1. Ein vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nes Fahr­zeug, das die Eu­ro-5-Emis­si­ons­grenz­wer­te in nor­ma­len Fahr­be­trieb nicht ein­hält, ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB man­gel­haft.
  2. Die Be­weis­last da­für, dass sei­ne in der Lie­fe­rung ei­ner man­gel­haf­ten Kauf­sa­che lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung i. S. des § 323 V 2 un­er­heb­lich, der Man­gel al­so ge­ring­fü­gig ist, trifft den Ver­käu­fer (im An­schluss an OLG Saar­brü­cken, Urt. v. 27.08.2014 – 2 U 150/13, NJW-RR 2015, 48; OLG Mün­chen, Urt. v. 26.10.2011 – 3 U 1853/11).
  3. Der ei­nem vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeug an­haf­ten­de Man­gel ist schon dann nicht nur un­er­heb­lich i. S. des § 323 V 2 BGB, wenn im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung des Käu­fers un­ge­klärt ist, ob ei­ne Be­sei­ti­gung des Man­gels mög­lich ist oder schon an der feh­len­den Zu­stim­mung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes schei­tert. Un­ge­ach­tet des­sen ist der Man­gel schon des­halb kei­ne „qua­si bei­läu­fig“ zu be­sei­ti­gen­de Ba­ga­tel­le, weil die Volks­wa­gen AG un­ter Be­tei­li­gung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes Lö­sun­gen für die ver­schie­de­nen vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Mo­to­ren ent­wi­ckeln muss­te.
  4. Bei der Prü­fung, ob der Man­gel, der ei­nem vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeug an­haf­tet, i. S. des § 323 V 2 BGB ge­ring­fü­gig und des­halb ein Rück­tritt vom Kauf­ver­trag aus­ge­schlos­sen ist, ist zu­las­ten des Ver­käu­fers zu be­rück­sich­ti­gen, dass bis­lang nicht fest­steht, ob die ge­plan­te Um­rüs­tung der Fahr­zeu­ge zu ei­nem hö­he­ren Kraft­stoff­ver­brauch – und je­den­falls des­halb auch zu ei­ner Wert­min­de­rung – führt.
  5. Setzt der Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs dem Ver­käu­fer ei­ne – zu knapp be­mes­se­ne – Frist zur Nach­bes­se­rung von (hier) nur vier Wo­chen, wird da­durch ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist in Lauf ge­setzt, die bis zu sechs Mo­na­ten be­tra­gen kann. Denn je­den­falls muss dem Ver­käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs mehr Zeit zur Ver­fü­gung ste­hen als für die Be­he­bung „klas­si­scher“ Män­gel er­for­der­lich. Je län­ger der Man­gel dem Ver­käu­fer be­kannt war und je mehr Zeit ihm für die Vor­be­rei­tung und Durch­füh­rung der Man­gel­be­sei­ti­gung zur Ver­fü­gung stand, des­to kür­zer kann al­ler­dings die Frist zur Nach­bes­se­rung be­mes­sen wer­den.
  6. Die zu er­war­ten­de Ge­samt­lauf­leis­tung ei­nes VW Pas­sat 2.0 TDI (103 kW) be­trägt 250.000 km.

LG Pots­dam, Ur­teil vom 04.01.2017 – 6 O 211/16

Sach­ver­halt: Der Klä­ger be­gehrt die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags über ein Fahr­zeug, das vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fen ist.

Er er­warb von der be­klag­ten VW-Ver­trags­händ­le­rin auf der Grund­la­ge ei­ner Be­stel­lung vom 13.01.2011 ei­nen VW Pas­sat 2.0 TDI zum Preis von 44.714,52 €. Das Fahr­zeug ist mit ei­nem von der Volks­wa­gen AG her­ge­stell­ten Die­sel­mo­tor des Typs EA189 aus­ge­stat­tet. Mo­to­ren die­ses Typs hal­ten nicht die in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka und in Eu­ro­pa gel­ten­den Grenz­wer­te für den Aus­stoß von Stick­oxi­den ein. Um die Pro­ble­ma­tik zu um­ge­hen, wur­den die Mo­to­ren mit ei­ner Vor­rich­tung ver­se­hen, die er­kennt, ob sich das Fahr­zeug im Test­be­trieb be­fin­det. In die­sem Fall op­ti­miert ei­ne Soft­ware die Ab­gas­auf­be­rei­tung der­art, dass der Schad­stoff­aus­stoß mög­lichst ge­ring ist. Im Nor­mal­be­trieb fin­det ei­ne Op­ti­mie­rung nicht statt; der Schad­stoff­aus­stoß ist des­halb im Nor­mal­be­trieb um ein Viel­fa­ches hö­her als der ge­setz­lich zu­läs­si­ge Höchst­wert. Ins­be­son­de­re wer­den die für die Ein­stu­fung in die Schad­stoff­klas­se Eu­ro 5 er­for­der­li­chen Grenz­wer­te nicht ein­ge­hal­ten. Das Kraft­fahrt-Bun­des­amt ord­ne­te da­her im Ok­to­ber 2015 den Rück­ruf der be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge an und for­der­te die Volks­wa­gen AG auf, die Fahr­zeu­ge in ei­nen den öf­fent­lich-recht­li­chen Vor­schrif­ten ent­spre­chen­den Zu­stand zu brin­gen.

