1. Die vom Käu­fer ge­setz­te an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ist nicht be­reits dann ge­wahrt, wenn der Ver­käu­fer in­ner­halb der Frist die Leis­tungs­hand­lung er­bracht hat; viel­mehr muss auch der Leis­tungs­er­folg ein­ge­tre­ten sein. Die Frist ist al­ler­dings so zu be­mes­sen, dass der Ver­käu­fer bei ord­nungs­ge­mä­ßem Vor­ge­hen vor Frist­ab­lauf vor­aus­sicht­lich nicht nur die Leis­tungs­hand­lung vor­neh­men, son­dern auch den Leis­tungs­er­folg her­bei­füh­ren kann.
  2. Hat der Käu­fer ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­bes­se­rung ge­setzt, die er­folg­los ab­ge­lau­fen ist, so ist er grund­sätz­lich nicht ge­hal­ten, dem Ver­käu­fer ei­ne zwei­te Ge­le­gen­heit zur Nach­bes­se­rung ein­zu­räu­men, be­vor er den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt. Ein zwei­ma­li­ges Fehl­schla­gen der Nach­bes­se­rung ist nur dann Rück­tritt­vor­aus­set­zung, wenn der Käu­fer sein Nach­bes­se­rungs­ver­lan­gen nicht mit ei­ner Frist­set­zung ver­bun­den hat.

BGH, Ur­teil vom 26.08.2020 – VI­II ZR 351/19
(vor­an­ge­hend: OLG Frank­furt a. M., Ur­teil vom 14.11.2019 – 16 U 42/19)

Sach­ver­halt: Der Klä­ger kauf­te am 12.09.2017 von der Be­klag­ten ei­nen Neu­wa­gen H zum Preis von 18.750 €, den er über die B-GmbH fi­nan­zier­te. Die von ihm un­ter­zeich­ne­te Fahr­zeug­be­stel­lung nimmt auf die rück­sei­tig ab­ge­druck­ten Neu­wa­gen-Ver­kaufs­be­din­gun­gen des Zen­tral­ver­ban­des Deut­sches Kraft­fahr­zeug­ge­wer­be e. V. Be­zug.

Mit Schrei­ben vom 14.05.2018 rüg­te der Klä­ger Män­gel an der La­ckie­rung des Fahr­zeugs im Be­reich der Mo­tor­hau­be, der A-Säu­le und am Heck­de­ckel. Er setz­te der Be­klag­ten ei­ne Frist zur Nach­bes­se­rung bis zum 30.05.2018. Mit An­walts­schrei­ben vom 28.05.2018 bot die Be­klag­te dem Klä­ger an, ei­nen H-Ver­trags­händ­ler sei­ner Wahl zum Zwe­cke der Be­sich­ti­gung des Fahr­zeugs und der Nach­bes­se­rung auf­zu­su­chen. Hier­von mach­te der Klä­ger Ge­brauch und über­stell­te das Fahr­zeug am 03.07.2018 der H-GmbH zur Un­ter­su­chung. Im An­schluss dar­an ver­ein­bar­te er ei­nen Ter­min zur Durch­füh­rung der Nach­bes­se­rung, die dann im Zeit­raum vom 14.08. bis zum 21.08.2018 statt­fand.

Ei­ni­ge Ta­ge nach Ab­ho­lung des Fahr­zeugs be­an­stan­de­te der Klä­ger, die Män­gel sei­en nicht voll­stän­dig be­sei­tigt und die (teil­wei­se) er­folg­te Neu­la­ckie­rung nicht fach­ge­recht aus­ge­führt wor­den. Er stell­te das Fahr­zeug er­neut bei dem ge­nann­ten Un­ter­neh­men vor und ver­ein­bar­te ei­nen Ter­min zur wei­te­ren Nach­bes­se­rung. Die­sen Ter­min nahm er dann aber nicht wahr, son­dern er­klär­te mit An­walts­schrei­ben vom 24.09.2018 den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag.

Mit der vor­lie­gen­den Kla­ge hat er un­ter An­rech­nung ge­zo­ge­ner Nut­zun­gen die Rück­zah­lung des ge­zahl­ten Kauf­prei­ses in Hö­he von 17.437,50 € nebst Zin­sen, Zug um Zug ge­gen Rück­über­eig­nung des Fahr­zeugs, wei­ter die Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs und der Ver­pflich­tung der Be­klag­ten be­gehrt, ihn von mög­li­chen wei­te­ren An­sprü­chen der H-GmbH frei­zu­stel­len, so­wie fer­ner die Zah­lung vor­ge­richt­li­cher An­walts­kos­ten nebst Zin­sen ver­langt.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Die hier­ge­gen ge­rich­te­te Be­ru­fung des Klä­gers ist vor dem Ober­lan­des­ge­richt oh­ne Er­folg ge­blie­ben. Auf die Re­vi­si­on des Klä­gers, der da­mit sein Be­geh­ren wei­ter­ver­folg­te, wur­de das Ur­teil des Ober­lan­des­ge­richts auf­ge­ho­ben und die Sa­che an die­ses Ge­richt zu­rück­ver­wie­sen.

Aus den Grün­den: [8]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt (OLG Frank­furt a. M., Ur­teil vom 14.11.2019 – 16 U 42/19, ju­ris) hat zur Be­grün­dung sei­ner Ent­schei­dung, so­weit für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren von In­ter­es­se, im We­sent­li­chen aus­ge­führt:

[9]    Das Land­ge­richt ha­be ei­nen An­spruch des Klä­gers auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses nach § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 440, 323 BGB i. V. mit §§ 346 ff. BGB im Er­geb­nis zu Recht ver­neint, weil es an ei­ner er­folg­lo­sen Nach­er­fül­lung in­ner­halb an­ge­mes­se­ner Frist i. S. des § 323 I BGB und da­mit an ei­nem wirk­sa­men Rück­tritt feh­le.

[10]   Al­ler­dings sei die mit Schrei­ben vom 14.05.2018 ge­setz­te Frist zur Nach­er­fül­lung nicht be­reits des­we­gen er­folg­los ge­blie­ben, weil die Be­klag­te bis zu dem vom Klä­ger be­stimm­ten Fris­ten­de (Ab­lauf des 30.05.2018) kei­ne Nach­bes­se­rung durch­ge­führt ha­be. Für ei­ne Nach­er­fül­lung in­ner­halb der vom Gläu­bi­ger ge­setz­ten Frist sei es nicht er­for­der­lich, dass der Nach­er­fül­lungs­er­folg vor Frist­ab­lauf ein­tre­te. Es sei viel­mehr aus­rei­chend, dass die Leis­tungs­hand­lung in­ner­halb der Frist vor­ge­nom­men wer­de. Durch das vom Be­klag­ten­ver­tre­ter am 28.05.2018 un­ter­brei­te­te An­ge­bot, das Fahr­zeug bei ei­nem H-Ver­trags­händ­ler in der Nä­he des Wohn­orts des Klä­gers vor­zu­stel­len, auf das der Klä­ger nach wei­te­rer Kor­re­spon­denz ein­ge­gan­gen sei, sei ei­ne ers­te Leis­tungs­hand­lung der Be­klag­ten vor Ab­lauf der ge­setz­ten Frist vor­ge­nom­men wor­den. Zwar stel­le das An­ge­bot auf Un­ter­su­chung des Fahr­zeugs noch kei­ne un­mit­tel­ba­re Nach­bes­se­rungs­maß­nah­me dar. Die­ses Vor­ge­hen sei je­doch der ers­te not­wen­di­ge Schritt zur Nach­er­fül­lung.

[11]   Selbst wenn man die­ser Sicht­wei­se nicht fol­gen woll­te und die ers­te Nach­bes­se­rungs­hand­lung erst mit der Un­ter­su­chung des Fahr­zeugs am 03.07.2018 oder gar erst mit der Durch­füh­rung der Re­pa­ra­tur­maß­nah­men in der Zeit vom 14.08. bis zum 21.08.2018 an­setz­te, führ­te dies nicht zu ei­nem an­de­ren Er­geb­nis. Zwar sei dann die bis zum 30.05.2018 ge­setz­te Frist an sich oh­ne Ein­tritt ei­nes Nach­er­fül­lungs­er­folgs ab­ge­lau­fen. Der Klä­ger ha­be aber der Be­klag­ten trotz Ver­strei­chens der Frist „frei­wil­lig“ ei­ne Nach­bes­se­rungs­mög­lich­keit ein­ge­räumt. Es wür­de ge­gen Treu und Glau­ben ver­sto­ßen, wenn der Käu­fer un­ab­hän­gig vom Aus­gang ei­nes ein­ge­räum­ten Nach­bes­se­rungs­ver­suchs auf ein mit Ab­lauf der Frist ent­stan­de­nes Recht auf Rück­tritt zu­rück­grei­fen könn­te.

[12]   Die Nach­er­fül­lung sei auch nicht des­we­gen er­folg­los i. S. des § 323 I BGB ge­blie­ben, weil die vom 14.08. bis zum 21.08.2018 durch­ge­führ­ten Nach­bes­se­rungs­ar­bei­ten – nach Dar­stel­lung des Klä­gers – nicht zu ei­ner voll­stän­di­gen Män­gel­be­sei­ti­gung ge­führt hät­ten. Denn der Klä­ger hät­te der für die Be­klag­te tä­tig ge­wor­de­nen H-GmbH oder der Be­klag­ten selbst ei­ne wei­te­re Nach­bes­se­rungs­mög­lich­keit ein­räu­men müs­sen.

[13]   Dies fol­ge zwar ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten nicht dar­aus, dass der Klä­ger sie ent­ge­gen Zif­fer VII 2 lit. a Satz 1 Halb­satz 2 der ein­be­zo­ge­nen Neu­wa­gen­ver­kaufs­be­din­gun­gen nicht da­von un­ter­rich­tet ha­be, dass die von der H-GmbH durch­ge­führ­te „ers­te Man­gel­be­sei­ti­gung er­folg­los“ ge­blie­ben sei. An­ders als das Land­ge­richt ge­meint ha­be, er­ge­be sich dies auch nicht aus ei­ner un­mit­tel­ba­ren An­wen­dung der Vor­schrift des § 440 Satz 2 BGB. Denn die­se Re­ge­lung gel­te nur für den – hier nicht ge­ge­be­nen – Fall, dass ei­ne Frist nicht ge­setzt wor­den sei. Die Be­stim­mung des § 440 Satz 1 BGB er­gän­ze ih­rem Wort­laut nach al­lein die Tat­be­stän­de der Ent­behr­lich­keit der Frist­set­zung über die in § 281 II BGB und § 323 II BGB ge­re­gel­ten Fall­ge­stal­tun­gen hin­aus. § 440 Satz 2 BGB de­fi­nie­re le­dig­lich den Be­griff des Fehl­schla­gens ei­ner Nach­bes­se­rung i. S. von Satz 1 Fall 2 die­ser Re­ge­lung.

