Auf Darlehenszinsen, die der Verkäufer dem Käufer bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrags nach § 280 I BGB zu ersetzen hat, sind gezahlte Prozesszinsen anzurechnen, wenn sie den gleichen Zeitraum betreffen.

BGH, Urteil vom 02.07.2021 – V ZR 95/20

Sachverhalt: Die Klägerin und ihr Ehemann kauften im März 2007 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten für 128.519 € eine Eigentumswohnung. Zur Finanzierung des Kaufpreises schlossen sie mit einer Bank einen Darlehensvertrag über 141.300 € mit einer Zinsfestschreibung bis zum 31.03.2017. Mit Urteil vom 23.07.2015 wurde die Rechtsvorgängerin der Beklagten wegen einer fehlerhaften Beratung der Käufer verurteilt, an die Klägerin – Zug um Zug gegen Rückübertragung der Eigentumswohnung – 141.300 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.12.2012 zu zahlen. Ferner wurde festgestellt, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten der Klägerin weitere Vermögensschäden, die im Zusammenhang mit dem Erwerb der Eigentumswohnung stehen, ersetzen muss.

Im Mai 2017 vereinbarten die Klägerin und ihr Ehemann zur Ablösung des Darlehens mit einem anderen Kreditinstitut eine Zwischenfinanzierung; die Auszahlung dieses zweiten Darlehens erfolgte am 05.05.2017.

Nachdem das Urteil vom 23.07.2015 rechtskräftig geworden war, erhielt die Klägerin von der Beklagten am 22.08.2017 einen Betrag von 168.753,07 €, der sich aus den für den Erwerb der Eigentumswohnung aufgewendeten Kosten (141.300 €) und aus – bis zum 22.08.2017 berechneten – Prozesszinsen in Höhe von 27.453,07 € zusammensetzt.

In dem vorliegenden Rechtsstreit verlangt die Klägerin aus eigenem Recht und aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns den Ersatz der auf das erste Darlehen gezahlten Zinsen sowie der Kosten der Zwischenfinanzierung unter Abzug von Mieteinnahmen. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 35.924,72 € stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht deren Verurteilung in Höhe von 34.191,81 € aufrechterhalten und die weitergehende Klage abgewiesen. Mit ihrer dagegen gerichteten Revision wollte die Beklagte erreichen, dass die Klage in Höhe von weiteren 27.453,07 € (Zinsen des ersten Darlehens) nebst anteiligen Zinsen abgewiesen wird. Das Rechtsmittel hatte insoweit Erfolg, als das Berufungsurteil unter Zurückweisung der weitergehenden Revision im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben wurde, als die Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung zur Zahlung eines 8.509,13 € nebst Zinsen übersteigenden Betrags zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wurde die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Aus den Gründen: [3]    I. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Erstattung der Darlehenszinsen, die zur Finanzierung des Kaufpreises für die Eigentumswohnung bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist am 31.03.2017 aufgewandt worden seien, zu. Hierauf seien nur die eingenommenen Mieten, nicht aber die mit Urteil vom 23.07.2015 zugesprochenen Prozesszinsen anzurechnen. Es liege insoweit keine unzulässige Doppelkompensation vor. Die Verpflichtung zur Zahlung der Prozesszinsen einerseits und zur Erstattung der Darlehenszinsen andererseits beträfen nicht denselben Schaden, sondern dienten der Kompensation jeweils unterschiedlicher Vermögensinteressen. Bei den Prozesszinsen handele es sich um einen typisierten Mindestschaden für die Vorenthaltung der Hauptsumme; auch solle das Verhalten des Schuldners sanktioniert und dieser zur alsbaldigen Erfüllung angehalten werden. Mit der Erstattung der Darlehenszinsen solle hingegen nicht ein – aus der zeitweiligen Vorenthaltung eines Geldbetrags – entgangener Nutzungsvorteil, sondern ein gesonderter Vermögensnachteil in Form von Zahlungspflichten aus dem Darlehensvertrag ausgeglichen werden. Die Darlehensaufnahme beruhe nicht auf einem Zahlungsverzug der Beklagten, sondern sei von Beginn an für die Finanzierung des infolge der Pflichtverletzung vereinbarten Kaufpreises notwendig gewesen.

[4]    II. Diese Erwägungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Revision der Beklagten hat bis auf einen Betrag von 8.509,13 € nebst anteiligen Zinsen Erfolg.

