Ein Kfz-Käufer, der den Verkäufer klageweise auf Schadensersatz statt der Leistung (§§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 BGB) in Höhe angeblich aufgewendeter Reparaturkosten in Anspruch nimmt, muss darlegen, dass er dem Verkäufer erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat (§ 281 I 1 BGB) oder eine Fristsetzung gemäß § 281 II BGB entbehrlich war. Der bloße Vortrag, der Verkäufer sei „mehrfach“, und zwar „sowohl telefonisch als auch schriftlich“, zur Nacherfüllung aufgefordert worden, ist insoweit unzureichend, weil er nicht die Anforderungen des § 138 I ZPO erfüllt.

LG Berlin, Urteil vom 05.07.2017 – 33 O 329/15

Sachverhalt: Der Kläger, ein Weinhändler, erwarb von dem Beklagten einen Gebrauchtwagen zum Preis von 19.040 €. Im weitgehend vorformulierten schriftlichen Kaufvertrag vom 28.03.2014 ist eine Laufleistung von 173.700 km eingetragen. Außerdem ist angegeben, das Fahrzeug sei im Mai 2009 („05/2009“) erstzugelassen worden. Unter „Besondere Vereinbarungen“ heißt es überdies: „Lieferung an Unternehmer zu[r] [g]ewerblichen Nutzung unter Ausschluss der Sachmängelhaftung“.

Der Kläger behauptet, der Beklagte habe ihm versichert, dass das Fahrzeug von Fachleuten untersucht worden sei und keine Mängel aufweise. Bereits auf der Rückfahrt von B. nach F. sei jedoch sporadisch starker Rauch aus dem Auspuff gekommen, weshalb er – der Kläger – am folgenden Tag eine Werkstatt aufgesucht habe. Dort hätten sich diverse Mängel gezeigt. Seit dem 11.04.2014 habe er – der Kläger – das Fahrzeug reparieren lassen, wobei „die Mängel – soweit möglich – behoben“ worden seien. Es habe auch ein „Frontalunfallschaden“ vorgelegen, der erstmals bei einem im September 2014 erfolgten Ausbau des Motors sichtbar geworden sei. Die Mängel wären bei einer Untersuchung durch einen Fachmann aufgefallen.

Der Kläger meint, er sei als Verbraucher zu behandeln, sodass der Ausschluss der Sachmängelhaftung im Kaufvertrag vom 28.03.2014 unwirksam sei. Der Beklagte – so behauptet der Kläger – habe sich ihm gegenüber in einem Telefonat damit gerühmt, Schadensersatzforderungen von Käufern bereits in einer Vielzahl von Fällen unter Hinweis auf den standardmäßig vorgenommenen Gewährleistungsausschluss abgewehrt zu haben. Es sei – so die Auffassung des Klägers – „folglich“ davon auszugehen, dass der Beklagte ihn „vorsätzlich und arglistig … über den Zustand des Fahrzeugs getäuscht“ habe.

Der Kläger behauptet im Übrigen einerseits, er habe den Beklagten „mehrfach“ zur Nacherfüllung aufgefordert, und zwar „sowohl telefonisch als auch schriftlich“. Der Beklagte habe jegliche Nacherfüllung ernsthaft und endgültig abgelehnt. Andererseits behauptet der Kläger, er habe „zunächst nicht Nacherfüllung verlangt“, sondern „die notwendigen Reparaturen selbst in Auftrag" gegeben; „ursächlich für das Absehen von einem Nacherfüllungsverlangen“ sei die „Irreführung“ durch den Beklagten hinsichtlich möglicher Gewährleistungsrechte gewesen.

Mit der Klage hat der Kläger in der Hauptsache – zunächst gestützt auf einen Kostenvoranschlag vom 04.09.2014, später gestützt auf Reparaturrechnungen – Schadenersatz statt der Leistung in Höhe von 11.404,06 € nebst Zinsen verlangt. Das Gericht hat die Klage auf Antrag des Beklagten mit Versäumnisurteil vom 17.08.2016 abgewiesen. Der dagegen gerichtete Einspruch des Klägers hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht gegen den Beklagten der geltend gemachte Schadenersatzanspruch gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 I BGB nicht zu.

Allerdings ist zwischen den Parteien ein Kaufvertrag gemäß § 433 BGB über das Gebrauchtfahrzeug zustand gekommen.

Es braucht nicht festgestellt zu werden, ob das Fahrzeug mit den von dem Kläger behaupteten Mängeln behaftet war, ob es sich um ein Unfallfahrzeug gehandelt hat, und ob diese Umstände bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs gemäß § 446 Satz 1 BGB vorgelegen hatten. Ebenso wenig muss entschieden werden, ob die in dem Kaufvertragstext festgehaltenen Bestimmungen zur Sachmängelhaftung unwirksam sind. Denn einem Schadenersatzanspruch des Klägers steht, soweit nicht eine Unfallbehaftetheit des Fahrzeugs betroffen ist, ein fehlendes Nacherfüllungsverlangen entgegen.