[14]   Je­doch sei die Vor­schrift des § 323 I BGB, wo­nach ein Rück­tritt vor­aus­set­ze, dass die dem Schuld­ner ge­setz­te Frist zur Nach­er­fül­lung „er­folgs­los“ ge­blie­ben sei, im Hin­blick auf die Wer­tung des § 440 Satz 2 BGB da­hin aus­zu­le­gen, dass bei ei­ner Pflicht­ver­let­zung in der Form der Lie­fe­rung ei­ner man­gel­haf­ten Kauf­sa­che die auf ei­ne Frist­set­zung hin un­ter­nom­me­ne Nach­bes­se­rung in der Re­gel erst dann als „er­folg­los“ zu wer­ten sei, wenn der Man­gel auch nach zwei­ma­li­gem Nach­bes­se­rungs­ver­such nicht be­sei­tigt wor­den sei. „Er­folg­los“ i. S. des § 323 I BGB sei für kauf­recht­li­che Män­gel im glei­chen Sin­ne wie „fehl­ge­schla­gen“ i. S. des § 440 Satz 2 BGB zu ver­ste­hen.

[15]   Die­se Aus­le­gung sei zur Ver­mei­dung ei­nes Wer­tungs­wi­der­spruchs ge­bo­ten. Es sei kein hin­rei­chen­der Grund da­für er­sicht­lich, dem Ver­käu­fer, der oh­ne Frist­set­zung ei­ne Nach­bes­se­rung vor­neh­me, in der Re­gel zwei Nach­bes­se­rungs­ver­su­che ein­zu­räu­men, dem­je­ni­gen aber, der auf ei­ne Frist­set­zung hin tä­tig wer­de, nur ei­ne Nach­bes­se­rungs­mög­lich­keit zu­zu­ge­ste­hen. Ob der Ver­käu­fer le­dig­lich zur Be­sei­ti­gung des Man­gels auf­ge­for­dert oder ihm zu­sätz­lich ei­ne Frist ge­setzt wer­de, ha­be näm­lich al­lein der Käu­fer in der Hand. Auch wenn ei­ne mit ei­ner Frist­set­zung ver­bun­de­ne Män­gel­be­sei­ti­gungs­auf­for­de­rung ernst­li­cher er­schei­nen mö­ge als ein nicht an ei­ne Frist ge­bun­de­nes Nach­bes­se­rungs­ver­lan­gen, kön­ne nicht ge­ne­rell an­ge­nom­men wer­den, dass die Be­mü­hun­gen des Ver­käu­fers zur Man­gel­be­sei­ti­gung in die­sem Fall an­ders aus­ge­stal­tet wä­ren und des­halb ein Er­folg der Nach­bes­se­rung mit grö­ße­rer Wahr­schein­lich­keit er­war­tet wer­den kön­ne.

[16]   Denn die Frist­set­zung zie­le in ers­ter Li­nie auf ei­ne zeit­li­che Kom­po­nen­te. Nach der Recht­spre­chung des BGH sei hier­für auch nicht die Be­stim­mung ei­nes kon­kre­ten End­ter­mins er­for­der­lich. Viel­mehr sei es aus­rei­chend, wenn der Gläu­bi­ger durch das Ver­lan­gen nach so­for­ti­ger, un­ver­züg­li­cher oder um­ge­hen­der Leis­tung oder durch ver­gleich­ba­re For­mu­lie­run­gen deut­lich ma­che, dass dem Schuld­ner für die Er­fül­lung nur ein be­grenz­ter (be­stimm­ba­rer) Zeit­raum zur Ver­fü­gung ste­he. Die Gren­ze zwi­schen schlich­ter Män­gel­be­sei­ti­gungs­auf­for­de­rung und Frist­set­zung zur Nach­bes­se­rung sei da­her nicht scharf zu zie­hen, son­dern hän­ge da­von ab, wie drin­gend der Käu­fer sein Nach­bes­se­rungs­ver­lan­gen im Ein­zel­fall for­mu­lie­re. Es er­schei­ne nicht sach­ge­recht, wenn von der Fas­sung der Nach­bes­se­rungs­auf­for­de­rung ab­hän­ge, ob dem Ver­käu­fer nach nicht (voll­stän­dig) ge­lun­ge­ner Nach­bes­se­rung ei­ne zwei­te Mög­lich­keit zur Nach­bes­se­rung ein­zu­räu­men sei oder nicht.

[17]   Für die vom Be­ru­fungs­ge­richt be­für­wor­te­te Aus­le­gung spre­che schließ­lich auch die In­ter­es­sen­la­ge. Denn der Schuld­ner, der ei­nen ers­ten Nach­bes­se­rungs­ver­such un­ter­nom­men ha­be, wer­de – an­ders als meist bei ei­ner Pflicht­ver­let­zung, die in ei­ner blo­ßen Nicht­leis­tung be­ste­he – da­für in der Re­gel Mit­tel auf­ge­wen­det ha­ben, die nutz­los wür­den, ob­wohl mög­li­cher­wei­se nur noch ein ge­rin­ger Auf­wand er­for­der­lich sei, um die Nach­bes­se­rung zum Er­folg zu füh­ren.

[18]   Der an der Nicht­ein­räu­mung ei­ner zwei­ten Nach­bes­se­rungs­mög­lich­keit schei­tern­de Rück­tritt vom Kauf­ver­trag sei da­ge­gen nicht zu­sätz­lich aus wei­te­ren Grün­den aus­ge­schlos­sen. Der Klä­ger ha­be sein Recht zum Rück­tritt nicht des­halb ver­wirkt, weil er sich zu­nächst für ei­ne wei­te­re Nach­bes­se­rung ent­schie­den, den hier­für ver­ein­bar­ten Ter­min spä­ter je­doch ab­ge­sagt und statt­des­sen den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt ha­be. Es stel­le be­reits kein wi­der­sprüch­li­ches Ver­hal­ten dar, wenn der Käu­fer, nach­dem er mög­li­cher­wei­se auf­grund an­walt­li­cher Be­ra­tung er­kannt zu ha­ben glau­be, be­reits ein Rück­tritts­recht zu ha­ben, von der bis­her ge­trof­fe­nen Ent­schei­dung ab­wei­che. Für ei­ne Ver­wir­kung feh­le es je­den­falls an ei­nem Um­stands­mo­ment. Die Be­klag­te ha­be nicht vor­ge­tra­gen, dass sie bzw. die H-GmbH im Ver­trau­en auf das zwei­te Nach­bes­se­rungs­ver­lan­gen Dis­po­si­tio­nen ge­trof­fen hät­ten, die sie nicht oder nur un­ter er­heb­li­chem Auf­wand rück­gän­gig ma­chen könn­ten.

[19]   II. Die­se Be­ur­tei­lung hält recht­li­cher Nach­prü­fung nicht stand. Mit der vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­ge­be­nen Be­grün­dung kön­nen An­sprü­che des Klä­gers auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses nach § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 434 I, 323 1, 346 ff. BGB, auf Scha­dens­er­satz nach § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 434 I, 325, 280 I, III, 281 I 1 BGB in Form der Frei­stel­lung des Klä­gers von mög­li­chen Zah­lungs­pflich­ten ge­gen­über der fi­nan­zie­ren­den Bank (auch ein sol­cher An­spruch ist letzt­lich auf ei­ne Geld­zah­lung und nicht – was we­gen § 281 IV BGB aus­ge­schlos­sen wä­re [vgl. hier­zu BGH, Urt. v. 11.12.2015 – V ZR 26/15, WM 2016, 1748 Rn. 21 m. w. Nachw.] – auf Na­tu­ral­re­sti­tu­ti­on ge­rich­tet) und auf Zah­lung vor­ge­richt­lich an­ge­fal­le­ner An­walts­kos­ten ge­mäß §§ 280 I, 249 I BGB, je­weils nebst Zin­sen, nicht ver­neint wer­den. Bei dem letzt­ge­nann­ten An­spruch er­gibt sich dies ne­ben der Ab­hän­gig­keit vom Be­ste­hen ei­nes Haupt­an­spruchs auch dar­aus, dass ein sol­cher Scha­dens­er­satz­an­spruch kei­ne Frist­set­zung vor­aus­setzt. Schließ­lich kann mit den vom Be­ru­fungs­ge­richt an­ge­stell­ten Er­wä­gun­gen auch das Be­geh­ren des Klä­gers auf Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs der Be­klag­ten nicht ab­ge­wie­sen wer­den.

[20]   1. Da das Be­ru­fungs­ge­richt we­der Fest­stel­lun­gen da­zu, ob die ge­rüg­ten Män­gel durch die im Zeit­raum vom 14.08. bis zum 21.08.2018 durch­ge­führ­ten Nach­bes­se­rungs­ar­bei­ten nur un­voll­stän­dig be­ho­ben wor­den bzw. neue Män­gel hin­zu­ge­tre­ten sind, noch da­zu ge­trof­fen hat, ob ver­blie­be­ne Män­gel als nicht un­er­heb­lich i. S. von § 323 V 2 BGB an­zu­se­hen sind, ist im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren zu un­ter­stel­len, dass das Fahr­zeug nach wie vor La­ckie­rungs­män­gel auf­weist, die als nicht ge­ring­fü­gig (vgl. hier­zu Se­nat, Urt. v. 11.12.2019 – VI­II ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 46 ff. m. w. Nachw.) ein­zu­stu­fen sind.

[21]   2. Rechts­feh­ler­haft ist das Be­ru­fungs­ge­richt da­von aus­ge­gan­gen, der Klä­ger sei nicht wirk­sam vom Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten, weil er der Be­klag­ten zur Her­bei­füh­rung der Rück­tritts­vor­aus­set­zun­gen des § 323 I BGB ei­ne zwei­te Ge­le­gen­heit zur Nach­bes­se­rung hät­te ein­räu­men müs­sen.

[22]   a) Im Er­geb­nis zu­tref­fend hat das Be­ru­fungs­ge­richt an­ge­nom­men, dass dem Rück­zah­lungs- und Frei­stel­lungs­be­geh­ren des Klä­gers nicht be­reits des­we­gen der Er­folg zu ver­sa­gen ist, weil die Nach­bes­se­rungs­ar­bei­ten nicht in­ner­halb der ur­sprüng­lich ge­setz­ten Frist (bis 30.05.2018), son­dern erst im Zeit­raum vom 14.08. bis zum 21.08.2018 durch­ge­führt wor­den sind.

[23]   aa) Dies folgt al­ler­dings ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts nicht schon dar­aus, dass ein vor Ab­lauf der vom Käu­fer ge­setz­ten Nach­bes­se­rungs­frist ein­ge­gan­ge­nes An­ge­bot des Ver­käu­fers auf Un­ter­su­chung des Fahr­zeugs für ei­ne frist­wah­ren­de Nach­bes­se­rung aus­reich­te und da­mit das Vor­lie­gen der Rück­tritts­vor­aus­set­zun­gen nach § 323 I BGB aus­schlie­ßen wür­de.

