- Ein Gebrauchtwagen ist nicht allein deshalb frei von Sachmängeln, weil er einen Defekt hat, der auch anderen Fahrzeugen derselben Marke und desselben Typs anhaftet („Serienfehler“).
- Der Käufer muss grundsätzlich diejenigen Tatsachen darlegen und beweisen, die einen technischen Defekt zu einem Mangel im rechtlichen Sinn machen. Zu hohe Anforderungen dürfen dabei allerdings nicht gestellt werden; zunächst genügt ein konkreter Vortrag zu den äußeren Erscheinungen des Defekts („Symptomtheorie“). Deren Ursache braucht der Käufer grundsätzlich nicht anzugeben.
- Der Rücktritt vom Kaufvertrag wegen eines behebbaren Mangels ist ausgeschlossen, wenn die Kosten der Mangelbeseitigung im Verhältnis zum Kaufpreis gering sind. Das ist auch im gehobenen Preissegment jedenfalls der Fall, wenn die Kosten 1 % des Kaufpreises nicht übersteigen. Lässt sich der Mangel nicht oder nur mit hohen Kosten beheben, oder ist die Mangelursache im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung ungewiss, kommt es dafür, ob ein Mangel erheblich oder unerheblich ist, auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung an.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.11.2011 – I-1 U 141/07
Sachverhalt: Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rückabwicklung eines am 27.07.2005 geschlossenen Pkw-Kaufvertrags.
In einer Internetanzeige hatte die Beklagte das an die Klägerin verkaufte Fahrzeug – einen Mercedes-Benz ML 400 CDI „Brabus“ – unter anderem wie folgt beschrieben: „Original Brabus-Vollausstattung! Brabus-Garantie bis 11.2005“. Der Wagen war erstmals im November 2002 zum Verkehr zugelassen worden und hatte zur Zeit des Verkaufs eine Laufleistung von 59.463 km.
Im August 2005 brachte die Klägerin das Fahrzeug wegen einer schwergängigen Lenkung zur Brabus GmbH in Bottrop. Dort teilte man ihr mit, dass die Brabus-Garantie für das Fahrzeug abgelaufen sei. Die Beklagte veranlasste daraufhin die Überführung des Wagens an eine Mercedes-Benz-Vertragswerkstatt. Diese stellte der Beklagten unter dem 06.09.2005 den Austausch der Servolenkung in Rechnung. Sodann überließ die Beklagte den Wagen der Klägerin mit dem Hinweis, die Zahnstangenlenkung sei ausgetauscht worden. Ob ein solcher Austausch tatsächlich stattgefunden hat, ist streitig.
Mit anwaltlichen Schreiben vom 29.11.2005 verlangte die Klägerin von der Beklagten unter Hinweis auf einen Kostenvoranschlag einer anderen Mercedes-Benz-Vertragswerkstatt die Beseitigung diverser Fahrzeugmängel und bat darum, sich mit ihr bis zum 08.12.2005 in Verbindung zu setzen, um einen Termin für die Fehlerbeseitigung zu vereinbaren. In einem Folgeschreiben vom 07.12.2005 konkretisierte die Klägerin ihre Beanstandung, indem sie – mit der Bitte um Überprüfung – unter anderem auf einen defekten Lenkwinkelsensor sowie auf „komische Geräusche“ des Motors hinwies. Darüber hinaus sprach die Klägerin eine Verlängerung der im Schreiben vom 29.11.2005 gesetzten Frist bis zum 14.12.2005 aus. Am 02.01.2006 holte die Beklagte das Fahrzeug ab und unterzog es einer Prüfung. Zuvor hatte sie mit Schreiben vom 12.12.2005 erklärt, mit Ausnahme des Lenkwinkelsensors stünden alle Beanstandungen nicht in ihrer Verantwortung; man wolle sich darum aber aus Kulanz kümmern. Unter dem 13.01.2006 stellte die Beklagte der Klägerin diverse Arbeiten, unter anderem eine Überprüfung bezüglich des Motorgeräuschs, in Rechnung. Die von der Klägerin beglichene Rechnung enthält unter anderem den Hinweis, der Ölstand des Motors habe das Minimum erreicht; es drohe ein Motorschaden, und ein Ölservice sei dringend erforderlich.
Im April 2006 beauftragt die Klägerin den Kfz-Sachverständigen M mit der Untersuchung des Fahrzeugs und begründete dies damit, dass die Lenkung immer noch nicht ordnungsgemäß funktioniere. In einem „Beweissicherungsbericht“ vom 21.07.2008 kam der Sachverständige unter anderem zu dem Ergebnis, dass das Servolenkgetriebe vom äußeren Eindruck her noch im Originalzustand sei. Nach dem Starten des Motors sei ein metallisches, mit zunehmender Laufzeit leicht abnehmendes Geräusch zu vernehmen.
Mit Anwaltsschreiben vom 18.05.2006 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung und führte zur Begründung unter anderem aus, das Fahrzeug habe nicht über eine „Brabus-Garantie“ verfügt. Außerdem sei das Lenkgetriebe – das nicht wie zugesagt ausgetauscht worden sei – defekt. Die Klägerin hat behauptet, wegen der von dem Sachverständigen M festgestellten metallischen Geräusche liege auch ein Motordefekt vor.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe eine Täuschung durch die Beklagte im Zusammenhang mit der Brabus-Garantie nicht hinreichend dargelegt. Hinzu komme, dass die Klägerin nach Übernahme des gekauften Fahrzeugs lediglich die Lenkung bemängelt und trotz ausdrücklichen Hinweises des Gerichts keine präzisen Angaben dazu gemacht habe, inwieweit im Zusammenhang mit dem Fahrzeugtuning durch die Brabus GmbH auch das Lenksystem betroffen gewesen sei. Eine irgendwie geartete arglistige Täuschung seitens der Beklagten sei ebenso wenig ersichtlich wie eine falsche Zusicherung einer bestimmten Beschaffenheit des verkauften Fahrzeugs. Damit bestehe kein Anlass für eine Umdeutung der Anfechtung in eine Rücktrittserklärung. Letztlich ergebe sich auch kein Rückabwicklungsanspruch aus der Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe über eine Auswechslung der Zahnstangenlenkung getäuscht. Eine derartige Täuschung, die im Übrigen nicht hinreichend dargelegt sei, sei schon im Ansatz nicht im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss zu sehen.
Die Berufung der Klägerin hatte überwiegend Erfolg.
Aus den Gründen: [Die Klägerin] hat zu Recht den Rücktritt von dem Kaufvertrag über das … Kraftfahrzeug erklärt, sodass die Beklagte einem Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags (§ 346 I BGB) ausgesetzt ist. Sie schuldet die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Kraftfahrzeugs (§ 348 Satz 1 BGB) … Teilweise unbegründet ist das Rückzahlungsverlangen der Klägerin lediglich hinsichtlich eines Teilbetrags von 2.852,87 €, denn sie schuldet einen Wertersatz für die Gebrauchsvorteile, die für sie mit dem Besitz und der Nutzung des Kraftfahrzeugs seit dem 27.07.2005 verbunden waren. Wegen der in dieser Zeit erzielten Fahrleistung von mehr als 12.000 km reduziert sich die Verpflichtung der Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises auf den Betrag von 37.047,22 €.
Einerseits hat nach dem Ergebnis der in zweiter Instanz umfänglich durchgeführten Beweisaufnahme die Behauptung der Klägerin keine Bestätigung gefunden, die Beklagte habe sie arglistig über das Bestehen der sogenannten Brabus-Garantie getäuscht, Gleiches gilt hinsichtlich der weiteren Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe zusagewidrig nicht für einen Austausch des Lenkgetriebes Sorge getragen, welches zum Zeitpunkt der Übergabe (27.07.2005) mangelhaft gewesen sei.
Gleichwohl ist die Klägerin entgegen der Annahme des Landgerichts zum Rücktritt berechtigt (§ 437 Nr. 2 BGB i. V. mit §§ 323 I, 440 BGB). Zum Zeitpunkt der Übergabe war der Pkw … wegen eines Serienfehlers mangelhaft. Es handelt sich um einen Sachmangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB. Danach ist die gekaufte Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, obwohl die Klägerin das Fahrzeug in der Zeit vom 27.07.2005 bis etwa Mitte November 2005 ohne störende Motorgeräusche hat nutzen können und auch tatsächlich genutzt hat, wie die zurückgelegte Strecke von über 12.000 km zeigt. Die Mangelsymptomatik wurde erst etwa Mitte November 2005 durch ein rasselndes oder metallisches Motorengeräusch wahrnehmbar. Dieses zeigte sich bei Startvorgängen in unregelmäßiger Reihenfolge.
