1. Eine Aufforderung zur Nacherfüllung muss bestimmt und eindeutig sein und den Schuldner in die Lage versetzen, die Berechtigung des Nacherfüllungsverlangens nachzuvollziehen. Der Gläubiger muss aber nicht alle Leistungsdefizite im Einzelnen aufführen. Hierzu ist er mangels eigener Sachkunde häufig nicht in der Lage.
  2. Ein Gebrauchtwagen ist mangelhaft, wenn der Kaufvertrag einen „behobenen“ Frontschaden ausweist, eine Überprüfung des Fahrzeugs aber ergibt, dass Beschädigungsrückstände und Spuren nur unvollständiger bzw. unsachgemäßer Reparaturen vorhanden sind.

AG Schwarzenbek, Urteil vom 21.04.2011 – 2 C 667/10
(nachfolgend: LG Lübeck, Urteil vom 22.03.2012 – 14 S 107/11)

Sachverhalt: Die Parteien streiten um Schadensersatz aus einem Kaufvertrag über ein gebrauchtes Kraftfahrzeug.

Der Kläger kaufte am 11.09.2008 von dem Beklagten einen Pkw Toyota Avensis 2.2 D zum Preis von 16.200 €. Das Fahrzeug hatte am 28.08.2006 einen erheblichen Frontschaden erlitten und war auf Geheiß des Beklagten, der das Fahrzeug zuvor im verunfallten Zustand erworben hatte, durch einen Kfz-Meister aus einem Toyota-Fachbetrieb „privat“ repariert worden. Zum Zeitpunkt der Reparatur war der Beklagte, der selbst Kfz-Techniker ist, in dem Autohaus beschäftigt.

Bei den Verkaufsverhandlungen und dem Vertragsschluss ließ sich der Beklagte von dem Zeugen S vertreten, der seinerzeit im selben Unternehmen als Verkaufsleiter tätig war.

Im Kaufvertrag heißt es unter anderem: „Auf den behobenen Frontschaden wurde hingewiesen.“ Die Gewährleistung für Sachmängel wurde nicht ausgeschlossen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.07.2009 verlangte der Kläger Nacherfüllung wegen angeblicher Mängel bei der zuvor durchgeführten Reparatur. Der Kläger behauptet, die Reparatur sei nicht vollständig und fachgerecht erfolgt. Auf der vorderen linken Seite seien im Bereich des Radhauses, des Längsträgers und des Kotflügels Beschädigungsrückstände und Spuren unvollständiger bzw. unsachgemäßer Reparaturen vorhanden. Die Kosten der insoweit erforderlichen weiteren Reparatur würden 1.030,19 € netto betragen. Zudem trete dadurch eine (weitere) Wertminderung von 200 € ein.

Der Kläger behauptet weiter, beim Vertragsgespräch habe der Zeuge S lediglich von einem leichten bzw. geringen Frontschaden gesprochen und erklärt, dass zur ordnungsgemäßen Behebung des Schadens keine Eingriffe in die Karosserie erforderlich gewesen seien.

Die im Wesentlichen auf Zahlung von 1.230,19 € nebst Zinsen gerichtete Klage hatte Erfolg.

Aus den Gründen: 1. Der Kläger hat gegen den Beklagten zunächst einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.030,19 €. Der Anspruch folgt aus §§ 433 I 2, 434 I 1, 437 Nr. 3, 280 I, 281 I 1, 249 BGB.

a) Nach § 433 I 2 BGB hat der Verkäufer dem Käufer die Sache frei von Sachmängeln zu verschaffen. Nach § 434 I 1 BGB ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Dies war vorliegend nicht der Fall.

Vereinbart war, dass der zuvor vorhandene Frontschaden „behoben“ war. Eine Auslegung dieser Formulierung nach §§ 133, 157 BGB bedarf es nicht. Denn die Beweisaufnahme hat ergeben, dass beide Parteien hierunter übereinstimmend eine „fachgerechte“ bzw. „hundertprozentig ordnungsgemäße“ Reparatur gemeint haben. Dies hat der Zeuge S – insoweit korrespondierend zu den Angaben des Klägers – glaubhaft ausgesagt. Der Zeuge S hat lebhaft und detailliert geschildert, dass das Fahrzeug von einem gewissenhaften und erfahrenen Kfz-Meister „meistergerecht“ repariert worden sei und dass er – der Zeuge S – dem Kläger im Rahmen des Verkaufsgesprächs auch „mit Sicherheit“ gesagt habe, dass die Reparatur auf jeden Fall fachgerecht erfolgt sei, zumal der Verkäufer bzw. dessen Ehefrau das Fahrzeug zuvor selbst genutzt hätten. Diese ihm günstigen Angaben hat sich der Kläger zu eigen gemacht, indem er ihnen nicht widersprochen hat. Der Beklagte hat sich die Erklärungen des Zeugen S im Rahmen der Verkaufsgespräche gemäß § 164 I BGB zurechnen zu lassen.

