- Zwischen den Beteiligten des selbstständigen Beweisverfahrens wirkt die in diesem Rahmen vorgezogene Beweisaufnahme wie eine unmittelbar im anschließenden Hauptsacheverfahren selbst durchgeführte Beweiserhebung; die Beweiserhebung des selbstständigen Beweisverfahrens wird deshalb im Hauptsacheprozess verwertet, als sei sie vor dem Prozessgericht selbst erfolgt. Dementsprechend hat eine Beweisaufnahme im selbstständigen Beweisverfahren mit dem Zuständigkeitsübergang an das Prozessgericht einerseits zur Folge, dass ein neues Gutachten in einem sich anschließenden Rechtsstreit nur unter den engen Voraussetzungen des § 412 ZPO eingeholt werden kann. Andererseits fallen aber auch die unerledigt gebliebenen Beweisanträge unmittelbar im Verfahren vor dem Prozessgericht an und sind von diesem im vorgefundenen Stand zu erledigen.
- Zu den Voraussetzungen eines Verzichts auf die Weiterverfolgung zuvor gestellter prozessualer Anträge.
- Die Verwertung eines in einem anderen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachtens gemäß § 411a I ZPO setzt eine Verwertungsanordnung des Gerichts voraus, zu deren Erlass oder Ausführung den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden muss.
BGH, Beschluss vom 14.11.2017 – VIII ZR 101/17
Sachverhalt: Der Beklagte zu 1 ist Mieter einer in S. gelegenen Wohnung der Klägerin. Er bewohnt die Wohnung, für die er eine monatliche Kaltmiete von 489 € zahlt, zusammen mit seinem Sohn, dem Beklagten zu 2. Wegen angeblicher Mietrückstände in Höhe von seinerzeit 2.587,20 €, die auf Mietminderungen des Beklagten zu 1 wegen eines vermeintlich defekten Schlafzimmerfensters sowie wegen Schimmelpilzbildung und Feuchtigkeit in der Wohnung beruhen, kündigte die Klägerin das Mietverhältnis im Dezember 2014 fristlos, hilfsweise ordentlich.
In einem wegen dieser Mängel vom Beklagten zu 1 zuvor eingeleiteten selbstständigen Beweisverfahren kam der mit der Begutachtung beauftragte Sachverständige zu dem Ergebnis, dass keine (bauseitigen) Mängel vorlägen. Die in diesem Verfahren vom Beklagten zu 1 beantragte Anhörung des Sachverständigen wurde vom Gericht dahin beschieden, dass aufgrund der zwischenzeitlichen Anhängigkeit des den vorliegenden Rechtsstreit bildenden Hauptsacheverfahrens das selbstständige Beweisverfahren beendet sei und die (weitere) Befragung des Sachverständigen in diesem Rechtsstreit, zu dem gleichzeitig die Akten abgegeben wurden, erfolgen werde.
Die Beklagten, die sich gegen die im Hauptsacheverfahren in erster Linie auf Räumung und Herausgabe der Wohnung durch beide sowie auf Zahlung rückständiger Miete gerichtete Klage durch den Beklagten zu 1 vor allem mit den von ihnen geltend gemachten Mängeln der Wohnung verteidigt und die Beiziehung der Akten des selbstständigen Beweisverfahrens beantragt haben, haben die Ergebnisse des Sachverständigengutachtens unter anderem mit Blick auf ein von ihnen eingeholtes Privatgutachten als unzutreffend angegriffen. In diesem Zusammenhang hat der Beklagte zu 1 bereits in seiner Klageerwiderung, auf die sich der später im Wege der Klageerweiterung mitverklagte Beklagte zu 2 bezogen hat, ausgeführt:
„Diesbezüglich wurde der SV durch den Direktor des AG gebeten sich zu erklären, ob eine schriftliche Beantwortung oder mündliche Erläuterung aus seiner Sicht zweckdienlich sei, wozu allerdings bisher keine Antwort eingegangen sei. Ferner wurde durch den Direktor angeregt, diese Fragen im Rahmen des hier laufenden Verfahrens zu klären.