[5]    1. Richtig ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Aufgrund des in dem Vorprozess ergangenen Urteils zwischen den Parteien steht rechtskräftig fest, dass die Beklagte der Klägerin neben der Rückabwicklung des Kaufvertrags auch zum Ausgleich des weiteren Vermögensschadens verpflichtet ist, soweit dieser im Zusammenhang mit dem Erwerb der Eigentumswohnung steht. Der auf das negative Interesse gerichtete Schadensersatzanspruch der Klägerin umfasst grundsätzlich auch die Kreditkosten, die für ein Finanzierungsdarlehen angefallen sind, welches – wie hier – von dem Käufer ausschließlich für den Erwerb des Kaufgegenstands aufgenommen wurde (vgl. BGH, Urt. v. 13.01.2004 – XI ZR 355/02, NJW 2004, 1868, 1870; Urt. v. 13.04.2021 – VI ZR 274/20, BeckRS 2021, 8424 Rn. 14 [zu § 826 BGB]; BeckOGK/​Buck-Heeb/​Lang, Stand: 01.3.2021, § 675 BGB Rn. 506).

[6]    2. Die Beklagte stellt den der Klägerin zuerkannten Anspruch auf Ersatz der Zinsen für das zur vollständigen Finanzierung des rückabgewickelten Kaufvertrags aufgenommene erste Darlehen und der Kosten der Zwischenfinanzierung nach Grund, Höhe und vorgenommenen Abzügen für Mieteinnahmen nicht in Abrede. Das Urteil des Berufungsgerichts lässt insoweit auch Rechtsfehler nicht erkennen. Die Beklagte möchte mit der Revision nur erreichen, dass die von ihr gezahlten Prozesszinsen in Höhe von 27.453,07 € auf die Zinsen aus dem ersten Darlehen angerechnet und die Verurteilung entsprechend reduziert wird.

[7]    3. Die bis zum 05.05.2017 gezahlten Prozesszinsen sind entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auf die der Klägerin zugesprochenen Darlehenszinsen im Wege der Vorteilsausgleichung anzurechnen.

[8]    a) Bei der im Ausgangspunkt nach der Differenzhypothese vorzunehmenden Schadensberechnung kommen die allgemeinen Grundsätze der Schadenszurechnung und der Vorteilsausgleichung zur Anwendung. Danach sind Vorteile zu berücksichtigen, die durch das schädigende Ereignis adäquat kausal verursacht wurden und deren Anrechnung dem Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht entspricht, das heißt den Geschädigten nicht unzumutbar belasten und den Schädiger nicht unbillig begünstigen (st. Rspr., vgl. nur Senat, Urt. v. 31.03.2006 – V ZR 51/05, BGHZ 167, 108 Rn. 8 m. w. Nachw.). Es soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden (BGH, Urt. v. 14.09.2004 – VI ZR 97/04, NJW 2004, 3557).

[9]    b) Daraus folgt nach der Rechtsprechung des BGH, dass dem Bereicherungsgläubiger neben dem Anspruch auf Herausgabe gezogener Nutzungen nach § 818 I BGB aus einem rechtsgrundlos überlassenen Geldbetrag nicht kumulativ ein Anspruch auf Prozesszinsen für den überlassenen Geldbetrag zusteht. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass Prozesszinsen die Funktion haben, den Nachteil auszugleichen, den der Gläubiger dadurch erleidet, dass er infolge nicht rechtzeitiger Zahlung des Schuldners daran gehindert ist, einen ihm zustehenden Geldbetrag zu nutzen. Durch die Zuerkennung des Anspruchs auf Herausgabe gezogener Nutzungen ist dieser Nachteil ausgeglichen. Die zusätzliche Zubilligung von Prozesszinsen würde den Bereicherungsgläubiger ohne Grund besserstellen, als er bei rechtzeitiger Zahlung gestanden hätte (vgl. Senat, Urt. v. 12.04.2019 – V ZR 341/17, WM 2019, 2213 Rn. 6; BGH, Urt. v. 12.05.1998 – XI ZR 79/97, NJW 1998, 2529, 2531; Urt. v. 25.04.2017 – XI ZR 573/15, NJW 2017, 2104 Rn. 44; ebenso BAG [Großer Senat], Beschl. v. 07.03.2001 – GS 1/00, BAGE 97, 150, 161). Aus diesem Grund können Prozess- und Verzugszinsen nicht nebeneinander geltend gemacht werden (RG, Urt. v. 04.03.1918 – VI 76/16, RGZ 92, 283, 285; Erman/​Hager, BGB, 16. Aufl., § 291 Rn. 6), und ein auf Verzug gestützter Zinsschaden gemäß §§ 280 I und II, 286 BGB ist nicht mit dem Anspruch auf Prozesszinsen kombinierbar, da der Vorenthaltungsschaden ansonsten doppelt entschädigt werden würde (Benicke/​Grebe, in: Soergel, BGB, 13. Aufl., § 291 Rn. 38). Daher kommt für ein und denselben Zeitraum entweder nur der Anspruch auf Nutzungsersatz oder nur der Anspruch auf Prozesszinsen – je nachdem, welcher für den Gläubiger günstiger ist – zum Tragen (vgl. Senat, Urt. v. 12.04.2019 – V ZR 341/17, WM 2019, 2213 Rn. 6; Büttner, BB 1970, 233, 236).