Die zum Zeitpunkt der Übergabe noch nicht vorhanden gewesene Geräuschentwicklung ist indes nicht der Mangel, auf den es für die rechtliche Bewertung ankommt. Entscheidend ist vielmehr, dass das Defektgeräusch seine Ursache in einem Serienmangel hat, der den Motoren der Modellreihe 400 CDI des Herstellers Daimler-Benz anhaftet und welcher werksseitig nachträglich durch eine Bauteilveränderung behoben worden ist. An dem streitgegenständlichen Fahrzeug zeigten sich frühzeitig bei einer Laufleistung von etwa 70.000 km funktionsbeeinträchtigende Verschleißerscheinungen an dem Kettenspanner, welcher die Steuerkette als Verbindung zwischen der Kurbelwelle und der Nockenwelle des Motors auf Spannung hält. Da die Steuerkette „Spiel“ hat, entsteht in unregelmäßiger Reihenfolge bei Startvorgängen in einem Zeitraum von bis zu zwei Sekunden ein Motorgeräusch, das sich sodann verliert. Die Beseitigung dieses Mangels macht einen vollständigen Austausch des Kettenspanners einschließlich der Steuerkette nebst einem Antriebskettenrad für eine Hochdruckpumpe mit einem Kostenaufwand von 2.865,07 € einschl. MwSt. erforderlich. Die vertragswidrige Beschaffenheit der Steuerkettenkomponenten stellt den Sachmangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB dar, welcher der Kaufsache bereits zum Zeitpunkt der Übergabe in Form eines serientypischen Anlagedefekts anhaftete. Dieser Defekt manifestiert sich in Gestalt einer vorzeitigen Verschleißneigung des Kettenspanners. Die sich aus der Mangelhaftigkeit des verkauften Fahrzeugs ergebende Pflichtwidrigkeit der Beklagten kann in Anbetracht des für die Fehlerbeseitigung erforderlichen Kostenaufwands sowie der aufgrund des verschlissenen Kettenspanners sich einstellenden Funktionsbeeinträchtigung nicht als unerheblich i. S. des § 323 V 2 BGB abgetan werden.
Darüber hinaus ist die Feststellung zu treffen, dass die Klägerin vorprozessual in hinreichender Weise unter anderem die irreguläre Geräuschentwicklung des Motors als Fehler gerügt und der Beklagten unter angemessener Fristsetzung Gelegenheit zur Nacherfüllung gewährt hat, welche die Beklagte nicht zur Mangelbeseitigung genutzt hat. Zwar hat sie für eine ordnungsgemäße Instandsetzung des Lenkgetriebes Sorge getragen. Die beanstandete Motorgeräuschentwicklung erachtete sie indes nicht als von ihrer Nacherfüllungsverpflichtung umfasst und hat insoweit durch ihr vorprozessuales Verhalten schlüssig ernsthaft und endgültig eine Nachbesserungsverweigerung i. S. des § 323 II Nr. 1 BGB zum Ausdruck gebracht.
Zur „Brabus-Garantie“
I. 1. a) Im Gegensatz zu den Ausführungen im angefochtenen Urteil ist davon auszugehen, dass die „Brabus-Garantie“ über § 434 I 3 BGB wegen der Internetwerbung Vertragsbestandteil geworden ist. Der geschäftsführende Gesellschafter der Beklagten hat bei seiner zeugenschaftlichen Vernehmung … bekundet, er habe die jetzige Klägerin bei Abschluss des Kaufvertrags auf die [Garantie] hingewiesen.
b) Darüber hinaus geht der Senat zugunsten der Klägerin von der Annahme aus, dass ihrem Vorbringen entsprechend der Pkw … tatsächlich nicht unter die in Rede stehende Garantie fiel. Dafür spricht die Zuschrift der Brabus GmbH vom 17.02.2006 an die Klägerin. Diesem Schreiben zufolge trat die Tuning-Garantie … erst mit Wirkung ab dem Monat Dezember 2002 in Kraft. Erstmals zugelassen worden war das Fahrzeug jedoch schon im Vormonat – ausweislich der Eintragung im Fahrzeugschein am 14.11.2002. Gleichwohl ist die Klägerin wegen des Fehlens der Garantie nicht zur Rückabwicklung des Kaufvertrags berechtigt – und zwar weder unter dem Gesichtspunkt einer Arglisthaftung der Beklagten noch unter demjenigen einer sonstigen haftungsbegründenden Pflichtverletzung bei Vertragsschluss. Die seitens der Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 18.05.2006 erklärte Anfechtung des Kaufvertrags geht somit unter Arglistgesichtspunkten ins Leere. Indes entfaltet das Schreiben, wie noch darzulegen sein wird, rechtliche Wirkung unter dem Gesichtspunkt eines Vertragsrücktritts gemäß §§ 437, 323 BGB wegen einer Mangelhaftigkeit des Kaufgegenstands zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs.
2. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme … steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der geschäftsführende Gesellschafter der Beklagten … zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags über das Fahrzeug im Hinblick auf den Fortbestand der Vertragsbestandteil gewordenen „Brabus-Garantie“ gutgläubig war …
II. In rechtlicher Hinsicht ist vorab darauf hinzuweisen, dass das Fehlen der „Brabus-Garantie“ nicht als ein Sachmangel i. S. des § 434 BGB zu würdigen ist, sondern als ein Umstand, der nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht gemäß § 280 I BGB (vormals culpa in contrahendo) zu beurteilen ist … Der Fortbestand von Garantieschutz ist kein Merkmal der Beschaffenheit des Fahrzeugs nach Maßgabe des § 434 I BGB, denn es geht um eine rechtliche Beziehung außerhalb der Kaufsache. Sachgerecht ist es deshalb, bei Pflichtwidrigkeiten des Verkäufers, zum Beispiel aufgrund unzureichender Aufklärung, Ansprüche aus culpa in contrahendo oder positiver Forderungsverletzung zu geben (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rn. 1275 mit Hinweis auf BGH, NJW 1996, 2025 sowie OLG Köln, VersR 1997, 1019). Nach neuem Recht kann ein Schadenersatzanspruch aus § 280 I BGB bestehen (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1275). Damit ist dem Verkäufer die Möglichkeit eröffnet, gemäß Satz 2 dieser Vorschrift den Entlastungsbeweis dahin gehend zu führen, dass er die Pflichtverletzung im Zusammenhang mit der unterbliebenen oder nicht vollständigen Aufklärung über den Fortbestand eines Garantieschutzes nicht zu vertreten hat. Diesen Nachweis vermag die Beklagte … zu führen.
1. a) Der glaubhaften Darstellung des Zeugen P zufolge hatte er in seiner Eigenschaft als Autohändler sich vor dem käuflichen Erwerb des Fahrzeugs, welches er sogleich als einen getunten Brabus-Mercedes erkannt hatte, über die Fahrzeugdetails durch einen Anruf bei der Brabus GmbH erkundigt. Dort war der Wagen einschließlich der Folge der Voreigentümer bekannt, und auf Nachfrage wurde dem Zeugen mitgeteilt, dass für das Fahrzeug die übliche Garantie von drei Jahren, alternativ 100.000 km, bestehe. Wie bereits ausgeführt, ist davon auszugehen, dass diese telefonische Information objektiv falsch war.
b) Das Bemühen des Zeugen um eine Aufklärung über die Fahrzeugeigenschaften erklärt sich aus seiner weiteren Darstellung, dass er getunte Autos nur ausnahmsweise verkaufe. Da solche Fahrzeuge nach seiner Einschätzung nicht von „normalen Kunden“ gekauft werden, sondern von solchen mit Hintergrundwissen, ist der Zeuge nach seiner stimmigen Schilderung darum bemüht, seine Tuninginformationen an die Kunden – und damit auch an die Beklagte – weiterzugeben.