Vorsorglich beantragen wir an dieser Stelle auch im Hinblick auf die Einwendungen gegen das Gutachten, ein Obergutachten einzuholen …“
In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht, die unter Bezugnahme auf die beigezogenen Akten des selbstständigen Beweisverfahrens geführt worden ist, haben die Beklagten unter anderem mit ausdrücklichem Hinweis auf den bereits in jenem Verfahren gestellten Antrag des Beklagten zu 1 auf Anhörung des dort bestellten Sachverständigen verhandelt.
Das Amtsgericht hat den Klageanträgen im Wesentlichen entsprochen, wobei es dem Ergebnis des eingeholten Sachverständigengutachtens, das einen (bauseitigen) Mangel verneint hat, gefolgt ist. Zu einer Anhörung des Sachverständigen hat es keinen Anlass gesehen, weil der dahin gehende, erstmals wieder in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag der Beklagten nicht mehr unverzüglich i. S. von § 411 ZPO erfolgt und deshalb gemäß § 296 ZPO wegen Verspätung zurückzuweisen gewesen sei.
Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten, mit der diese unter anderem die unterbliebene Anhörung des gerichtlich bestellten Sachverständigen gerügt haben, hat das Landgericht im Verfahren nach § 522 II ZPO zurückgewiesen. Dabei hat es die auf § 296 ZPO gestützte Zurückweisung der nach seiner Sicht von den Beklagten erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht beantragten Anhörung des Sachverständigen gebilligt und die Beweisaufnahme zu den geltend gemachten Mängeln mit dem Amtsgericht für abgeschlossen erachtet. Denn in erster Instanz hätten die Beklagten bis dahin wegen ihrer bereits im selbstständigen Beweisverfahren gegen das dort erstattete Gutachten erhobenen Einwendungen keine Anhörung des Sachverständigen mehr, sondern nur ein Obergutachten beantragt. Da der zunächst im selbstständigen Beweisverfahren gestellte Anhörungsantrag von den Beklagten nicht weiterverfolgt worden sei, habe das erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht gestellte Anhörungsbegehren einen neuen Antrag dargestellt, der wegen Verspätung hätte zurückgewiesen werden müssen.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wurde der Beschluss des Landgerichts teilweise aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an eine andere Kammer des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Aus den Gründen: [8] II. … Die angefochtene Entscheidung verletzt in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 I GG).
[9] 1. Mit Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde geltend, dass das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt hat, weil es entgegen ihren Anträgen den im selbstständigen Beweisverfahren tätig gewordenen Sachverständigen, dessen Gutachtensergebnisse es seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, genauso wie zuvor schon das Amtsgericht in einer mit dem Verfahrensrecht unvereinbaren Weise nicht zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens mündlich angehört hat.
[10] a) Die von einer Partei beantragte Ladung eines Sachverständigen ist grundsätzlich auch dann erforderlich, wenn das Gericht – wie hier – das schriftliche Gutachten für überzeugend hält und keinen weiteren Erläuterungsbedarf sieht. Zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs hat die Partei nach §§ 397, 402 ZPO einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält, zur mündlichen Beantwortung vorlegen kann. Dieses Antragsrecht besteht unabhängig von der nach § 411 III ZPO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts stehenden Möglichkeit, von Amts wegen das Erscheinen eines Sachverständigen zum Termin anzuordnen. Beschränkungen des Antragsrechts können sich allenfalls aus dem – hier nicht vorliegenden – Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs oder der – hier von den Vorinstanzen angenommenen – Prozessverschleppung ergeben (BVerfG [2. Kammer des Ersten Senats], Beschl. v. 17.01.2012 – 1 BvR 2728/10, NJW 2012, 1346 Rn. 14; BGH, Beschl. v. 23.11.2011 – IV ZR 49/11, FamRZ 2012, 297 Rn. 12; Beschl. v. 07.12.2010 – VIII ZR 96/10, NJW-RR 2011, 704 Rn. 9; jeweils m. w. Nachw.). Die dargestellten Maßstäbe gelten in gleicher Weise, wenn der Sachverständige das Gutachten in einem vorausgegangenen selbstständigen Beweisverfahren erstattet hat (BGH, Beschl. v. 22.05.2007 – VI ZR 233/06, NJW-RR 2007, 1294 Rn. 3).
[11] b) Eine wegen verspäteter Geltendmachung des Anhörungsverlangens zur Anwendung der Präklusionsvorschriften – hier §§ 531 I, 296 ZPO – führende Prozessverschleppung hat das Berufungsgericht danach in gehörsverletzender Weise bejaht.
