1. Ha­ben die Ver­trags­par­tei­en in ei­nem Kauf­ver­trag über ein ge­brauch­tes Kraft­fahr­zeug ne­ben ei­nem Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss zu­sätz­lich aus­drück­lich die Rechts­män­gel­frei­heit der Kauf­sa­che zum Ge­gen­stand ih­rer Ver­ein­ba­rung ge­macht, gilt der Haf­tungs­aus­schluss nicht für Rechts­män­gel ge­mäß § 435 BGB, son­dern aus­schließ­lich für Sach­män­gel ge­mäß § 434 BGB (Fort­füh­rung von BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VI­II ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 30; Urt. v. 19.12.2012 – VI­II ZR 117/12, NJW 2013, 1733 Rn. 15; Urt. v. 13.03.2013 – VI­II ZR 172/12, NJW 2013, 2749 Rn. 19; Urt. v. 06.11.2015 – V ZR 78/14, BGHZ 207, 349 Rn. 9; Urt. v. 22.04.2016 – V ZR 23/15, NJW 2017, 150 Rn. 14).
  2. Die bei Ge­fahr­über­gang vor­han­de­ne und im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung fort­be­ste­hen­de Ein­tra­gung ei­nes Kraft­fahr­zeugs in dem Schen­ge­ner In­for­ma­ti­ons­sys­tem (SIS) zum Zwe­cke der Si­cher­stel­lung und Iden­ti­täts­fest­stel­lung ist ein er­heb­li­cher Rechts­man­gel, der den Käu­fer zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag be­rech­tigt (Be­stä­ti­gung von Se­nat, Urt. v. 18.01.2017 – VI­II ZR 234/15, ju­ris Rn. 22 ff.).
  3. Der Ver­käu­fer ei­nes Kraft­fahr­zeugs ist red­li­cher­wei­se ge­hal­ten, ei­nen po­ten­zi­el­len Käu­fer über das Be­ste­hen ei­ner Ein­tra­gung des Fahr­zeugs in dem Schen­ge­ner In­for­ma­ti­ons­sys­tem auf­zu­klä­ren (Be­stä­ti­gung von Se­nat, Urt. v. 18.01.2017 – VI­II ZR 234/15, ju­ris Rn. 27).

BGH, Ur­teil vom 26.04.2017 – VI­II ZR 233/15

Sach­ver­halt: Der Klä­ger kauf­te von dem Be­klag­ten am 29.11.2012 ei­nen ge­brauch­ten Pkw Au­di A6 zum Preis von 30.000 €. In dem hier­bei von den Par­tei­en ver­wen­de­ten Ver­trags­vor­druck heißt es un­ter an­de­rem: „Der Ver­käu­fer ver­kauft hier­mit das Kraft­fahr­zeug an den Käu­fer un­ter Aus­schluss jeg­li­cher Ge­währ­leis­tung.“ An spä­te­rer Stel­le des Ver­trags fin­det sich über­dies der Pas­sus: „Der Ver­käu­fer ver­si­chert, dass Kfz und Zu­be­hör­tei­le sein Ei­gen­tum sind. Rech­te Drit­ter be­ste­hen dar­an nicht.“

Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 15.04.2013 er­klär­te der Klä­ger ge­gen­über dem Be­klag­ten den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag so­wie die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung. Er sei un­mit­tel­bar nach Zu­las­sung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs von­sei­ten der Kri­mi­nal­po­li­zei dar­über un­ter­rich­tet wor­den, dass die­ses im Schen­ge­ner In­for­ma­ti­ons­sys­tem (SIS) von ita­lie­ni­schen Be­hör­den als ge­stoh­len ge­mel­det und zur eu­ro­pa­wei­ten Fahn­dung aus­ge­schrie­ben wor­den sei, wes­we­gen je­der­zeit ei­ne Si­cher­stel­lung oder Be­schlag­nah­me durch die Staats­an­walt­schaft er­fol­gen kön­ne. Auf die dem Be­klag­ten be­kann­te Fahn­dungs­aus­schrei­bung hät­te die­ser, dem ge­gen­über die Po­li­zei auch be­reits ein Ver­äu­ße­rungs­ver­bot aus­ge­spro­chen ha­be, bei Ver­trags­schluss un­ge­fragt hin­wei­sen müs­sen; statt­des­sen ha­be er den Man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen.