2. a) Bei dieser Sachlage steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Voreigentümer P in seiner Eigenschaft als Kfz-Händler seinen Wissensstand über den vermeintlichen Fortbestand der üblichen „Brabus-Garantie“ an die Beklagte weitergegeben hat, ehe diese am 27.05.2005 den Wagen an die Klägerin weiterveräußerte. Auf diesem Hintergrund erklärt sich dann, dass die Beklagte in der Internetwerbung – gutgläubig – den Pkw Mercedes-Benz ML 400 CDI „Brabus“ mit „Brabus-Garantie bis 11.2005“ versehen offeriert hat.
b) Zwar meinte der Zeuge, er habe mit dem geschäftsführenden Gesellschafter der Beklagten nicht bereits anlässlich der Kaufvertragsverhandlungen darüber gesprochen, „dass auf dem Auto noch eine restliche Brabus-Garantie ist“. Offensichtlich war der geschäftsführende Gesellschafter der Beklagten nach dem Ergebnis der kaufvertraglichen Verhandlungen unabhängig von dem Fortbestand der „Brabus-Garantie“, die ohnehin allenfalls nur noch wenige Monate … Bestand gehabt hätte, zum Erwerb des Wagens entschlossen und hatte deshalb bei Vertragsschluss noch keine garantiebezogenen Informationen von dem Zeugen erfragt. Da indes ausweislich der Internetwerbung die Beklagte letztlich das Fahrzeug doch in den Weiterverkauf an Privat genommen hatte, spielte dann nachträglich aus ihrer Sicht der Fortbestand der „Brabus-Garantie“ als Verkaufsargument eine Rolle. In diesem Kontext ist wieder die Angabe des Zeugen P von Bedeutung, dass getunte Autos gewöhnlich nicht von „normalen Kunden“ gekauft werden. Stimmig dazu ist der Prozessvortrag der Klägerin, für sie sei bei den späteren Verkaufsverhandlungen mit der Beklagten der Bestand der „Brabus-Garantie“ von hoher Bedeutung gewesen (Schriftsatz vom 27.11.2006).
c) So erklärt es sich, dass der weiteren Bekundung des Zeugen gemäß der Fortbestand der Garantie nach Abschluss des Kaufvertrags mit der Beklagten noch Gegenstand eines Gespräches mit deren geschäftsführendem Gesellschafter wurde – und zwar zeitlich vor dem Zustandekommen des Kaufvertrags mit der Klägerin am 27.07.2005 … Nicht außer Acht zu lassen ist zudem die Anschlussbekundung des Zeugen, die Brabus GmbH gebe auf ihrer Homepage einen Hinweis auf die Garantie, die sie selbst als Tuning-Firma gebe. Bei dieser Sachlage hatte der Geschäftsführer der Gesellschafter der Beklagten selbst Gelegenheit, sich mithilfe von Internetinformationen über den Fortbestand der Garantie zu vergewissern.
d) Folgt man der zeugenschaftlichen Darstellung, die der geschäftsführende Gesellschafter … gemacht hat, hatte er vor Abschluss des Kaufvertrags mit der Klägerin sogar selbst mit der Brabus GmbH telefoniert und dort in Erfahrung gebracht, dass noch eine Restgarantie bestehe; auf diesen Umstand habe er die Klägerin dann vor Kaufvertragsabschluss hingewiesen. Es besteht kein Anlass, an der Richtigkeit dieser Darstellung zu zweifeln, denn auch der Zeuge P hatte anlässlich einer telefonischen Anfrage bei der Brabus GmbH die – objektiv falsche – Auskunft erhalten, dass das dem Unternehmen gegenständlich bekannte Fahrzeug noch mit einer restlichen „Brabus-Garantie“ versehen war.
3. Die festzustellende Gutgläubigkeit der Beklagten in Bezug auf den Fortbestand der fraglichen Garantie ergibt sich nicht zuletzt aus den folgenden zeitlichen Zusammenhängen: Nach der schriftlichen Mitteilung der Brabus GmbH vom 17.02.2006 trat die in Rede stehende Garantie erst im Dezember 2002 in Kraft, sodass im Hinblick auf die Erstzulassung des Fahrzeuges im Monat November 2002 nur ein Kalendermonat an der Einbeziehung des Wagens in dem Garantieschutz fehlte. Ausweislich des durch den Zeugen P geschilderten Informationstelefonats mit der Brabus GmbH ist davon auszugehen, dass im Jahre 2005 dem Unternehmen selbst noch nicht die zeitliche Garantiedeckungslücke von einem Monat aufgefallen war, die sich für das streitige Fahrzeug ergibt. Andernfalls hätte der zuständige Mitarbeiter dem Zeugen nicht die Auskunft erteilt, die „Brabus-Garantie“ bestehe auch für den gegenständlich identifizierten Pkw … Von dem geschäftsführenden Gesellschafter der Beklagten war nicht zu erwarten, dass er hinsichtlich der Garantieleistung einen besseren Informationsstand hatte als die Brabus GmbH selbst. Dem Vorbringen der Beklagten gemäß waren die einschlägigen Garantiebedingungen bereits im Oktober des Jahres 2002 gedruckt. Der Umstand, dass sie erst zwei Monate später in Kraft traten, war der Beklagten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in nicht vorwerfbarer Weise unbekannt geblieben.
Zur Mängelbeanstandung hinsichtlich des Lenkgetriebes<
Diese Fehlerbeanstandung berechtigt die Klägerin nicht, den Rücktritt vom Kaufvertrag zu erklären. Die Beklagte hat die ihr eingeräumte Gelegenheit zur Nacherfüllung genutzt, indem sie für eine ordnungsgemäße Fehlerbeseitigung durch den Einbau eines funktionsfähigen Lenkgetriebes Sorge getragen hat.
1. Zwar steht fest, dass sich alsbald nach Abschluss des Kaufvertrags eine Unzulänglichkeit des Lenkgetriebes herausgestellt hat, welche sich für die Klägerin in Form einer Schwergängigkeit bemerkbar machte. Ausweislich der zeugenschaftlichen Darstellung des geschäftsführenden Gesellschafters der Beklagten … hatte er einige Zeit nach Vertragsschluss einen durch die Klägerin gemeldeten Ölaustritt zum Anlass genommen, den Wagen an deren Wohnsitz in Augenschein zu nehmen. Dabei hat er dann festgestellt, „dass das Lenkgetriebe durchgebrochen war“. Deshalb sah er sich veranlasst, das Fahrzeug zum Zwecke der Mängelbeseitigung bei einer Mercedes-Werkstatt vorzuführen. Darüber verhält sich die Rechnung der Mercedes-Benz-Vertragswerkstatt … vom 13.09.2005, welche den Austausch der Servolenkung zum Gegenstand hat. Entgegen der anders lautenden Behauptung der Klägerin steht fest, dass es tatsächlich Mitte September 2005 zu einem Austausch des defekten Lenkgetriebes gekommen ist und dass damit der in dem anwaltlichen Anfechtungs- und Rückabwicklungsschreiben vom 18.05.2006 beanstandete Mangel behoben war.
a) Zu dieser Erkenntnis gelangte der Senat aufgrund der gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen T. Dieser hat bereits in seinem Erstgutachten vom 27.05.2009 ausgeführt, das Lenkgetriebe sei zweifelsfrei … ausgetauscht worden. Diese Feststellung konnte er anhand der in das Lenkgetriebegehäuse eingravierten Kennzeichnungen des Geräteherstellers … treffen. Die lichtbildlich gesicherte Kennzeichnung weist nach den Herstellerangaben darauf hin, dass das Getriebe am 24.01.2005 gefertigt worden ist, also zu einem Zeitpunkt, als das streitige Fahrzeug im Hinblick auf dessen Erstzulassung am 14.01.2002 bereits mehrere Jahre alt war. Bei dieser Sachlage kann es sich bei dem fraglichen Getriebe zwangsläufig nicht mehr um ein Originalteil handeln, sondern der Sachverständige hat an dem Fahrzeug ein Austauschteil in Augenschein genommen. Dieses stellt sich als ein originales Ersatzgetriebe des Herstellers dar, da nach den ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen… sich auf dem entsprechenden Barcode-Aufkleber die korrespondierende Mercedes-Ersatzteilnummer findet. Auch die Sichtprüfung des Sachverständigen hat zu seiner Erkenntnis geführt, dass das Lenkgetriebe augenscheinlich wesentlich neuwertiger war als die im Motorraum umliegenden und aus gleichem Material gefertigten Bauteile von Getriebe und Motor.