Weil das Fahr­zeug des Klä­gers zu den vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeu­gen ge­hört, for­der­te der Klä­ger die Be­klag­te mit Schrei­ben sei­nes Rechts­an­walts vom 25.11.2015 auf, ihm bis zum 23.12.2015 ent­we­der ein man­gel­frei­es Fahr­zeug zu lie­fern oder das ge­lie­fer­te Fahr­zeug nach­zu­bes­sern. Die Be­klag­te lehn­te ei­ne Er­satz­lie­fe­rung mit Schrei­ben vom 23.12.2015 ab und ver­wies den Klä­ger we­gen ei­ner Nach­bes­se­rung auf ei­nen spä­te­ren Zeit­punkt. Dar­auf­hin er­klär­te der Klä­ger mit Schrei­ben vom 22.01.2016 den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und for­der­te die Be­klag­te auf, das Fahr­zeug bis zum 08.02.2016 zu­rück­zu­neh­men und ihm den Kauf­preis ab­züg­lich ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung zu er­stat­ten. Mit Schrei­ben vom 01.02.2016 lehn­te die Be­klag­te die Rück­nah­me des Fahr­zeugs ab und er­klär­te, sie ver­zich­te bis zum 31.12.2017 auf die Ein­re­de der Ver­jäh­rung für – auch be­reits ver­jähr­te – An­sprü­che, die im Zu­sam­men­hang mit der im Fahr­zeug des Klä­gers zum Ein­satz kom­men­den Soft­ware ste­hen.

Mit Schrift­satz vom 26.07.2016 er­klär­te der Klä­ger vor­sorg­lich noch­mals den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag.

Seit Ja­nu­ar 2016 er­teilt das Kraft­fahrt-Bun­des­amt der Volks­wa­gen AG suk­zes­si­ve die Frei­ga­be zur Um­rüs­tung (Soft­ware­up­date, z. T. auch Ein­bau ei­nes Strö­mungs­gleich­rich­ters) der vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeug­mo­del­le. Die Frei­ga­be für den VW Pas­sat und wei­te­re Fahr­zeug­mo­del­le wur­de am 03.06.2016 er­teilt.

Der Klä­ger meint, sein Fahr­zeug sei man­gel­haft, weil ihm ei­ne i. S. des § 434 I 1 BGB ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit feh­le. Dar­über hin­aus fehl­ten Ei­gen­schaf­ten, die er als Käu­fer ha­be er­war­ten kön­nen, und das Fahr­zeug wei­se auch nicht die i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB üb­li­che Be­schaf­fen­heit auf. Ei­ne Nach­bes­se­rung – so macht der Klä­ger gel­tend – sei un­mög­lich, zu­min­dest aber un­zu­mut­bar. Denn nach den bis­he­ri­gen Er­kennt­nis­sen sei die Be­sei­ti­gung der Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware mit ei­nem An­stieg des Kraft­stoff­ver­brauchs um cir­ca 10 % ver­bun­den und füh­re so­mit zu ei­nem neu­en Man­gel. Ab­ge­se­hen da­von las­se sich durch ei­ne Um­rüs­tung das Image des Fahr­zeugs als „Schum­mel-Die­sel“, das zu ei­nem mer­kan­ti­len Min­der­wert füh­re, nicht be­sei­ti­gen. Der dem Fahr­zeug an­haf­ten­de Man­gel sei schließ­lich auch nicht ge­ring­fü­gig; dem ste­he schon das der Be­klag­ten zu­zu­rech­nen­de arg­lis­ti­ge Ver­hal­ten der Volks­wa­gen AG ent­ge­gen.

Die Kla­ge hat­te teil­wei­se Er­folg.

Aus den Grün­den: I. Der Klä­ger ist wirk­sam vom Kauf­ver­trag vom 12.02.2011 über den Pkw VW Pas­sat 2.0 TDI zu­rück­ge­tre­ten, so­dass er von der Be­klag­ten die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses in Hö­he von 44.714,52 € ab­züg­lich sei­ner Ge­brauchs­vor­tei­le ge­mäß §§ 434, 437 Nr. 2, 323, 346 BGB ver­lan­gen kann.

1. Der Klä­ger hat be­reits mit Schrei­ben vom 22.01.2016 den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt. Zu­dem hat er im Rechts­streit mit an­walt­li­chem Schrift­satz vom 26.07.2016 er­neut den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt. Die­ser Rück­tritt ist wirk­sam, da der Klä­ger auf­grund ei­nes Man­gels an dem Fahr­zeug und der nicht in in­ner­halb an­ge­mes­se­ner Frist er­folg­ten Man­gel­be­sei­ti­gung durch die Be­klag­te ge­mäß §§ 434 I, 437 Nr. 2 BGB zum Rück­tritt be­rech­tigt war.

2. Der VW Pas­sat 2.0 TDI mit dem Mo­tor EA189, den der Klä­ger von der Be­klag­ten mit Kauf­ver­trag vom 12.01.2011 er­wor­ben hat, war man­gel­haft. Dass das Fahr­zeug, das un­strei­tig ein vom so­ge­nann­ten Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nes Fahr­zeug der Mar­ke Volks­wa­gen ist, mit dem ein­ge­bau­ten Mo­tor des Typs EA189 die Eu­ro-5-Norm nicht ein­hält, führt zu ei­nem Man­gel, der den Käu­fer zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag be­rech­tigt.