[24]   (1) Das Be­ru­fungs­ge­richt hat sich be­reits im Aus­gangs­punkt den Blick da­für ver­stellt, dass ei­ne zur Durch­füh­rung der Nach­er­fül­lung vom Käu­fer ge­setz­te (an­ge­mes­se­ne) Frist nur dann ge­wahrt ist, wenn der Ver­käu­fer den ge­rüg­ten Man­gel in­ner­halb der Frist be­hebt (BeckOGK/Loo­schel­ders, Stand: 01.08.2020, § 323 BGB Rn. 167; vgl. auch Stau­din­ger/Lö­wisch, BGB, Neu­be­arb. 2020, § 323 Rn. B 29 [zu § 433 I 1 BGB]; So­er­gel/Gsell, BGB, 13. Aufl., § 323 Rn. 88 [zu §§ 631, 635 BGB]; zwi­schen Art der ge­setz­ten Frist [Auf­nah­me- oder Vor­nah­me­frist] dif­fe­ren­zie­rend MünchKomm-BGB/Ernst, 8. Aufl., § 323 Rn. 261 ff.).

[25]   (a) So­weit im Schrift­tum un­ter Be­zug­nah­me auf Ent­schei­dun­gen des BGH zum al­ten Schuld­recht die Auf­fas­sung ver­tre­ten wird, es kä­me für die Recht­zei­tig­keit der Leis­tungs­er­brin­gung im Rah­men des § 323 I BGB grund­sätz­lich al­lein dar­auf an, ob der Schuld­ner die Leis­tungs­hand­lung in­ner­halb der ge­setz­ten (an­ge­mes­se­nen) Frist vor­ge­nom­men ha­be, wäh­rend der Zeit­punkt des Ein­tritts des Leis­tungs­er­folgs nicht maß­ge­bend sei (So­er­gel/Gsell, a. a. O., § 323 Rn. 88; Er­man/Wes­ter­mann, BGB, 15. Aufl., § 323 Rn. 22; Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 79. Aufl., § 323 Rn. 16; Be­ckOK-BGB/Schmidt, Stand: 01.05.2020, § 323 Rn. 20; ju­risPK-BGB/Beck­mann, Stand: 01.02.2020, § 323 Rn. 41; Jau­er­nig/Stad­ler, BGB, 17. Aufl., § 323 Rn. 9; NK-BGB/Du­bo­vits­ka­ya, BGB, 3. Aufl., § 323 Rn. 20; vgl. auch BeckOGK/Loo­schel­ders, a. a. O., § 323 § 167; MünchKomm-BGB/Ernst, a. a. O., § 323 Rn. 86), be­trifft dies – was das Be­ru­fungs­ge­richt ver­kennt – (je­den­falls) nicht die Fäl­le der Nach­er­fül­lung nach § 439 BGB, in de­nen die zu be­wir­ken­de Leis­tungs­hand­lung ge­ra­de dar­in be­steht, dem Käu­fer (im We­ge der Nach­bes­se­rung oder der Er­satz­lie­fe­rung) ei­ne man­gel­freie Kauf­sa­che zu ver­schaf­fen.

[26]   (b) Dies folgt be­reits aus dem Sinn und Zweck der Nach­er­fül­lung und dem nach deut­schem Recht für den Über­gang vom Nach­er­fül­lungs­sta­di­um auf se­kun­dä­re Ge­währ­leis­tungs­rech­te (Rück­tritt, Min­de­rung, Scha­dens- oder Auf­wen­dungs­er­satz) grund­sätz­li­chen Er­for­der­nis ei­nes er­folg­lo­sen Ver­strei­chens der vom Käu­fer zu set­zen­den an­ge­mes­se­nen Frist zur Nach­er­fül­lung. Nur ein sol­ches Ver­ständ­nis steht auch im Ein­klang mit Art. 3 III, V zwei­ter Spie­gel­strich der Richt­li­nie 1999/44/EG des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 25.05.1999 zu be­stimm­ten As­pek­ten des Ver­brauchs­gü­ter­kaufs und der Ga­ran­ti­en für Ver­brauchs­gü­ter (ABl. 1999 L 171, 12; im Fol­gen­den: Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie), der für Ver­brauch­gü­ter­käu­fe zwar kei­ne Frist­set­zung an­ord­net, wohl aber vor­sieht, dass „die Nach­bes­se­rung oder die Er­satz­lie­fe­rung in­ner­halb ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist […] zu er­fol­gen hat“ und dass der Ver­brau­cher ei­ne Min­de­rung des Kauf­prei­ses oder ei­ne Ver­trags­auf­lö­sung ver­lan­gen kann, „wenn der Ver­käu­fer nicht in­ner­halb ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist Ab­hil­fe ge­schaf­fen hat“.

[27]   (aa) Der Sinn und Zweck des im Rah­men der Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rung nicht nur für Ver­brauchs­gü­ter­käu­fe, son­dern all­ge­mein für Kauf­ver­trä­ge ein­ge­führ­ten Rechts­in­sti­tuts der Nach­er­fül­lung be­steht dar­in, ei­ner­seits dem Ver­käu­fer im Rah­men ei­ner „zwei­ten An­die­nung“ ei­ne letz­te Chan­ce ein­zu­räu­men, die zu sei­nen Leis­tungs­pflich­ten zäh­len­de Ver­schaf­fung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che (§ 433 I 2 BGB) vor­zu­neh­men und so ei­ne Rück­ab­wick­lung des Ver­trags zu ver­mei­den (BT-Drs. 14/6040, S. 221 i. V. mit S. 219 und 220), und an­de­rer­seits zu ge­währ­leis­ten, dass der Käu­fer das er­hält, was er nach dem Ver­trag zu be­an­spru­chen hat (BT-Drs. 14/6040, S. 221). Mit der Nach­er­fül­lung soll nach der ge­setz­ge­be­ri­schen Kon­zep­ti­on al­so die Er­fül­lung der Ver­käu­fer­pflich­ten durch­ge­setzt und er­mög­licht wer­den (vgl. Se­nat, Urt. v. 17.10.2012 – VI­II ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 24 m. w. Nachw.; BGH, Urt. v. 14.02.2020 – V ZR 11/18, NJW 2020, 2104 Rn. 51). Vom Ver­käu­fer ge­schul­det und vom Käu­fer zu be­an­spru­chen ist aber nicht nur die Vor­nah­me ei­ner Leis­tungs­hand­lung, son­dern der Leis­tungs­er­folg (BT-Drs. 14/6040, S. 221, zwei­te Spal­te oben). Dies hat im Fal­le der Nach­er­fül­lung durch die Her­stel­lung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che durch Nach­bes­se­rung oder Er­satz­lie­fe­rung zu er­fol­gen (Se­nat, Urt. v. 13.04.2011 – VI­II ZR 220/10, BGHZ 189, 196 Rn. 50; BGH, Urt. v. 14.02.2020 – V ZR 11/18, NJW 2020, 2104 Rn. 51). Für die Er­brin­gung die­ses bis­lang aus­ge­blie­be­nen „Leis­tungs­rests“ soll dem Ver­käu­fer, der dem Käu­fer ei­ne man­gel­haf­te Sa­che aus­ge­hän­digt und über­eig­net hat, ein an­ge­mes­se­ner Zeit­raum zur Ver­fü­gung ste­hen (BT-Drs. 14/6040, S. 138).

[28]   bb) Hier setzt das nach deut­schem Recht für den Über­gang auf se­kun­dä­re Ge­währ­leis­tungs­rech­te grund­sätz­lich gel­ten­de Frist­set­zungs­er­for­der­nis (§ 323 I, § 441 I BGB i. V. mit § 323 I, § 281 I, § 284 BGB) an. Das er­folg­lo­se Ver­strei­chen der vom Käu­fer ge­setz­ten (an­ge­mes­se­nen) Frist führt da­zu, dass der Käu­fer, der ei­ne man­gel­haf­te Sa­che er­hal­ten hat, nun se­kun­dä­re Ge­währ­leis­tungs­rech­te (Rück­tritt, Min­de­rung, Scha­dens- oder Auf­wen­dungs­er­satz) gel­tend ma­chen kann. Es ist we­der ein Be­dürf­nis des Ver­käu­fers er­kenn­bar, dem Käu­fer be­reits bei ei­ner frist­ge­recht vor­ge­nom­me­nen Leis­tungs­hand­lung den Über­gang zu den se­kun­dä­ren Ge­währ­leis­tungs­rech­ten zu ver­weh­ren, noch wür­de dies den In­ter­es­sen des Käu­fers ge­recht. Denn die vom Käu­fer zu set­zen­de Frist ist so zu be­mes­sen, dass der Ver­käu­fer bei ord­nungs­ge­mä­ßem Vor­ge­hen vor Frist­ab­lauf vor­aus­sicht­lich nicht nur die Leis­tungs­hand­lung vor­neh­men, son­dern auch den Leis­tungs­er­folg her­bei­füh­ren kann. Zu­dem setz­te ei­ne zu kurz be­mes­se­ne Frist ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist in Gang, wenn der Käu­fer nicht zum Aus­druck ge­bracht hat, dass es ihm auf die Kür­ze der Frist an­kommt (vgl. hier­zu BT-Drs. 14/6040, S. 138; Se­nat, Urt. v. 13.07.2016 – VI­II ZR 49/15, NJW 2016, 3654 Rn. 31 m. w. Nachw.).

[29]   (cc) Da­von ab­ge­se­hen wä­re ein Rechts­ver­ständ­nis, das dem Käu­fer im Fal­le ei­ner Nach­er­fül­lung ei­nen Über­gang zu den se­kun­dä­ren Ge­währ­leis­tungs­rech­ten be­reits dann ver­wehr­te, wenn der Ver­käu­fer in­ner­halb der vom Käu­fer ge­setz­ten an­ge­mes­se­nen Frist (zur Fra­ge der Ver­ein­ba­rung des Frist­set­zungs­er­for­der­nis­ses mit eu­ro­päi­schem Recht sie­he die Aus­füh­run­gen nach­fol­gend un­ter b bb) le­dig­lich die Leis­tungs­hand­lung er­bracht, nicht aber den ge­schul­de­ten Leis­tungs­er­folg her­bei­ge­führt hät­te, je­den­falls für den hier vor­lie­gen­den Fall ei­nes Ver­brauchs­gü­ter­kaufs nicht mit Art. 3 III, V zwei­ter Spie­gel­strich der Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie zu ver­ein­ba­ren.

[30]   Art. 3 III der Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie ord­net an, dass die Nach­bes­se­rung oder Er­satz­lie­fe­rung in­ner­halb ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist er­fol­gen muss. Der Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on hat aus die­ser Vor­schrift ab­ge­lei­tet, dass der Ver­käu­fer durch die­se Ab­hil­fe­maß­nah­men den ver­trags­ge­mä­ßen Zu­stand „in­ner­halb ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist her­zu­stel­len“ hat (EuGH, Urt. v. 23.05.2019 – C-52/18, ECLI:EU:C:2019:447 = NJW 2019, 2007 Rn. 36, 63 – Fül­la). Er hat da­mit deut­lich ge­macht, dass die nach Art. 3 II der Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie vom Ver­käu­fer im Fal­le ei­ner Ver­trags­wid­rig­keit zu­nächst ge­schul­de­te, er­folgs­be­zo­ge­ne „Her­stel­lung des ver­trags­ge­mä­ßen Zu­stands des Ver­brauchs­guts durch Nach­bes­se­rung oder Er­satz­lie­fe­rung nach Maß­ga­be des Abs. 3“ nicht nur teil­wei­se, son­dern voll­stän­dig in­ner­halb der an­ge­mes­se­nen Frist zu er­fol­gen hat, wenn der Käu­fer von ei­nem Über­gang auf die nächs­te Stu­fe sei­ner Rech­te ab­ge­hal­ten wer­den soll.