b) Entgegen der vereinbarten Beschaffenheit war das Fahrzeug bei Gefahrübergang (Übergabe, § 446 Satz 1 BGB) mit Mängeln behaftet. Dies ergibt sich aus dem schriftlichen Sachverständigengutachten des Dipl.-lng. G … vom 02.11.2009 aus dem selbstständigen Beweisverfahren. Danach sei die Reparatur des Unfallschadens nicht vollständig fachgerecht erfolgt. Auf der vorderen linken Seite im Bereich Radhaus/Längsträger/Kotflügel seien Beschädigungsrückstände und Spuren unvollständiger bzw. unsachgemäßer Reparaturen vorhanden.

Namentlich hat der Sachverständige folgende Reparaturmängel festgestellt: Die Einpassung des linken vorderen Kotflügels sei mangelhaft, weil er im Anschluss an die linke A-Saule zu dicht an der Karosserie befestigt sei und dort einen Lackschaden mit Korrosionsanzeichen verursacht habe. Weiterhin sei die an der Oberkante des Wasserkastens zwischen dem Kotflügel und dem Radhaus in Längsachsenrichtung angeschweißte Verstärkung teilweise mit Wasser gefüllt, das dort permanent heraustriefe mit der Folge, dass sich im Anschlussbereich dieser Wasserkastenverstärkung zur A-Säule ebenfalls Korrosionsanzeichen fänden; das Teil sei unsachgemäß angebracht bzw. abgedichtet worden. Schließlich befänden sich links vorn im Anschlussbereich zwischen Längsträger und Frontblech/Querträger Restdeformaltionen an der Längsträgerendspitze und dem Verstärkungsblech des Frontblechs; hier sei der Unterbodenschutz nicht vollflächig angebracht, wodurch auch hier Korrosionsansätze vorhanden seien.

Diese Reparaturmängel beruhen auch auf der Reparatur des Unfallschadens vom 28.06.2006. Sie waren also bereits bei Gefahrübergang vorhanden, ohne jedoch werkseitig bedingt zu sein. Der Sachverständige hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19.03.2010 hierzu ausgeführt: Der Zustand des Kotflügels am Übergang zu A-Säule sei auf die Reparatur zurückzuführen. Dessen Einpassung habe den Schaden verursacht. Es bestehe dort kein Verformungsweg. Zudem sei der Kotflügel nicht das Originalteil, sodass ein werkseitiger Zustand dieses Mangels auszuschließen sei. Ähnliches stellt der Sachverständige zur Verstärkung am Wasserkasten fest: Diese sei aufgrund einer mechanischen Beschädigung bearbeitet und dabei unter anderem mit einem dicken Anstrich mit Unterbodenschutzmaterial versehen worden. Ab Werk sei dieses Teil lackiert, wenn auch nicht in Wagenfarbe. Es bestehe kein Zweifel an einer Ursächlichkeit der Korrosion aufgrund der nachträglichen Bearbeitung. Die rechte Fahrzeugseite zeige sich serienmäßig und unbearbeitet; hier fänden sich keine Korrosionsanzeichen. Wegen des Mangels am Längsträger sei – vor dem Hintergrund des nachzuvollziehenden Unfallschadens aus dem Schadengutachten vom 04.09.2006 – der vorgefundene Zustand am Vorderwagen links als Folge einer Unfallreparatur zur Beseitigung des Unfallschadens vom 28.08.2006 plausibel. Es seien keine Besonderheiten festzustellen gewesen, anhand derer die Beseitigung von zwei Unfallschäden am linken Vorderwagen nachzuweisen sei. Der Zustand sei weder als Ergebnis des werksmäßigen Zusammenbaus noch als Ergebnis einer fachgerechten Reparatur üblich und bewege sich nicht mehr im Toleranzbereich. Rostansätze seien auch hier erfahrungsgemäß nicht eine regelmäßige Erscheinung.