Hier­bei kann of­fen­blei­ben, ob – wie von der Be­klag­ten mit gu­ten Grün­den an­ge­zwei­felt wird – die Par­tei­en ver­trag­lich ei­ne Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs da­hin ge­hend ver­ein­bart ha­ben, dass das Fahr­zeug die Eu­ro-5-Norm ein­hält. Ob al­lei­ne die Be­schrei­bung im Pro­spekt oh­ne Wei­te­res zu ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung nach § 434 I 1 BGB füh­ren kann, un­ter­liegt je­den­falls vor dem Hin­ter­grund er­heb­li­chen Zwei­feln, dass der Ge­setz­ge­ber die­se wer­ben­den An­ga­ben durch Satz 3 des § 434 I BGB ei­ner Be­schaf­fen­heit nach Satz 2 Nr. 2 und nicht nach Satz 1 zu­ge­ord­net hat.

Letzt­lich muss die Fra­ge nicht ent­schie­den wer­den, denn der un­strei­ti­ge Um­stand, dass der Mo­tor des Typs EA189 im Nor­mal­be­trieb nicht die Eu­ro-5-Norm ein­hält, stellt ei­nen Man­gel nach § 434 I 2 BGB dar. Das Fahr­zeug weist mit die­sem Mo­tor nicht die Be­schaf­fen­heit auf, die der Käu­fer als bei ver­gleich­ba­ren Fahr­zeu­gen üb­lich er­war­ten konn­te. Die Kam­mer teilt die sich in der Recht­spre­chung her­aus­bil­den­de Ein­schät­zung, dass durch den Ein­bau der Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware, die die kor­rek­te Mes­sung der tat­säch­lich er­zeug­ten Stick­oxid­wer­te ver­hin­dert und im Prüf­be­trieb nied­ri­ge­re Aus­stoß­men­gen vor­spie­gelt, das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug von der bei ver­gleich­ba­ren Fahr­zeu­gen üb­li­chen Be­schaf­fen­heit ab­weicht (vgl. hier­zu u. a. OLG Hamm, Beschl. v. 21.06.2016 – 28 W 14/16; OLG Cel­le, Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16, MDR 2016, 1016).

3. Ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten ist der Rück­tritt we­gen die­ses Man­gels nicht nach § 323 V 2 BGB aus­ge­schlos­sen. Das wä­re nur der Fall, wenn der Man­gel un­er­heb­lich wä­re. Hier­bei trifft die Be­klag­te als Ver­käu­fe­rin die Be­weis­last für die Un­er­heb­lich­keit (vgl. OLG Saar­brü­cken, Urt. v. 27.08.2014 – 2 U 150/13, NJW-RR 2015, 48; OLG Mün­chen, Urt. v. 26.10.2011 – 3 U 1853/11). Dass vor­lie­gend der Man­gel an dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug un­er­heb­lich ist, kann nicht fest­ge­stellt wer­den.

a) Zwar wird die Er­heb­lich­keit des Man­gels vor­lie­gend nicht be­reits da­durch in­di­ziert, dass das Fahr­zeug ei­ne ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit nicht auf­weist; hier ist von ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung nicht aus­zu­ge­hen. Gleich­wohl ist nach Auf­fas­sung der Kam­mer in der er­for­der­li­chen Ab­wä­gung der In­ter­es­sen (vgl. hier­zu BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VI­II ZR 94/13, NJW 2014, 3229 Rn. 16) des Klä­gers als Käu­fers ei­ner­seits und der Be­klag­ten als Ver­käu­fe­rin an­de­rer­seits von der Er­heb­lich­keit des Man­gels aus­zu­ge­hen. Maß­geb­li­cher Zeit­punkt für die Be­ur­tei­lung der Er­heb­lich­keit ist der Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung (BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VI­II ZR 94/13, NJW 2014, 3229 Rn. 16).

Die Kam­mer teilt zwar bei der Be­rück­sich­ti­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen die Auf­fas­sung der Be­klag­ten, dass nicht be­reits die Schwe­re des Ver­schul­dens der Volks­wa­gen AG zur An­nah­me der Er­heb­lich­keit führt. Sie folgt der An­sicht des Klä­gers nicht, dass der Be­klag­ten das Ver­schul­den der Volks­wa­gen AG zu­zu­rech­nen ist. Die Volks­wa­gen AG ist nicht Er­fül­lungs­ge­hil­fin der Be­klag­ten im Ver­hält­nis zum Käu­fer (vgl. OLG Cel­le, Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16, MDR 2016, 1016). Dass die Be­klag­te von der Ma­ni­pu­la­ti­on der Mo­to­ren wuss­te, ist nicht er­sicht­lich; an­de­re Ge­sichts­punk­te, die ein schwe­res ei­ge­nes Ver­schul­den der Be­klag­ten be­grün­den könn­ten oder ihr das Ver­schul­den der Volks­wa­gen AG zu­rech­nen las­sen wür­den, be­ste­hen nach An­sicht der Kam­mer nicht. Hier­auf kommt es vor­lie­gend je­doch auch nicht an.

b) Die Er­heb­lich­keit des Man­gels er­gibt sich nach An­sicht der Kam­mer be­reits des­halb, weil der nicht aus­räum­ba­re Ver­dacht ei­nes nicht ganz un­er­heb­li­chen Man­gels be­steht. Dies ge­nügt (vgl. BGH, Urt. v. 09.03.2011 – VI­II ZR 266/09, NJW 2011, 1664 Rn. 17 f.).