[10]    c) Danach sind die der Klägerin bis zum 05.05.2017 gezahlten Prozesszinsen auf die ihr erstatteten Zinsen für das erste Darlehen anzurechnen.

[11]   aa) Die Rückabwicklung des Kaufvertrags der Klägerin mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten erfolgt hier zwar nicht im Wege des Bereicherungsausgleichs, sondern im Wege des Schadensersatzes wegen fehlerhafter Beratung gemäß § 280 I BGB. Für die schadensersatzrechtliche Rückabwicklung eines Kaufvertrags gelten aber keine anderen Grundsätze. Durch den auf Naturalrestitution gerichteten Schadenersatzanspruch soll der Zustand geschaffen werden, der (hypothetisch) der Vermögenslage ohne das schädigende Ereignis entspricht. Die Klägerin kann gemäß § 249 I BGB verlangen, so gestellt zu werden, als hätte sie von dem Vertragsschluss abgesehen (vgl. Senat, Urt. v. 14.03.2003 – V ZR 308/02, NJW 2003, 1811, 1814). Nach dem schadensrechtlichen Bereicherungsverbot soll der Geschädigte aber nicht bessergestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde (Senat, Urt. v. 04.04.2014 – V ZR 275/12, NJW 2015, 468 Rn. 20, insoweit in BGHZ 200, 350 nicht abgedruckt).

[12]   bb) Unerheblich ist weiter, dass der Klägerin nicht Ersatz von Nutzungen des aufgebrachten Kaufpreises, sondern Ersatz der für das zur Finanzierung des Kaufpreises aufgenommene Darlehen gezahlten Zinsen zuerkannt worden ist. Sie hat den Kaufpreis nicht aus eigenen Mitteln bestritten, sondern vollständig mit dem aufgenommenen ersten Darlehen finanziert. Deshalb konnte sie weder die ihr als Ersatz für die Darlehensvaluta noch die als Ersatz für die Darlehenszinsen geleisteten Zahlungen der Beklagten frei verwenden. Sie musste sie vielmehr zur Erfüllung der Darlehensverpflichtungen einsetzen, was auch geschehen ist. Blieben die Prozesszinsen anrechnungsfrei, stünde die Klägerin so, als hätte sie eigene Mittel aufgewendet, die zu ihrer freien Verwendung gestanden hätten. Da das aber nicht der Fall war, sie vielmehr, wie ausgeführt, ausschließlich fremde Mittel eingesetzt hat, die ihr vollständig ersetzt worden sind, würde ihr mit den Prozesszinsen ein geldwerter Vorteil (vgl. BGH, Urt. v. 26.04.1979 – VII ZR 188/78, NJW 1979, 1494) zugewandt, den sie ohne das schädigende Ereignis nicht hätte erlangen können. Sie stünde besser, als wenn die Beklagte ihre Beratungspflichten erfüllt hätte. Dann nämlich wäre es einerseits weder zu dem Abschluss des Kaufvertrags noch zu dem Abschluss eines Darlehensvertrags zur Finanzierung des Kaufs gekommen, die Klägerin verfügte andererseits aber auch nicht über Mittel, die sie vorher nicht hatte. Ohne deren Anrechnung verblieben der Klägerin die Prozesszinsen, obwohl ihr nicht nur die Darlehensvaluta, sondern auch die Darlehenszinsen vollständig ersetzt worden sind. Sie hätte aus dem rückabgewickelten Kaufvertrag nicht nur keinen Schaden mehr, sondern einen Vorteil erlangt. Dieses Ergebnis ist mit dem Bereicherungsverbot nicht zu vereinbaren.