Das Sachverständigengutachten wird gemäß § 493 I ZPO der Entscheidung im streitigen Verfahren zugrunde gelegt. Das Gericht schließt sich nach eigener kritischer Würdigung dem Ergebnis der Begutachtung an. Das Gutachten ist auch für einen Laien ohne Weiteres verständlich und nachvollziehbar. Es ist plausibel und enthält insbesondere keine Widersprüche oder Lücken.

Angesichts der sachverständigen Feststellungen genügt das Bestreiten des Beklagten, dass das Fahrzeug nach der Übergabe keinen weiteren Schaden erlitten habe, nicht aus. Rechtstechnisch handelt es sich um ein Bestreiten der streitgegenständlichen Reparaturmängel, für deren Vorliegen grundsätzlich der Kläger darlegungs- und beweispflichtig ist. Dieses Bestreiten mit Nichtwissen gemäß § 138 IV ZPO findet allerdings dort seine Grenzen, wo es zum einen ohne jeden objektiven Anhaltspunkt ins Blaue hinein erfolgt und zum anderen die Wahrnehmungs- und Verantwortungssphäre des Beklagten berührt. Vorliegend steht die Reparatur des erheblichen Unfallschadens am linken Vorderwagen des streitgegenständlichen Fahrzeugs vom 28.08.2006 fest. Es steht fest, dass die vom Sachverständigen vorgefundenen Reparaturmängel den am 28.08.2006 massiv beschädigten Bereich betreffen. Anhaltspunkte für einen späteren Schaden mit nachfolgender Reparatur an den gleichen Fahrzeugkomponenten haben sich im gesamten Rechtsstreit (einschließlich dem selbstständigen Beweisverfahren) nicht ergeben. Im Gegenteil: Die Zeugin P hat in ihrer Vernehmung glaubhaft bestätigt, dass es weitere Schäden und Reparaturen mit Ausnahme der im Rechtsstreit bereits thematisierten nicht gegeben hat. Zudem hat der Beklagte die Reparatur selbst durchführen lassen, und zwar durch einen ihm bekannten Mitarbeiter des Betriebes, dem er selbst angehörte. Er hätte sich aufgrund dieser besonderen Konstellation jederzeit bei dem ausführenden Meister über den tatsächlichen Umfang, die Art und Weise und die Qualität der seinerzeit ausgeführten Reparatur informieren können. Sein Bestreiten ist deshalb unzulässig, soweit es mit Nichtwissen erfolgt, und im Übrigen unsubstanziiert.

c) Soweit der Beklagte mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 13.04.2011 erstmals geltend macht, dass die Reparaturmängel wirtschaftlich und technisch unerheblich seien, ist sein Vortrag ersichtlich verspätet (§ 296a Satz 1 ZPO). Außerdem wären die Einwendungen auch in der Sache unerheblich: Eine wirtschaftliche Erheblichkeitsgrenze gibt es bei der Gewährleistung für Sachmängel im Kaufrecht nicht. Zur technischen Erheblichkeit und Lebensdauer hat der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme bereits ausgeführt: Der vorgefundene Zustand sei „nicht als noch im Toleranzbereich befindlich zu beurteilen“, und die Lebensdauer sei „aufgrund bereits eingesetzter Korrosion als eingeschränkt zu bewerten“.

d) Die Übergabe des Fahrzeugs in einem nicht vertragsgemäßen, mangelbehafteten Zustand ist eine Pflichtverletzung i. S. des § 280 I BGB. Das Verschulden des Beklagten wird vermutet (§ 280 I 2 BGB).

Die voraussichtlichen Reparaturkosten belaufen sich ausweislich der Feststellungen des Sachverständigen auf 1.030,19 € netto. Der Beklagte ist der zugrunde liegenden Kalkulation nicht entgegengetreten, sodass insoweit auf die Ausführungen des Sachverständigen Bezug genommen wird.

e) Der Kläger hat gemäß § 281 I 1 BGB ordnungsgemäß Nacherfüllung verlangt. Entgegen der Auffassung des Beklagten genügt das anwaltliche Schreiben vom 21.07.2009 den Anforderungen an ein korrektes Nacherfüllungsverlangen.