Ob die Kos­ten für die Man­gel­be­sei­ti­gung, wie von der Be­klag­ten be­haup­tet und dem Klä­ger be­strit­ten, tat­säch­lich nur 100 € und da­mit we­ni­ger als ein Pro­zent des Kauf­prei­ses be­tra­gen, führt al­lei­ne nicht da­zu, dass der Ver­dacht ei­nes un­er­heb­li­chen Man­gels aus­ge­räumt wä­re. Aus­ge­hend von der vor­ste­hend zi­tier­ten Recht­spre­chung des BGH darf nach An­sicht der Kam­mer nicht nur der Kos­ten­auf­wand ein Pro­zent des Kauf­prei­ses nicht über­schrei­ten; viel­mehr muss der Man­gel auch be­heb­bar sein (vgl. BGH, Urt. v. 09.03.2011 – VI­II ZR 266/09, NJW 2011, 1664 Rn. 17 f.). Dass dies be­zo­gen auf den maß­geb­li­chen Zeit­punkt der Fall war und so­mit der Ver­dacht ei­nes er­heb­li­chen Man­gels aus­räum­bar war, er­gibt sich be­reits aus dem Vor­trag der Be­klag­ten nicht. Nach de­ren Vor­trag hat die Volks­wa­gen AG … die Zu­las­sung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes für die Um­rüs­tung … des klä­ge­ri­schen Fahr­zeugs … erst am 03.06.2016 er­hal­ten; sie lag al­so zum Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung des Klä­gers vom 22.01.2016 noch nicht vor. Zu die­sem Zeit­punkt war of­fen, ob die Be­sei­ti­gung des Man­gels über­haupt mög­lich ist oder be­reits des­sen Be­he­bung mög­li­cher­wei­se an ei­ner feh­len­den Zu­las­sung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes schei­tert.

c) Selbst wenn man da­von aus­zu­ge­hen hät­te, dass zum Zeit­punkt der zwei­ten klä­ge­ri­schen Rück­tritts­er­klä­rung vom 26.07.2016 auch die Um­rüs­tung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs durch das Kraft­fahrt-Bun­des­amt am 03.06.2016 ge­neh­migt wor­den ist, führt die Ab­wä­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen nach An­sicht der Kam­mer da­zu, dass nicht mehr von ei­nem un­er­heb­li­chen Man­gel aus­ge­gan­gen wer­den kann. Die Kam­mer teilt die An­sicht der Be­klag­ten nicht, dass des­halb von ei­nem un­er­heb­li­chen Man­gel aus­zu­ge­hen ist, weil die Kos­ten für die ei­gent­li­che Um­rüs­tung des Fahr­zeugs le­dig­lich mit 100 € an­zu­set­zen sind, oh­ne dass die Hö­he der an­zu­set­zen­den Kos­ten im Hin­blick auf die oben ge­nann­te Recht­spre­chung wei­ter auf­zu­klä­ren wä­re.

Be­reits der Auf­wand, die Zu­las­sung für die Um­rüs­tung ei­ner ganz er­heb­li­chen Viel­zahl von Mo­tor­va­ri­an­ten beim Kraft­fahrt-Bun­des­amt zu er­rei­chen, und des­sen of­fen­sicht­lich er­for­der­li­cher Prüf­dau­er ge­ben nach An­sicht der Kam­mer von vorn­her­ein deut­li­che An­zei­chen, dass es sich bei dem hier vor­lie­gen­den Man­gel­pro­blem nicht um ei­ne un­er­heb­li­che und le­dig­lich mit 100 € Kos­ten­wand zu be­he­ben­de Ab­wei­chung von der Soll-Be­schaf­fen­heit han­delt. Schon we­gen der Tat­sa­che, dass nicht le­dig­lich mit ge­rin­gem Kos­ten­auf­wand die Be­he­bung des Man­gels un­mit­tel­bar nach des­sen An­zei­ge mög­lich war, son­dern die Volks­wa­gen AG das Kraft­fahrt-Bun­des­amt ein­zu­schal­ten und erst Lö­sun­gen für die ver­schie­de­nen Mo­tor­va­ri­an­ten zu ent­wi­ckeln hat­te, kann bei ver­stän­di­ger Wür­di­gung nicht mehr von ei­nem „qua­si bei­läu­fig“ zu be­sei­ti­gen­den Man­gel, ei­ner Ba­ga­tel­le, ge­spro­chen wer­den, die nach der In­ten­ti­on des Ge­setz­ge­bers aus­nahms­wei­se nicht zu ei­nem Rück­tritts­recht füh­ren soll.

d) Auch wenn be­reits die­se Ge­sichts­punk­te in der In­ter­es­sen­ab­wä­gung die Un­er­heb­lich­keit des streit­ge­gen­ständ­li­chen Man­gels aus­schlie­ßen, spre­chen auch wei­te­re Ge­sichts­punk­te ge­gen sie.