[31]   Das ge­nann­te Ver­ständ­nis liegt auch der Vor­schrift des Art. 3 V zwei­ter Spie­gel­strich der Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie zu­grun­de, die für den Wech­sel von der Nach­er­fül­lungs­pha­se zur Min­de­rung oder zur Ver­trags­auf­lö­sung dar­auf ab­stellt, dass der Ver­käu­fer nicht in­ner­halb ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist „Ab­hil­fe ge­schaf­fen“ hat. Die­se For­mu­lie­rung (in der eng­li­schen Fas­sung: „has not com­ple­ted the reme­dy wi­t­hin a re­a­sonable time“; in der fran­zö­si­schen Fas­sung: „n'a pas mis en oeu­vre le mo­de de dédom­ma­ge­ment dans un délai rai­sonnable“; in der ita­lie­ni­schen Fas­sung: „non ha es­pe­ri­to il ri­me­dio ent­ro un pe­ri­odo ra­gio­ne­vo­le ov­ve­ro“; in der spa­ni­schen Fas­sung: „no hu­bie­ra lle­va­do a cabo el sa­ne­a­m­i­en­to en un pla­zo ra­zonable“) macht deut­lich, dass für den Über­gang auf die nächs­te Stu­fe der Ge­währ­leis­tung (Min­de­rung, Ver­trags­auf­lö­sung) das Aus­blei­ben des Leis­tungs­er­folgs in­ner­halb der Frist maß­ge­bend ist, so­dass al­lein die frist­ge­rech­te Er­brin­gung der Leis­tungs­hand­lung die wei­te­ren Rech­te des Käu­fers nicht aus­schließt.

[32]   (2) Un­ab­hän­gig da­von, dass al­lein die frist­ge­rech­te Er­brin­gung der Leis­tungs­hand­lung in­ner­halb der Frist ei­nen Rück­tritt nach § 323 I BGB nicht aus­schließt, hat das Be­ru­fungs­ge­richt ver­kannt, dass das vor Frist­ab­lauf er­folg­te An­ge­bot der Be­klag­ten auf Vor­stel­lung des Fahr­zeugs bei der H-GmbH nicht als Leis­tungs­hand­lung zu wer­ten ist. Die Ver­stän­di­gung auf den Ort und die Zeit der Un­ter­su­chung ist zwar ein der Nach­er­fül­lung vor­ge­schal­te­ter Schritt. Sie stellt aber nicht die Leis­tungs­hand­lung (hier: Durch­füh­rung von La­ckie­rungs­ar­bei­ten) dar, son­dern be­rei­tet die­se nur vor.

[33]   bb) Dem Be­ru­fungs­ge­richt ist al­ler­dings dar­in bei­zu­pflich­ten, dass der Um­stand, dass die Nach­bes­se­rung nicht in­ner­halb der ge­setz­ten Frist bis zum 30.05.2018 er­folg­te, den Klä­ger aus an­de­ren Grün­den nicht zum Rück­tritt be­rech­tig­te. Da­bei kann da­hin­ste­hen, ob – was die Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung in­fra­ge stellt – die vom Klä­ger ur­sprüng­lich ge­setz­te Frist an­ge­sichts der Um­stän­de des Ein­zel­falls an­ge­mes­sen war oder nicht. Denn der Klä­ger hat sich nach den ver­fah­rens­feh­ler­frei ge­trof­fe­nen und im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren nicht an­ge­grif­fe­nen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts „frei­wil­lig“ dar­auf ein­ge­las­sen, dass die Nach­bes­se­rung in dem Zeit­raum vom 14.08. bis zum 21.08.2018 durch­ge­führt wur­de. Er hat da­mit ent­we­der die ge­setz­te Frist ver­län­gert oder er hat je­den­falls kei­nen Wi­der­spruch da­ge­gen er­ho­ben, dass die Män­gel­be­sei­ti­gung erst spä­ter vor­ge­nom­men wur­de. Da­mit ist es ihm – wie das Be­ru­fungs­ge­richt zu­tref­fend an­ge­nom­men hat – nach dem Ge­bot von Treu und Glau­ben (§ 242 BGB) ver­wehrt, sei­nen Rück­tritt auf den Um­stand zu stüt­zen, dass die Nach­bes­se­rung nicht be­reits bis 30.05.2018, son­dern erst im Au­gust 2018 er­folgt ist.

[34]   Die Aus­übung des Rück­tritts­rechts durch den Gläu­bi­ger kann im Ein­zel­fall ge­gen das Ge­bot von Treu und Glau­ben ver­sto­ßen (BGH, Urt. v. 20.01.2006 – V ZR 124/05, NJW 2006, 1198 Rn. 23; vgl. fer­ner Se­nat, Urt. v. 24.10.2018 – VI­II ZR 66/17, BGHZ 220, 134 Rn. 54; je­weils m. w. Nachw.). So lie­gen die Din­ge hier. Ein Käu­fer, der dem Ver­käu­fer „frei­wil­lig“ nach Ab­lauf der ge­setz­ten Frist ei­ne Nach­bes­se­rungs­mög­lich­keit ein­ge­räumt hat, ver­hält sich wi­der­sprüch­lich und treu­wid­rig, wenn er spä­ter sei­nen Rück­tritt dar­auf stützt, dass der Ver­käu­fer den Man­gel nicht in­ner­halb der ur­sprüng­lich vor­ge­se­he­nen Frist be­sei­tigt hat.

[35]   b) Je­doch hat das Be­ru­fungs­ge­richt rechts­feh­ler­haft die vom Klä­ger gel­tend ge­mach­ten An­sprü­che auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses nach §§ 346 ff. BGB und auf Scha­dens­er­satz nach §§ 280 I, III, 281 I 1 BGB (Frei­stel­lung von For­de­run­gen der fi­nan­zie­ren­den Bank) dar­an schei­tern las­sen, dass der Klä­ger der Be­klag­ten bzw. der H-GmbH das Fahr­zeug nach der im Zeit­raum vom 14.08. bis zum 21.08.2018 er­folg­ten Nach­bes­se­rung, die nach sei­ner Dar­stel­lung nicht zu ei­ner voll­stän­di­gen und ord­nungs­ge­mä­ßen Män­gel­be­sei­ti­gung ge­führt hat, nicht zu ei­ner zwei­ten Nach­bes­se­rung zur Ver­fü­gung ge­stellt hat. Da­bei ist das Be­ru­fungs­ge­richt im Rah­men tatrich­ter­li­cher Wür­di­gung rechts­feh­ler­frei da­von aus­ge­gan­gen, dass das zwei­te, spä­ter zu­rück­ge­nom­me­ne Nachla­ckie­rungs­ver­lan­gen ei­ne ei­gen­stän­di­ge Auf­for­de­rung zur Nach­bes­se­rung dar­stell­te und es sich nicht – wie die Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung meint, in­so­weit aber kei­ne Ver­fah­rens­rügen er­hebt – um ein ein­heit­li­ches Nach­bes­se­rungs­be­geh­ren han­del­te.

[36]   Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zwar noch zu­tref­fend er­kannt, dass sich ei­ne sol­che Ob­lie­gen­heit des Klä­gers nicht dar­aus er­gibt, dass er die Be­klag­te ent­ge­gen der Re­ge­lung in Zif­fer VII 2 lit. a Satz 1 Halb­satz 2 der Neu­wa­gen­ver­kaufs­be­din­gun­gen nicht da­von un­ter­rich­tet hat, dass die bei der H-GmbH durch­ge­führ­te „ers­te Män­gel­be­sei­ti­gung er­folg­los“ ge­blie­ben sei. Denn die ge­nann­te Klau­sel sieht ei­ne ver­trag­li­che Ver­pflich­tung des Käu­fers, den Ver­käu­fer von der Er­folg­lo­sig­keit ei­nes ers­ten Nach­bes­se­rungs­ver­suchs zu un­ter­rich­ten, nicht vor (vgl. zu ei­ner ähn­li­chen Klau­sel be­reits Se­nat, Urt. v. 15.11.2006 – VI­II ZR 166/06, NJW 2007, 504 Rn. 17). An­ders als die Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung meint, räumt die ge­nann­te Be­stim­mung dem Ver­käu­fer auch nicht ein (ver­trag­li­ches) Recht zur zwei­ten Nach­bes­se­rung ein, son­dern soll den Ver­käu­fer nur in die La­ge ver­set­zen, Kennt­nis von der Er­folgs­lo­sig­keit der un­ter­nom­me­nen Nach­bes­se­rungs­ar­bei­ten zu er­hal­ten, und ihm so die Mög­lich­keit er­öff­nen, dem Käu­fer ge­ge­be­nen­falls ei­nen wei­te­ren Nach­bes­se­rungs­ver­such an­zu­bie­ten.

[37]   Dies er­gibt sich dar­aus, dass All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen nach ih­rem ob­jek­ti­ven In­halt und ty­pi­schen Sinn ein­heit­lich so aus­zu­le­gen sind, wie sie von ver­stän­di­gen und red­li­chen Ver­trags­part­nern un­ter Ab­wä­gung der In­ter­es­sen der nor­ma­ler­wei­se be­tei­lig­ten Krei­se ver­stan­den wer­den (st. Rspr.; vgl. zu­letzt Se­nat, Urt. v. 27.05.2020 – VI­II ZR 45/19, NZM 2020, 551 Rn. 119 m. w. Nachw.; zur Ver­öf­fent­li­chung in BGHZ vor­ge­se­hen). Von die­sem Klau­sel­ver­ständ­nis geht auch das Be­ru­fungs­ge­richt aus, das der ge­nann­ten All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gung ge­ra­de nicht ein ver­trag­li­ches Recht der Be­klag­ten auf Ein­räu­mung ei­ner wei­te­ren Nach­bes­se­rung ent­nimmt, son­dern da­von aus­geht, dass die Klau­sel nur die Fäl­le er­fas­se, in de­nen dem Ver­käu­fer be­reits nach den ge­setz­li­chen Re­geln ei­ne zwei­te Nach­bes­se­rungs­mög­lich­keit ein­ge­räumt ist.

[38]   Rechts­ir­rig hat das Be­ru­fungs­ge­richt aber an­ge­nom­men, ei­ne Frist­set­zung zur Nach­bes­se­rung (§ 439 I Fall 1 BGB) sei re­gel­mä­ßig erst dann er­folg­los i. S. des § 323 I BGB ver­stri­chen, wenn – wie in § 440 Satz 2 BGB für den Fall ei­ner un­ter­blie­be­nen Frist­set­zung vor­ge­se­hen – zwei Nach­bes­se­rungs­ver­su­che des Ver­käu­fers nicht zur Be­sei­ti­gung des Man­gels ge­führt hät­ten. Hier­bei ver­mengt das Be­ru­fungs­ge­richt zwei nach der ge­setz­ge­be­ri­schen Kon­zep­ti­on strikt von­ein­an­der zu tren­nen­de Tat­be­stands­vor­aus­set­zun­gen. Das Ge­setz un­ter­schei­det kon­se­quent zwi­schen dem Frist­set­zungs­er­for­der­nis nach den Re­gel­tat­be­stän­den (§ 323 I BGB [Rück­tritt und Min­de­rung [i. V. mit § 441 I 1 BGB], § 281 I BGB [Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung]) und den Fall­ge­stal­tun­gen, in de­nen ei­ne Frist­set­zung aus­nahms­wei­se ent­behr­lich ist (§ 323 II, III BGB, § 281 II BGB, § 440 Satz 1 BGB).