b) Wegen der langen Standzeit des Fahrzeuges sah sich der Sachverständige veranlasst, es nach lenkungsunabhängigen Vorarbeiten in einen fahrbereiten Zustand zu versetzen. An zwei Tagen hat der Sachverständige sodann eine Fahrstrecke von ca. 230 km mit dem Wagen zurückgelegt, ohne dass er irgendwelche Auffälligkeiten im Bereich des Lenkgetriebes oder der Vorderachsengeometrie feststellen konnte. Auch hat er nach der Fahrtstrecke keine Ölanhaftung an dem Lenkgetriebe festzustellen vermocht, was der plausiblen Schlussfolgerung des Sachverständigen gemäß die Annahme zulässt, dass das Austauschgetriebe eine hinreichende Dichtigkeit aufweist.
c) Eindeutig war zudem das Ergebnis eines durch den Sachverständigen durchgeführten Lenkungstests mit einem typenidentischen Vergleichsfahrzeug, welches im Gegensatz zu dem in Rede stehenden Wagen mit einer Standardbereifung und einem Standardlenkrad ausgerüstet war. Trotz dieser Unterschiede war bei einem Standtest auf Verbundpflaster und laufendem Motor objektiv kein Unterschied hinsichtlich der seitens des Fahrers jeweils aufzubringenden Lenkkräfte festzustellen. Auch der Vertreter der Klägerin konnte keinen signifikanten Kraftaufwand im Unterschied zu dem Vergleichsfahrzeug bei der Lenkbewegung in dem klägerischen Pkw bemerken. In jeder Hinsicht nachvollziehbar ist deshalb die Schlussfolgerung des Sachverständigen in seinem Erstgutachten, das Fahrzeug sei mit dem eingebauten Austauschgetriebe voll funktionsfähig, ohne dass irgendwelche Auffälligkeiten hätten festgestellt werden können. Am Ende seines Zweitgutachtens vom 07.12.2009 hat der Sachverständige noch einmal dargelegt, das Lenkgetriebe weise keine Undichtigkeiten auf.
2. Unbegründet sind schließlich die Einwendungen, welche die Klägerin im Zusammenhang mit dem Barcode vorbringt, welchen der Privatsachverständige M an dem Lenkgetriebe vorgefunden und zum Zwecke der Beweissicherung in Verwahrung genommen hatte. Der Sachverständige T hat sich in seinem Nachtragsgutachten vom 22.07.2007 ausführlich mit den Einwendungen der Klägerin auseinandergesetzt und ist in überzeugender Weise zu der Feststellung gelangt, die schriftsätzlich geäußerte Mutmaßung, es sei bei dem Getriebeaustausch der auf dem alten Teil vorhanden gewesene Barcode an das Austauschteil angebracht worden, treffe nicht zu. Vielmehr ist der Sachverständige als Ergebnis der Decodierung des Aufklebers zu der Erkenntnis gelangt, dass in Übereinstimmung mit den eingravierten Kennzeichnungen auch der aufgeklebte Barcode dem jetzt in das Fahrzeug eingebauten Lenkgetriebe zuzuordnen und mit dem Herstellungsdatum des 24.01.2005 in Verbindung zu bringen ist. Die festgestellte Aufkleberverschmutzung hat der Sachverständige in nachvollziehbarer Weise als anlässlich der Montagetätigkeit entstanden dargestellt.
Zur Mängelbeanstandung hinsichtlich des Motorengeräuschs
I. Die durch die Klägerin vorprozessual beanstandete Geräuschentwicklung ist Symptom eines Serienfehlers, welcher der Baureihe der Fahrzeuge Daimler-Benz ML CDI aus dem Produktionszeitraum, in welchen das Herstellungsdatum des streitigen Pkw fällt, anhaftet. Die Fehlerhaftigkeit, welche einen Sachmangel i. S. des § 434 I 2 BGB darstellt und die Klägerin zum Rücktritt berechtigt (§ 437 Nr. 2 BGB i. V. mit §§ 323 I, 440 BGB), ist in einer vorzeitigen Verschleißneigung des Spanners der Steuerkette begründet. Diese Kette stellt die notwendige Verbindung zwischen der Kurbel- und der Nockenwelle des Motors her. Nachdem die Klägerin mit dem Fahrzeug etwa 10.000 km zurückgelegt hatte, machte sich die Verschleißneigung des Kettenspanners durch rasselnde oder metallische Motorgeräusche in unregelmäßigen Abständen nach Startvorgängen bemerkbar. Der Fahrzeughersteller Daimler-Benz hat auf die bekannt gewordene Verschleißneigung des Kettenspanners mit Service-Informationen für Werkstätten reagiert und nachträglich bei der Motorproduktion durch Bauteilveränderungen für Abhilfe gesorgt.
1. In seinem Zweitgutachten vom 07.12.2009 hat der gerichtlich bestellte Sachverständige das als signifikant beschriebene „Rasseln“ des Motors auf einen Verschleiß des Spanners der Steuerkette zurückgeführt und hat diesen Defekt als einen Mangel des Motors qualifiziert. Zwar hat der Senat in seinem Beschluss vom 21.09.2010 … ausgeführt, er sehe sich in rechtlicher Hinsicht nicht an die Bewertung des Sachverständigen gebunden … Die weiteren gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen, die in der Folgezeit zu den Akten gelangt sind, lassen indes keinen Zweifel an der Feststellung, dass bereits zum Zeitpunkt der Übernahme des Fahrzeugs durch die Klägerin am 27.07.2005 dieses mit einem Sachmangel gemäß § 434 I 2 Nr. 2 BGB in Form einer vorzeitigen Verschleißanfälligkeit des Steuerkettenspanners behaftet war.
2. In seinem Viertgutachten vom 28.01.2011 hat der Sachverständige im Einzelnen dargelegt, die Steuerkette müsse „spielfrei“ sein, damit sich die Steuerzeit bei unterschiedlichen Lastzuständen nicht verändere oder verschiebe. Diese „Spielfreiheit“ der Steuerkette werde dadurch gewährleistet, dass diese durch den Öldruck des Motors über einen hydraulischen Kettenspanner vorgespannt werde. Im Falle einer Verschleißbeeinträchtigung des Spanners werde die Kette nicht mit dem nötigen Vordruck gespannt, sodass diese nicht lautlos über die Zahnräder hinweglaufe, sondern zum „Rasseln“ neige. Der Einbau einer Steuerkette solle eine hohe Laufleistung garantieren, wie sie üblicherweise von Dieselmotoren erwartet werde. Es handele sich um einen atypischen Verschleiß, der die Motoren der Modellreihe 400 CDI betreffe, und der durch den Austausch der Bauteile gegen zwischenzeitlich geänderte Komponenten behoben worden sei. Vergleichsweise seien bei anderen Motoren des Herstellers Daimler-Benz Verschleißerscheinungen von Kettenspanner/Steuerketten bei Laufleistungen atypisch bzw. nicht bekannt. Für Dieselmotoren des Herstellers BMW – ebenfalls mit einer Steuerkette ausgerüstet – seien solche Verschleißerscheinungen ebenfalls atypisch.
3. Die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass ein kurzzeitiges „Rasseln“ des Motors typisch für einen Defekt des Kettenspanners ist, welcher nicht mehr hinreichend schnell die Kette spannt (Schriftsatz vom 25.02.2011). Der Geschäftsführer der Beklagten räumt in seiner schriftlichen Äußerung vom 06.07.2011, die Gegenstand seines nachträglichen schriftsätzlichen Vorbringens vom 08.07.2001 ist, ein, sein Bruder habe am 31.05.2009 in Anwesenheit des Gutachters ein „Rasseln“ des Motors festgestellt, welches allerdings dann nach mehreren Kaltstarts nicht mehr wahrzunehmen gewesen sei. Offensichtlich tritt das Defektgeräusch nur in unregelmäßigen Abständen auf. Dies hatte der Sachverständige bereits in seinem Erstgutachten vom 27.05.2009 festgestellt.
4. Darüber hinaus steht nach den gutachterlichen Ausführungen, deren Richtigkeit auch insoweit durch die Beklagte nicht in Zweifel gezogen wird, fest, dass das Motortuning durch die Firma Brabus keinen Einfluss auf die Belastung und den Verschleiß des Systems Kettenspanner/Steuerkette hat. Am Ende des Viertgutachtens vom 28.01.2011 ist anhand der technischen Einzelheiten erläutert, dass eine vorzeitige Abnutzung des Systems mit dem Einbau des Motortunings nicht in Verbindung zu bringen ist.