Mit sei­ner Kla­ge ver­langt der Klä­ger – je­weils nebst Zin­sen – die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses un­ter An­rech­nung der Ge­brauchs­vor­tei­le für die ge­fah­re­nen Ki­lo­me­ter so­wie den Er­satz nutz­lo­ser Auf­wen­dun­gen, ins­ge­samt 30.531,69 €, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs, so­wie den Er­satz vor­ge­richt­li­cher Rechts­an­walts­kos­ten. Die Kla­ge hat in den Vor­in­stan­zen kei­nen Er­folg ge­habt. Auf die Re­vi­si­on des Klä­gers wur­de der die Be­ru­fung zu­rück­wei­sen­de Be­schluss Be­ru­fungs­ge­richts auf­ge­ho­ben und die Sa­che an ei­nen an­de­ren Se­nat die­ses Ge­richts zu­rück­ver­wie­sen.

Aus den Grün­den: [6]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zur Be­grün­dung sei­ner Ent­schei­dung im We­sent­li­chen aus­ge­führt:

[7]    Der Klä­ger kön­ne kei­ne An­sprü­che aus ei­nem Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis gel­tend ma­chen, denn dem von ihm er­klär­ten Rück­tritt ste­he der im Kauf­ver­trag vom 29.11.2012 ent­hal­te­ne Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss ent­ge­gen. In­so­fern kön­ne es im Er­geb­nis of­fen­blei­ben, ob das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug tat­säch­lich zur eu­ro­pa­wei­ten Fahn­dung aus­ge­schrie­ben (ge­we­sen) sei. Denn dem Be­klag­ten sei je­den­falls nicht vor­zu­wer­fen, die be­haup­te­te Fahn­dungs­aus­schrei­bung arg­lis­tig i. S. von § 444 BGB ver­schwie­gen zu ha­ben. Ent­schei­dend sei hier­bei, dass die Staats­an­walt­schaft Mainz ihm im Ok­to­ber 2012 auf ent­spre­chen­de An­fra­ge aus­drück­lich mit­ge­teilt ha­be, dass ge­gen ei­ne ir­gend­wie ge­ar­te­te Ver­wer­tung des Fahr­zeugs kei­ne Ein­wän­de be­stün­den. Oh­ne­hin kön­ne den Er­mitt­lungs­ak­ten nicht ent­nom­men wer­den, dass der Be­klag­te von­sei­ten der Be­hör­den zu­vor aus­drück­lich auf ei­ne mög­li­cher­wei­se be­ste­hen­de Such­fahn­dung hin­ge­wie­sen wor­den sei.

[8]    II. Die­se Be­ur­tei­lung hält recht­li­cher Nach­prü­fung nicht stand. Ein An­spruch des Klä­gers auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges (§§ 437 Nr. 2 Fall 1, 435 Satz 1, 323, 346 I, 348 BGB), der auf ei­nen Rechts­man­gel des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kraft­fahr­zeugs ge­stützt wird, kann – ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts – nicht we­gen ei­nes ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Aus­schlus­ses der Ge­währ­leis­tung ver­neint wer­den.

[9]   1. Die vom Be­ru­fungs­ge­richt aus­drück­lich of­fen­ge­las­se­ne – und in­so­weit nach dem re­vi­si­ons­recht­lich zu be­rück­sich­ti­gen­den Sach­vor­trag des Klä­gers zu un­ter­stel­len­de – Ein­tra­gung des Kraft­fahr­zeugs in das Schen­ge­ner In­for­ma­ti­ons­sys­tem (SIS) stellt ei­nen Rechts­man­gel i. S. von § 435 Satz 1 BGB dar.