[13]   d) Es lässt sich nicht mit dem Sinn und Zweck des § 291 BGB rechtfertigen.

[14]   aa) Zwar soll, wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend erkennt, durch den Anspruch auf Prozesszinsen das Verhalten des Schuldners sanktioniert werden, der seinen Gläubiger zu Unrecht zur Klageerhebung zwingt und damit einem Prozessrisiko aussetzt. Prozesszinsen stellen insoweit einen verschuldensunabhängigen Risikozuschlag für den Schuldner dar, der es auf den Rechtsstreit ankommen lässt und in diesem unterliegt (Erman/​Hager, a. a. O., § 291 Rn. 1; MünchKomm-BGB/​Ernst, 8. Aufl., § 291 Rn. 1; Staudinger/​Feldmann, BGB, Neubearb. 2019, § 291 Rn. 1, Stand: 01.11.2019). Hierdurch soll dem Schuldner der Anreiz für eine verzögerte Zahlung genommen und er zur alsbaldigen Erfüllung angehalten werden (vgl. BGH, Urt. v. 20.05.1985 – VII ZR 266/84, BGHZ 94, 330, 333; Benicke/​Grebe, in: Soergel, a. a. O., § 291 Rn. 2).

[15]   bb) Dieser Zweck rechtfertigt und erfordert aber keinen Ausschluss der Vorteilsausgleichung.

[16]   (1) Der Anspruch auf Prozesszinsen soll in erster Linie den Nachteil ausgleichen, den der Gläubiger dadurch erleidet, dass er infolge nicht rechtzeitiger Zahlung des Schuldners daran gehindert ist, einen ihm zustehenden Geldbetrag zu nutzen (vgl. Senat, Urt. v. 12.04.2019 – V ZR 341/17, WM 2019, 2213 Rn. 6; BGH, Urt. v. 12.05.1998 – XI ZR 79/97, NJW 1998, 2529, 2531). Sein Sanktionscharakter besteht, erschöpft sich aber auch darin, dass der Gläubiger die Prozesszinsen auch dann erhält, wenn sein Schaden geringer ist. Einen darüber hinausgehenden Strafcharakter hat die Norm nicht. Ihr Zweck, den Schuldner zu pünktlicher Zahlung anzuhalten, könnte es auch nicht rechtfertigen, dem Gläubiger den Schaden, der ihm durch die vorenthaltene Möglichkeit, über sein Geld zu verfügen, entsteht, doppelt zu ersetzen.

[17]   (2) Aus dem Urteil des Senats vom 25.01.2013 (V ZR 118/11, NJW-RR 2013, 825) ergibt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nichts anderes.

[18]   (a) Der Senat hat zwar in der der Entscheidung zugrunde liegenden Fallgestaltung Prozesszinsen trotz einer möglicherweise entstehenden Überkompensation zuerkannt. Grund dafür war aber nicht, dass eine Anrechnung von Prozesszinsen generell nicht in Betracht käme, sondern, dass sie im konkreten Fall nicht möglich war. Die dortigen Kläger hatten die Rückabwicklung eines Kaufvertrags im Wege des großen Schadensersatzes nach § 463 BGB aF verlangt. Die Ermittlung dieses Schadens erfolgt grundsätzlich nach der Differenzmethode durch einen rechnerischen Vergleich zwischen dem im Zeitpunkt der Schadensberechnung vorhandenen Vermögen des Geschädigten und dem Vermögen, das er bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrags gehabt hätte. Bei der Differenzberechnung kommen die allgemeinen Grundsätze der Schadenszurechnung und der Vorteilsausgleichung zur Anwendung. Soweit die Nichterfüllung des Vertrags zu adäquat kausalen Vorteilen für den Geschädigten geführt hat und deren Anrechnung dem Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht entspricht, das heißt den Geschädigten nicht unzumutbar belastet und den Schädiger nicht unbillig begünstigt, sind die Vorteile bei dem Vermögensvergleich zu berücksichtigen (Senat, Urt. v. 31.03.2006 – V ZR 51/05, BGHZ 167, 108 Rn. 8). Es entsteht aber, nicht anders als bei der Rückabwicklung eines Vertrags im Wege des Bereicherungsausgleichs (dazu Senat, Urt. v. 25.01.2013 – V ZR 118/11, NJW-RR 2013, 825 Rn. 13), nur ein einheitlicher Schadensersatzanspruch, der nach § 291 BGB zu verzinsen ist (Senat, Urt. v. 27.09.2013 – V ZR 52/12, ZfIR 2014, 51 Rn. 28).