II. 1. Der festzustellende Verschleiß des Kettenspanners mit dem daraus folgenden Kettenspiel betrifft einen sensiblen Bereich des Motors, nämlich die ordnungsgemäße Funktion der Verbindung zwischen Kurbel- und Nockenwelle. Da nach der Erläuterung des Sachverständigen in seinem Viertgutachten vom 28.01.2011 Steuerketten zumeist für eine Einsatzzeit während der gesamten Lebensdauer des Motors konzipiert sind, ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass die erwartete lange Funktionsfähigkeit der Kette sich nur dann erreichen lässt, wenn sie sich durchgehend in einem ordnungsgemäßen Spannungszustand befindet. Deshalb hat sich der Sachverständige in seinem Zweitgutachten vom 07.12.2009 zu Recht zu der Feststellung veranlasst gesehen, im Hinblick auf die Dauerhaltbarkeit des Motors sei die erforderliche Reparatur in kürzerer Zeit zu empfehlen. Der mit dem vorzeitigen Verschleiß einhergehende Defektzustand kann somit nicht auf eine kurzfristige Geräuschbelästigung im Zusammenhang mit bestimmten Startvorgängen reduziert angesehen werden. Betroffen ist vielmehr ein sensibler Motorbereich, der in einem unmittelbaren Sachzusammenhang mit der Haltbarkeit des Dieselaggregats steht.
2. In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen: Bei einem Gebrauchtfahrzeug ist, sofern keine besonderen Umstände vorliegen, der normale alters- und gebrauchsbedingte Verschleiß üblich und vom Käufer hinzunehmen. Ein Mangel im Sinne der objektiven Kriterien des § 434 I 2 Nr. 2 BGB liegt nicht vor (BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53; Urt. v. 23.11.2005 – VIII ZR 43/05, NJW 2006, 434; so auch die ständige Rechtsprechung des Senats, z. B. Urt. v. 08.01.2007 – I-1 U 180/06, DAR 2007, 211; Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1535). Die Klägerin hatte das streitige Fahrzeug mit der Erstzulassung vom 14.11.2002 am 27.07.2005 mit einer Laufleistung von 59.463 km erworben.
3. Hingegen geht übermäßiger Verschleiß, der nur etwas mit dem Fahrzeug, konkret mit seiner Technik, zu tun hat, in der Regel zulasten des Verkäufers (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1538; Senat, Urt. v. 19.06.2006 – I-1 U 38/06, NJW 2006, 2858).
4. a) Bei einem Gebrauchtfahrzeug versteht es sich von selbst, dass als Referenzfahrzeug für die Bestimmung der gewöhnlichen Verwendungseignung i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB ein fabrikneues Fahrzeug ausscheidet (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1526). Aus der Menge der gebrauchten Fahrzeuge ist sodann eine Teilmenge zu bilden. Ihr ist das Referenzfahrzeug zu entnehmen, das heißt dasjenige Fahrzeug, das die Soll-Beschaffenheit im konkreten Streitfall vorgibt und damit als Vergleichsmaßstab dient. Bei dieser Vergleichsbetrachtung auf der ersten Stufe sind Fahrzeuge anderer Hersteller noch nicht einzubeziehen. Wenn der Zustand des streitgegenständlichen Fahrzeugs, zum Beispiel wegen eines individuellen Fabrikationsfehlers, schon hinter dem Standard der eigenen Serie (Baureihe) zurückbleibt, ist ein Mangel zu bejahen (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1526). Ein gebrauchtes Fahrzeug ist nicht allein deshalb frei von einem Sachmangel, weil es einen Defekt hat, der auch anderen Fahrzeugen derselben Marke und desselben Typs als sogenannter Serienfehler anhaftet (Senat, Urt. v. 19.06.2006 – I-1 U 38/06, NJW 2006, 2858).
b) Es offenbart sich die Mangelhaftigkeit des streitigen Fahrzeugs aufgrund eines Serienfehlers, mit welchen die Motoren der Modellreihe 400 CDI aus dem Produktionszeitraum des streitigen Wagens behaftet sind. In seinem Viertgutachten vom 28.01.2011 hat der Sachverständige mit aller Deutlichkeit herausgestellt, dass Verschleißerscheinungen von Kettenspanner/Steuerketten bei anderen Motoren des Herstellers Daimler-Benz atypisch und unbekannt sind.
c) Auch wenn man bei einem fabrikatsübergreifenden Vergleich (siehe dazu Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1527) auf Dieselmotoren des Konkurrenzherstellers BMW abstellt, ist das Vorliegen eines Sachmangels i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB problemlos zu bejahen. In seinem Viertgutachten vom 28.01.2011 hat der Sachverständige hervorgehoben, dass für ebenfalls mit einer Steuerkette ausgerüstete BMW-Dieselmotoren eine Verschleißerscheinung der in Rede stehenden Art atypisch ist.
5. Es steht somit fest, dass die Geräuschentwicklung des Motors bei bestimmten Startvorgängen ihre Ursache in einer vertragswidrigen Beschaffenheit einer Motorkomponente hat. Deshalb ist gemäß § 476 BGB zu vermuten, dass dieser Mangel bereits im Zeitpunkt der Übergabe am 27.07.2005 vorhanden war. Der Klägerin, unstreitig eine Verbraucherin, kommt die Beweisvermutung nach dieser Vorschrift zugute. Die Geräuschentwicklung hat sich innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 476 BGB gezeigt. Dass nicht sie selbst, sondern ihre Ursache den Mangel darstellt, ist unschädlich. Denn es reicht aus, dass die Auswirkungen des Mangels, also die Symptome, sich innerhalb der Sechsmonatsfrist zeigen (Senat, Urt. v. 23.06.2008 – I-1 U 264/07).
6. a) In ihrem anwaltlichen Schreiben vom 07.12.2005 an die Beklagte hatte die Klägerin bestimmte Mängelbeanstandungen aufgeführt und unter anderem gerügt, es gebe der Motor sehr häufig komische Geräusche ab, was bisher noch nicht genauer überprüft worden sei; seitens des Autohauses (gemeint ist die Mercedes-Benz-Vertragswerkstatt V) gehe man davon aus, dass möglicherweise mit dem Turbolader etwas nicht in Ordnung sei.
b) Für diejenigen Tatsachen, die den technischen Defekt zum Mangel im Rechtssinn machen, ist grundsätzlich der Käufer darlegungs- und beweispflichtig. Er muss, soweit möglich, Einzeltatsachen vortragen, die auf diesen Sachverhalt schließen lassen. Zu hohe Anforderungen dürfen allerdings nicht gestellt werden. Für die Schlüssigkeit reicht zunächst ein konkreter Vortrag zu den äußeren Erscheinungen des Defekts aus (Symptomtheorie), zum Beispiel „Motor macht ungewöhnliche Geräusche beim Gas geben“. Die Ursache braucht der Käufer grundsätzlich nicht anzugeben (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1541 mit Rechtsprechungsnachw.).
c) Allerdings ist die Beweisvermutung des § 476 BGB ausgeschlossen, wenn sie mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist. Dieser Ausschlusstatbestand liegt jedoch bei einem Serienfehler der hier vorliegenden Art, der unmittelbar Einfluss auf die Haltbarkeit eines als langlebig konzipierten Dieselmotors hat, nicht vor.
7. Im Hinblick auf die zugunsten der Klägerin einschlägige Beweislastumkehr aus § 476 BGB wäre es Sache der Beklagten gewesen, darzulegen und zu beweisen, dass der Kettenspanner zum Zeitpunkt der Übergabe in jeder Hinsicht mangelfrei war. Dieser Nachweis gelingt ihr indes nicht. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Startvorgänge des Motors nach der Übergabe monatelang und über eine Fahrstrecke von mehr als 10.000 km problemlos funktionierten. Allein damit ist der Nachweis der Mangelfreiheit bei Übergabe nicht erbracht. Das Beweisergebnis spricht für die Annahme, dass die Ursache, die zum Nachlassen der erforderlichen Spannung der Steuerkette geführt hat, bereits bei Übergabe im Sinne eines Anlageschadens aufgrund erhöhter Verschleißneigung angelegt war.