Gemäß § 281 I 1 BGB muss der Gläubiger dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt haben. Erforderlich ist eine bestimmte und eindeutige Aufforderung zur Nacherfüllung (Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl. [2011], § 281 Rn. 9). Die genauen Anforderungen hängen vom Einzelfall ab. Einerseits darf die Aufforderung nicht ins Leere gehen, indem sie den Schuldner nicht in die Lage versetzt, die Berechtigung des Nacherfüllungsverlangens nachzuvollziehen. Andererseits darf vom Gläubiger nicht verlangt werden, dass er alle Leistungsdefizite im Einzelnen aufführt. Dies würde die Anforderungen überspannen, weil der Gläubiger – wie hier – hierzu mangels eigener Sachkunde häufig nicht in der Lage ist (vgl. BGH, Urt. v. 25.03.2010 – VII ZR 224/08 Rn. 16).

Der Klägervertreter hat in seinem Nacherfüllungsverlangen „auf den nicht fachgerecht beseitigten Frontschaden“ Bezug genommen und ausgeführt, dass „quasi die Fahrzeugfront nochmals zerlegt werden muss und die erforderlichen Karosseriearbeiten ordnungsgemäß durchzuführen sind“. Dies entspricht letztlich auch der Konsequenz aus dem Sachverständigengutachten.

Unerheblich ist, dass der Kläger auf Veränderungen von Spaltmaßen und Bohrungen im Bereich der unteren Motorraumabdeckung Bezug genommen hat, die der Sachverständige nicht bestätigen konnte. Der Sachverständige konnte stattdessen andere Reparaturmängel feststellen, unter anderem beim Spaltmaß am Kotflügel. Ein möglicherweise nicht korrekt zuzuordnendes Symptom ändert nichts an der Diagnose: Die Reparaturleistung war nicht vollständig fachgerecht. Der Kläger ist Laie und konnte sich lediglich auf die unverbindlichen Angaben der von ihm aufgesuehten Werkstatt verlassen. Eine nähere Konkretisierung der einzelnen Mängel war ihm nicht möglich. Demgegenüber ist der Beklagte selbst Kfz-Techniker mit Kontakten zu einer Fachwerkstatt und dem ausführenden Meister, sodass er den erforderlichen Nacherfüllungsumfang ohne Weiteres hätte ermitteln (lassen) können.

Ob die zur Nacherfüllung gesetzte Frist ausreichend bemessen war, kann dahinstehen. Die Nacherfüllungsfrist muss grundsätzlich so bemessen sein, dass der Schuldner die erforderliche Nacherfüllung tatsächlich erbringen kann. Allerdings wird bei einer zu kurzen Fristsetzung die angemessene Frist in Gang gesetzt (Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 281 Rn. 9), sodass die Frage der Fristdauer nur dann zu problematisieren wäre, wenn der Beklagte die ernsthafte Absicht gehabt hätte, die Nacherfüllung (ggf. binnen längerer Frist) ordnungsgemäß vorzunehmen. Dies war indes nicht der Fall.

Dass der Beklagte – entsprechend seinem insoweit unbestrittenen Vortrag – im Vorfeld des Nacherfüllungsschreibens vom 21.07.2009 dem Kläger angeboten hat, das Fahrzeug im Autohaus A … „vorzustellen“, ist unerheblich. Zum einen ist der Vortrag nicht geeignet zur Darlegung eines ordnungsgemäßen Nacherfüllungsangebots. Hierzu hätte der Beklagte zumindest die Bereitschaft zur Durchführung der erforderlichen Arbeiten und zur Übernahme der entsprechenden Reparatur- und Nebenkosten (§ 439 II BGB) mitteilen (und die entsprechende Mitteilung im Rechtsstreit darlegen) müssen. Auch die diesbezüglichen Konkretisierungen im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 13.04.2011 wären hierfür nicht ausreichend. Zum anderen hätte der Beklagten ein ernsthaftes Nacherfüllungsangebot im Anschluss an das Nacherfüllungsverlangen vom 21.07.2009 unterbreiten bzw. wiederholen müssen. Dies ist unstreitig nicht geschehen.

2. Der Kläger hat aus demselben Rechtsgrund auch einen Anspruch auf Ersatz weiterer 200 €. Dieser Betrag entspricht dem merkantilen Minderwert infolge der erforderlichen weiteren Reparatur, was sich ebenfalls aus dem Sachverständigengutachten nebst ergänzender Stellungnahme ergibt.