[19]   (b) Richtig ist allerdings, dass sich bei der Rückabwicklung im Wege des großen Schadensersatzes die zeitweilige Überlassung des Kaufpreises als Gegenleistung für die zeitweilige Nutzung des Grundstücks darstellt und die Zuerkennung von Prozesszinsen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten dazu führen kann, dass der Kläger für die Dauer des Rechtsstreits sowohl die Nutzungen der Grundstücke behalten darf als auch in Gestalt von Prozesszinsen Erträge aus dem Kaufpreis erhält, der die wesentliche Berechnungsgrundlage des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs bildet (Senat, Urt. v. 25.01.2013 – V ZR 118/11, NJW-RR 2013, 825 Rn. 18). Ein solcher Vorteil lässt sich aber bei der Schadensberechnung im Wege des großen Schadensersatzes nicht vermeiden. Die Prozesszinsen sind keine saldierungsfähige Position. Sie sind vielmehr auf den Saldo geschuldet, der sich bei der Saldierung ergibt. Sie lassen sich keiner hierbei berücksichtigten Position zuordnen. Daher verwirklicht sich in einer solchen Fallkonstellation das mit § 291 BGB für den Schuldner verbundene Risiko eines verschuldensunabhängigen Zuschlags auf die Klageforderung (vgl. Senat, Urt. v. 25.01.2013 – V ZR 118/11, NJW-RR 2013, 825 Rn. 19).

[20]   e) Entgegen der Auffassung der Klägerin steht der Anrechnung der rechtskräftig zugesprochenen Prozesszinsen nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung im konkreten Fall auch nicht die Rechtskraft des Urteils vom 23.07.2015 entgegen. Die Rechtskraft eines Urteils, in dem die Schadensersatzpflicht einer Partei festgestellt worden ist, führt dazu, dass Einwendungen, die sich auf Tatsachen stützen, welche schon im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorgelegen haben, nicht mehr berücksichtigt werden dürfen, soweit sie das Bestehen des festgestellten Anspruchs betreffen. Das gilt aber nur, soweit es um die grundsätzliche Verpflichtung des Schuldners zum Ersatz des Schadens geht; die Frage, ob und in welcher Höhe ein Schaden eingetreten ist, wird von der Rechtskraft eines vorausgegangenen Feststellungsurteils nicht erfasst (Senat, Urt. v. 04.04.2014 – V ZR 275/12, BGHZ 200, 350 = NJW 2015, 468 Rn. 27; BGH, Urt. v. 28.06.2005 – VI ZR 108/04, NJW-RR 2005, 1517, 1518). Sie ist – wie hier – in dem Folgeprozess zu klären. Bei der hier maßgeblichen Frage der Vorteilsanrechnung ist bei wertender Betrachtung die Höhe des zu ersetzenden Schadens zu bestimmen; dies betrifft den haftungsausfüllenden Tatbestand der in dem Vorprozess festgestellten Haftung dem Grunde nach. Die Zuerkennung der Prozesszinsen auf den zu zahlenden Betrag im Urteil vom 23.07.2015 sagt daher nichts darüber aus, ob diese auf einen weiteren Schaden, der von der Beklagten nach dem Feststellungsausspruch zu tragen ist, anzurechnen sind.

[21]   f) Die von der Beklagten entrichteten Prozesszinsen sind allerdings, anders als die Revision meint, nicht in vollem Umfang auf die für das Erstdarlehen entstandenen Kreditkosten anzurechnen.

