- Ein Gebrauchtwagen ist nicht deshalb mangelhaft, weil er ursprünglich für das europäische Ausland produziert und sodann von dort nach Deutschland reimportiert wurde. Denn es wirkt sich nicht auf die physische Beschaffenheit des Fahrzeugs aus, wo seine erste Auslieferung erfolgt ist.
- Ein Sachmangel kann zwar vorliegen, wenn die (Serien-)Ausstattung eines reimportierten Neuwagens hinter der eines nicht reimportierten Neufahrzeugs zurückbleibt. Auf diesen Gesichtspunkt kann bei einem Gebrauchtwagen in der Regel aber schon deshalb nicht abgestellt werden, weil der Käufer einen Gebrauchtwagen so erwirbt, wie er sich ihm bei einer Besichtigung präsentiert.
- Darüber, dass ein Fahrzeug ursprünglich für das Ausland produziert und dann nach Deutschland reimportiert wurde, muss ein Verkäufer den Käufer nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung nur aufklären, wenn das Fahrzeug auf dem inländischen Markt weniger wert ist als ein ursprünglich für diesen Markt produziertes Fahrzeug.
- Ein Verkäufer muss dem Käufer ungefragt nur solche Mängel der Kaufsache offenbaren, die einer Besichtigung nicht zugänglich und somit nicht ohne Weiteres erkennbar sind. Im Übrigen kann der Käufer keine Aufklärung erwarten, weil er offensichtliche Mängel mit der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann.
LG Köln, Urteil vom 12.12.2013 – 27 O 30/13
(nachfolgend: OLG Köln, Beschluss vom 15.05.2014 – 19 U 3/14)
Sachverhalt: Der Kläger erwarb von dem Beklagten am 18.07.2012 einen gebrauchten Pkw Volvo V 70, den der Beklagte zuvor als „scheckheftgepflegt“ im Internet (AutoScout24) angeboten hatte, zum Preis von 5.500 €. Der schriftliche Kaufvertrag enthielt einen Ausschluss der Haftung des Verkäufers für Sachmängel.
Mit Anwaltsschreiben vom 09.09.2012 forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung zum 24.09.2012 zur Nacherfüllung auf. Anschließend, nämlich mit Anwaltsschreiben vom 04.10.2012, erklärte er den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Der Kläger behauptet, der Beklagte habe ihm zugesichert, das Fahrzeug sei lückenlos scheckheftgepflegt. Dies treffe jedoch nicht zu; die Stempelabdrucke im Serviceheft seien nicht echt. Darüber hinaus macht der Kläger geltend, dass der Beklagte ihm arglistig verschwiegen habe, dass es sich um ein belgisches Fahrzeug handele. Für das Ausland gefertigte Fahrzeuge seien mindestens 1.500 € bis 2.500 € günstiger als für Deutschland gefertigte Fahrzeuge.
Nachdem auf Antrag des Beklagten ein klageabweisendes Versäumnisurteil ergangen war und der Kläger dagegen Einspruch eingelegt hatte, hat der Kläger zuletzt im Wesentlichen die Zahlung von 5.750 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Pkw, begehrt.
Die Klagte hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: I. Aufgrund des mit Schriftsatz vom 14.06.2013 eingelegten Einspruchs des Klägers gegen das Versäumnisurteil vom 16.05.2013 ist der Prozess in die Lage vor dessen Säumnis zurückversetzt worden (§ 342 ZPO) … Das Versäumnisurteil betraf ohnehin noch nicht die Klageerhöhung; diese wurde dem Beklagten erst am 25.06.2013 zugestellt.
II. Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 5.500 € nach erfolgtem Rücktritt … Ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 346 I BGB i. V. mit §§ 433 I 2, 434, 437 Nr. 2, 440, 323 BGB.
a) Der Umstand, dass das Fahrzeug aus Belgien stammt, stellt bereits keinen Mangel i. S. des § 434 BGB dar. Insoweit handelt es sich schon nicht um eine Beschaffenheit, die dem Fahrzeug unmittelbar anhaftet (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 13.05.2003 – 28 U 150/02, NJW-RR 2003, 1360).