Der merkantile Minderwert ist entgegen der Auffassung des Beklagten (sowie entgegen der ursprünglich geäußerten vorläufigen Auffassung des Gerichts) nicht bereits im vereinbarten Kaufpreis berücksichtigt. Richtig ist zwar, dass ein merkantiler Minderwert bereits infolge der ursprünglichen Unfallreparatur vorhanden war, der bei der Vereinbarung über den Kaufpreis bereits berücksichtigt wurde. Dies ergibt sich aus der Natur der Sache: Beim Verkauf eines Fahrzeugs mit einem reparierten Unfallschaden bildet die Tatsache des erlittenen Unfalls einen wertbildenden Umstand, der seinem Wesen und Wert nach dem merkantilen Minderwert entspricht. Ist der Unfallschaden nun entgegen der Vereinbarung nicht vollständig fachgerecht repariert worden, ergibt sich hieraus nicht ohne Weiteres ein weiterer merkantiler Minderwert. Denn wenn die geschuldete Reparatur anschließend nachgeholt wird, stellt sich das Fahrzeug in genau demjenigen vertragsgemäßen Zustand dar, für den die Parteien den Kaufpreis vereinbart haben.

Vorliegend liegen die Dinge jedoch anders: Der Sachverständige. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme klargestellt, dass die Wertminderung in Höhe von weiteren 200 € aufgrund der nochmaligen Reparatur mit einem deutlichen Eingriff in das Karosseriegefüge (Längsträger, Verstärkung des Wasserkastens) zur Beseitigung der Reparaturmängel anfalle. Eine nochmalige „Rahmenreparatur“ reduziere den möglichen Veräußerungserlös des Fahrzeugs um zusätzliche 200 € gegenüber der bisherigen Reparatur. Der weitere merkantile Minderwert entsteht also nur aufgrund des Umstands, dass insgesamt nicht eine, sondern zwei Reparaturen mit erheblichen Eingriffen in das Karosseriegefüge erforderlich sind, um den Unfallschaden vollständig fachgerecht zu beheben. Damit ist der weitere merkantile Minderwert vom vereinbarten Kaufpreis nicht umfasst. Denn der vereinbarte Kaufpreis berücksichtigt nur eine „Rahmenreparatur“.

3. Der Feststellungsanspruch ist ebenfalls aus demselben Rechtsgrund begründet. Der Kläger hat ein ausreichendes Feststellunbsinteresse (§ 256 I ZPO). Die Reparaturmängel sind derzeit noch nicht behoben, sodass der Kläger die noch nicht angefallene Mehrwertsteuer nicht im Wege der Leistungsklage verlangen kann. Der Kläger hat dargelegt, dass er die fehlenden Reparaturarbeiten zeitnah nach Abschluss des Rechtsstreits durchführen lassen will. Wenn der Kläger die Reparaturmängel beheben lässt, wird Mehrwertsteuer in Höhe von 19 % auf den Netto-Reparaturbetrag anfallen. Der Kläger ist nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

4. Der Kläger hat allerdings keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Ersatz seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Ein solcher Anspruch könnte sich vorliegend allein aus dem Gesichtspunkt des Verzugs gemäß §§ 280 I, II, 286 BGB ergeben. Die früheste dargelegte vorgerichtliche Tätigkeit der klägerischen Rechtsanwälte besteht in dem Nacherfüllungsverlangen vom 21.07.2009. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Beklagte nicht im Verzug.

Nach den eigenen Darlegungen hat sich der Kläger nach Auftreten des Verdachts einer unsachgemäßen Reparatur zunächst an den Vorbesitzer des Fahrzeugs gewandt und von diesem das Schadensgutachten vom 04.09.2006 erhalten. Aufgrund dieses Gutachtens habe er sich veranlasst gesehen, anwaltllche Hilfe in Anspruch zu nehmen, woraufhin der Beklagte mit Schreiben vom 21.07.2009 zur Nacheliüllung aufgefordert worden sei.

Der Kläger hat damit nicht hinreichend dargelegt, dass er sich vor der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe (in der gebotenen Art und Weise) wegen der Reparaturmängel selbst an den Beklagten gewandt habe. Auch die Ausführungen des Beklagten hierzu machen die Klage insoweit nicht schlüssig, weil in einer ersten (fernmündlichen?) Benennung der Reparaturmängel keine ordnungsgemäße Mahnung zu sehen ist.

Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind vorliegend auch nicht außerhalb des Verzugs als Teil des Schadensersatzes gemäß § 249 BGB ersatzfähig. Die konkrete Situation des Klägers ist nicht vergleichbar mit der Situation beispielsweise eines Geschädigten eines Verkehrsunfalls, dem die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Schadensregulierung auch ohne vorherigen Verzug des Ersatzpflichtigen zugebilligt wird. Im Gegensatz zu einer Verkehrsunfallsituation war der Kläger mit dem Beklagten vertraglich verbunden. Er konnte außerdem nicht von vornherein davon ausgehen, dass der Beklagten einem Nacherfüllungsverlangen nicht nachkommen werde, zumal unstreitig ist, dass der Beklage dem Kläger zumindest angeboten hatte, das Fahrzeug im Autohaus A … vorzustellen. Unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls wäre es dem Kläger zumutbar gewesen, sich zunächst selbst mit einem Nacherfüllungsverlangen unter Fristsetzung an den Beklagten zu wenden und abzuwarten, ob der Beklagte seiner vertraglichen Verpflichtung auch ohne Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe nachkommt. An dieser Würdigung würde sich auch nichts ändern, falls der Kläger bei Abschluss des Kaufvertrags vom Beklagten über den Umfang des Unfallschadens und dessen Reparatur getäuscht worden sein sollte. Auch bei einer möglichen arglistigen Täuschung darf der Getäuschte nicht ohne Weiteres (auf Kosten des anderen) anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Auf die diesbezügliche Behauptung des Klägers kommt es deshalb nicht mehr an; die entsprechende Beweiswürdigung ist entbehrlich. …

Hinweis: Die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg. Das LG Lübeck hat sie mit Urteil vom 22.03.2012 – 14 S 107/11 – zurückgewiesen. In der Entscheidung heißt es unter anderem:

„… In der Sache hat das Amtsgericht richtigerweise die Wertung vorgenommen, dass im Kaufvertrag als Beschaffenheit i. S. des § 434 I 1 BGB vereinbart wurde, dass der Frontschaden fachgerecht behoben worden war. Dieses ergibt bereits die Auslegung des Kaufvertrags gemäß §§ 133, 157 BGB, denn wenn ein Mitarbeiter (Kfz-Techniker) desjenigen Autohauses, welches durch einen Kfz-Meister das Fahrzeug repariert hatte, gegenüber seinem Vertragspartner angibt, dass ein Frontschaden ‚behoben‘ sei, dann ist dieses nur dahingehend zu verstehen, dass dieses fachgerecht in der Meisterwerkstatt erfolgt sei. Es ist für die Kammer nicht nachvollziehbar, warum das Wort ‚behoben‘ unter diesen Umständen nur ‚weitestgehend behoben‘ heißen soll. Das Wertverhältnis der vorgenommenen Reparatur zur die vorhandenen Mängel beseitigenden (weiterhin notwendigen) Reparatur spielt hierfür keine Rolle. Es ist allein entscheidend, ob sich Sachmängel am Fahrzeug befinden oder nicht. War die Reparatur – wie hier – nicht ordnungsgemäß durchgeführt, so stehen dem Käufer, der von einem fachgerecht behobenen Schaden ausgehen durfte, die entsprechenden Gewährleistungsrechte des Kaufrechts zu. Im Übrigen wäre es für den Verkäufer ein Leichtes gewesen, in den Kaufvertrag aufzunehmen, dass der Frontschaden nur ‚weitestgehend behoben‘ sei. In einem solchen Fall hätte er sich möglicherweise jedoch weiterer Nachfragen versehen oder … dem Käufer mit dem Kaufpreis (weiter) entgegenkommen müssen.