[10]   a) Wie der Se­nat in sei­nem erst kürz­lich er­gan­ge­nen Ur­teil vom 18.01.2017 (VI­II ZR 234/15, ju­ris; im An­schluss an und in Fort­füh­rung von Se­nat, Urt. v. 18.02.2004 – VI­II ZR 78/03, NJW 2004, 1802) ent­schie­den hat, ist die bei Ge­fahr­über­gang vor­han­de­ne und im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung fort­be­ste­hen­de Ein­tra­gung ei­nes Kraft­fahr­zeugs in die Schen­ge­ner Fahn­dungs­lis­te zum Zwe­cke der Si­cher­stel­lung und Iden­ti­täts­fest­stel­lung ein er­heb­li­cher (§ 323 V 2 BGB) Rechts­man­gel, der den Käu­fer – bei Vor­lie­gen der wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen – zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag be­rech­tigt. Be­reits die Ein­tra­gung ei­nes Kraft­fahr­zeugs in die­ses Fahn­dungs­sys­tem ist mit der kon­kre­ten, im ge­sam­ten Schen­gen-Raum be­ste­hen­den Ge­fahr ver­bun­den, dass bei der Zu­las­sung des Fahr­zeugs, ei­ner Hal­te­rän­de­rung oder ei­ner po­li­zei­li­chen Kon­trol­le die Ein­tra­gung fest­ge­stellt und das Fahr­zeug dar­auf­hin be­hörd­li­cher­seits si­cher­ge­stellt oder be­schlag­nahmt wird – und führt da­mit zu ei­ner in­di­vi­du­el­len Be­las­tung, die ge­eig­net ist, den Käu­fer in der un­ge­stör­ten Aus­übung der ihm nach § 903 Satz 1 BGB ge­büh­ren­den Rechts­po­si­ti­on zu be­ein­träch­ti­gen (Se­nat, Urt. v. 18.01.2017 – VI­II ZR 234/15, ju­ris Rn. 22, 24).

[11]   b) Nach dem re­vi­si­ons­recht­lich zu un­ter­stel­len­den Sach­vor­trag des Klä­gers war das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug bei Ge­fahr­über­gang und hier­nach fort­dau­ernd im SIS zur Fahn­dung aus­ge­schrie­ben und dem­nach rechts­man­gel­be­haf­tet.

[12]   Für die Ein­ord­nung als Recht­man­gel ist es da­bei un­er­heb­lich, dass die Staats­an­walt­schaft Mainz dem Be­klag­ten we­ni­ge Wo­chen vor Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges auf Nach­fra­ge mit­ge­teilt hat­te, dass ge­gen ei­ne Ver­wer­tung des Fahr­zeugs kei­ne Ein­wän­de mehr be­stün­den. Denn hier­durch hob die Be­hör­de al­lein das von ih­rer Sei­te zu­vor ge­gen­über dem Be­klag­ten aus­ge­spro­che­ne Ver­äu­ße­rungs­ver­bot, nicht aber – schon man­gels ent­spre­chen­der Be­fug­nis­se – die rechts­man­gel­be­grün­den­de Fahn­dungs­aus­schrei­bung im SIS auf.

[13]   Der eu­ro­pa­wei­te Fahn­dungs­ein­trag be­stand viel­mehr un­ver­än­dert fort, wes­we­gen es eben­so we­nig dar­auf an­kommt, dass der Klä­ger das Fahr­zeug nach dem Er­werb er­folg­reich zu­las­sen konn­te. Denn die dem Ei­gen­tü­mer aus der SIS-Aus­schrei­bung er­wach­sen­den Nach­tei­le er­schöp­fen sich kei­nes­wegs in ei­nem vor­über­ge­hen­den Zu­las­sungs­hin­der­nis. Die durch die Ein­tra­gung be­grün­de­ten Zu­griffs­mög­lich­kei­ten der staat­li­chen Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den des Schen­gen-Raums be­ste­hen viel­mehr fort, so­lan­ge die Ein­tra­gung nicht be­sei­tigt ist. Da­mit kann der Klä­ger, selbst wenn er – was an­ge­sichts der teil­wei­se un­ge­klär­ten His­to­rie des Fahr­zeugs of­fen ist – Ei­gen­tü­mer des Fahr­zeugs ge­wor­den sein soll­te, ge­ra­de nicht, wie in § 903 Satz 1 BGB vor­ge­se­hen, un­be­las­tet von (Zu­griffs-)Rech­ten Drit­ter nach Be­lie­ben mit der Kauf­sa­che ver­fah­ren. Denn so­bald er das Fahr­zeug im öf­fent­li­chen Raum be­wegt, muss er da­mit rech­nen, dass die­ses, je nach Er­kennt­nis­stand der Er­mitt­lungs­be­hör­den, be­schlag­nahmt wird. Dies wä­re für den Klä­ger nicht nur mit ei­nem Ver­lust der Nut­zungs­mög­lich­keit für ei­nen nicht oh­ne Wei­te­res ab­zu­se­hen­den Zeit­raum, son­dern mit Blick auf die zur Wie­der­er­lan­gung des Fahr­zeug­be­sit­zes er­for­der­li­chen An­stren­gun­gen auch mit er­heb­li­chen wei­te­ren Nach­tei­len – ins­be­son­de­re bei ei­ner Si­cher­stel­lung im Aus­land – ver­bun­den (s. hier­zu auch Se­nat, Urt. v. 18.01.2017 – VI­II ZR 234/15, ju­ris Rn. 26).

