die Klä­ge­rin und die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II ge­fun­den hat, so­wie, dass ein al­ter­na­ti­ver Ort, von dem die An­rei­se er­folgt sein soll, nicht kon­kret vor­ge­tra­gen und die An­rei­se vom Wohn­sitz grund­sätz­lich na­he­liegt, nach frei­er Über­zeu­gung für wahr.

bb) Die Klä­ge­rin kann auch wei­te­re Kos­ten in Hö­he von ins­ge­samt 51,18 € er­setzt ver­lan­gen. Der An­spruch ist in Hö­he von 97,14 € en­stan­den, näm­lich 35 € für Kenn­zei­chen und ins­ge­samt 62,14 € für ei­nen PCD-Sen­sor (19,19 €) nebst Ka­bel­baum (42,95 €). Zum Um­fang ei­nes ent­stan­de­nen Scha­dens bei un­ge­woll­tem Fahr­zeu­ger­werb ge­hö­ren grund­sätz­lich auch Kos­ten für Son­der­aus­stat­tun­gen und fahr­zeug­typ­spe­zi­fi­sches Zu­be­hör (BGH, Urt. v. 16.11.2021 – VI ZR 291/20, VersR 2022, 324 Rn. 11; Urt. v. 15.12.2022 – VII ZR 177/21, ju­ris Rn. 16). So­weit der Be­klag­te die­se mit der Kla­ge­er­wi­de­rung be­strei­tet, wen­det er sich er­sicht­lich ge­gen die Er­satz­pflicht in recht­li­cher Hin­sicht und be­strei­tet nicht die tat­säch­li­chen Grund­la­gen. Die­se sind im Üb­ri­gen durch mit der Kla­ge­schrift vor­ge­leg­ten Be­le­ge aus­rei­chend nach­ge­wie­sen. Den so ent­stan­de­nen An­spruch muss sich die Klä­ge­rin aber kür­zen las­sen. Im Rah­men ei­nes Scha­dens­er­satz­an­spruchs ist nach den Grund­sät­zen der Vor­teils­aus­glei­chung ein auf das Zu­be­hör ent­fal­len­der Nut­zungs­vor­teil auf den Er­stat­tungs­an­spruch der Klä­ge­rin an­zu­rech­nen, oh­ne dass es ei­ner ent­spre­chen­den Ge­stal­tungs­er­klä­rung oder Ein­re­de des Be­klag­ten be­darf (BGH, Urt. v. 15.12.2022 – VII ZR 177/21, ju­ris Rn. 17). Der ent­stan­de­ne Scha­dens­er­satz­an­spruch we­gen der Zu­be­hör­kos­ten in Hö­he von 97,14 € ist da­her aus­ge­hend von der er­war­te­ten Rest­lauf­leis­tung und der er­folg­ten Nut­zung des Fahr­zeugs um 45,96 € auf 51,18 € zu kür­zen.