8. Unzutreffend ist der Einwand der Beklagten, das Problem der nicht ausreichend gespannten bzw. verschlissenen Steuerkette sei allein darauf zurückzuführen, dass der Wagen der Klägerin umfangreich innerhalb von vier Monaten mit einer Fahrstrecke von 10.000 km genutzt worden sei und danach jahrelang unbenutzt in einer Scheune gestanden habe.
a) Dass die lange Standzeit des Fahrzeugs keinen Einfluss auf den festzustellenden Mangel hatte, ergibt sich bereits daraus, dass vor der Stilllegung die Klägerin mit Schreiben vom 07.12.2005 „komische Geräusche“ beanstandet hatte. Zwar trifft es zu, dass im DEKRA-Prüfbericht vom 12.09.2005 keine Motorgeräusche erwähnt sind. Auch mag bei dem Austausch der Injektoren durch die Firma V am 13.09.2005 noch kein Motorgeräusch aufgefallen sein. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Klägerin unstreitig bis November 2005 mit dem Wagen ca. 10.000 km zurückgelegt hatte. Dem anwaltlichen Schreiben der Klägerin vom 29.11.2005 war ein Kostenvoranschlag der Mercedes-Vertragswerkstatt M vom 21.11.2005 beigefügt, in welchem u. a. der Mangel einer Geräuschentwicklung am Motor als zu lokalisierender und beseitigender Fehler bezeichnet ist. Die dargestellte Chronologie spricht für die Annahme, dass die Verschleißerscheinung an dem Kettenspanner erst nach vier Monaten mit einer Laufleistung in der Größenordnung von 10.000 km akustisch wahrnehmbar wurde, sodass sie zu einem früheren Zeitpunkt nicht – insbesondere noch nicht zum Zeitpunkt der Übergabe am 27.07.2005 – zu bemerken war.
III. Die mit dem bezeichneten Serienfehler in Verbindung zu bringende Pflichtverletzung der Beklagten kann nicht als eine i. S. des § 323 V 2 BGB unerhebliche angesehen werden.
1. a) Der Rücktritt vom Kaufvertrag ist bei einem behebbaren Mangel ausgeschlossen, wenn die Kosten seiner Beseitigung im Verhältnis zum Kaufpreis geringfügig sind. Das ist – auch im gehobenen Preissegment – jedenfalls dann der Fall, wenn die Mängelbeseitigungskosten 1 % des Kaufpreises nicht übersteigen (BGH, Urt. v. 29.06.2011 – VIII ZR 202/10, NJW 2011, 2872).
b) Ausweislich des Fünftgutachtens des Sachverständigen T vom 16.06.2011 ist im vorliegenden Fall diese 1 %-Grenze um mehr als das Siebenfache überschritten und macht den Bruttobetrag von 2.865,07 € aus. Von einer Geringfügigkeit der Mängelbeseitigungskosten kann deshalb keine Rede sein.
2. a) Nach dem vorgenannten Gutachten macht der Kettenspannerverschleiß einen umfangreichen Teileaustausch erforderlich. Es ist nicht nur der Spanner selbst zu erneuern, sondern es sind auch noch weitere Steuerkomponenten betroffen. Wegen der Motorendnummer ist nach der Arbeitseinweisung des Herstellers ein massenoptimiertes Antriebs-Kettenrad für die Hochdruckpumpe einzusetzen. Wird ein solches eingebaut, geht damit auch die Notwendigkeit eines Austauschs der Steuerkette einher – und zwar unabhängig davon, ob diese schon verschleißbedingt gedehnt ist oder nicht.
b) Widerlegt ist damit der im Schriftsatz der Beklagten vom 25.02.2011 erhobene Einwand, es sei lediglich der Austausch des Kettenspanners erforderlich, was nach einem Angebot der Firma V mit einem Kostenaufwand von nur 419,71 € verbunden sei. In seinem Gutachten hat der Sachverständige mit aller Deutlichkeit dargelegt, der alleinige Austausch des Kettenspanners widerspreche allen Arbeitsrichtlinien des Herstellers. In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 06.07.2011 räumt der Geschäftsführer der Beklagten ein, im Falle der – tatsächlich erfolgten – Änderung einzelner Teile durch den Hersteller gebe es keine Alternative zu dem Einbau eines massenoptimierten Kettenrads. Damit ist dann aber – wie der Sachverständige dargelegt hat – der Einbau einer neuen Steuerkette verbunden. Den gesamten Instandsetzungsaufwand beziffert der Sachverständige mit 2.865,07 € inkl. MwSt. Diese Summe macht einen Anteil von 7,18 % des Anschaffungspreises (39.900 €) aus.
3. a) Für die Frage der Erheblichkeit der Pflichtverletzung i. S. des § 323 V 2 BGB kommt es auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung dann an, wenn der Mangel nicht oder – wie im vorliegenden Fall – nur mit hohen Kosten behebbar oder die Mangelursache im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung ungewiss ist, etwa weil der Verkäufer sie nicht feststellen konnte (BGH, Urt. v. 29.06.2011 – VIII ZR 202/10, NJW 2011, 2872). Im vorliegenden Fall erfordert die Fehlerbeseitigung nicht nur einen hohen Kostenaufwand, sondern zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung der Klägerin, die aus noch darzulegenden Gründen mit dem anwaltlichen Anfechtungsschreiben vom 18.05.2006 in Verbindung zu bringen ist, war die Ursache der metallischen oder rasselnden Motorgeräusche noch nicht bekannt.
Deshalb ist im Ergebnis das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung durch den Verschleiß des Kettenspanners von Bedeutung.
b) Dieses Ausmaß ist so groß, dass schlechterdings nicht die Erheblichkeit der Pflichtverletzung i. S. des § 323 V 2 BGB negiert werden kann. Wie bereits ausgeführt, betrifft die Verschleißerscheinung den sensiblen Bereich der Steuerkettenverbindung zwischen der Kurbel- und der Nockenwelle. Bereits in seinem Zweitgutachten vom 07.12.2009 hatte der Sachverständige dargelegt, mit Rücksicht auf die Dauerhaltbarkeit des Motors sei eine Reparatur in kürzerer Zeit zu empfehlen.
c) Für die Frage der Erheblichkeit der Pflichtverletzung kommt es auf die Auswirkungen des Mangels mit Blick auf die berechtigten Käuferinteressen an. Dabei fallen Defekte an Motor und Getriebe stärker ins Gewicht als nur optische Defizite (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 533). Als Abgrenzungskriterium kann die Testfrage dienen, ob der Käufer das Fahrzeug in Kenntnis des Mangels zu einem niedrigeren Preis erworben oder vom Kauf Abstand genommen hätte (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 538). Hätte die Klägerin hypothetisch gewusst, dass das zum Preis von 39.900 € mit einer vermeintlichen „Brabus-Garantie“ erworbene Fahrzeug bereits nach einer Laufleistung in der Größenordnung von 10.000 km Verschleißerscheinungen an der Motorkettenspannung zeigte, welche einen Instandsetzungsaufwand von 2.865,07 € brutto erforderlich machen und der nicht von der vorgenannten Garantie erfasst wird, hätte sie aller Wahrscheinlichkeit nach zumindest auf einem Preisnachlass bestanden.
4. Einerseits lässt der Senat nicht außer Acht, dass die Beklagte für einen ordnungsgemäßen Austausch des fehlerhaften Lenkgetriebes gesorgt hat, und dass die Klägerin vorprozessual eine Vielzahl anderer Mängelrügen geltend gemacht hat, deren Begründetheit sich entweder nicht feststellen lässt oder welchen die Beklagte rechtzeitig abgeholfen hat. Andererseits hat die Erheblichkeit eines fortbestehenden Mangels – hier der vorzeitigen Erneuerungsbedürftigkeit des Kettenspanners mit den dazugehörenden Komponenten – nichts damit zu tun, in welchem Umfang der Verkäufer zuvor andere Mängel beseitigt hat und wie lästig dies gegebenenfalls für den Käufer gewesen ist (BGH, Urt. v. 29.06.2011 – VIII ZR 202/10, NJW 2011, 2872 [2874 a. E.]).