Auch nach der Be­sei­ti­gung des Man­gels in der Ab­gas­be­hand­lung ver­bleibt ein Rest­ri­si­ko, dem die Be­klag­te auch im vor­lie­gen­den Rechts­streit zwar ent­ge­gen­tritt, dass sie aber be­reits mit ih­rem Vor­trag nicht aus­räumt. So steht bis­lang nicht fest, dass die von der Volks­wa­gen AG ge­plan­te Um­rüs­tung der Fahr­zeu­ge, auch des klä­ge­ri­schen Fahr­zeugs, nicht zu ei­nem Mehr­ver­brauch – und je­den­falls in­fol­ge des­sen auch zu ei­ner Wert­min­de­rung – führt. Die Be­klag­te be­haup­tet dies zwar un­ter Ver­weis auf die Be­stä­ti­gung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes vom 03.06.2016. Hier­aus er­gibt sich dies je­doch zur Über­zeu­gung der Kam­mer nicht: Aus­weis­lich die­ser von der Be­klag­ten vor­ge­leg­ten Be­stä­ti­gung hat das Kraft­fahrt-Bun­des­amt ei­ne Prü­fung des Ver­brauchs nicht vor­ge­nom­men; viel­mehr ver­weist das Kraft­fahrt-Bun­des­amt nur auf die Prü­fun­gen ei­nes tech­ni­schen Diens­tes. Weil da­mit aber nicht ein­mal das Kraft­fahrt-Bun­des­amt auf­grund ei­ge­ner Er­kennt­nis Ge­währ hier­für über­nimmt, ist die Be­stä­ti­gung vom 03.06.2016 nicht ge­eig­net, das Ri­si­ko ei­nes Mehr­ver­brauchs, wie er je­den­falls in Tei­len tech­ni­scher Über­prü­fun­gen für den VW Ama­rok nach des­sen Um­rüs­tung fest­ge­stellt wor­den ist, aus­ge­schlos­sen ist.

Im Rah­men der In­ter­es­sen­ab­wä­gung ist zu­las­ten der Be­klag­ten dar­über hin­aus zu be­rück­sich­ti­gen, dass die Op­tio­nen des Käu­fers für die Wei­ter­ver­äu­ße­rung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs be­ein­träch­tigt sind; hier­bei kommt es nicht dar­auf an, ob der Klä­ger tat­säch­lich be­ab­sich­tigt, das Fahr­zeug zu ver­äu­ßern. Be­reits die abs­trak­ten Be­ein­träch­ti­gun­gen füh­ren zu ei­ner ent­spre­chen­den Be­ein­träch­ti­gung sei­ner Ent­schlie­ßungs­frei­heit. Dies gilt so­wohl für ei­ne Ver­äu­ße­rung des Fahr­zeugs oh­ne die er­for­der­li­che Um­rüs­tung – ab­zu­stel­len ist auf den oben ge­nann­ten maß­geb­li­chen Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung – als auch für die feh­len­de Zu­las­sungs­mög­lich­keit in der Schweiz.

Je­den­falls in der Ge­samt­schau all die­ser Um­stän­de ist in der er­for­der­li­chen Ab­wä­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen von ei­nem er­heb­li­chen Man­gel aus­zu­ge­hen.

e) Die In­ter­es­sen der Be­klag­ten ste­hen dem nicht in er­heb­li­chem Ma­ße ent­ge­gen. Wie nach­fol­gend auf­zu­zei­gen sein wird, wird den In­ter­es­sen der Be­klag­ten durch die An­ge­mes­sen­heit der Frist zur Nach­er­fül­lung/Nach­bes­se­rung hin­rei­chend Rech­nung ge­tra­gen. Wei­te­re Ge­sichts­punk­te, die ge­gen­über den vor­ste­hend auf­ge­zeig­ten In­ter­es­sen des Käu­fers die Fest­stel­lung recht­fer­ti­gen, der streit­ge­gen­ständ­li­che Man­gel am Ab­gas­sys­tem sei un­er­heb­lich, sind für die Kam­mer auch un­ter Be­rück­sich­ti­gung al­ler Ar­gu­men­te der Be­klag­ten nicht er­kenn­bar.

4. Der Klä­ger hat der Be­klag­ten ge­mäß § 323 I BGB mit Schrei­ben vom 25.11.2015 ei­ne Frist zur Nach­bes­se­rung bis zum 23.12.2015 ge­setzt. Auch wenn der Klä­ger der Be­klag­ten zur Be­sei­ti­gung des Man­gels da­mit ei­ne Frist von vier Wo­chen ge­setzt war, war die Frist nach An­sicht der Kam­mer un­ter Be­rück­sich­ti­gung al­ler Um­stän­de nicht an­ge­mes­sen lang ge­nug. Weil sie un­an­ge­mes­sen kurz war, wur­de durch sie die an­ge­mes­se­ne Frist in Lauf ge­setzt (vgl. BGH, Urt. v. 21.06.1985 – V ZR 134/84, NJW 1985, 2640).