[39]   Der grund­sätz­lich ge­bo­te­nen Frist­set­zung ist nach der Vor­stel­lung des Ge­setz­ge­bers be­reits dann ge­nügt, wenn der Käu­fer ein­ma­lig frucht­los ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat. Die ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten, die ei­nen Rück­tritt, ei­ne Min­de­rung oder ein Ver­lan­gen auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung in Aus­nah­me­fäl­len auch oh­ne Frist­set­zung er­lau­ben, zeich­nen sich je­weils da­durch aus, dass sie den Ver­zicht auf die­ses ein­ma­li­ge Er­for­der­nis durch an­de­re (gleich­wer­ti­ge) An­for­de­run­gen er­set­zen. Wei­ter ver­kennt das Be­ru­fungs­ge­richt den Sinn und Zweck des § 440 Satz 2 BGB, der dem Käu­fer die Gel­tend­ma­chung ei­nes Fehl­schla­gens der Nach­bes­se­rung in prak­ti­scher Hin­sicht er­leich­tern (BT-Drs. 14/6040, S. 234), nicht aber den Über­gang zu den se­kun­dä­ren Ge­währ­leis­tungs­rech­ten er­schwe­ren soll.

[40]   Die auf­ge­zeig­ten Ge­sichts­punk­te ver­bie­ten es, der Vor­schrift des § 440 Satz 1 Fall 2, Satz 2 BGB, wo­nach bei Fehl­schla­gen der Nach­bes­se­rung, die in der Re­gel bei ei­nem zwei­ma­li­gen er­folg­lo­sen Nach­bes­se­rungs­ver­such an­zu­neh­men ist, auf ei­ne Frist­set­zung ver­zich­tet wer­den kann, all­ge­mein­gül­ti­ge Wer­tun­gen zu ent­neh­men und die­se auf den (Re­gel-)Fall ei­ner Frist­set­zung nach § 323 I BGB zu über­tra­gen (so i. E. auch OLG Saar­brü­cken, Urt. v. 09.09.2010 – 8 U 367/09, ju­ris Rn. 49 m. w. Nachw.; Pa­landt/Grü­ne­berg, a. a. O., § 323 Rn. 16). Denn hier­durch wür­de die ei­nen Son­der­fall be­tref­fen­de ge­setz­ge­be­ri­sche Wer­tent­schei­dung in § 440 Satz 1 Fall 2, Satz 2 BGB un­zu­läs­si­ger­wei­se zu ei­ner all­ge­mein­gül­ti­gen Wer­tung er­ho­ben und es wür­den zu­gleich die nur für die je­wei­li­ge Va­ri­an­te (Frist­set­zungs­er­for­der­nis oder Ent­behr­lich­keit ei­ner Frist­set­zung) be­stimm­ten tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für die Er­klä­rung ei­nes Rück­tritts oder ei­ner Min­de­rung bzw. für das Ver­lan­gen von Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung im Fal­le ei­ner er­folg­lo­sen Nach­bes­se­rung in un­zu­läs­si­ger Wei­se „ku­mu­liert“ und dem Käu­fer da­durch, ent­ge­gen der Ziel­set­zung des Ge­setz­ge­bers, die Aus­übung der be­schrie­be­nen se­kun­dä­ren Ge­währ­leis­tungs­rech­te er­schwert.

[41]   aa) Das Ge­setz macht die Aus­übung ei­nes Rück­tritts oder ei­ner Min­de­rung so­wie die Gel­tend­ma­chung ei­nes Scha­dens­er­satz­an­spruchs statt der Leis­tung grund­sätz­lich von ei­ner Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung ab­hän­gig (§ 323 I BGB, § 441 I 1 BGB, § 281 I 1 BGB).

[42]   (1) Der Ge­setz­ge­ber ist da­bei da­von aus­ge­gan­gen, dass be­züg­lich der gel­tend ge­mach­ten Män­gel die ein­ma­li­ge frucht­lo­se Frist­set­zung durch den Gläu­bi­ger aus­reicht, um den Rück­tritt oder die Min­de­rung zu er­klä­ren bzw. zu dem An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung über­zu­ge­hen, wenn er die wei­te­re Ver­fol­gung des Er­fül­lungs­an­spruchs (in Ge­stalt der Nach­er­fül­lung) nicht mehr für zweck­mä­ßig er­ach­tet (vgl. BGH, Urt. v. 20.01.2006 – V ZR 124/05, NJW 2006, 1198 Rn. 22; Se­nat, Urt. v. 23.02.2005 – VI­II ZR 100/04, BGHZ 162, 219, 221 f.; BT-Drs. 14/6040, S. 184: „Maß­geb­lich ist al­lein der er­folg­lo­se Ab­lauf ei­ner vom Gläu­bi­ger dem Schuld­ner ge­setz­ten an­ge­mes­se­nen Nach­frist.“; BT-Drs. 14/6040, S. 235: „Um min­dern zu kön­nen, muss der Käu­fer al­so zu­nächst die Vor­aus­set­zun­gen für den Rück­tritt her­bei­füh­ren, al­so im Re­gel­fall ei­ne Frist set­zen, § 323 I RE.“; BT-Drs. 14/6040, S. 92 f.: „Das – ne­ben der Pflicht­ver­let­zung – zwei­te we­sent­li­che Struk­tur­merk­mal des neu­en Leis­tungs­stö­rungs­rechts be­steht dar­in, dass der Gläu­bi­ger dem Schuld­ner grund­sätz­lich ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Er­fül­lung set­zen muss, be­vor er sich nach er­geb­nis­lo­sem Ab­lauf der Frist statt des Er­fül­lungs­an­spruchs wei­ter­ge­hen­de Rech­te gel­tend ma­chen kann […].“; vgl. wei­ter BT-Drs. 14/6040, S. 221 lin­ke Spal­te un­ten so­wie Be­schluss­emp­feh­lung und Be­richt des Rechts­aus­schus­ses des Bun­des­tags, BT-Drs. 14/7052, S. 185, 192). Nach den Vor­stel­lun­gen des Ge­setz­ge­bers wird ei­nem Schuld­ner, der ei­ne fäl­li­ge Leis­tung nicht er­bracht hat, durch das ein­ma­li­ge Set­zen ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist zur Leis­tung aus­rei­chend vor Au­gen ge­führt, dass ein wei­te­res Aus­blei­ben der Leis­tung Fol­gen ha­ben wird (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 184 a. E.).

[43]   Dem­entspre­chend sieht auch der Ge­set­zes­wort­laut (§ 323 I BGB, § 281 I 1 BGB) we­der ei­ne wie­der­hol­te Frist­set­zung noch die Pflicht zur Ein­räu­mung ei­ner wei­te­ren Er­fül­lungs- oder Nach­er­fül­lungs­mög­lich­keit be­züg­lich ei­ner gel­tend ge­mach­ten Pflicht­ver­let­zung vor. Dies ist nach dem Wil­len des Ge­setz­ge­bers grund­sätz­lich auch dann nicht ge­bo­ten, wenn der Käu­fer ei­ne zu kur­ze Frist ge­setzt hat. Denn hier­durch soll – wie dies der Recht­spre­chung zu § 326 BGB aF ent­spricht – ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist in Gang ge­setzt wer­den, es sei denn, der Käu­fer hat deut­lich ge­macht, dass es ihm ge­ra­de auf die Kür­ze der Frist an­kommt (BT-Drs. 14/6040, S. 138).

[44]   (2) Der Ge­setz­ge­ber hat auch kei­nen An­lass ge­se­hen, für die kauf­recht­li­che Nach­er­fül­lung ab­wei­chen­de (Frist­set­zungs-)An­for­de­run­gen zu stel­len. Viel­mehr hat der Ge­setz­ge­ber auch hier den frucht­lo­sen Ab­lauf ei­ner ein­ma­lig ge­setz­ten an­ge­mes­se­nen Frist zur Be­he­bung der gel­tend ge­mach­ten Män­gel für aus­rei­chend er­ach­tet. Dies er­gibt sich nicht nur dar­aus, dass er kei­ne Son­der­re­ge­lun­gen zu § 323 I, § 281 I 1 BGB ge­trof­fen hat, son­dern die­se Vor­schrif­ten aus­drück­lich auch den Fall der Nach­er­fül­lung er­fas­sen. Viel­mehr lässt sich dies auch der Ge­set­zes­be­grün­dung ent­neh­men, wo­nach der Ver­käu­fer im Rah­men der Nach­er­fül­lung nur die Mög­lich­keit ei­ner „zwei­ten An­die­nung“, al­so ei­ne „letz­te Chan­ce“ er­hal­ten soll, den mit der Rück­ab­wick­lung des Ver­trags ver­bun­de­nen wirt­schaft­li­chen Nach­teil ab­zu­wen­den (BT-Drs. 14/6040, S. 220 und 221). Ei­ner er­neu­ten Frist­set­zung be­darf es da­her nur, so­weit an­de­re, noch nicht ge­rüg­te (neue) Män­gel be­trof­fen sind (Se­nat, Urt. v. 20.01.2016 – VI­II ZR 77/15, NJW 2016, 2493 Rn. 14 m. w. Nachw.).

[45]   bb) Ob das so­nach vom na­tio­na­len Ge­setz­ge­ber auch für das Kauf­recht ein­ge­führ­te Frist­set­zungs­er­for­der­nis in Wi­der­spruch zu Art. 3 V zwei­ter Spie­gel­strich der Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie steht, der dem Ver­brau­cher die Mög­lich­keit ei­ner Min­de­rung des Kauf­prei­ses oder ei­ner Ver­trags­auf­lö­sung zu­bil­ligt, wenn „der Ver­käu­fer nicht in­ner­halb ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist Ab­hil­fe ge­schaf­fen hat“, kann da­hin­ste­hen.