[12] aa) Das Berufungsgericht ist schon im Ansatz rechtsirrig davon ausgegangen, dass die Beklagten ihren Antrag auf mündliche Erläuterung des Gutachtens erst im Termin zur Verhandlung vor dem Amtsgericht vorgebracht hätten.
[13] (1) Hinsichtlich des Beklagten zu 1 hat das Berufungsgericht § 493 I ZPO außer Betracht gelassen, wonach in Fällen, in denen sich eine Partei im Prozess auf Tatsachen beruft, über die selbstständig Beweis erhoben worden ist, die selbstständige Beweiserhebung einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleichsteht, soweit die jeweiligen Verfahrensbeteiligten identisch sind (BGH, Beschl. v. 22.05.2007 – VI ZR 233/06, NJW-RR 2007, 1294 Rn. 2). Die vorgezogene Beweisaufnahme wirkt also zwischen den Beteiligten des selbstständigen Beweisverfahrens wie eine unmittelbar im Hauptsacheverfahren selbst durchgeführte Beweiserhebung; die Beweiserhebung des selbständigen Beweisverfahrens wird deshalb im Hauptsacheprozess verwertet, als sei sie vor dem Prozessgericht selbst erfolgt (Ahrens, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 493 Rn. 3, 14; Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 493 Rn. 1; vgl. auch BGH, Urt. v. 29.05.1970 – V ZR 24/68, NJW 1970, 1919 [unter 1]; Urt. v. 18.09.2007 – XI ZR 211/06, BGHZ 173, 366 Rn. 27).
[14] Dementsprechend hat eine Beweisaufnahme im selbstständigen Beweisverfahren mit dem – im Streitfall durch Abgabe der Akten erfolgten – Zuständigkeitsübergang an das Prozessgericht (dazu BGH, Urt. v. 28.10.2010 – VII ZR 172/09, WM 2011, 419 Rn. 11 ff.; Beschl. v. 22.07.2004 – VII ZB 3/03, NZBau 2004, 550 unter [II 2 d]) einerseits zur Folge, dass ein neues Gutachten in einem sich anschließenden Rechtsstreit nur unter den engen Voraussetzungen des § 412 ZPO eingeholt werden kann (BGH, Beschl. v. 13.09.2005 – VI ZB 84/04, BGHZ 164, 94 [97] m. w. Nachw.). Andererseits fallen aber auch die unerledigt gebliebenen Beweisanträge unmittelbar im Verfahren vor dem Prozessgericht an und sind von diesem zu erledigen. Das Prozessgericht muss also, wenn es die Akten des in der Sache noch nicht abgeschlossenen selbstständigen Beweisverfahrens beizieht, die Beweisaufnahme im vorgefundenen Stand selbst fortsetzen (vgl. Huber, in: Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl., § 492 Rn. 3 a. E.; § 493 Rn. 2a).
[15] Der Antrag des Beklagten zu 1 auf Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Anhörung war deshalb auch im Verfahren vor dem Amtsgericht gestellt, ohne dass es seiner ausdrücklichen Wiederholung bedurft hätte. Das gilt im Streitfall umso mehr, als der Beklagte zu 1 in seiner Klageerwiderung sogar ausdrücklich auf seinen im selbstständigen Beweisverfahren gestellten Erläuterungsantrag sowie darauf hingewiesen hatte, dass der zuständige Abteilungsrichter bei Abgabe dieses Verfahrens an das Prozessgericht angeregt hatte, die mit dem Erläuterungsantrag verbundenen Fragen dort zu klären.
[16] (2) Zu Unrecht will das Berufungsgericht das Prozessverhalten des Beklagten zu 1 dahin verstanden wissen, dass der von ihm im selbstständigen Beweisverfahren gestellte Anhörungsantrag angesichts des beantragten Obergutachtens nicht mehr weiterverfolgt, im Ergebnis also fallen gelassen worden sei.