[14]   Dar­über hin­aus ist die Ver­käuf­lich­keit des Fahr­zeugs durch die Ein­tra­gung stark be­ein­träch­tigt; denn der Klä­ger wä­re red­li­cher­wei­se ge­hal­ten, ei­nen po­ten­zi­el­len Käu­fer über die nach wie vor be­ste­hen­de Aus­schrei­bung auf­zu­klä­ren (vgl. Se­nat, Urt. v. 18.01.2017 – VI­II ZR 234/15, ju­ris Rn. 27).

[15]   2. In mehr­fa­cher Hin­sicht von Rechts­feh­lern be­ein­flusst ist je­doch die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, dass dem Klä­ger auch im Fal­le des Vor­lie­gens ei­nes auf­grund ei­ner SIS-Ein­tra­gung be­ste­hen­den Rechts­man­gels kei­ne Ge­währ­leis­tungs­rech­te zu­stün­den.

[16]   a) So er­streckt sich der von den Par­tei­en im vor­lie­gen­den Fall ver­ein­bar­te Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss be­reits von vorn­her­ein nicht auf die in § 435 Satz 1 BGB be­zeich­ne­ten Män­gel.

[17]   aa) Auf­grund dies­be­züg­lich feh­len­der Fest­stel­lun­gen der In­stanz­ge­rich­te lässt sich nicht be­stim­men, ob die im vor­lie­gend ver­wen­de­ten Ver­trags­vor­druck ent­hal­te­nen Be­din­gun­gen von ei­ner Par­tei i. S. von § 305 I BGB ge­stellt wur­den (vgl. hier­zu Se­nat, Urt. v. 17.02.2010 – VI­II ZR 67/09, BGHZ 184, 259 Rn. 10 ff.) und es sich mit­hin auch bei dem dar­in ent­hal­te­nen Pas­sus „Der Ver­käu­fer ver­kauft hier­mit das Kraft­fahr­zeug an den Käu­fer un­ter Aus­schluss jeg­li­cher Ge­währ­leis­tung“ um ei­ne All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gung han­delt, die das Re­vi­si­ons­ge­richt un­ein­ge­schränkt über­prü­fen kann (st. Rspr.; vgl. Se­nat, Urt. v. 17.04.2013 – VI­II ZR 225/12, NJW 2013, 1805 Rn. 9; Urt. v. 09.04.2014 – VI­II ZR 404/12, BGHZ 200, 362 Rn. 25; Urt. v. 03.12.2014 – VI­II ZR 224/13, NJW-RR 2015, 264 Rn. 16; Urt. v. 29.06.2016 – VI­II ZR 191/15, NJW 2016, 3015 Rn. 20; je­weils m. w. Nachw.). Die Aus­le­gung des ver­trag­li­chen Ge­währ­leis­tungs­aus­schlus­ses durch das Be­ru­fungs­ge­richt un­ter­liegt aber, selbst wenn es sich um ei­ne In­di­vi­du­al­ver­ein­ba­rung han­deln soll­te, in der Re­vi­si­ons­in­stanz je­den­falls ei­ner (ein­ge­schränk­ten) Nach­prü­fung dar­auf­hin, ob ge­setz­li­che oder all­ge­mein an­er­kann­te Aus­le­gungs­re­geln, die Denk­ge­set­ze oder all­ge­mei­ne Er­fah­rungs­sät­ze ver­letzt sind oder we­sent­li­cher Aus­le­gungs­stoff au­ßer Acht ge­las­sen wur­de oder die Aus­le­gung auf mit der Re­vi­si­on ge­rüg­ten Ver­fah­rens­feh­lern be­ruht (st. Rspr.; vgl. Se­nat, Urt. v. 09.07.2014 – VI­II ZR 376/13, BGHZ 202, 39 Rn. 42; Urt. v. 03.12.2014 – VI­II ZR 224/13, NJW-RR 2015, 264 Rn. 37; Urt. v. 12.10.2016 – VI­II ZR 55/15, NJW 2017, 878 Rn. 35 [zur Ver­öf­fent­li­chung in BGHZ vor­ge­se­hen]; je­weils m. w. Nachw.). Be­reits das ist hier der Fall.

