Gewährt der Verkäufer eines Gebrauchtwagens dem Käufer eine Haltbarkeitsgarantie i. S. von § 443 II BGB, ohne klarzustellen, welche Rechte dem Käufer im Garantiefall zustehen sollen, kann der Käufer im Garantiefall – entsprechend § 437 Nr. 1, § 439 I Fall 1 BGB – zunächst nur Nachbesserung verlangen. Der Verkäufer ist hingegen nicht verpflichtet, dem Käufer unmittelbar die Kosten zu erstatten, die der Käufer für die Reparatur des Fahrzeugs an einen Dritten gezahlt hat. Ein solcher Anspruch besteht vielmehr nur, wenn die Parteien des Garantievertrags Entsprechendes vereinbart haben.

LG Bonn, Urteil vom 08.06.2018 – 1 O 288/17

Sachverhalt: Am 01.12.2016 kaufte der Kläger als Unternehmer von der Beklagten einen am 09.07.2013 erstzugelassenen Gebrauchtwagen des Herstellers H zum Preis von 10.500 €. Den Kaufpreis finanzierte der Kläger, indem er mit D einen Darlehensvertrag schloss.

Im schriftlichen Kaufvertrag heißt es vorgedruckt:

„Hiermit bestellt der Käufer in Ausübung seiner gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit folgendes gebrauchte Kraftfahrzeug unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung für Sach- und Rechtsmängel, sofern nicht der Verkäufer […] eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache […] übernommen hat.“

In der Rubrik „Besondere Vereinbarungen“ findet sich der Zusatz: „Gutachten wurde besprochen und folgende Vereinbarung festgehalten: 12 Monate Garantie; Zulassung durch [die Beklagte]“.

Das Fahrzeug wurde dem Kläger am 05.12.2016 übergeben.

Am 01.02.2017 erhielt der Kläger von der Beklagten Unterlagen zu einer von der G-Garantie AG gewährten Garantie, in denen ein Garantiehöchstbetrag von 1.500 € genannt wird und die der Kläger unterzeichnete.

Anfang Februar 2017 sprang das Fahrzeug des Klägers nach einem Tankvorgang nicht mehr an. Der Kläger versuchte erfolglos, die Beklagte zu erreichen, und ließ sein Fahrzeug schließlich zu der neben der Tankstelle ansässigen Autohaus A-GmbH & Co. KG verbringen. Dort wurde ein Motorschaden diagnostiziert. Nachdem der Kläger die Beklagte darüber informiert hatte, leitete die Beklagte die Abholung des Fahrzeugs in die Wege, um den Schadensumfang zu ermitteln und eine Reparaturfreigabe der G-Garantie AG herbeizuführen. Als die mit der Abholung des Fahrzeugs beauftragten Mitarbeiter Q und B mit einem Anhänger beim Autohaus A eintrafen, stellten sie fest, dass der Motor des Fahrzeugs schon auseinandergenommen worden war. Der weitere Verlauf des Versuchs, das Fahrzeug des Klägers beim Autohaus A abzuholen, ist zwischen den Parteien streitig.

In der Folgezeit wurde das Fahrzeug des Klägers im Autohaus A repariert. Die Reparaturkosten in Höhe von 6.110,65 € brutto (= 5.135 € netto) wurden dem Kläger unter dem 05.05.2017 in Rechnung gestellt und von dem Kläger gezahlt.

Dieser übersandte die Rechnung mit E-Mail vom 31.05.2017 an den Mitarbeiter P der Beklagten mit den Fragen „Wickeln Sie die Angelegenheit mit der Versicherung ab?“ und „Kulanz von H?“ P antwortete am gleichen Tag, man könne Leistungen der G-Garantie AG nicht zusagen, da das Fahrzeug des Klägers entgegen den Garantiebedingungen repariert worden sei, ohne dass die G-Garantie AG zuvor eine Reparaturfreigabe erteilt habe.

Der Kläger meint, die Beklagte habe ihm kaufvertraglich eine sachlich unbeschränkte zwölfmonatige Garantie gewährt. Er behauptet, ihm bei Abschluss des Kaufvertrags vonseiten der Beklagten suggeriert worden, dass er – wie ein Verbraucher – ein Jahr Garantie erhalte. Vonseiten der Beklagten sei geäußert worden, die Beklagte habe kein Problem, ihm – dem Kläger – eine Garantie zu gewähren, weil sie vernünftige Fahrzeuge veräußere.