b) Kei­nen Er­satz kann die Klä­ge­rin da­ge­gen für die Zünd­ker­ze, den Au­ßen­spie­gel, die Ab­de­ckung für den Tür­griff und die LED-Rück­leuch­te ver­lan­gen. Nach der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung sind Auf­wen­dun­gen des Ge­schä­dig­ten, die zu den ge­wöhn­li­chen Un­ter­hal­tungs­kos­ten ge­hö­ren, wie Ge­büh­ren ei­ner Haupt­un­ter­su­chung, In­spek­ti­ons­kos­ten, Ver­brauchs­ma­te­ria­li­en, Kos­ten des Aus­tauschs von Ver­schleiß­tei­len, Re­pa­ra­tu­ren oder Kos­ten ei­ner Er­satz­bat­te­rie, nicht er­satz­fä­hig, wenn der Ge­schä­dig­te das Fahr­zeug wie vor­ge­se­hen ge­nutzt hat (BGH, Urt. v. 15.12.2022 – VII ZR 177/21, ju­ris Rn. 19). Bei der Zünd­ker­ze han­delt es sich of­fen­sicht­lich um ein Ver­schleiß­teil. Beim Au­ßen­spie­gel, Ab­de­ckung für den Tür­griff und die LED-Rück­leuch­te ist zwar nicht of­fen­sicht­lich, ob es sich um Kos­ten für Son­der­aus­stat­tung oder Kos­ten für den Aus­tausch von Ver­schleiß­tei­len han­delt. Dass nach den Be­le­gen der Klä­ge­rin die Au­ßen­spie­gel im Au­gust 2020, die Ab­de­ckung für den Tür­griff im Ju­ni 2020, die LED-Rück­leuch­ten erst Mit­te No­vem­ber 2020 be­schafft wur­den, al­so zwei Jah­re nach dem Er­werb, spricht eher für den Aus­tausch von ver­schlis­se­nen Tei­len als für die An­schaf­fung von Son­der­zu­be­hör. Die­se Un­klar­heit geht zu­las­ten der Klä­ge­rin, die für den Um­fang ih­res Scha­dens­er­satz­an­spruchs dar­le­gungs- und be­weis­be­las­tet ist, aber trotz Rü­ge des Be­klag­ten in der Kla­ge­er­wi­de­rung zu die­sen Punk­ten nicht wei­ter vor­ge­tra­gen hat.

Eben­falls nicht er­setzt wer­den müs­sen die Kos­ten für die ers­te Fahrt zur Be­sich­ti­gung. Da die Pflicht­ver­let­zung des Be­klag­ten dar­in zu se­hen ist, dass er bei der ers­ten Be­sich­ti­gung ins­be­son­de­re auch auf­grund der Rück­fra­gen der Klä­ge­rin zu et­wai­gen Un­fall­schä­den nicht über die hier re­le­van­ten Punk­te auf­ge­klärt hat, kann die ers­te Fahrt, zu der sich die Klä­ge­rin schon vor­her ent­schlos­sen hat­te, nicht auf die­se Pflicht­ver­let­zung zu­rück­ge­führt wer­den.

5. Der An­spruch auf Er­satz vor­ge­richt­li­cher Rechts­an­walts­kos­ten folgt eben­falls aus §§ 280 I, 241 II, 311 II Nr. 1 BGB. Er be­steht der Hö­he nach aber nur aus ei­nem Ge­gen­stands­wert von bis zu 22.000 €, da nur in­so­weit be­rech­tig­te For­de­run­gen be­stan­den. Da die Klä­ge­rin nichts da­zu vor­trägt, wann sie ih­re Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten be­auf­tragt hat, muss der Se­nat au­ßer­dem un­ter­stel­len, dass die Be­auf­tra­gung noch auf Grund­la­ge des bis En­de 2020 gel­ten­den Rechts­an­walts­ver­gü­tungs­ge­set­zes er­folgt, so­dass Ge­büh­ren nur in Hö­he von 1.171,67 € be­rech­tigt sind.

Der Zins­an­spruch folgt aus § 286 I 1, II Nr. 3, § 288 I BGB. In­so­weit spielt es auch kei­ne Rol­le, ob die Klä­ge­rin die Rech­nung ih­res Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten be­reits am 24.03.2021 be­zahlt hat und des­we­gen zu­nächst nur ein Frei­stel­lungs­an­spruch ge­gen den Be­klag­ten be­stand. Ver­wei­gert ein Schuld­ner die Frei­stel­lung ernst­haft und end­gül­tig, geht der Frei­stel­lungs­an­spruch in ei­nen Zah­lungs­an­spruch über (BGH, Urt. v. 26.01.2012 – VII ZR 154/10, ju­ris Rn. 25). Das Be­strei­ten des Be­ste­hens der Haupt­for­de­rung ist zu­gleich als Ver­wei­ge­rung jeg­li­chen Er­sat­zes von Rechts­an­walts­ge­büh­ren zu se­hen (OLG Ham­burg, Urt. v. 03.02.2010 – 4 U 17/09, ju­ris Rn. 58). …

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