Der Beklagte – ein privater Verkäufer – hatte auch keine Veranlassung, den Kläger über diesen Umstand aufzuklären, sodass insoweit auch ein Anspruch aus §§ 280 I, 211 II Nr. 1 BGB i. V. mit § 241 II BGB ausscheidet.
b) Unabhängig davon, ob die Stempel im Inspektionsheft gefälscht wurden und eine durchgängige Scheckheftpflege nicht erfolgt ist – dies würde unabhängig davon, ob insoweit eine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen wurde, in jedem Fall einen Mangel i. S. des § 434 BGB darstellen – ist insoweit die Sachmängelgewährleistung jedenfalls aufgrund der zulässigen Vereinbarung im Kaufvertrag ausgeschlossen.
Der Gewährleistungsausschluss ist auch nicht deshalb unanwendbar, weil eine Garantie übernommen wurde (§ 444 BGB). Allein der Angabe „scheckheftgepflegt“ in dem Internetinserat kann der Wille des Beklagten, hierfür verschuldensunabhängig einstehen zu wollen, nicht entnommen werden.
Auch ist ein arglistiges Verschweigen des möglichen Mangels durch den Beklagten nicht erkennbar. Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat weder Umstände dargetan, aus denen sich eine Arglist des Beklagten ergeben könnte, noch hierfür Beweis angetreten. Insbesondere ist es auch denkbar, dass eventuell gefälschte Stempel auf den ursprünglichen Besitzer des Fahrzeuges zurückzuführen sind …
2. Der Kläger hat nach oben Gesagtem auch keinen Anspruch auf Zahlung des mit der Klageerhöhung geltend gemachten Betrages. Ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus §§ 433 I 2, 434, 437 Nr. 3, 281 BGB. Der – auch insoweit zulässige – Gewährleistungsausschluss bezieht sich auch auf Schadensersatzansprüche wie den vorliegend geltend gemachten.
3. Dementsprechend befand sich der Beklagte auch nicht im Annahmeverzug gemäß §§ 293 ff. BGB, sodass auch der Klageantrag zu 2 keinen Erfolg hat.
4. Ein Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren besteht ebenfalls nicht. Dieser folgt mangels eines fälligen Anspruchs des Klägers gegen den Beklagten insbesondere nicht aus §§ 280 I, II, 286 BGB …
Hinweis: Die Berufung des Klägers hatte ebenfalls keinen Erfolg. Das OLG Köln hat sie mit Beschluss vom 23.06.2014 – 19 U 3/14 – zurückgewiesen, nachdem es die Parteien mit Beschluss vom 15.05.2014 auf diese Absicht hingewiesen hatte. In dem Hinweisbeschluss heißt es unter anderem:
„I. … Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung haben keinen Erfolg.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückabwicklung des über den streitgegenständlichen Pkw geschlossenen Kaufvertrages aus § 346 I BGB i. V. mit §§ 433 I 2, 434, 437 Nr. 2, 440, 323 BGB.
a) Das von dem Kläger erworbene Fahrzeug ist nicht mangelhaft. Denn in dem Umstand, dass der Wagen ursprünglich für Belgien produziert und von dort aus nach Deutschland reimportiert worden ist, liegt keine Beschaffenheit, die dem Fahrzeug selbst unmittelbar anhaftet.
Nach § 434 BGB ist eine Kaufsache mangelhaft, wenn sie bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit von den Vertragsparteien eine Beschaffenheit nicht vereinbart worden ist, ist die Sache mit Mängeln behaftet, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung oder für die gewöhnliche Verwendung nicht eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art nicht üblich ist. Die Beschaffenheit einer Kaufsache ist dabei mit ihrem tatsächlichen Zustand gleichzusetzen, der die ihr anhaftenden Eigenschaften umfasst. Sie ist nicht auf die faktischen Merkmale beschränkt, sodass auch äußere Umstände, denen die Sache zwangsläufig unterliegt, als Beschaffenheit angesehen werden. Das bedeutet, dass zur Beschaffenheit einer Kaufsache auch diejenigen tatsächlichen, wirtschaftlichen oder rechtlichen Bezüge gehören, die im tatsächlichen Zustand der Sache selbst wurzeln und die ihr unmittelbar physisch auf eine gewisse Dauer anhaften.