[17] Ein ausdrücklicher Verzicht ist nicht erklärt. Aber auch ein konkludenter Verzicht kann nicht ernstlich in Betracht gezogen werden. Insoweit hat das Berufungsgericht nämlich verkannt, dass ein Verzicht auf Rechte im Allgemeinen nicht zu vermuten ist, sodass deren Aufgabe nur unter strengen Voraussetzungen, nämlich bei einem dahin gehenden unzweideutigen Verhalten oder sonst eindeutigen Anhaltspunkten, angenommen werden kann (BGH, Urt. v. 07.03.2002 – IX ZR 293/00, WM 2002, 999 [unter III 2 a]; Urt. v. 18.11.2015 – VIII ZR 266/14, BGHZ 208, 18 Rn. 19; jeweils m. w. Nachw.). Das gilt in gleicher Weise für prozessuales Vorbringen, bei dem hinzukommt, dass etwaige Zweifel über seinen Fortbestand eine Aufklärung nach § 139 I ZPO gebieten (BGH, Urt. v. 28.05.1998 – VII ZR 160/97, NJW 1998, 2977 [unter II 1] m. w. Nachw.; vgl. ferner BGH, Urt. v. 03.06.1997 – VI ZR 133/96, WM 1997, 2064 [unter II 2 c]).
[18] Solche eindeutigen Anhaltspunkte für einen Verzicht hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Sie sind auch nicht erkennbar. Insbesondere ergeben sich solche Anhaltspunkte bei der auf der Hand liegenden Würdigung der Interessenlage des Beklagten zu 1 nicht daraus, dass er „vorsorglich … auch im Hinblick auf die Einwendungen gegen das Gutachten [beantragt hat], ein Obergutachten einzuholen“. Denn dass er bei Ablehnung einer neuen Begutachtung nach § 412 I ZPO seine im selbstständigen Beweisverfahren unter Bezugnahme auf ein eingeholtes Privatgutachten substanziiert vorgetragenen Einwendungen gegen das eingeholte schriftliche Gutachten aufgeben und damit seine Rechtsverteidigung praktisch einstellen wollte, kann nicht ernstlich angenommen werden. Zumindest wäre das Amtsgericht bei dieser Sachlage schlechthin nicht umhin gekommen, die sich sonst geradezu aufdrängende Klärungsbedürftigkeit des genannten Punktes gemäß § 139 I ZPO durch Nachfrage zu klären, sodass in der greifbar unzulänglichen Verfahrensleitung durch das erstinstanzliche Gericht, die das Berufungsgericht ungeachtet der dagegen erhobenen Berufungsrüge der Beklagten aufrechterhalten hat, zugleich eine eigenständige Gehörsverletzung des Berufungsgerichts i. S. von Art. 103 I GG läge (vgl. BGH, Beschl. v. 17.11.2005 – V ZR 68/05, juris Rn. 15 f.).
[19] (3) Nichts anderes kann hinsichtlich des erst im Wege der Klageerweitung in den Rechtsstreit einbezogenen Beklagten zu 2 gelten, für den vorbehaltlich einer vom Gericht noch zu treffenden und auch erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht durch die dort vorgenommene Thematisierung konkludent getroffenen Verwertungsanordnung (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 27.04.2016 – XII ZB 611/15, NJW-RR 2016, 833 Rn. 15 m. w. Nachw.) eine Verwertung des im selbstständigen Beweisverfahren eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachtens gemäß § 411a I ZPO im Raum gestanden hat. Denn abgesehen davon, dass er zumindest keine zwingende Veranlassung haben musste, vor Erlass oder Ankündigung einer solchen Anordnung zu dem eingeholten Gutachten Stellung zu nehmen und Anträge zu stellen, und damit seinen Erläuterungsantrag erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht zu stellen brauchte, besteht auch kein Anhalt, dass der Beklagte zu 2 sich insoweit den Anträgen des Beklagten zu 1 zu seiner Rechtsverteidigung nicht anschließen wollte. Die Übereinstimmung liegt angesichts des mit seinem Eintritt unübersehbar auf den Prozessvortrag des Beklagten zu 1 bezogenen Verteidigungsvorbringens vielmehr auf der Hand, sodass das Amtsgericht zugleich davon ausgehen musste, dass der Beklagte zu 2 sich dem Erläuterungsantrag des Beklagten zu 1 von vornherein angeschlossen hat, zumindest aber im Falle einer Anordnung nach § 411a I ZPO sofort anschließen würde.
[20] Soweit die Beschwerdeerwiderung meint, der Beklagte zu 2 habe die Gehörsverletzung nicht gerügt, missdeutet sie den Sinn seiner Ausführungen auf Seite 7 der Beschwerdebegründung.