[18]   bb) Denn die Fra­ge, ob ein ver­ein­bar­ter Haf­tungs­aus­schluss in un­ein­ge­schränk­tem Sin­ne auf­ge­fasst wer­den muss, ist nicht nur nach dem Wort­laut der Aus­schluss­be­stim­mung, son­dern nach dem ge­sam­ten Ver­trags­text zu be­ur­tei­len (Se­nat, Urt. v. 29.11.2006 – VI­II ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 30; vgl. zu­letzt auch Se­nat, Urt. v. 15.02.2017 – VI­II ZR 59/16, BB 2017, 594 Rn. 15; je­weils m. w. Nachw.). Das Be­ru­fungs­ge­richt hat in die­sem Zu­sam­men­hang nicht be­rück­sich­tigt, dass die Par­tei­en in ih­rem Kauf­ver­trag ein­gangs nicht nur jeg­li­che Ge­währ­leis­tung für das Fahr­zeug aus­ge­schlos­sen, son­dern – im Ver­trags­text nach­fol­gend – die Zu­si­che­rung des Be­klag­ten, dass Rech­te Drit­ter an der Kauf­sa­che und dem Zu­be­hör nicht be­stün­den, aus­drück­lich und gleich­ran­gig zum Ge­gen­stand ih­rer Ver­ein­ba­rung ge­macht ha­ben.

[19]   (1) Mit die­ser eng an den Wort­laut des § 435 Satz 1 BGB an­ge­lehn­ten Ver­ein­ba­rung im Kauf­ver­trag („Rech­te Drit­ter be­ste­hen dar­an nicht“) ha­ben die Par­tei­en, wo­von auch die Re­vi­si­on aus­geht, aus­drück­lich her­vor­ge­ho­ben, dass die Kauf­sa­che frei von Rechts­män­geln zu sein ha­be. Es han­delt sich da­bei – ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­klag­ten – nach Wort­wahl und sys­te­ma­ti­scher Stel­lung im Ver­trags­ge­fü­ge auch nicht le­dig­lich um ei­ne Ver­si­che­rung der Ei­gen­tü­mer­stel­lung des Be­klag­ten, die be­reits um­fas­send im un­mit­tel­bar vor­an­ge­stell­ten Satz ent­hal­ten ist („Der Ver­käu­fer ver­si­chert, dass Kfz und Zu­be­hör sein Ei­gen­tum sind.“).