[46]   (1) Man­che Stim­men im Schrift­tum ver­tre­ten zwar die Auf­fas­sung, dass durch das Er­for­der­nis ei­ner Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung hö­he­re An­for­de­run­gen an den Ver­brau­cher ge­stellt wür­den als von der Richt­li­nie vor­ge­se­hen (blo­ßes Ver­strei­chen ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist) und da­her ei­ne richt­li­ni­en­kon­for­me Aus­le­gung ge­bo­ten sei (vgl. et­wa MünchKomm-BGB/Ernst, a. a. O., § 323 Rn. 51; NK-BGB/Du­bo­vits­ka­ya, a. a. O., § 323 Rn. 17; je­weils m. w. Nachw.). Ob dies an­ge­sichts der vom Ge­setz­ge­ber vor­ge­se­he­nen Aus­nah­men von ei­ner Frist­set­zung (§ 323 II BGB, § 440 BGB) und der von ihm ge­woll­ten ge­rin­gen An­for­de­run­gen an das Frist­set­zungs­er­for­der­nis (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 185: „Die­se Frist­set­zung darf und soll nach dem Ent­wurf aber nicht zu ei­ner Hür­de wer­den, an der er [= der Rück­tritt] aus for­ma­len Grün­den schei­tert. Hier­an wird sich die Aus­le­gung und An­wen­dung die­ser Vor­schrift aus­zu­rich­ten ha­ben.“), zu­trifft, ist je­doch frag­lich. Dies gilt auch mit Blick dar­auf, dass der Se­nat die ge­setz­li­chen Vor­ga­ben in stän­di­ger Recht­spre­chung da­hin um­ge­setzt hat, dass die An­ga­be ei­nes End­ter­mins nicht er­for­der­lich ist, son­dern es ge­nügt, wenn der Gläu­bi­ger durch das Ver­lan­gen nach so­for­ti­ger, un­ver­züg­li­cher oder um­ge­hen­der Leis­tung oder durch ver­gleich­ba­re For­mu­lie­run­gen deut­lich macht, dass dem Schuld­ner für die Er­fül­lung nur ein be­grenz­ter (be­stimm­ba­rer) Zeit­raum zur Ver­fü­gung steht (Se­nat, Urt. v. 12.08.2009 – VI­II ZR 254/08, NJW 2009, 3153 Rn. 10 f.; Urt. v. 18.03.2015 – VI­II ZR 176/14, NJW 2015, 2564 Rn. 11).

[47]   (2) Die­se Fra­ge be­darf al­ler­dings des­we­gen kei­ner Ent­schei­dung, weil ei­ne von die­sen Stim­men be­für­wor­te­te richt­li­ni­en­kon­for­me Aus­le­gung von vorn­her­ein aus­schei­det. Denn der Ge­setz­ge­ber hat sich trotz der Er­kennt­nis, dass die Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie bei Män­geln für das Ver­lan­gen nach Ver­trags­auf­lö­sung oder Min­de­rung ei­ne Frist­set­zung des Käu­fers nicht vor­sieht und Stim­men in der Li­te­ra­tur im Hin­blick hier­auf ge­gen das Frist­set­zungs­er­for­der­nis Be­den­ken er­ho­ben ha­ben, be­wusst da­für ent­schie­den, den Vor­rang der Nach­er­fül­lung da­durch zu ge­währ­leis­ten, dass der Käu­fer grund­sätz­lich erst nach der Set­zung ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist zu­rück­tre­ten, min­dern oder Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung ver­lan­gen kann (BT-Drs. 14/6040, S. 222, 185), und hat die ge­setz­li­chen Aus­nah­men zum Frist­set­zungs­er­for­der­nis – ins­be­son­de­re beim Fehl­schla­gen der Nach­er­fül­lung (§ 440 Satz 1 Fall 2 BGB) – für aus­rei­chend ge­hal­ten, um die Vor­ga­ben der Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie um­zu­set­zen (BT-Drs. 14/6040, S. 222). Bei die­ser Sach­la­ge hät­te ei­ne richt­li­ni­en­kon­for­me Aus­le­gung da­hin, dass ei­ne Frist­set­zung stets ent­behr­lich ist, von vorn­her­ein aus­zu­schei­den (Höpf­ner, Die sys­tem­kon­for­me Aus­le­gung, 2008, S. 310 f.). Denn ei­ne richt­li­ni­en­kon­for­me Aus­le­gung setzt vor­aus, dass durch sie der er­kenn­ba­re Wil­le des Ge­setz­ge­bers nicht ver­än­dert wird, son­dern die Aus­le­gung sei­nem Wil­len (noch) ent­spricht (Se­nat, Urt. v. 28.10.2015 – VI­II ZR 158/11, BGHZ 207, 209 Rn. 43, Urt. v. 28.10.2015 – VI­II ZR 13/12, ju­ris Rn. 45; je­weils m. w. Nachw.).

[48]   cc) Von der da­nach für den Über­gang zum Rück­tritt, zur Min­de­rung oder zum Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung er­for­der­li­chen Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung (§ 323 I BGB, § 441 I 1 BGB, § 281 I 1 BGB) macht der Ge­setz­ge­ber aber Aus­nah­men. Er trägt durch die Be­stim­mun­gen der § 323 II BGB, § 440 BGB, § 281 II BGB dem In­ter­es­se des Käu­fers Rech­nung, dem Ver­käu­fer in den Fäl­len kei­ne Frist set­zen zu müs­sen, in de­nen dies kei­nen Er­folg ver­spricht oder dem Käu­fer nicht zu­zu­mu­ten ist (Se­nat, Urt. v. 23.02.2005 – VI­II ZR 100/04, BGHZ 162, 219, 229 f.). Da es sich um Aus­nah­me­be­stim­mun­gen zu den ge­nann­ten Re­gel­tat­be­stän­den han­delt (vgl. auch BT-Drs. 14/6040, S. 233), las­sen sich aus den ih­nen zu­grun­de­lie­gen­den Wer­tun­gen von vorn­her­ein kei­ne Rück­schlüs­se auf ei­ne ein­schrän­ken­de Aus­le­gung der Re­gel­be­stim­mun­gen zie­hen. Denn der Sinn und Zweck von Aus­nah­me­vor­schrif­ten be­steht dar­in, für be­stimm­te, vom Re­gel­fall ab­wei­chen­de Fall­ge­stal­tun­gen Son­der­re­ge­lun­gen zu tref­fen.

[49]   Die­se – vom Ge­setz­ge­ber auch mit § 440 BGB ver­bun­de­ne (BT-Drs. 14/6040, S. 233) – Ziel­set­zung wür­de aber un­ter­lau­fen, wenn ih­re Tat­be­stands­vor­aus­set­zun­gen auf die Re­gel­be­stim­mun­gen (hier: § 323 I BGB) über­tra­gen wür­den. Nach dem oben (un­ter II 2 b aa) be­schrie­be­nen Wil­len des Ge­setz­ge­bers soll der Käu­fer im Fal­le des er­folg­lo­sen Ab­laufs ei­ner ein­mal ge­setz­ten (an­ge­mes­se­nen) Frist zur Nach­er­fül­lung zu den se­kun­dä­ren Ge­währ­leis­tungs­rech­ten über­ge­hen kön­nen. Da­bei hat er für den Fall des frucht­lo­sen Ver­strei­chens ei­ner Frist zur Nach­bes­se­rung kei­ne Aus­nah­me ge­schaf­fen. Viel­mehr sind bei­de Va­ri­an­ten der Nach­er­fül­lung (Nach­bes­se­rung, Nach­lie­fe­rung) von den Re­gel­tat­be­stän­den der § 323 I BGB, § 281 I 1 BGB er­fasst (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 138, 185).

[50]   Schon aus die­sen Grün­den ver­bie­tet sich die vom Be­ru­fungs­ge­richt vor­ge­nom­me­ne Aus­le­gung des § 323 I BGB, wo­nach der Käu­fer im Fal­le ei­ner Frist­set­zung zur Nach­bes­se­rung erst dann zur Er­klä­rung des Rück­tritts be­rech­tigt sei, wenn er dem Ver­käu­fer zu­vor zwei­mal ver­geb­lich Ge­le­gen­heit zur Nach­bes­se­rung ge­ge­ben ha­be. Denn dies wür­de das vom Ge­setz­ge­ber als Re­gel­fall aus­ge­stal­te­te Fris­ter­for­der­nis ob­so­let ma­chen. Wenn der Käu­fer dem Ver­käu­fer trotz Frist­set­zung re­gel­mä­ßig zwei­mal ei­ne Nach­bes­se­rungs­mög­lich­keit ein­räu­men müss­te, ist nicht zu er­ken­nen, war­um der Käu­fer über­haupt noch ei­ne Frist set­zen und nicht statt­des­sen ein Fehl­schla­gen der Nach­bes­se­rung i. S. von § 440 BGB gel­tend ma­chen soll­te. Zu­gleich wä­ren dem Käu­fer die Vor­tei­le ei­ner Frist­set­zung ab­ge­schnit­ten. Er könn­te sich – ent­ge­gen dem Wil­len des Ge­setz­ge­bers – nicht mehr dar­auf ver­las­sen, dass bei Ab­lauf ei­ner von ihm ge­setz­ten an­ge­mes­se­nen Frist zur Nach­bes­se­rung ein Über­gang zu den se­kun­dä­ren Ge­währ­leis­tungs­rech­ten mög­lich ist. Die Über­tra­gung der tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen ei­nes Fehl­schla­gens der Nach­bes­se­rung (§ 440 BGB) auf die Re­gel­tat­be­stän­de der § 323 I BGB, § 281 I 1 BGB wür­de da­mit zu ei­ner un­zu­läs­si­gen, vom Ge­setz­ge­ber nicht ge­woll­ten Schlech­ter­stel­lung des Käu­fers füh­ren.

[51]   dd) Da­von ab­ge­se­hen ver­kennt das Be­ru­fungs­ge­richt die Wer­tun­gen des § 440 Satz 1 Fall 2, Satz 2 BGB.

[52]   (1) Der Sinn und Zweck des § 440 BGB be­steht – an­ders als die Re­vi­si­on, Stim­men in der ober­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung und im Schrift­tum (OLG Saar­brü­cken, Urt. v. 09.09.2010 – 8 U 367/09, ju­ris Rn. 48; Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 79. Aufl., § 440 Rn. 2) fol­gend, meint – nicht dar­in, „die Ent­behr­lich­keit der Frist­set­zung über § 281 II BGB (für den Scha­dens­er­satz) und § 323 II BGB (für den Rück­tritt) hin­aus auf die Nach­er­fül­lung zu er­stre­cken.“ Denn der An­spruch auf Nach­er­fül­lung be­darf zu sei­ner Ver­wirk­li­chung kei­ner Frist­set­zung (BT-Drs. 14/6040, S. 230 a. E.). Viel­mehr dient § 440 BGB da­zu, die Tat­be­stän­de der Ent­behr­lich­keit der Frist­set­zung nach § 323 II BGB, § 281 II BGB, die auch die sich aus ei­ner Schlecht­leis­tung er­ge­ben­den An­sprü­che auf Nach­er­fül­lung i. S. des § 439 BGB er­fas­sen (vgl. die aus­drück­li­che Nen­nung der Nach­er­fül­lung in § 323 I BGB und § 281 I 1 BGB; vgl. auch BT-Drs. 14/6040, S. 138, 184), im Hin­blick auf die Vor­ga­ben der Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie um wei­te­re Aus­nah­me­fäl­le zu er­gän­zen (BT-Drs. 14/6040, S. 233 f.) und so dem Käu­fer, dem zu­nächst al­lein an ei­ner Nach­er­fül­lung ge­le­gen war und der we­der ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat noch sich mit Er­folg auf die Ent­behr­lich­keit ei­ner Frist­set­zung nach § 323 II, § 281 II BGB be­ru­fen kann, die Mög­lich­keit zu er­öff­nen, in den in § 440 BGB auf­ge­führ­ten Fäl­len auf den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag, auf die Min­de­rung des Kauf­prei­ses (§ 441 I 1 BGB: „statt zu­rück­zu­tre­ten“) oder auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung über­zu­ge­hen.