Der Kläger behauptet weiter, ihm sei – unstreitig – beim Kauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs auch die für D (Darlehensgeber) bestimmte Zulassungsbescheinigung Teil II ausgehändigt worden. Darauf habe ihn die Beklagte in der Folgezeit telefonisch aufmerksam gemacht; er sei dann – unstreitig – zu der Beklagten gefahren und habe die Zulassungsbescheinigung Teil II wieder abgegeben. Bei dieser Gelegenheit sei ihm seitens der Beklagten der Garantievertrag der G-Garantie AG zur Unterzeichnung vorgelegt worden. Er – der Kläger – habe den Garantievertrag ungelesen unterschrieben, weil er damals davon ausgegangen sei, dass sich durch diesen Vertrag die ihm ohnehin gewährte Garantie verbessere.

Der Kläger behauptet schließlich, die Beklagte habe mit der Autohaus A-GmbH & Co. KG vereinbart, dass diese sein Fahrzeug reparieren solle. Die Autohaus A-GmbH & Co. KG habe der Beklagten deshalb einen Kostenvoranschlag oder ein Angebot übersandt, und die Beklagte habe sich – was diese bestreitet – anschließend zur Übernahme der Reparaturkosten bereit erklärt.

Die im Wesentlichen auf Zahlung von 5.135 € nebst Zinsen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 5.135 € sowie auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 250,10 €. Denn dem Kläger ist der ihm obliegende Beweis dafür, dass die ihm von der Beklagten im Rahmen des Kaufvertrags eingeräumte Garantie auch die (unmittelbare) Erstattung der streitgegenständlichen Reparaturkosten einer Drittwerkstatt erfassen sollte, nicht gelungen.

Der … Passus unter der Rubrik „Besondere Vereinbarungen“ in dem Kaufvertrag der Parteien vom 01.12.2016 beinhaltet eine Haltbarkeitsgarantie i. S. von § 443 II BGB, mit der sich die Beklagte dazu verpflichtet hat, für während der zwölfmonatigen Garantiezeit an dem verkauften Fahrzeug auftretende Mängel einzustehen und diese kostenlos zu beseitigen (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 77. Aufl. [2018], § 443 Rn. 9; jurisPK-BGB/Pammler, 8. Aufl. [2017], § 443 Rn. 39 ff.; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl. [2014], Rn. 2583). Dies ergibt sich auch bei verständiger Würdigung des wirtschaftlichen Hintergrunds derartiger Garantieerklärungen für Käufer und Verkäufer bei einem Gebrauchtwagengeschäft (§§ 133, 157, 242 BGB; vgl. jurisPK-BGB/Pammler, a. a. O., § 443 Rn. 15; Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 2592) aus den insoweit klar dokumentierten Vertragserklärungen vom 01.12.2016. Die dort ohne jede Einschränkung formulierten „12 Monate Garantie“ sprechen nicht nur infolge ihres Wortlauts für den entsprechenden bindenden Verpflichtungswillen der Beklagten (vgl. nur Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 443 Rn. 5; Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 2588 und 2594; jeweils m. w. Nachw.). Vielmehr knüpft diese Erklärung an ein dort besprochenes Gutachten über das Fahrzeug an, mithin an einen insoweit sachverständig ermittelten Zustand des Fahrzeugs. Dieses Gutachten stellt den konkreten technischen Hintergrund für die erteilte Haltbarkeitsgarantie dar, die somit entgegen dem Beklagtenvortrag keinesfalls als allumfassend und/oder in Ermangelung eines Anlasses als abwegig eingestuft werden kann. Hinter dieser vorrangigen vertraglichen Vereinbarung einer Haltbarkeitsgarantie tritt der … formularmäßige Gewährleistungsausschluss der Beklagten zurück (BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 = NJW 2007, 1346 Rn. 28 ff.).

Eine Beschränkung dieser Vereinbarung auf die erst zu einem späteren Zeitpunkt, im Februar 2017, unterzeichnete Garantie der G-Garantie AG kann dem Kaufvertrag nicht entnommen werden. Sie ist auch von dem … zu dieser Frage vernommenen Zeugen P nicht glaubhaft bestätigt worden. Insoweit wird auf die fortgeltenden Ausführungen des Unterzeichners in der mündlichen Verhandlung vom 27.04.2018 Bezug genommen:

„Im Zuge der ausführlichen Erörterung und Beweiswürdigung legt das Gericht dar, dass die Aussage des Zeugen P im heutigen Termin die Vermutungswirkungen des Kaufvertrags nicht entkräftet hat. In diesem Kaufvertrag ist ausdrücklich nicht in der Rubrik ‚Der Käufer erwirbt zusätzlich eine Garantie der Gesellschaft‘ die G-Garantie eingetragen worden. Vielmehr ist eine besondere und damit individuelle Vereinbarung getroffen worden. Diese bezieht sich sowohl auf konkrete Absprachen im Hinblick auf ein Gutachten als auch auf eine zwölfmonatige Garantie. Da diese zwölf Monate Garantie keinerlei Einschränkungen aus diesem Kaufvertragsformular enthalten und – wie auch das Gutachten – offensichtlich aufgrund einer Individualvereinbarung in dieses Formular eingetragen worden sind, streitet die Vermutung dieser Kaufvertragsurkunde für die Richtigkeit des Klägervortrags. Die Ausführungen des Zeugen P haben diesen Aspekt nicht widerlegt. Es ist aus der verständigen Sicht eines Käufers und Vertragspartners nicht zu erkennen, dass hier Einschränkungen formuliert worden sind. Auf die Argumentation, dass man als Autohaus derartige Erklärungen nicht unterzeichnen würde bzw. dies unwirtschaftlich sei, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Maßgeblich ist, wie ein objektiv denkender verständiger Empfänger die Erklärung verstehen würde. Darüber hinaus hat der Zeuge P ein gewisses Vorverständnis der Praxis seines Arbeitgebers mit in die Auslegung hineingelegt, der das Gericht gleichsam nicht zu folgen vermag.“

Dafür, dass diese Haltbarkeitsgarantie der Beklagten ohne jede Einschränkung die Erstattung der streitgegenständlichen Reparaturkosten einer Drittwerkstatt erfassen sollte, sind jedoch keine Anhaltspunkte ersichtlich oder von den Parteien unstreitig vorgetragen worden. Denn die einem Käufer eines Gebrauchtfahrzeugs mit einer Haltbarkeitsgarantie nach dem eingangs zitierten Vertragswortlaut und nach § 443 II BGB eingeräumten Vorteile erschöpfen sich in der Gewährleistung der Mangelfreiheit des Fahrzeugs i. S. von § 434 BGB über den vereinbarten Zeitraum von zwölf Monaten sowie in der Erleichterung des Nachweises etwaiger Mängel nicht zuletzt in Bezug auf ihr Vorhandensein bei Gefahrübergang (vgl. § 477 BGB; jurisPK-BGB/Pammler, a. a. O., § 443 Rn. 41 f. und 65; Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 2583). Da die Gewährleistungshaftung der Beklagten aber primär in einer Nacherfüllung besteht (§ 437 Nr. 1, § 439 I BGB), käme eine unmittelbare Haftung auf Ersatz der Reparaturkosten einer Drittwerkstatt aus einer Haltbarkeitsgarantie nur bei einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien in Betracht (vgl. Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 443 Rn. 13 m. w. Nachw.). Der ihm obliegende Beweis einer Garantieerklärung oder anderweitigen Vereinbarung einer Verpflichtung der Beklagten dieses Inhalts (vgl. Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 443 Rn. 16; jurisPK-BGB/Pammler, a. a. O., § 443 Rn. 69) ist dem Kläger indes nicht gelungen.

Die eine derartige Verpflichtung möglicherweise indizierende Auftragserteilung der Beklagten gegenüber der Autohaus A-GmbH & Co. KG soll nach dem Klägervortrag zwar ausweislich der mit der Klageschrift vorgelegten Bestätigung vom 03.08.2017 erfolgt sein. Der hierfür von dem Kläger benannte Zeuge T hat indes mit Schreiben vom 27.04.2018 mitgeteilt, hierzu kein Gespräch geführt zu haben und deshalb keine Angaben zu dem Beweisthema … machen zu können.

Der daraufhin auf Antrag des Klägers vernommene Zeuge Z hat indes eine hinreichend klare Auftragserteilung der Beklagten, die eine tragfähige Grundlage für eine derartige Beweisführung sein könnte, nicht glaubhaft bestätigen können. Denn der Zeuge konnte schon seinen Gesprächspartner nicht namentlich benennen, sondern hat den Namen des Geschäftsführers der Beklagten erst nachträglich durch eine Internetrecherche ermittelt und diese dann dem vor Ort mit einem Abschleppwagen erschienen Herrn zugeordnet. Zudem widerspricht diese Aussage dem von dem Kläger nicht widersprochenen und deshalb gemäß § 138 III ZPO unstreitigen Beklagtenvortrag, wonach zur Abholung des Fahrzeugs die Zeugen Q und B erschienen waren.

Im Übrigen spricht die von dem Zeugen bekundete Auftragserteilung für die Fahrzeugzerlegung durch den Kläger und die Absprache, dem Kläger die Rechnung zu stellen, gegen eine Auftragserteilung der Beklagten. Hinzu kommt der Umstand, dass die Beklagte nach der Aussage des Zeugen von einer Kostenübernahme durch die G-Garantie AG ausgegangen ist (E-Mail vom 01.03.2018), mithin nicht selbst für die streitgegenständlichen Reparaturkosten einstehen wollte. …

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