[20]   Eben­falls sind kei­ne An­halts­punk­te da­für er­kenn­bar, dass es sich bei die­ser im Ver­trags­vor­druck ent­hal­te­nen Be­stim­mung um ei­ne rein de­kla­ra­to­ri­sche Wie­der­ga­be des Ge­set­zes­tex­tes oh­ne be­son­de­ren Re­ge­lungs­cha­rak­ter han­deln soll­te (vgl. den Rechts­ge­dan­ken des § 307 III 1 BGB). Viel­mehr ist das Ge­gen­teil der Fall. Nach­dem das Vor­lie­gen ei­nes Rechts­man­gels bei Ge­fahr­über­gang nach der Re­ge­lungs­kon­zep­ti­on der §§ 433 ff. BGB grund­sätz­lich Ge­währ­leis­tungs­rech­te aus­löst – wel­che von den Par­tei­en zu Be­ginn des Ver­tra­ges um­fas­send aus­ge­schlos­sen wor­den sind –, ha­ben sie der nach­fol­gen­den Zu­si­che­rung der Rechts­män­gel­frei­heit durch ih­re Er­he­bung zu ei­ner ver­trag­li­chen, dem dis­po­si­ti­ven Recht vor­ge­hen­den Ver­ein­ba­rung be­son­de­res Ge­wicht ver­lie­hen.

[21]   Vor die­sem Hin­ter­grund han­delt es sich ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­klag­ten auch kei­nes­falls um ei­ne blo­ße Be­stä­ti­gung des zu­vor ver­ein­bar­ten um­fas­sen­den Ge­währ­leis­tungs­aus­schlus­ses, wie dies der Se­nat in der Ver­gan­gen­heit et­wa für ei­ne so­ge­nann­te Be­sich­ti­gungs­klau­sel ent­schie­den hat (vgl. da­zu Se­nat, Urt. v. 06.07.2005 – VI­II ZR 136/04, NJW 2005, 3205 [un­ter II 2]).

[22]   (2) Viel­mehr ste­hen aus Sicht des ver­stän­di­gen Käu­fers bei­de Re­ge­lun­gen – Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss und Ver­ein­ba­rung der Rechts­män­gel­frei­heit – gleich­ran­gig ne­ben­ein­an­der. Sie kön­nen da­mit nicht in dem Sin­ne ver­stan­den wer­den, dass der um­fas­sen­de Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss die Un­ver­bind­lich­keit der Zu­si­che­rung von Rechts­män­gel­frei­heit zur Fol­ge ha­ben soll; denn bei ei­nem sol­chen Ver­ständ­nis wä­re die Zu­si­che­rung für den Käu­fer oh­ne Sinn und Wert (vgl. Se­nat, Urt. v. 29.11.2006 – VI­II ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 31). Dem­entspre­chend ist es für den Be­reich der Sach­män­gel­haf­tung ge­fes­tig­te Recht­spre­chung des BGH, dass im Fall ei­ner ver­trag­li­chen (aus­drück­lich oder still­schwei­gend ge­trof­fe­nen) Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung i. S. von § 434 I 1 BGB selbst ein da­ne­ben aus­drück­lich ver­ein­bar­ter Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss nur da­hin aus­ge­legt wer­den kann, dass er nicht für das Feh­len der ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit, son­dern nur für Män­gel nach § 434 I 2 BGB gel­ten kann (BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VI­II ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 31; Urt. v. 19.12.2012 – VI­II ZR 117/12, NJW 2013, 1733 Rn. 15; Urt. v. 13.03.2013 – VI­II ZR 172/12, NJW 2013, 2749 Rn. 19; Urt. v. 06.11.2015 – V ZR 78/14, BGHZ 207, 349 Rn. 9; Urt. v. 22.04.2016 – V ZR 23/15, NJW 2017, 150 Rn. 14).

[23]   Ge­ra­de beim – hier vor­lie­gen­den – Kauf von Ge­braucht­fahr­zeu­gen be­steht auch ein nach­voll­zieh­ba­res Be­dürf­nis des Käu­fers, den – al­lein im In­ter­es­se des Ver­käu­fers ver­ein­bar­ten – Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss auf Sach­män­gel i. S. von § 434 BGB zu be­gren­zen und die ge­setz­li­che Rechts­män­gel­haf­tung fort­gel­ten zu las­sen. Denn wäh­rend der Käu­fer An­halts­punk­te für Sach­män­gel in vie­len Fäl­len durch ei­ne – ge­ge­be­nen­falls mit fach­män­ni­scher Hil­fe durch­ge­führ­te – Be­sich­ti­gung oder Pro­be­fahrt er­ken­nen kann, sind Rechts­män­gel re­gel­mä­ßig nur un­ter grö­ße­ren Schwie­rig­kei­ten fest­stell­bar.