Nach An­sicht der Kam­mer be­trägt im hie­si­gen Ein­zel­fall die an­ge­mes­se­ne Frist sechs Mo­na­te, so­dass sie zum En­de Mai 2016 ab­lief. Die Kam­mer folgt in ih­rer Be­wer­tung, von wel­cher an­ge­mes­se­nen Frist aus­zu­ge­hen ist, der vom LG Mün­chen I in sei­ner Ent­schei­dung vom 14.04.2016 – 23 O 23033/15 – nie­der­ge­leg­ten Auf­fas­sung. Die ur­sprüng­lich vom Klä­ger ge­setz­te Frist von vier Wo­chen ist in An­be­tracht der Kom­ple­xi­tät der Man­gel­be­sei­ti­gung und der Viel­zahl der durch­zu­füh­ren­den Um­rüs­tun­gen zu kurz be­mes­sen. Zwar ist nach An­sicht der Kam­mer in al­len Fäl­len zu be­rück­sich­ti­gen, dass der Käu­fer An­spruch auf die Lie­fe­rung ei­ner man­gel­frei­en Wa­re hat; Feh­ler muss er nicht hin­neh­men, son­dern kann de­ren Be­sei­ti­gung ver­lan­gen. Er muss dem Ver­käu­fer nur ei­ne an­ge­mes­se Zeit für die Be­sei­ti­gung des Man­gels ein­räu­men, wo­bei das Kauf­recht auf ei­ne zeit­na­he Re­gu­lie­rung von Ge­währ­leis­tungs­rech­ten aus­ge­rich­tet ist. Dies zeigt sich an ih­rer kur­zen Ver­jäh­rung, aber auch der Ver­mu­tung des § 476 BGB. Ins­be­son­de­re bei schwer­wie­gen­den Feh­lern kann es an­ge­mes­sen sein, die dem Ver­käu­fer zur Be­sei­ti­gung des Man­gels ein­zu­räu­men­den Zeit kurz zu be­mes­sen. Zu­tref­fend ge­hen da­her die von der Klä­ger­sei­te her­an­ge­zo­ge­nen Ent­schei­dun­gen auch in den Fäl­len des hier vor­lie­gen­den Man­gels grund­sätz­lich von kur­zen Fris­ten als an­ge­mes­sen aus. Gleich­wohl be­rück­sich­ti­gen die­se Ent­schei­dun­gen nach An­sicht der Kam­mer … nicht hin­rei­chend den von der Be­klag­ten re­spek­ti­ve der Volks­wa­gen AG zu be­trei­ben­den Auf­wand, so­wohl ei­ne tech­ni­sche Lö­sung zu ent­wi­ckeln als auch die Ge­neh­mi­gung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes ein­zu­ho­len und schließ­lich die Um­rüs­tung bei ei­ner Viel­zahl von Fahr­zeu­gen durch­zu­füh­ren. Die­se Ge­sichts­punk­te, die wie oben aus­ge­führt auf­grund des au­ßer­or­dent­li­chen Auf­wands be­reits ge­gen die Un­er­heb­lich­keit des vor­lie­gen­den Man­gels spre­chen, füh­ren nach An­sicht der Kam­mer da­zu, dass dem Ver­käu­fer ei­ne über die üb­li­che er­for­der­li­che Zeit für die Be­he­bung „klas­si­scher“ Män­gel zur Ver­fü­gung ste­hen muss. Da­bei ist – wo­bei Aus­nah­men in Be­tracht kom­men kön­nen, die hier aber nicht ge­ge­ben sind – auch zu be­rück­sich­ti­gen, dass dem Käu­fer die Nut­zung sei­nes Fahr­zeugs oh­ne Ein­schrän­kun­gen mög­lich ist. Da es sich vor­lie­gend nicht um si­cher­heits­re­le­van­te Män­gel des Fahr­zeugs han­delt, ist wie bei an­de­ren Rück­ruf­ak­tio­nen ei­nes Fahr­zeug­her­stel­lers nach Be­kannt­wer­den ei­nes Man­gels von ei­ner län­ge­ren Frist an­zu­ge­hen.

Nach An­sicht der Kam­mer fin­det die dem Klä­ger zu­mut­ba­re Frist aber ei­ne Gren­ze nach sechs Mo­na­ten. Hier­bei gilt zu be­rück­sich­ti­gen, dass es sich bei die­sem An­satz nicht um ei­ne star­re Frist han­deln kann. Je län­ger der Man­gel dem Ver­käu­fer be­kannt war und je mehr Zeit ihm für die Vor­be­rei­tung und Durch­füh­rung der Man­gel­be­sei­ti­gungs­maß­nah­men zur Ver­fü­gung stand, des­to ge­rin­ger sind in der er­for­der­li­chen In­ter­es­sen­ab­wä­gung sei­ne Be­lan­ge zu be­rück­sich­ti­gen und füh­ren des­halb zu kür­ze­ren Fris­ten. Im Grund­satz folgt die Kam­mer da­mit dem An­satz auch an­de­rer Ge­rich­te, die der Be­klag­ten zur Ver­fü­gung ste­hen­de an­ge­mes­se­ne Frist nach ei­nem fes­ten End­zeit­punkt zu be­mes­sen. An­ders als von der Be­klag­ten an­ge­führ­te Ent­schei­dun­gen hält die Kam­mer ei­ne Frist bis zum Ab­lauf des Jah­res 2016 und da­mit ei­nen Zeit­raum von deut­lich mehr als ei­nem Jahr nach Be­kannt­wer­den des Ab­gas­skan­dals im Herbst 2015 für deut­lich zu lang.