[22]   aa) Im Wege der Vorteilsausgleichung sind auf einzelne Schadenspositionen nur solche Vorteile anrechenbar, die mit einem bestimmten Nachteil korrespondieren; der einzelne Schadenposten muss mit dem Vorteil in dem Sinne kongruent sein, dass beide bei wertender Betrachtung gleichsam zu einer Rechnungseinheit verbunden sind (vgl. zum Ganzen Senat, Urt. v. 06.06.1997 – V ZR 115/96, BGHZ 136, 52, 54; Senat, Urt. v. 04.04.2014 – V ZR 275/12, NJW 2015, 468 Rn. 20, insoweit in BGHZ 200, 350 nicht abgedruckt; jeweils m. w. Nachw.). Auf Darlehenszinsen, die der Verkäufer dem Käufer bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrags nach § 280 I BGB zu ersetzen hat, sind gezahlte Prozesszinsen dann anzurechnen, wenn sie den gleichen Zeitraum betreffen.

[23]   bb) Daraus folgt, dass eine Anrechnung der mit Urteil vom 23.05.2015 zugesprochenen Prozesszinsen auf die als Schaden geltend gemachten Darlehenszinsen nicht in vollem Umfang in Betracht kommt.

[24]   (1) Eine Kongruenz zwischen den von der Klägerin und ihrem Ehemann erstatteten Darlehenszinsen und den zugesprochenen Prozesszinsen besteht nur für den Zeitraum vom 21.12.2012 bis zum 04.05.2017. Demgegenüber kommt die Anrechnung der Prozesszinsen auf Darlehenszinsen, die bis zum 20.12.2012 von der Klägerin und ihrem Ehemann entrichtet worden sind, nicht in Betracht, da Prozesszinsen erst ab dem 21.12.2012 zugesprochen wurden und es insoweit an der erforderlichen Kongruenz fehlt. Dies gilt auch für die ab dem 05.05.2017 zugesprochenen Prozesszinsen, die sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auf 1.770,39 € belaufen. Ab diesem Zeitpunkt wurden von der Klägerin und ihrem Ehemann – bedingt durch die Zwischenfinanzierung – keine Zinsen mehr auf das erste Darlehen aus dem Jahr 2007 gezahlt. Die Ersatzfähigkeit der Kosten der Zwischenfinanzierung ist aufgrund der beschränkt eingelegten Revision nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.

[25]   (2) Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das Berufungsgericht bei den als Schaden geltend gemachten Kosten der Zwischenfinanzierung eine Anrechnung der Prozesszinsen in Höhe von 1.770,39 € vorgenommen hat. Dieser Betrag ist von dem Gesamtbetrag der Prozesszinsen in Höhe von 27.453,07 €, deren Anrechnung die Klägerin auf die auf das Darlehen aus dem Jahr 2007 gezahlten Zinsen mit der Revision verlangt, in Abzug zu bringen.

[26]   III. Das Berufungsurteil kann daher bis auf einen Betrag von 8.509,13 € keinen Bestand haben. Dieser Betrag errechnet sich aus zwei Teilbeträgen, nämlich einem Teilbetrag von 6.738,74 €, der sich aus der Differenz des der Klägerin von dem Berufungsgericht zugesprochenen Betrags von 34.191,81 € und der nur in Höhe von 27.453,07 € eingelegten Revision ergibt, und zum anderen aus dem Betrag von 1.770,39 €, in dessen Umfang das Berufungsgericht die Prozesszinsen bereits mit den Kosten der Zwischenfinanzierung verrechnet hat. Insoweit ist die Revision unbegründet.

[27]   Wegen des verbleibenden Betrags von 25.682,68 € ist das Berufungsurteil nach §§ 562 I, 563 I ZPO aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dem Senat ist insoweit mangels Entscheidungsreife eine abschließende Sachentscheidung gemäß § 563 III ZPO nicht möglich. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich lediglich ermitteln, dass in dem Zeitraum vom 21.12.2012 bis zum 04.05.2017 Prozesszinsen in Höhe von 25.682,68 € gezahlt worden sind. Die Höhe der in diesem Zeitraum von der Klägerin und ihrem Ehemann gezahlten Darlehenszinsen hat das Berufungsgericht – von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig – nicht festgestellt. Dies wird nachzuholen sein. Sollte sich dabei ergeben, dass die von der Klägerin und ihrem Ehemann effektiv gezahlten Darlehenszinsen hinter den im gleichen Zeitraum angefallenen Prozesszinsen zurückbleiben, kommt in dem Umfang der Differenz eine Anrechnung nicht in Betracht.

PDF erstellen