[24]   (3) Je­den­falls in Fäl­len, in de­nen die Ver­trags­par­tei­en – wie hier – ne­ben ei­nem Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss zu­sätz­lich aus­drück­lich die Rechts­män­gel­frei­heit der Kauf­sa­che zum Ge­gen­stand ih­rer Ver­ein­ba­rung ma­chen, kann des­halb ei­ne nach bei­den Sei­ten in­ter­es­sen­ge­rech­te Aus­le­gung (vgl. hier­zu Se­nat, Urt. v. 22.02.2012 – VI­II ZR 34/11, NJW-RR 2012, 690 Rn. 25; Urt. v. 13.04.2016 – VI­II ZR 198/15, WuM 2016, 350 Rn. 22; je­weils m. w. Nachw.) der Kom­bi­na­ti­on bei­der Ver­trags­be­stim­mun­gen nur da­hin vor­ge­nom­men wer­den, dass der Haf­tungs­aus­schluss nicht für Rechts­män­gel ge­mäß § 435 BGB, son­dern aus­schließ­lich für Sach­män­gel ge­mäß § 434 BGB gel­ten soll. Dies gilt um­so mehr, als Frei­zei­ch­nungs­klau­seln – als Aus­nah­me von der sich aus dem dis­po­si­ti­ven Recht er­ge­ben­den Haf­tung – grund­sätz­lich eng aus­zu­le­gen sind (BGH, Urt. v. 06.04.2016 – VI­II ZR 261/14, NJW 2016, 2495 Rn. 21; Urt. v. 02.04.2004 – V ZR 267/03, BGHZ 158, 354, 366; je­weils m. w. Nachw.).

[25]   b) Wie die Re­vi­si­on über­dies zu Recht rügt, hät­te das Be­ru­fungs­ge­richt auf der Grund­la­ge der ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen ein – von ihm im Zu­sam­men­hang mit der An­wend­bar­keit des § 444 BGB er­ör­ter­tes – arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen der SIS-Ein­tra­gung durch den Be­klag­ten nicht ver­nei­nen dür­fen.

[26]   Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des BGH ver­schweigt ein Ver­käu­fer ei­nen of­fen­ba­rungs­pflich­ti­gen Man­gel be­reits dann arg­lis­tig, wenn er ihn min­des­tens für mög­lich hält und gleich­zei­tig da­mit rech­net und bil­li­gend in Kauf nimmt, dass der Ver­trags­part­ner den Feh­ler nicht kennt und bei Kennt­nis den Kauf­ver­trag nicht oder nicht mit dem ver­ein­bar­ten In­halt ab­ge­schlos­sen hät­te (BGH, Urt. v. 11.02.2004 – VI­II ZR 386/02, NJW 2004, 1032 [un­ter II 1]; Urt. v. 15.04.2015 – VI­II ZR 80/14, NJW 2015, 1669 Rn. 16; Urt. v. 08.07.2016 – V ZR 35/15, ZIP 2017, 380 Rn. 19; je­weils m. w. Nachw.). Bei der SIS-Ein­tra­gung han­delt es sich an­ge­sichts der gra­vie­ren­den ne­ga­ti­ven Fol­gen für den Ei­gen­tü­mer um ei­nen sol­chen of­fen­ba­rungs­pflich­ti­gen (Rechts-)Man­gel.