5. Ins Leere geht die von der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 25.02.2011 geltend gemachte Verspätungsrüge hinsichtlich des Mangels des vorzeitigen Verschleißes des Kettenspanners. Die Klägerin hat bereits in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 08.01.2007 die Beanstandung vorgetragen, dass der durch sie beauftragte Privatsachverständige M bemerkt habe, dass der Motor metallische Geräusche von sich gab. Dies bezieht sich auf den „Beweissicherungsbericht“ … vom 21.07.2008, in welchem im Rahmen der Fahrzeuguntersuchung ungewöhnliche Geräusche des Motors in der Kaltlaufphase erwähnt werden. Weiterhin ist in dem Bericht dargelegt, es sei sofort nach dem Starten des Motors deutlich ein metallisches Geräusch aus dem Inneren des Motors zu vernehmen. In ihrem Erwiderungsschriftsatz vom 19.01.2007 hat die Beklagte unter Bezugnahme auf den DEKRA-Prüfbericht vom 12.09.2005 das Vorhandensein metallischer Geräusche in Abrede gestellt. In ihrem Folgeschriftsatz vom 06.03.2007 hat die Klägerin noch einmal auf ihr Vorbringen hinsichtlich der Feststellungen des Privatsachverständigen M und der bezeichneten Geräuschentwicklung hingewiesen. Zu Beginn ihrer Berufungsbegründung vom 01.08.2007 hat die Klägerin in wiederholender Weise auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug genommen.
IV. Darüber hinaus steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin der Beklagten vorprozessual in hinreichender Weise unter Fristbestimmung Gelegenheit zur Nacherfüllung bzgl. des Motordefekts, der sich symptomatisch als Geräuschentwicklung bemerkbar machte, eingeräumt hat (§§ 323 I, 437 Nr. 1, 439 I BGB), und dass die Beklagte letztlich sogar die Beseitigung des zugrunde liegenden Mangels, welchen sie als solchen in seiner Gestalt als Verschleißerscheinung des Kettenspanners gar nicht erkannt hatte, verweigert hat.
1. a) Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.11.2005 übersandte die Klägerin der Beklagten einen Kostenvoranschlag der Mercedes-Benz-Vertragswerkstatt N vom 21.11.2005 … mit dem Hinweis darauf, aus dem Kostenvoranschlag gehe hervor, dass das Fahrzeug diverse Mängel habe, für welche die Beklagte wegen der bestehenden Sachmängelhaftung einzustehen habe. Verbunden damit war die Aufforderung, sich innerhalb einer Frist bis zum 08.12.2005 mit der Klägerin zum Zwecke der Vereinbarung eines Termins zur Mängelbeseitigung in Verbindung zu setzen. Zu der laufenden Position des Kostenvoranschlags ist als Beanstandung aufgeführt „Geräusch am Motor lokalisieren und beseitigen“.
b) Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 05.12.2005 mit der Erklärung der grundsätzlichen Bereitschaft, sich der „angesprochenen Problematik mit dem Fahrzeug … anzunehmen“ und machte geltend, es seien in dem Anschreiben vom 29.11.2005 keinerlei Mängel genannt und es sei lediglich ein unleserlicher Kostenvoranschlag beigefügt. Diese Mitteilung hatte wiederum ein Schreiben der Klägerin vom 07.12.2005 zur Folge, in welchem neben diversen anderen Mängelbeanstandungen aufgeführt ist, der Motor gebe „sehr häufig komische Geräusche ab, bisher wurde dies jedoch noch nicht genauer überprüft“. Verbunden damit war der Hinweis, seitens des Autohauses – gemeint ist Vertragswerkstatt N – gehe man davon aus, dass möglicherweise etwas mit dem Turbolader nicht in Ordnung sei. Gleichzeitig erklärte die Klägerin die Verlängerung der unter dem … 29.11.2005 gesetzten Frist bis zum 14.12.2005. Die Beklagte antwortete mit einem Schreiben vom 12.12.2005. Darin gestand sie zu, dass sie für einen der genannten Mängel, nämlich für die Beanstandung hinsichtlich eines Lenkwinkelsensors in Verbindung mit einer Kontrollleuchte, einzustehen habe. Im Übrigen wies sie die Verantwortung für die sonstigen aufgelisteten Beanstandungen, also auch für die „komischen Geräusche“ am Motor, zurück. Damit verbunden war die Erklärung der Bereitschaft, man wolle sich darum „gerne auf dem Wege der Kulanz kümmern“. Unstreitig holte die Beklagte dann das Fahrzeug am 03.11.2006 bei der Klägerin ab und teilte ihr telefonisch zehn Tage später mit, dass der Wagen abgeholt werden könne.
c) Es folgte eine Kostenaufstellung der Klägerin vom 13.01.2006, in welcher sie der Beklagten unter anderem die Überprüfung des Motorgeräuschs mit 0,7 Arbeitswerten zu 76,80 € zzgl. MwSt. in Rechnung stellte. Damit verbunden waren die textlichen Erläuterungen: „Motorölstand auf Minimum! Ölservice dringend erforderlich! (Ölwechselservice gehört zum Inspektionsumfang) … fällige Inspektionsarbeiten sollen laut ausdrücklicher Aussage des Kunden nicht durchgeführt werden! Ölstand auf Minimum! Motorschaden droht!“ Über die Werkstattleistungen der Beklagten verhält sich ein durch ihren Geschäftsführer unter dem … 26.01.2006 unterzeichnetes Übergabeprotokoll mit diversen Erledigungsvermerken hinsichtlich einzelner Mängelrügen; die Mängelbeanstandung hinsichtlich der Geräuschentwicklung des Motors ist darin nicht erwähnt.
d) Am 16.02.2006 erfolgte die Besichtigung des Fahrzeugs durch den seitens der Klägerin beauftragten Privatsachverständigen M. Darüber verhält sich der mit zeitlicher Verzögerung unter dem … 21.07.2008 erstellte Beweissicherungsbericht …, in welchem unter anderem ungewöhnliche Geräusche des Motors in der Kaltlaufphase erwähnt sind; es sei sofort nach dem Starten des Motors ein metallisches Geräusch aus dem Inneren vernehmbar, welches mit zunehmender Laufzeit des Motors leicht abnehme. Die genaue Stelle der Geräuschentwicklung sei nicht auszumachen, und zur genauen Lokalisierung sei eine teilweise Zerlegung des Motors erforderlich.
2. Der vorstehend wiedergegebene Ablauf der Geschehnisse macht Folgendes deutlich: Die Beklagte hatte als Reaktion auf die ihr gesetzte Frist zur Nacherfüllung auch hinsichtlich der beanstandeten Geräuschentwicklung am Motor von vornherein mitgeteilt, sich um diese Rüge nur im Wege der Kulanz kümmern zu wollen. Ausweislich der nach der Werkstattüberprüfung erfolgten Rechnungserteilung mit den darin aufgelisteten Erläuterungen brachte die Beklagte die Beanstandung des Motorgeräusches – fälschlicherweise – ausschließlich in einen Sachzusammenhang mit einem durch sie vorgefundenen zu geringen Ölstand des Motors . Das Absinken des Ölstands erachtete sie als einen nicht durch sie zu vertretenden Umstand. Sie war offenkundig der Ansicht, es sei Sache der Klägerin, den Auftrag für eine Auffüllung des Ölstands als Inspektionsleistung zu erteilen. Da die Beklagte zudem die Leistungsposition „Motorgeräusche überprüft“ ohnehin nicht als Kulanzverrichtung behandelt hat, sondern sie der Klägerin sogar mit 0,7 Arbeitswerten in Rechnung stellte, hat sie hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, den gerügten Mangel der Geräuschentwicklung des Motors als nicht von ihrer Gewährleistungsverpflichtung umfasst behandeln zu wollen.