Auch un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Kom­ple­xi­tät, ei­ne tech­ni­sche Lö­sung an­zu­bie­ten, er­scheint ein Zeit­raum von we­sent­lich mehr als sechs Mo­na­ten mit der vom Ge­setz­ge­ber ge­woll­ten grund­sätz­lich zeit­na­hen Man­gel­be­sei­ti­gung nicht mehr ver­ein­bar und für den Käu­fer in der er­for­der­li­chen Ab­wä­gung nicht mehr zu­mut­bar. Wenn man im vor­lie­gen­den Fall die­se Frist von sechs Mo­na­ten nicht an das Be­kannt­wer­den des Ab­gas­skan­dals, son­dern an die Man­gel­be­sei­ti­gungs­auf­for­de­rung des Klä­gers vom 25.11.2015 knüpft, en­de­te da­mit die nach § 323 I BGB an­ge­mes­se­ne Frist En­de Mai 2016, oh­ne dass die Be­klag­te bis zu die­sem Zeit­punkt die Man­gel­be­sei­ti­gung durch­ge­führt hat­te.

Auf die wei­te­ren vom Klä­ger her­an­ge­zo­ge­nen Ge­sichts­punk­te für die Ent­behr­lich­keit ei­ner Frist­set­zung nach § 323 II BGB, de­ren Vor­aus­set­zun­gen nach An­sicht der Kam­mer nicht vor­lie­gen, kommt es da­her nicht mehr an.

5. Dass der Klä­ger be­reits mit Schrei­ben vom 22.01.2016 und da­mit vor Ab­lauf der an­ge­mes­se­nen Frist den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt hat, steht der Wirk­sam­keit des Rück­tritts nicht ent­ge­gen. Ei­ner­seits hat er mit Schrift­satz vom 26.07.2016 und da­mit nach Ab­lauf der an­ge­mes­se­nen Frist den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­neut er­klärt. An­de­rer­seits be­durf­te es die­ser er­neu­ten Er­klä­rung nicht.

Grund­sätz­lich kann der Rück­tritt auch be­reits bei der Nach­frist­set­zung für den Fall der Nicht­ab­hil­fe er­klärt wer­den. Ge­ra­de in den Fäl­len, in de­nen die ge­setz­te Frist nicht an­ge­mes­sen lang war und ih­re Län­ge und ihr Ab­lauf letzt­lich durch ge­richt­li­che Ent­schei­dung be­stimmt wer­den, wür­de es ei­ne blo­ße För­me­lei be­deu­ten, woll­te man vom Käu­fer die stän­di­ge Wie­der­ho­lung sei­ner Rück­tritts­er­klä­rung ver­lan­gen. Da­her ist in Fäl­len wie dem vor­lie­gen­den grund­sätz­lich da­von aus­zu­ge­hen, dass der nach Ab­lauf der ge­setz­ten Frist er­klär­te Rück­tritt auch für den Fall ei­ner spä­ter an­ders be­mes­se­nen an­ge­mes­se­nen Frist er­klärt sein soll. Der Be­stand des Kauf­ver­trags be­fin­det sich al­ler­dings so lan­ge in ei­nem Schwe­be­zu­stand, den der Ver­käu­fer da­durch ab­wen­den kann, dass er die Leis­tung re­spek­ti­ve die Nach­bes­se­rung er­bringt oder an­bie­tet (vgl. Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 76. Aufl., § 323 Rn. 33).

Weil im hier zu ent­schei­den­den Fall je­doch die Be­klag­te bis zum Ab­lauf der an­ge­mes­se­nen Nach­frist En­de Mai 2016 we­der die Man­gel­be­sei­ti­gung er­bracht noch zu ei­nem be­stimm­ten Zeit­punkt an­ge­bo­ten hat, führt der am 22.01.2016 er­klär­te Rück­tritt des Klä­gers mit Ab­lauf der an­ge­mes­se­nen Frist En­de Mai 2016 zur Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges. Weil da­mit be­reits zu die­sem Zeit­punkt der Rück­tritt wirk­sam ge­wor­den ist, kommt es auf die oben auf­ge­grif­fe­nen Ge­sichts­punk­te, dass das Kraft­fahrt-Bun­des­amt un­ter dem 03.06.2016 der Um­rüs­tung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs zu­ge­stimmt hat, nicht mehr an. Bis zum Zeit­punkt des Ab­laufs der an­ge­mes­se­nen Nach­frist und dem maß­geb­li­chen Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung (vgl. BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VI­II ZR 94/13, NJW 2014, 3229 Rn. 16), so­fern für sie eben­falls auf den Ab­lauf der Nach­frist ab­zu­stel­len wä­re, lag die­se Ge­neh­mi­gung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes nicht vor, so­dass zu die­sem maß­geb­li­chen Zeit­punkt in Er­gän­zung der oben in Zif­fer 3 lit. a nie­der­ge­leg­ten Ab­wä­gung die Be­heb­bar­keit des Man­gels nicht fest­stand und da­her der streit­ge­gen­ständ­li­che Man­gel aus­ge­hend von der zi­tier­ten Recht­spre­chung des BGH nicht als un­er­heb­lich an­ge­se­hen wer­den kann.

6. Der Klä­ger hat sich – wo­von auch er aus­geht – ei­nen Wert­er­satz für die Nut­zung des Fahr­zeugs ge­mäß § 346 I, II 1 Nr. 1 BGB an­rech­nen zu las­sen.