[27]   Das Be­ru­fungs­ge­richt hat ein arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen der SIS-Ein­tra­gung durch den Be­klag­ten ver­neint, weil sich den Er­mitt­lungs­ak­ten nicht ent­neh­men las­se, dass der Be­klag­te aus­drück­lich über die Such­fahn­dung in­for­miert wor­den sei, und ihm die Staats­an­walt­schaft mit­ge­teilt ha­be, „ge­gen ei­ne ir­gend­wie ge­ar­te­te Ver­wer­tung des Fahr­zeugs durch den Be­klag­ten be­stün­den kei­ne Ein­wän­de“. Da­mit hat das Be­ru­fungs­ge­richt aber nur ein­zel­ne Um­stän­de iso­liert in den Blick ge­nom­men und bei sei­ner Wür­di­gung rechts­feh­ler­haft au­ßer Acht ge­las­sen, dass dem Be­klag­ten ge­gen­über zu­nächst ein aus­drück­li­ches be­hörd­li­ches Ver­äu­ße­rungs­ver­bot be­tref­fend das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug aus­ge­spro­chen wor­den war. Denn nach den hier ge­ge­be­nen Um­stän­den kam als des­sen Grund­la­ge nur ei­ne ent­spre­chen­de SIS-Ein­tra­gung, al­so ei­ne in­ter­na­tio­na­le Sach­fahn­dung, in Be­tracht. Zu­dem hat das Be­ru­fungs­ge­richt nicht be­ach­tet, dass der Be­klag­te im Hin­blick auf die ge­nann­ten Maß­nah­men ei­nen Rechts­an­walt mit sei­ner In­ter­es­sen­wahr­neh­mung be­auf­tragt hat­te, an den auch das ge­nann­te Schrei­ben der Staats­an­walt­schaft er­folg­te. Vor al­lem aber be­zog sich die­ses Schrei­ben nach Wort­laut und In­halt of­fen­sicht­lich auf die Auf­he­bung des zu­vor von den deut­schen Be­hör­den aus­ge­spro­che­nen Ver­äu­ße­rungs­ver­bots und ent­hielt ge­ra­de kei­nen Hin­weis auf ei­ne Lö­schung der in­ter­na­tio­na­len Sach­fahn­dung. Über die­se hät­te sich der Be­klag­te in­des durch ei­ne – von ihm selbst oder über sei­nen An­walt vor­ge­nom­me­ne – ein­fa­che Nach­fra­ge bei der Staats­an­walt­schaft oder Po­li­zei Klar­heit ver­schaf­fen kön­nen. Wenn der Be­klag­te in die­ser Si­tua­ti­on nicht nach­frag­te, recht­fer­tigt dies den Schluss, er ha­be den (Rechts-)Man­gel zu­min­dest für mög­lich ge­hal­ten und bil­li­gend in Kauf ge­nom­men, dass er dem Klä­ger nicht be­kannt war und die­ser bei Kennt­nis des­sel­ben den Kauf­ver­trag nicht oder nicht mit glei­chem In­halt ge­schlos­sen hät­te.

[28]   III. Nach al­le­dem kann der Be­schluss des Be­ru­fungs­ge­richts kei­nen Be­stand ha­ben; er ist da­her auf­zu­he­ben (§ 562 I ZPO). Die Sa­che ist nicht zur End­ent­schei­dung reif, weil das Be­ru­fungs­ge­richt – vor dem Hin­ter­grund der von ihm ver­tre­te­nen Rechts­auf­fas­sung fol­ge­rich­tig – kei­ne Fest­stel­lung da­zu ge­trof­fen hat, ob das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug bei Über­ga­be und im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung im SIS-Fahn­dungs­sys­tem aus­ge­schrie­ben war und dem­entspre­chend ei­nen Rechts­man­gel auf­wies. Die Sa­che ist des­halb zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen (§ 563 I 1 ZPO); da­bei macht der Se­nat von der Mög­lich­keit des § 563 I 2 ZPO Ge­brauch.

[29]   Für das wei­te­re Ver­fah­ren weist der Se­nat dar­auf hin, dass nach der Recht­spre­chung des BGH im Re­gel­fall ein die so­for­ti­ge Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges – oh­ne vor­he­ri­ge Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung (§ 439 BGB) – recht­fer­ti­gen­des In­ter­es­se des Käu­fers (§ 323 II Nr. 3 BGB) an­zu­neh­men ist, wenn der Ver­käu­fer dem Käu­fer ei­nen Man­gel bei Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges arg­lis­tig ver­schwie­gen hat (vgl. BGH, Urt. v. 09.01.2008 – VI­II ZR 210/06, NJW 2008, 1371 Rn. 19 f.; Urt. v. 15.07.2011 – V ZR 171/10, BGHZ 190, 272 Rn. 14; Beschl. v. 08.12.2006 – V ZR 249/05, NJW 2007, 835 Rn. 12 f.).

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