[21] bb) Weiterhin hat das Berufungsgericht verkannt, dass auch sonst die für eine Nichtberücksichtigung des Erläuterungsantrags nach § 531 I ZPO erforderlichen Voraussetzungen des § 296 I, II ZPO, auf die das Amtsgericht seine Zurückweisung stützen wollte, weder festgestellt noch sonst ersichtlich sind, sodass das Berufungsgericht auch insoweit durch die fehlerhafte An-wendung dieser Präklusionsvorschriften den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs eigenständig verletzt hat (vgl. nur Senat, Beschl. v. 20.09.2016 – VIII ZR 247/15, NJW 2017, 491 Rn. 14 m. w. Nachw.).
[22] (1) Da das Amtsgericht den Beklagten keine Erklärungsfrist nach § 411 IV 2 ZPO gesetzt hat, kam eine Zurückweisung des Erläuterungsantrags gemäß § 296 I ZPO von vornherein nicht in Betracht.
[23] (2) Abgesehen davon, dass die Beklagten ihr Erläuterungsverlangen rechtzeitig gestellt haben (dazu vorstehend unter II 1 b aa (1), (3)), hätte eine etwaige Verspätung auch nicht durch Zurückweisung nach § 296 II ZPO sanktioniert werden können. Denn eine Antragstellung erst in der mündlichen Verhandlung könnte allein schon wegen einer in diesem Fall als zumindest mitursächlich anzusehenden Verletzung von Hinweispflichten des Amtsgerichts nach § 139 I ZPO (dazu vorstehend unter II 1 b aa (2)) nicht als auf grober Nachlässigkeit beruhend angesehen werden (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.1990 – I ZR 164/88, NJW 1991, 493 [unter III 2]; Beschl. v. 08.12.2005 – VII ZR 67/05, NJW-RR 2006, 524 Rn. 8).
[24] cc) Ohne Erfolg macht die Beschwerdeerwiderung schließlich unter Bezugnahme auf einen Beschluss des BGH vom 17.03.2016 (IX ZR 211/14, WM 2016, 2146) geltend, die Beklagten seien gehindert, die genannte Gehörsverletzung noch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde zu rügen, weil sie es unterlassen hätten, zu der vom Berufungsgericht bereits in seinem Hinweisbeschluss vertretenen Rechtsauffassung noch einmal vor Erlass der Zurückweisungsentscheidung Stellung zu nehmen. Denn im Streitfall geht es – anders als in dem von der Beschwerdeerwiderung herangezogenen Beschluss – nicht darum, dass das Berufungsgericht in seinem Hinweisbeschluss ein bestimmtes Vorbringen des Berufungsführers übergangen hat. Es geht vielmehr darum, dass das Berufungsgericht darin den in der Berufungsschrift vorgetragenen Rügen hinsichtlich der beantragten Gutachtenserläuterung nicht gefolgt ist und die unzutreffende Anwendung der genannten Präklusionsbestimmungen durch das Amtsgericht als rechtsfehlerfrei gebilligt hat. Insoweit brauchte die Nichtzulassungsbeschwerde ihre vom Berufungsgericht behandelte Rüge nicht noch einmal eigens zu wiederholen, um dem Subsidiaritätsgrundsatz gerecht zu werden.
[25] 2. Der in der Zurückweisung der Anträge auf Gutachtenserläuterung liegende Gehörsverstoß ist sowohl hinsichtlich des Räumungs- und Herausgabebegehrens als auch hinsichtlich der Mietforderung entscheidungserheblich. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht aufgrund der Einwendungen der Beklagten gegen das eingeholte Sachverständigengutachten zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass ins Gewicht fallende Mängel der Mietwohnung vorgelegen haben und die darauf gestützte Mietminderung eine Größenordnung erreicht, welche eine restliche Mietzahlungspflicht des Beklagten zu 1 ganz oder jedenfalls in einem Umfang entfallen lässt, der abgesehen von einem Fortfall oder einer Reduzierung der bezifferten Klageforderung eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs nicht mehr rechtfertigen würde.
[26] III. Der die Berufung zurückweisende Beschluss des Landgerichts kann daher keinen Bestand haben; er ist aufzuheben. Zugleich ist der Rechtsstreit gemäß § 544 VII ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 I 2 ZPO Gebrauch macht. …