Auch die Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Urteil genügt nach Überzeugung der Kammer den Anforderungen, die von der Rechtsprechung zu § 286 I ZPO entwickelt worden sind. Sie ist weder unvollständig noch in sich widersprüchlich. Ein Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze ist ebenfalls nicht ersichtlich. Das erkennende Gericht hat sich auf der Grundlage der Ergebnisse der Beweisaufnahme schlicht davon überzeugen können, dass auch der bei Kaufvertragsschluss für den Beklagten handelnde Zeuge S davon ausging, dass das Fahrzeug von einem erfahrenen Kfz-Meister fachgerecht repariert worden sei, und dass er dieses dem Kläger auch mitteilte. Dieses hat das Amtsgericht nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, sodass zu einer anderen Würdigung des objektiven Beweis- und Erklärungswerts kein Anlass besteht. …

Das Amtsgericht hat in diesem Zusammenhang korrekterweise darauf hingewiesen, dass sich eine Partei, die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden ihr günstigen Umstände regelmäßig zumindest hilfsweise zu eigen macht (vgl. BGH, Urt. v. 08.01.1991 – VI ZR 102/90, VersR 1991, 467, 468; Beschl. v. 10.11.2009 – VI ZR 325/08, NJW-RR 2010, 495 Rn. 5), mithin hier der Kläger die Angaben des Zeugen S. Damit greift der Einwand des Beklagten, nicht einmal der Kläger habe die Vereinbarung einer fachgerechten Reparatur vorgetragen, nicht durch.

Darüber hinaus hat die Zeugin P, die Ehefrau des Klägers, die Angaben des Zeugen S bestätigt, indem sie ausgeführt hat, dass dieser seinerzeit gesagt habe, dass das Auto in der Toyota-Werkstatt repariert worden sei und keine Mängel habe. Dass der Zeuge S von den technischen Details der Reparatur des Frontschadens keine genauen Kenntnisse hatte, steht einer Vereinbarung einer erfolgten fachgerechten Reparatur nicht entgegen.

Eine solchermaßen vereinbarte Beschaffenheit des Vorhandenseins eines fachgerecht reparierten Vorschadens lag tatsächlich bei Kaufvertragsschluss nicht vor, was einen Mangel gemäß § 434 I 1 BGB begründet. Das wird vom Beklagten dem Grunde nach auch nicht mehr bestritten. Dabei kommt es nicht darauf an, wie erheblich die Reparaturkosten im Verhältnis zu den Kosten der erfolgten Reparatur des Unfallschadens sind, oder ob ‚eklatante‘ Mängel vorliegen. Im Übrigen hat der Sachverständige im selbstständigen Beweisverfahren die Mängel durchaus als wertbildend charakterisiert, da er nach einer Reparatur von einem merkantilen Minderwert ausging. …

Der Kläger hat auch durch seinen Prozessbevollmächtigten hinreichend konkret i. S. der §§ 437 Nr. 3, 281 I 1 BGB Nacherfüllung vom Beklagten verlangt. Zwar sind im Schreiben vom 21.07.2009 nicht exakt die Mängel benannt, die der Sachverständige G letztlich festgestellt hat. Allerdings musste der Kläger insoweit auf seine Fachwerkstatt hinsichtlich der genauen Bezeichnung vertrauen. Wenn er als fachlicher Laie durch seinen Rechtsanwalt auf den ‚nicht fachgerecht beseitigten Frontschaden‘ hinwies und ausführte, dass ‚quasi die Fahrzeugfront nochmals zerlegt werden‘ müsse und ‚die erforderlichen Karosseriearbeiten ordnungsgemäß durchzuführen‘ seien, musste dieses in der konkreten Situation ausreichen, zumal es der Beklagte war, für den und bei dessen Arbeitgeber die Reparatur durchgeführt worden war und der genauere Kenntnisse über die Reparatur haben konnte.

Die gesetzte bzw. ordnungsgemäße Frist hat der Beklagte auch versäumt, denn eine Reparatur erfolgte weder innerhalb der gesetzten noch innerhalb einer gegebenenfalls erweiterten Frist zur Nacherfüllung. Der Beklagte hat auch nicht substanziiert vorgetragen, dass bzw. wann und mit welchem Inhalt dem Kläger Nacherfüllung angeboten worden sein soll. Zwar ist ein vor dem Schreiben vom 21.07.2009 erfolgtes Angebot, das Fahrzeug ‚vorzustellen‘ unstreitig. Der Kläger spricht insoweit von nur unzureichender Antwort auf sein Nacherfüllungsverlangen. Dass eine konkrete Nacherfüllung (schriftlich oder mündlich?) zu einem Zeitpunkt nach dem Verlangen angeboten worden wäre, trägt der Beklagte nicht vor. …“

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