Vor diesem Hintergrund wirkt sich auf seine Beschaffenheit nicht unmittelbar aus, ob die erste Auslieferung eines Fahrzeugs innerhalb des nationalen Händlernetzes oder über das Ausland erfolgt ist. Dies hat – für sich gesehen – keinerlei Auswirkungen auf den physischen Zustand der Sache. Der Import eines Fahrzeugs ist daher allein keine ihm anhaftende Beschaffenheit und damit auch kein Sachmangel (vgl. dazu KG, Beschl. v. 29.08.2011 – 20 U 130/11, juris; OLG Jena, Urt. v. 23.10.2008 – 1 U 118/08, juris; OLG Hamm, Urt. v. 13.05.2003 – 28 U 150/02, NJW-RR 2003, 1360).
Dies ist nach der Rechtsprechung allenfalls dann anders zu beurteilen, wenn das Importfahrzeug abweichende Ausstattungsmerkmale aufweist. Dieser für den Neuwagenkauf entwickelte und auf den physischen Zustand der Sache zielende Gesichtspunkt kann vorliegend aber bereits deswegen nicht zu einer abweichenden Bewertung zugunsten des Klägers führen, weil es sich hier um einen Gebrauchtwagen handelte, den der Kläger so erworben hat, wie er sich ihm bei der Besichtigung präsentierte, und der Kläger daneben eine Minderausstattung schon nicht behauptet hat.
b) Wenn der Kläger in diesem Zusammenhang darauf verweist, das Fahrzeug verfüge über Anzeigetafeln, die nicht in deutscher Sprache anzeigten, begründet dies ebenfalls keinen Mangel. Denn der Kläger legt schon nicht hinreichend substanziiert dar, um welche Anzeigen es sich hierbei überhaupt handeln soll, in welcher Sprache diese anzeigen, und ob für den deutschen Markt produzierte Fahrzeuge des hier streitgegenständlichen Typs diese Informationen überhaupt auf Deutsch bereithalten.
Aber auch dann, wenn man diesen Umstand als Mangel bewerten wollte, könnte der Kläger hieraus keine Ansprüche herleiten. Dem steht der zwischen den Parteien vereinbarte Gewährleistungsausschluss entgegen. Dies ist auch nicht deswegen anders zu beurteilen, weil der Beklagte den Kläger auf diesen Mangel nicht hingewiesen hätte. Eine entsprechende Offenbarungspflicht traf den Beklagten nämlich nicht. Eine Offenbarungspflicht des Verkäufers besteht nur hinsichtlich solcher Mängel der Kaufsache, die einer Besichtigung nicht zugänglich und damit nicht ohne Weiteres erkennbar sind; anderenfalls kann der Käufer eine Aufklärung nicht erwarten, weil er offenkundige Mängel bei der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann (BGH, Urt. v. 12.04.2002 – V ZR 302/00, IBR 2002, 383). Da es dem Kläger im Rahmen der ihm möglichen Fahrzeugbesichtigung aber unwidersprochen ohne Weiteres möglich gewesen wäre, die abweichende Spracheinstellung etwaiger Anzeigen selbst zu erkennen, handelte es sich mithin nicht um einen versteckten, sondern um einen offenkundigen Fehler.
c) Der Kläger kann ferner nicht mit Erfolg darauf verweisen, das Erstzulassungsdatum des Wagens sei nicht verlässlich feststellbar. Warum dies so sein soll, zeigt er nicht auf. Schließlich sind ihm unstreitig weitere Papiere zu dem Fahrzeug übergeben worden. Wie der Beklagte zu Recht bemerkt, ist dem Klägervortrag auch schon nicht die konkrete Behauptung zu entnehmen, das Fahrzeug sei älter als angenommen.
d) Aufgrund des vereinbarten Gewährleistungsausschlusses kann der Kläger schließlich auch nicht mit Erfolg geltend machen, das Fahrzeug sei entgegen der Angabe in dem Internetinserat nicht scheckheftgepflegt. Denn ausweislich des schriftlichen Kaufvertrages hat der Beklagte gerade keine Garantie dafür übernehmen wollen, dass diese im Inserat zu findende Angabe tatsächlich zutrifft. Der im schriftlichen Kaufvertragsvordruck vorgesehene Raum für derartige Garantieerklärungen enthält einen diesbezüglichen Hinweis nämlich gerade nicht. Auch aus dem Internetinserat ist ein entsprechender Rechtsbindungswille nicht herzuleiten. Ungeachtet dessen, dass es sich bei solchen Inseraten in der Regel lediglich um unverbindliche Anpreisungen und Beschreibungen handelt, konnte der Kläger gerade in der Zusammenschau mit dem danach noch schriftlich abgefassten Kaufvertrag nach seinem Empfängerhorizont nicht davon ausgehen, der Beklagte wolle eine Gewähr für die Richtigkeit dieser Angabe im Inserat übernehmen.