[53]   (2) Ei­nen Ver­zicht auf ei­ne Frist­set­zung hat der Ge­setz­ge­ber da­bei ins­be­son­de­re für den – prak­tisch be­deut­sa­men – Fall für an­ge­zeigt er­ach­tet, dass ei­ne Nach­bes­se­rung fehl­ge­schla­gen ist (§ 440 Satz 1 Fall 2, Satz 2 BGB; vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 233). In ei­ner sol­chen Fall­ge­stal­tung hat er dem Recht des Käu­fers zum „so­for­ti­gen Rück­tritt“, al­so oh­ne Set­zung ei­ner Frist zur wei­te­ren Nach­bes­se­rung, den Vor­zug vor dem In­ter­es­se des Ver­käu­fers ge­ge­ben, an dem Ver­trag fest­zu­hal­ten (BT-Drs. 14/6040, S. 233 rech­te Spal­te). Hier setzt die Be­stim­mung des § 440 Satz 2 BGB an, wo­nach ei­ne Nach­bes­se­rung nach dem er­folg­lo­sen zwei­ten Ver­such als fehl­ge­schla­gen gilt, wenn sich nicht ins­be­son­de­re aus der Art der Sa­che oder des Man­gels oder aus sons­ti­gen Um­stän­den et­was an­de­res er­gibt.

[54]   (a) Die­se Vor­schrift ist ge­schaf­fen wor­den, um im In­ter­es­se des Käu­fers ei­ne Richt­grö­ße für die „un­ge­bühr­li­che Ver­zö­ge­rung“ als ei­ne in der Pra­xis häu­fi­ger auf­tre­ten­de Form der fehl­ge­schla­ge­nen Nach­bes­se­rung ein­zu­füh­ren (BT-Drs. 14/6040, S. 234). Auch hier­bei ist nach dem Wil­len des Ge­setz­ge­bers ent­schei­dend, ob der auf­ge­tre­te­ne Man­gel in ei­nem für den Käu­fer an­ge­mes­se­nen Zeit­raum be­ho­ben wird. Die Zahl der vom Käu­fer „hin­zu­neh­men­den“ Nach­bes­se­rungs­ver­su­che ist da­ge­gen für sich ge­nom­men nicht maß­ge­bend, sie ist nur in­so­weit von Be­deu­tung, als die „Zahl der er­for­der­li­chen Ver­su­che auch die Be­mes­sung des an­ge­mes­se­nen Zeit­raums be­stimmt“ (BT-Drs. 14/6040, S. 234).

[55]   Nach den Vor­stel­lun­gen des Ge­setz­ge­bers ist von ei­nem Fehl­schla­gen der Nach­bes­se­rung aus­zu­ge­hen, wenn der Ver­käu­fer trotz Auf­for­de­rung durch den Käu­fer die Nach­er­fül­lung nicht in an­ge­mes­se­ner Frist vor­ge­nom­men hat, auch wenn ei­ne Frist­set­zung durch den Käu­fer im Ein­zel­fall mit der Auf­for­de­rung nicht ver­bun­den war (BT-Drs. 14/6040, S. 222 lin­ke Spal­te a. E.). Vor die­sem Hin­ter­grund hat er die "Richt­grö­ße" von zwei Nach­bes­se­rungs­ver­su­chen al­lein „zur prak­ti­schen Er­leich­te­rung“ auf­ge­nom­men (BT-Drs. 14/6040, S. 222 lin­ke Spal­te a. E.). Die da­mit vor­ran­gig die In­ter­es­sen des Käu­fers in den Blick neh­men­de Be­stim­mung des § 440 Satz 2 BGB wür­de in ihr Ge­gen­teil ver­kehrt, wenn sie für den Un­ter­fall der Nach­bes­se­rung zur Aus­le­gung des Be­griffs "er­folg­lo­ser Ab­lauf ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist zur Nach­er­fül­lung" (§ 323 I BGB, § § 281 I BGB) her­an­ge­zo­gen wür­de.

[56]   (b) Hier­durch wür­de – an­ders als das Be­ru­fungs­ge­richt meint – nicht ein Wer­tungs­wi­der­spruch be­ho­ben, son­dern erst­mals her­auf­be­schwo­ren. Denn nach der Sicht­wei­se des Be­ru­fungs­ge­richts wür­de ei­ne ein­ma­li­ge Frist­set­zung, die so be­schaf­fen sein muss, dass sie dem Ver­käu­fer aus­rei­chend Ge­le­gen­heit zur Nach­bes­se­rung gibt und ihm zu­gleich den Ernst der La­ge vor Au­gen führt, nicht mehr aus­rei­chen, son­dern es wür­de zu­sätz­lich ein Er­for­der­nis (zwei er­folg­lo­se Nach­bes­se­rungs­ver­su­che) ein­ge­führt, das aber in § 440 Satz 1 Fall 2, Satz 2 BGB nur des­we­gen auf­ge­nom­men wur­de, weil in den hier­von er­fass­ten Fäl­len ei­ne Frist­set­zung ge­ra­de nicht er­folgt ist.

[57]   Das Be­ru­fungs­ge­richt, das ei­nen hin­rei­chen­den Grund da­für ver­misst, dem Ver­käu­fer, der oh­ne Frist­set­zung ei­ne Nach­bes­se­rung vor­nimmt, in der Re­gel zwei Nach­bes­se­rungs­ver­su­che ein­zu­räu­men, dem­je­ni­gen aber, der auf ei­ne Frist­set­zung hin tä­tig wird, nur ei­ne Nach­bes­se­rungs­mög­lich­keit zu­zu­ge­ste­hen, ver­kennt, dass es in bei­den Fäl­len letzt­lich dar­um geht, dem Ver­käu­fer aus­rei­chend Zeit für ei­ne Nach­bes­se­rung zu ge­ben, ihm aber gleich­zei­tig deut­lich zu ma­chen, dass er nach Ab­lauf ei­ner an­ge­mes­se­nen Zeit­span­ne mit wei­te­ren An­sprü­chen des Käu­fers rech­nen muss. Die­se Funk­ti­on er­füllt im Re­gel­fall die Set­zung ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist und im Aus­nah­me­fall des § 440 Satz 1 Fall 2, Satz 2 BGB ein zwei­ma­li­ger Nach­bes­se­rungs­ver­such.

[58]   (3) Auch die wei­te­ren vom Be­ru­fungs­ge­richt an­ge­führ­ten Ge­sichts­punk­te füh­ren nicht zu ei­ner Ein­be­zie­hung der Wer­tung des § 440 Satz 2 BGB in die Aus­le­gung des Be­griffs „er­folg­lo­se Frist­set­zung“ im Rah­men des § 323 I BGB (oder des § 281 I 1 BGB).

[59]   (a) Es trifft zwar zu, dass die Fra­ge, ob ein Käu­fer den Ver­käu­fer nur zur Nach­bes­se­rung auf­ge­for­dert oder ihm hier­zu auch wirk­sam ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist ge­setzt hat, von der For­mu­lie­rung des Nach­bes­se­rungs­ver­lan­gens ab­hängt. Dies ist aber Wil­lens­er­klä­run­gen oder ge­schäfts­ähn­li­chen Er­klä­run­gen (wie et­wa der Mah­nung i. S. von § 286 BGB oder der Rü­ge nach § 556g II BGB) durch­weg ei­gen. Da der Er­klä­ren­de hier­durch ei­ne rechts­ge­schäft­li­che oder vom Ge­setz vor­ge­se­he­ne Rechts­fol­ge aus­lö­sen will, ist er ge­hal­ten, die Er­klä­rung so ab­zu­fas­sen, dass sie die An­for­de­run­gen an den er­for­der­li­chen Er­klä­rungs­tat­be­stand er­füllt.

[60]   (b) So­weit das Be­ru­fungs­ge­richt für die von ihm be­für­wor­te­te – je­doch ab­zu­leh­nen­de – Aus­le­gung des § 323 I BGB die In­ter­es­sen­la­ge des Ver­käu­fers ins Feld führt, der ei­nen ers­ten Nach­bes­se­rungs­ver­such un­ter­nom­men und da­für in der Re­gel Mit­tel auf­ge­wen­det ha­be, die nutz­los wür­den, ob­wohl mög­li­cher­wei­se nur noch ein ge­rin­ger Auf­wand er­for­der­lich sei, um die Nach­bes­se­rung zum Er­folg zu füh­ren, miss­ach­tet es er­neut den Wil­len des Ge­setz­ge­bers. Der Ge­setz­ge­ber hat bei der Er­stre­ckung des § 323 I BGB (und des § 281 I 1 BGB) auf die Fäl­le der Nach­er­fül­lung (Nach­bes­se­rung und Nach­lie­fe­rung) be­reits ei­ne grund­le­gen­de Ab­wä­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen vor­ge­nom­men. Nach sei­nen, den vor­ge­nann­ten Be­stim­mun­gen zu­grun­de lie­gen­den Vor­stel­lun­gen muss die zu set­zen­de an­ge­mes­se­ne Frist so lang sein, dass der Schuld­ner die Leis­tung tat­säch­lich auch er­brin­gen kann (BT-Drs. 14/6040, S. 138). Im Fal­le der Nach­er­fül­lung muss sie so be­mes­sen sein, dass der aus­ge­blie­be­ne „Leis­tungs­rest“ er­bracht wer­den kann (BT-Drs. 14/6040, S. 138). Mit dem Ab­lauf ei­ner sol­chen Frist muss der Schuld­ner nach den ge­setz­ge­be­ri­schen Er­wä­gun­gen da­mit rech­nen, dass die frucht­lo­se Auf­for­de­rung auch Fol­gen hat (BT-Drs. 14/6040, S. 184 und 185). Dies gilt auch für den Fall der Nach­bes­se­rung. Ein Recht zur „drit­ten An­die­nung“, wor­auf die Rechts­auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts hin­aus­läuft, soll das Ge­setz nicht ein­räu­men.

[61]   Vor die­sem Hin­ter­grund wird – wie die Re­vi­si­on zu Recht gel­tend macht – den vom Be­ru­fungs­ge­richt in den Blick ge­nom­me­nen In­ter­es­sen des Ver­käu­fers, der den Haupt­teil der Nach­bes­se­rungs­ar­bei­ten in­ner­halb der ge­setz­ten Frist er­bracht hat und nur noch ei­nen ge­ring­fü­gi­gen Auf­wand zur Be­he­bung des Man­gels zu er­brin­gen hät­te, aus­rei­chend durch die Be­stim­mun­gen der § 323 V BGB und § 281 I 3 BGB Rech­nung ge­tra­gen, wo­nach ein Rück­tritt oder ein Scha­dens­er­satz­an­spruch statt der Leis­tung bei ei­ner un­er­heb­li­chen Pflicht­ver­let­zung, al­so bei Vor­lie­gen ei­nes ge­ring­fü­gi­gen Man­gels, aus­ge­schlos­sen ist. Ob die­se Vor­aus­set­zun­gen vor­lie­gen, hängt von ei­ner um­fas­sen­den In­ter­es­sen­ab­wä­gung im Ein­zel­fall ab (Se­nat, Urt. v. 11.12.2019 – VI­II ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 46 m. w. Nachw.), wo­bei der Se­nat ei­ne – nicht starr zu hand­ha­ben­de – Richt­grö­ße ent­wi­ckelt hat. Ei­ne un­er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung ist da­nach bei be­heb­ba­ren Män­geln in der Re­gel ge­ge­ben, wenn bei Aus­übung des Rück­tritts (oder der Gel­tend­ma­chung des Scha­dens­er­satz­ver­lan­gens) die Kos­ten der Man­gel­be­sei­ti­gung im Ver­hält­nis zum Kauf­preis ge­ring­fü­gig sind, wo­von je­den­falls re­gel­mä­ßig nicht mehr aus­zu­ge­hen ist, wenn der Man­gel­be­sei­ti­gungs­auf­wand ei­nen Be­trag von fünf Pro­zent des Kauf­prei­ses über­steigt (st. Rspr.; vgl. et­wa Se­nat, Urt. v. 28.05.2014 – VI­II ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 17 und 30; Urt. v. 11.12.2019 – VI­II ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 47).