Der Klä­ger hat sich Ge­brauchs­vor­tei­le für die Zeit der Nut­zung des Fahr­zeugs in Hö­he von 19.255,86 € an­rech­nen zu las­sen. Die Kam­mer schätzt die Hö­he der Ge­brauchs­vor­tei­le … ge­mäß § 287 ZPO auf­grund fol­gen­der Ge­sichts­punk­te:

Die Ge­brauchs­vor­tei­le be­mes­sen sich re­gel­mä­ßig nach den ge­fah­re­nen Ki­lo­me­tern. Zum Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung ist von ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von 107.660 km aus­zu­ge­hen. Die für die zu ih­ren Guns­ten zu be­rück­sich­ti­gen­den Ge­brauchs­vor­tei­le dar­le­gungs- und be­weis­be­las­te­te Be­klag­te hat die­se An­ga­be des Klä­gers zwar mit Nicht­wis­sen be­strit­ten. Sie hat aber nicht dar­ge­legt, dass von ei­ner hö­he­ren Lauf­leis­tung aus­zu­ge­hen ist. Auch die von ihr im Schrift­satz vom 09.11.2016 an­ge­bo­te­ne In­au­gen­schein­nah­me er­setzt den er­for­der­li­chen Vor­trag nicht. Da­mit ist da­von aus­zu­ge­hen, dass der Klä­ger mit dem er­wor­be­nen Neu­fahr­zeug 107.660 km ge­fah­ren ist, weil er sich die­sen Vor­teil an­rech­nen lässt.

Bei dem vor­lie­gen­den Fahr­zeug ist von ei­ner zu er­war­ten­den Ge­samt­fahr­leis­tung von 250.000 km aus­zu­ge­hen. Bei dem ver­äu­ßer­ten Fahr­zeug han­delt es sich um ein Die­sel­fahr­zeug, bei dem von vorn­her­ein mit ei­ner hö­he­ren Ge­samt­fahr­leis­tung als bei ei­nem mit ei­nem klei­nen Ben­zin­mo­tor aus­ge­stat­te­ten Fahr­zeug aus­zu­ge­hen ist. Die An­nah­me ei­ner Fahr­leis­tung von 250.000 km ent­spricht der all­ge­mei­nen Er­fah­rung. Die nicht nä­her mit Tat­sa­chen und er­heb­li­chen Ge­sichts­punk­ten un­ter­mau­er­te pau­scha­le Be­haup­tung der Be­klag­ten, es sei von ei­ner Ge­samt­fahr­leis­tung von le­dig­lich 200.000 km aus­zu­ge­hen, mach­te da­her ei­ne Be­weis­auf­nah­me durch Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens nicht er­for­der­lich. Die Kam­mer folgt aber auch nicht dem Klä­ger in sei­nem An­satz von ei­ner Ge­samt­fahr­leis­tung von 350.000 km; … Viel­mehr schätzt die Kam­mer (§ 287 ZPO) die Ge­samt­fahr­leis­tung des re­la­tiv klei­nen (2.0 l Hub­raum) und re­la­tiv leis­tungs­star­ken (103 kW) Ag­gre­gats auf 250.000 km.

War dem­nach beim Kauf des Fahr­zeugs zum Preis von 44.714,52 € noch mit ei­ner Rest­lauf­leis­tung von 142.300 km zu rech­nen, be­trägt der ge­schätz­te Ge­brauchs­vor­teil bei ge­fah­re­nen 107.660 km ins­ge­samt 19.255,86 €.

7. Da­mit er­gibt sich ein An­spruch des Klä­gers in Hö­he von (44.714,52 € − 19.255,86 € =) 25.458,66 €, der ge­mäß § 291 BGB ab dem 01.05.2016 zu ver­zin­sen ist. Da – wie aus­ge­führt – die vom Klä­ger der Be­klag­ten ge­setz­te Frist zur Nach­er­fül­lung nicht an­ge­mes­sen war, be­fand die Be­klag­te sich nicht seit dem 09.02.2016 im Ver­zug.

8. Die Be­klag­te be­fin­det sich nach der Er­klä­rung des Rück­tritts und der Auf­for­de­rung des Klä­gers, das Fahr­zeug zu­rück­zu­neh­men, im Ver­zug der An­nah­me. Selbst un­ter der An­nah­me, dass die Be­klag­te zur Rück­nah­me des Fahr­zeugs vor Ab­lauf der an­ge­mes­se­nen Nach­frist nicht ver­pflich­tet war, ist sie spä­tes­tens mit der Ver­wei­ge­rung der Rück­nah­me im Rechts­streit in den Ver­zug der An­nah­me ge­ra­ten.

9. Dem Klä­ger steht fer­ner ein An­spruch auf Er­satz sei­ner vor­pro­zes­sua­len Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 2.613,24 €zu. Der An­spruch er­gibt sich aus §§ 434, 437 Nr. 3, 280 I BGB. Der An­satz [ei­ner zwei­fa­chen Ge­schäfts­ge­bühr] ist nicht zu be­an­stan­den, da, wie sich nicht zu­letzt aus der Ein­las­sung der Be­klag­ten er­gibt, die Aus­ein­an­der­set­zung schwie­ri­ge und höchst­rich­ter­lich noch nicht ent­schie­de­ne Tat­sa­chen- und Rechts­fra­gen be­trifft …

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