Für ein arglistiges Verschweigen des Umstandes durch den Beklagten, dass die Eintragungen im Scheckheft nach dem Vortrag des Klägers unecht gewesen sind, hat der Kläger bereits nicht hinreichend subszantiiert vorgetragen. Aufgrund welcher Umstände der Beklagte, der die Wartungsarbeiten unstreitig nicht selbst durchgeführt und das Fahrzeug von einem Vorbesitzer erworben hat, hierüber hätte Kenntnis haben sollen, legt der Kläger schon nicht dar. Insoweit erweist sich auch sein Vortrag in der Berufungsschrift als haltlos, die diesbezüglichen Angaben habe der Beklagte ‚ins Blaue hinein‘ getätigt. Anhaltspunkte dafür, warum der Beklagte berechtigte Zweifel an der Echtheit dieser Eintragungen hätte haben sollen, sind nicht ersichtlich.
2. Daneben hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages wegen Verschuldens bei Vertragsschluss. Denn der Beklagte war nicht verpflichtet, den Kläger darüber aufzuklären, dass das von ihm angebotene Fahrzeug ursprünglich für den belgischen Markt produziert worden ist. Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung der Oberlandesgerichte kommt eine solche Hinweispflicht nur dann in Betracht, wenn das Fahrzeug aufgrund seines Reimportes auf dem inländischen Markt weniger wert ist als ein für diesen produziertes Auto (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 13.05.2003 – 28 U 150/02, NJW-RR 2003, 1360; OLG Jena, Urt. v. 23.10.2008 – 1 U 118/08, juris). Insoweit hat der Kläger zwar behauptet, für das hier streitgegenständliche Fahrzeug errechne sich ein Minderwert von 1.500 € bis 2.500 €. Umstände, die den von dem Kläger behaupteten Sachverhalt plausibel erscheinen lassen könnten, sind allerdings nicht vorgetragen. Er erscheint auch bereits deswegen nicht lebensnah, weil das von dem Kläger erworbene Fahrzeug bereits im Jahr 2005 erstmals zugelassen worden und unstreitig ca. 270.000 km gelaufen war. Der Wagen hatte damit offenkundig beinahe das Ende seiner Lebensdauer erreicht. Dass in diesem Stadium tatsächlich sein Reimport noch einen wesentlichen Einfluss auf den Marktwert hätte haben können, erscheint fernliegend …
In dem die Berufung zurückweisenden Beschluss vom 23.06.2014 heißt es unter anderem:
„Wie der Senat bereits in seinem Hinweisbeschluss ausgeführt hat, kommt nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung der Oberlandesgerichte eine Pflicht des Verkäufers zu einem Hinweis auf einen Reimport des Fahrzeuges nur dann in Betracht, wenn das Fahrzeug deswegen auf dem inländischen Markt weniger wert istals ein für diesen produziertes Auto (vgl. OLG Jena, Urt. v. 23.10.2008 – 1 U 118/08, juris; OLG Hamm, Urt. v. 13.05.2003 – 28 U 150/02, NJW-RR 2003, 1360). Insoweit hat der Kläger zwar behauptet, für das hier streitgegenständliche Fahrzeug errechne sich ein Minderwert von 1.500 – 2.500 EUR. Umstände, die den von dem Kläger behaupteten Sachverhalt plausibel erscheinen lassen könnten, sind allerdings weder erstinstanzlich, noch in der Berufung vorgetragen worden. Die Erklärung des Klägers in seinem Schriftsatz vom 12.06.2014, dies liege doch auf der Hand, kann substantiierten Vortrag nicht ersetzen. Mithin fehlt es noch immer an der plausiblen Darlegung eines solchen Minderwerts …“