[62]   c) Das Be­ru­fungs­ur­teil stellt sich auch nicht aus an­de­ren Grün­den als rich­tig dar (§ 561 ZPO). Ein von der Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung an­ge­führ­ter kon­klu­den­ter Ver­zicht (§ 397 BGB) auf das Recht zum Rück­tritt ist nicht an­zu­neh­men. An das Vor­lie­gen ei­nes Ver­zichts sind näm­lich stren­ge An­for­de­run­gen zu stel­len; er ist nur bei da­hin ge­hen­den un­zwei­deu­ti­gem Ver­hal­ten oder bei sonst ein­deu­ti­gen An­halts­punk­ten an­zu­neh­men (Se­nat, Beschl. v. 14.11.2017 – VI­II ZR 101/17, NJW 2018, 1171 Rn. 17 m. w. Nachw.). Sol­che An­halts­punk­te sind we­der fest­ge­stellt noch von der Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung auf­ge­zeigt wor­den. Auf­grund der bis­lang vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen kann auch nicht an­ge­nom­men wer­den, der Klä­ger kön­ne sich ge­mäß § 242 BGB auf den er­klär­ten Rück­tritt nicht be­ru­fen.

[63]   Al­ler­dings sind die Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts, der Klä­ger ha­be sein Recht auf Rück­tritt nicht ver­wirkt, un­voll­stän­dig, weil es nicht die von ei­ner Ver­wir­kung zu un­ter­schei­den­de Fall­ge­stal­tung ei­nes rechts­miss­bräuch­li­chen wi­der­sprüch­li­chen Ver­hal­tens ge­son­dert in den Blick ge­nom­men hat. Auf der Ba­sis der bis­lang ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen lässt sich nicht hin­rei­chend be­ur­tei­len, ob dem Klä­ger ei­ne Be­ru­fung auf den er­klär­ten Rück­tritt we­gen wi­der­sprüch­li­chen Ver­hal­tens ver­wehrt ist.

[64]   aa) Das Be­ru­fungs­ge­richt hat an­ge­nom­men, der Klä­ger ha­be sei­nen Rück­tritt nicht da­durch ver­wirkt, dass er sich zu­nächst da­für ent­schie­den ha­be, der H-GmbH Ge­le­gen­heit zu ei­ner wei­te­ren Nach­bes­se­rung zu ge­ben, den hier­zu ver­ein­bar­ten Ter­min dann aber spä­ter ab­ge­sagt und statt­des­sen den Rück­tritt er­klärt ha­be. Zur Be­grün­dung hat es aus­ge­führt, es stel­le be­reits kein wi­der­sprüch­li­ches Ver­hal­ten dar, wenn der Käu­fer, nach­dem er mög­li­cher­wei­se auf­grund an­walt­li­cher Be­ra­tung er­kannt zu ha­ben glau­be, be­reits ein Rück­tritts­recht zu ha­ben, von der bis­her ge­trof­fe­nen Ent­schei­dung ab­wei­che. Für ei­ne Ver­wir­kung feh­le es je­den­falls an ei­nem Um­stands­mo­ment. Die Be­klag­te ha­be nicht vor­ge­tra­gen, dass sie bzw. die H-GmbH im Ver­trau­en auf das zwei­te Nach­bes­se­rungs­ver­lan­gen Dis­po­si­tio­nen ge­trof­fen hät­ten, die sie nicht oder nur un­ter er­heb­li­chem Auf­wand rück­gän­gig ma­chen könn­ten.

[65]   bb) Die­se Er­wä­gun­gen las­sen be­sor­gen, dass das Be­ru­fungs­ge­richt die Rechts­fi­gu­ren der Ver­wir­kung und des wi­der­sprüch­li­chen Ver­hal­tens (ve­ni­re con­tra fac­tum pro­pri­um) mit­ein­an­der ver­mengt und da­mit nicht zu al­len re­le­van­ten Um­stän­den Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen hat.

[66]   (1) Zwar stellt auch die vom Be­ru­fungs­ge­richt er­ör­ter­te Ver­wir­kung ei­nen Son­der­fall der un­zu­läs­si­gen Rechts­aus­übung we­gen wi­der­sprüch­li­chen Ver­hal­tens dar (Pa­landt/Grü­ne­berg, a. a. O., § 242 Rn. 87). Der Ver­stoß ge­gen Treu und Glau­ben liegt hier­bei aber – wie die Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung zu Recht gel­tend macht – in ei­ner im Streit­fall nicht re­le­van­ten il­loya­len Ver­spä­tung der Rechts­aus­übung (vgl. BGH, Urt. v. 09.10.2013 – XII ZR 59/12, NJW-RR 2014, 195 Rn. 10; Pa­landt/Grü­ne­berg, a. a. O., § 242 Rn. 87). Un­ter rechts­miss­bräuch­li­chem wi­der­sprüch­li­chem Ver­hal­ten au­ßer­halb der Ver­wir­kung wird da­ge­gen ein Ver­hal­ten ver­stan­den, bei dem sich ei­ne Par­tei zu ih­rem frü­he­ren Ver­hal­ten in­halt­lich in Wi­der­spruch setzt und dies rechts­miss­bräuch­lich ist, weil ent­we­der für den an­de­ren Teil ein Ver­trau­en­stat­be­stand ge­schaf­fen wor­den ist oder weil an­de­re be­son­de­re Um­stän­de die Rechts­aus­übung als treu­wid­rig er­schei­nen las­sen (st. Rspr.; vgl. et­wa Se­nat, Urt. v. 04.02.2015 – VI­II ZR 154/14, BGHZ 204, 145 Rn. 24 ff. m. w. Nachw.).

[67]   (2) In Fall­ge­stal­tun­gen wie der vor­lie­gen­den kann un­ter be­stimm­ten Um­stän­den dem Käu­fer die Be­ru­fung auf ei­nen Rück­tritt nach § 242 BGB we­gen miss­bräuch­li­chen wi­der­sprüch­li­chen Ver­hal­tens ver­wehrt sein. Ob ein sol­cher Fall vor­liegt, hängt aber von den kon­kre­ten Um­stän­den des Ein­zel­falls ab (Se­nat, Urt. v. 04.02.2015 – VI­II ZR 154/14, BGHZ 204, 145 Rn. 25 m. w. Nachw.). Das Be­ru­fungs­ge­richt hat in­so­weit nicht zu al­len maß­geb­li­chen Um­stän­den Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen.

[68]   Es hat le­dig­lich auf die Mög­lich­keit ei­ner Wil­lens­än­de­rung im Hin­blick auf ei­ne spä­te­re an­walt­li­che Be­ra­tung ab­ge­stellt, nicht aber Fest­stel­lun­gen da­zu ge­trof­fen, ob und wel­che Ab­spra­chen der Klä­ger mit der H-GmbH bei der Ver­ein­ba­rung ei­nes zwei­ten Nach­bes­se­rungs­ter­mins ge­trof­fen (un­ver­bind­li­che Ter­min­ab­spra­che oder – so die Auf­fas­sung der Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung – ver­bind­li­che Ein­räu­mung ei­ner zwei­ten Nach­bes­se­rungs­mög­lich­keit) und aus wel­chen Grün­den er sei­ne Ent­schei­dung, die­ser Ge­le­gen­heit zu ei­ner er­neu­ten Nach­bes­se­rung zu ge­ben, zu ei­nem spä­te­ren Zeit­punkt re­vi­diert hat. Wei­ter hat es zwar fest­ge­stellt, dass die H-GmbH im Ver­trau­en auf das zwei­te Nach­bes­se­rungs­ver­lan­gen kei­ne Dis­po­si­tio­nen ge­trof­fen hat; es feh­len aber Fest­stel­lun­gen da­zu, ob die Ab­kehr von die­sem Ver­lan­gen aus sons­ti­gen Grün­den treu­wid­rig war.

[69]   Ei­ne Treu­wid­rig­keit kann al­ler­dings – an­ders als die Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung meint – nicht schon des­we­gen an­ge­nom­men wer­den, weil bei auf­wen­di­gen La­ckie­rungs­ar­bei­ten un­ter Um­stän­den meh­re­re Ver­su­che er­for­der­lich sei­en, um ein op­ti­ma­les Er­geb­nis zu er­zie­len und die „Ge­samt­maß­nah­me Lack­aus­bes­se­rungs­ar­bei­ten“ recht­lich „als ein­heit­li­che Nach­bes­se­rung“ zu be­trach­ten wä­re, so­dass das Ver­sa­gen ei­nes zwei­ten Nach­bes­se­rungs­schritts als Ver­ei­te­lung der Nach­bes­se­rung zu be­wer­ten wä­re.

[70]   III. Nach al­le­dem kann das Ur­teil des Be­ru­fungs­ge­richts kei­nen Be­stand ha­ben; es ist da­her auf­zu­he­ben (§ 562 I ZPO). Die Sa­che ist nicht zur End­ent­schei­dung reif, da das Be­ru­fungs­ge­richt bis­lang we­der Fest­stel­lun­gen da­zu ge­trof­fen hat, ob die mit Schrei­ben vom 14.05.2018 ge­rüg­ten La­ckie­rungs­män­gel an der A-Säu­le und am Heck­de­ckel voll­stän­dig und ord­nungs­ge­mäß be­ho­ben wor­den sind, noch da­zu, ob La­ckie­rungs­män­gel an ei­nem an­de­ren Ort, näm­lich an der C-Säu­le, hin­zu­ge­kom­men sind und in­so­weit ei­ne Frist­set­zung er­folgt (vgl. hier­zu Pa­landt/Grü­ne­berg, a. a. O., § 323 Rn. 16) oder ent­behr­lich ist. Wei­ter feh­len Fest­stel­lun­gen da­zu, ob et­wa vor­han­de­ne Män­gel als un­er­heb­lich i. S. des § 323 V 2 BGB ein­zu­stu­fen sind und ob dem Klä­ger ei­ne Be­ru­fung auf den er­klär­ten Rück­tritt we­gen wi­der­sprüch­li­chen Ver­hal­tens ge­mäß § 242 BGB ver­wehrt ist. Die Sa­che ist da­her zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen (§ 563 I 1 ZPO).

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