3. a) Nach Lage der Dinge war somit der seitens der Beklagten im Januar 2006 – ohnehin nur als Kulanzleistung angekündigte – Versuch der Mangelbeseitigung i. S. des § 440 Satz 1 BGB fehlgeschlagen, und es bedurfte keiner weiteren Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung gemäß § 323 I BGB mehr. Ein zweiter Nachbesserungsversuch nach Maßgabe des § 440 Satz 2 BGB war der Beklagten seitens der Klägerin nicht mehr zu gewähren, um die Voraussetzung des Fehlschlagens der Nacherfüllung herbeizuführen. Die Grenze des Zumutbaren kann bei an sich möglicher und auch zumutbarer Nachbesserung schon nach einem einzigen Fehlversuch überschritten sein (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 481 mit Hinweis auf OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.05.2008 – 8 U 494/07). Nachdem die Beklagte der Klägerin zunächst unter anderem die Überprüfung des Motorgeräuschs ohnehin nur als Kulanzleistung in Aussicht gestellt hatte, machte sie dann diese Werkstattverrichtung unter dem Datum des 13.01.2006 zum Gegenstand einer durch die Klägerin auszugleichenden Rechnungsposition. Zudem gab sie eine falsche Fehlerursache an, die sie auch noch als allein im Verantwortungsbereich der Klägerin liegend (zu niedriger Ölstand des Motors) bezeichnet hat. Dass sich hinter der beanstandeten Geräuschentwicklung bei Startvorgängen tatsächlich ein Serienmangel der Kettenspannervorrichtung verbarg, der schon Gegenstand einschlägiger Service-Informationen des Herstellers war, ist der Beklagten unbekannt geblieben.
b) In ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 06.10.2006 hat sich die Beklagte darauf berufen, über das bereits ordnungsgemäß reparierte Lenkgetriebe hinaus könne die Klägerin weitere Mängel nicht geltend machen. Zudem hat sie in ihrem Folgeschriftsatz vom 19.01.2007 sich damit verteidigt, die Beanstandung „metallischer Geräusche“ stelle ohnehin schon keine ordnungsgemäße Beanstandung dar und werde im Übrigen als Defektsymptom bestritten. Nicht zuletzt durch das prozessuale Verhalten der Beklagten wird deutlich, dass sie eine Nachbesserung in Bezug auf den in Rede stehenden Serienmangel ernsthaft und endgültig i. S. des § 323 II Nr. 1 BGB verweigert.
4. a) Nachdem die Klägerin der Beklagten fruchtlos die Gelegenheit zur Fehlerbeseitigung hinsichtlich der Beanstandung der Geräuschentwicklung des Motors eingeräumt hatte, ist die Rücktrittserklärung (§ 437 Nr. 2 BGB) in ihrem anwaltlichen Schreiben vom 18.05.2006 enthalten, in welchem sie die Loslösung von dem Kaufvertrag erklärte. Zwar ist Gegenstand dieser Zuschrift eine Anfechtung des Kaufvertrags aufgrund einer arglistigen Täuschung i. S. des § 123 BGB und des Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft im Hinblick auf die vertraglich vereinbarte „Brabus-Garantie“. Dieser Anfechtungsgrund ist – wie bereits dargelegt – jedoch nicht einschlägig, da von einer Gutgläubigkeit des Geschäftsführers der Beklagten hinsichtlich des Vorhandenseins der „Brabus-Garantie“ auszugehen ist. Jedoch kann eine Anfechtungserklärung – für den Fall ihrer Unwirksamkeit – in die Erklärung eines Rücktritts vom Kaufvertrag nach Maßgabe des § 140 BGB umgedeutet werden (BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, NJW 2006, 2839; Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 140 Rn. 6 mit Hinweis auf BGH, NJW 1975, 1700). Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr im Hinblick darauf, dass die Klägerin sich in ihrem Schreiben vom 18.05.2006 auch darauf berufen hatte, das verkaufte Fahrzeug sei nicht frei von Sachmängeln und sie verlange auch aus diesem Grund die Rücknahme des Wagens Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises. Es war einerseits die Sachmangelrüge auf die unbegründete Beanstandung eines Defektzustands des Lenkgetriebes gestützt und nicht auf die zuvor schon gerügte Geräuschentwicklung des Motors. Da sich andererseits aus dem Gesetz nicht die Notwendigkeit einer Begründung der Rücktrittserklärung ergibt, kommt es im Ergebnis auch nicht entscheidend auf die unrichtige Bezeichnung des maßgeblichen Defektes des Kaufgegenstands an, wenn – wie im vorliegenden Fall – potenziell mehrere Fehler der Kaufsache als Rücktrittsgrund in Betracht kommen.
b) Unabhängig davon ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin in ihrer Rechtsmittelbegründung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens, welches unter anderem auch die Rüge der Motorgeräuschentwicklung zum Gegenstand hat, sich auf den Rücktritt vom Kaufvertrag beruft.
5. a) Nach § 346 I BGB sind im Falle des Rücktritts die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Statt Herausgabe der Nutzungen hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit die Herausgabe – wie hier – nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist (§ 346 II Nr. 1 BGB). Die seitens der Klägerin während der Besitzzeit des Fahrzeugs gezogenen Nutzungen ergeben sich aus den zurückgelegten Fahrtkilometern. Der Wert der Vergütung für diese Gebrauchsvorteile ist gemäß § 287 ZPO zu schätzen; Richtschnur ist die Methode des linearen Wertschwunds (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1751). Nach der einschlägigen Berechnungsformel ist auf den konkreten Altwagenpreis und die voraussichtliche Restfahrleistung abzustellen.
b) In Bezug auf diese ist einerseits zu berücksichtigen, dass die Lebensdauer eines Motors im Sinne seiner Gesamtlaufleistung um so geringer ist, je kleiner sich der Hubraum darstellt (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1756). Nach den Spezifikationen des Sachverständigen T in seinem Erstgutachten vom 27.05.2009 hat das Fahrzeug einen großvolumigen Motor mit einem Hubraum von knapp vier Litern; der abgelesene Kilometerstand betrug seinerzeit 72.177. Andererseits darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich um ein Fahrzeug mit Motortuning handelt, bei welchem nach der Erläuterung des Sachverständigen in seinem Viertgutachten vom 28.01.2011 die Verbrennungsdrücke im Motor erhöht werden. Erfahrungsgemäß haben Dieselmotoren mit einer derartigen technischen Veränderung zur Leistungssteigerung eine geringere Gesamtlaufleistung als Fahrzeuge mit Dieselantrieb, die in dem werksseitigen Auslieferungszustand verbleiben. Die Bandbreite der zu erwartenden Gesamtkilometerleistung für Dieselmotoren mit einem Hubraum von bis zu 2,5 Litern bewegt sich in der Spanne zwischen 200.000 km und 250.000 km (vgl. die Beispiele bei Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1575). Im Hinblick darauf, dass der Motor des streitigen Fahrzeugs eine technische Veränderung zur Leistungssteigerung aufweist, setzt der Senat nach billigem Ermessen die zu erwartende Gesamtlaufleistung mit 250.000 km an.
c) Nach der einschlägigen Berechnungsformel ist zur Ermittlung der Nutzungsvergütung der Bruttokaufpreis mit der gefahrenen Kilometeranzahl zu multiplizieren; dann ist das Produkt durch die voraussichtliche Restlaufleistung zu dividieren (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1753). Da die Klägerin das Fahrzeug mit einem Kilometerstand von 59.463 erworben und dieser zum Zeitpunkt der Erstbegutachtung durch den Sachverständigen sich auf 72.177 erhöht hatte, schuldet die Klägerin eine Nutzungsvergütung für 12.714 km. Multipliziert mit dem Kaufpreis von 39.900 € und dividiert durch die restliche Laufleistung von 177.823 km (250.000 km – 72.177 km) ergibt sich ein seitens der Klägerin auszugleichender Wertersatz von 2.852,78 €. Zieht man diesen von dem geleisteten Kaufpreis (39.900 €) ab, ergibt sich der … tenorierte Betrag.
d) Der tatsächlich vereinbarte Kaufpreis ist auch dann für die Ermittlung des Wertersatzes maßgeblich, wenn – wie hier – der Käufer seinen Altwagen in Zahlung gegeben hat (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1754). Für die Berechnung des auszugleichenden Gebrauchsvorteils spielt es deshalb im Ergebnis keine Rolle, dass die Beklagte den vormaligen Pkw der Klägerin … in Zahlung genommen hatte.
6. Schließlich ist die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten hinsichtlich der Zug um Zug geschuldeten Übergabe und Übereignung des streitigen Kraftfahrzeugs (§ 348 BGB) auszusprechen. Zur Herbeiführung des Annahmeverzugs reichte ein wörtliches Angebot gemäß § 295 BGB, da die Beklagte das Fahrzeug am Wohnsitz der Klägerin abzuholen hatte. Das entsprechende wörtliche Abholungsangebot der Klägerin findet sich in ihrem Schreiben vom 18.05.2006. Ein wörtliches Angebot genügt unter anderem dann, wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 651) …