Gemäß § 281 Satz 1 BGB setzt der Schadenersatzanspruch voraus, dass der Gläubiger dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt hat. Der Kläger trägt diesbezüglich die Darlegungslast. Das Vorbringen des Klägers, der Beklagte sei „mehrfach“ zur Nacherfüllung aufgefordert worden, und zwar „sowohl telefonisch als auch schriftlich“, ist einerseits zu unbestimmt und erfüllt damit nicht die Anforderungen des § 138 I ZPO. Andererseits steht es in Widerspruch zu dem weiteren Vortrag des Klägers, er habe „zunächst nicht Nacherfüllung“ verlangt, sondern „die notwendigen Reparaturen selbst in Auftrag gegeben“.

Schließlich hat der Kläger selbst mit anwaltlichem Schreiben vom 18.09.2014 erklärt, dem Beklagten das Fahrzeug nicht zur Verfügung stellen zu können, weil er – der Kläger – selbst es dringend benötige. Schon aus diesem Grund fehlt es an einem ernsthaften Nacherfüllungsverlangen.

Die Fristsetzung zur Nachbesserung durch den Kläger war nicht gemäß § 281 II Fall 1 BGB aufgrund einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung durch den Beklagten entbehrlich.

Der auch insoweit darlegungsbelastete Kläger hat keine tatsächlichen Umstände vorgetragen, aus denen sich eine solche Verweigerung bereits zu einem Zeitpunkt vor Durchführung der Reparaturen ergäbe. Das pauschale Vorbringen, der Beklagte habe jegliche Nacherfüllung ernsthaft und endgültig abgelehnt, genügt ohnedies nicht. Ob in der späteren Verteidigung des Beklagten in diesem Rechtsstreit eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung zu sehen sein könnte, ist rechtlich unerheblich.

Ebenso wenig hat der darlegungsbelastete Kläger besondere tatsächliche Umstände i. S. von § 281 II Fall 2 BGB vorgebracht, aus weichen sich unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs hätte rechtfertigen lassen.

Der unbestimmte Vortrag, er sei dringend auf das Fahrzeug angewiesen gewesen, reicht nicht. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der Beklagte nicht gegebenenfalls ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung gestellt hätte oder jedenfalls dafür anfallende Aufwendungen des Klägers hätte erstatten müssen. Besondere Umstände liegen auch nicht darin, dass der Beklagte vorhandene Mängel arglistig verschwiegen hätte. Dem Vorbringen des Klägers, der Beklagte habe ihm bei Aushändigung des Vertragstexts versichert, dass das Fahrzeug von Fachleuten untersucht worden sei und keine Mängel aufweise, steht bereits die tatsächliche Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Vertragsurkunde entgegen, die auch nicht – wie aber der Kläger meint – aufgrund einer „Zusammenschau der beiden Klauseln (Kleingedrucktes und „Besondere Vereinbarungen“)“ entkräftet ist.

Unabhängig davon hat der Kläger für seine entsprechende Behauptung keinen ausreichenden Beweis angetreten. Er hat hierzu lediglich seine Vernehmung als Partei beantragt. Deren Voraussetzungen liegen gemäß § 445 ZPO nicht vor, weil der Kläger selbst insoweit die Beweislast trägt. Der Beklagte hat ein Einverständnis mit einer diesbezüglichen Vernehmung des Klägers als Partei nicht gemäß § 447 ZPO erteilt; es würde insoweit nicht einmal ein eigener Antrag des Beklagten auf Vernehmung des Klägers als Partei in Verkennung der Beweislast genügen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 447 Rn. 2 m. w. Nachw.). Die Voraussetzungen einer Vernehmung des Klägers als Partei von Amts wegen gemäß § 448 ZPO sind ebenso wenig erfüllt, weil keine Anhaltspunkte gegeben sind, welche die Richtigkeit seiner diesbezüglichen Behauptungen wahrscheinlich machen.

Tatsächliche Umstände, aufgrund derer dem Kläger eine Nachbesserung i. S. von § 440 Satz 1 Fall 3 BGB unzumutbar gewesen wäre, sind aus den genannten Gründen ebenfalls nicht gegeben. Insbesondere lässt sich aus dem Vorbringen des Klägers zu einer „Irreführung“ durch den Beklagten eine solche Unzumutbarkeit nicht ableiten.

Soweit der Kläger den Umstand rügt, dass das Fahrzeug mit einem Unfall behaftet sei, kommt es darauf für die zu treffende Entscheidung unabhängig davon nicht an, dass ein darin liegender Mangel nicht mehr zu beseitigen und damit auch eine diesbezügliche Fristsetzung zur Nacherfüllung entbehrlich wäre.

Der Kläger macht mit der Klage Schadenersatz geltend, hinsichtlich dessen Umfangs er zunächst auf den Kostenvoranschlag vom 04.09.2014 und zuletzt auf … Rechnungen … Bezug genommen hat. Diese Rechnungen können nicht die Beseitigung der Unfallbehaftetheit des Fahrzeugs zum Gegenstand haben. Minderung des Kaufpreises hat der Kläger nicht, auch nicht hilfsweise, geltend gemacht. Ebenso wenig hat er wegen der Unfallbehaftetheit den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. …

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