Täuscht bei einem Mietkauf der vorleistungspflichtige Lieferant den Mietverkäufer über eine in Wirklichkeit noch nicht erfolgte Lieferung des Mietkaufgegenstands an den Mietkäufer und veranlasst er dadurch den Mietverkäufer, an ihn den Kaufpreis in Umkehrung der vertraglichen Leistungspflichten vorzuleisten, ist der Mietverkäufer gemäß § 323 I, II Nr. 3 BGB zum sofortigen Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt.

BGH, Urteil vom 10.03.2010 – VIII ZR 182/08

Sachverhalt: Die Klägerin, die auf dem Gebiet des Finanzierungsleasings tätig ist, schloss am 15.10.2005 mit der R-GmbH (im Folgenden: R) einen Mietkaufvertrag über die Ausstattung eines Callcenters mit einem Nettoanschaffungswert von 108.420 €. Die Beschaffung sollte über die Beklagte erfolgen, die auch den Abschluss des Mietkaufvertrags vermittelt hatte.

Unter dem 27.10.2005 übersandte die Klägerin der Beklagten einen Kaufauftrag über die Callcenterausstattung, in dem es unter anderem heißt:

„… hiermit erteilen wir Ihnen den Auftrag zur Lieferung des/der unten näher beschriebenen Objekte(s). Wir beauftragen Sie, an den gemeinsamen Kunden termingemäß zu liefern. Ferner bitten wir Sie, bei Auslieferung die ordnungsgemäße Übernahme der Ware durch den gemeinsamen Kunden für uns auf dem beigefügten Formular bestätigen zu lassen.

Solange uns die Übernahmebestätigung des Kunden nicht ohne Einschränkung und rechtsverbindlich unterzeichnet vorgelegt wird, bleiben wir Ihnen gegenüber von allen Verbindlichkeiten und Verpflichtungen frei.

Die Übernahmebestätigung muss uns spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten, beginnend mit dem Datum dieses Schreibens, vorgelegt werden. Danach gilt dieser Auftrag ohne weitere Erklärung als einvernehmlich aufgehoben.

Wir zahlen sofort nach Eingang Ihrer auf unser Haus ausgestellten Rechnung … und der vom Kunden rechtsverbindlich unterzeichneten Übernahmebestätigung …“

Die Beklagte legte daraufhin eine von R mit Datum vom 26.10.2005 unterzeichnete Übernahmebestätigung vor, in der diese bestätigte, dass sie am gleichen Tage die näher bezeichnete Callcenteranlage von der Beklagten

„fabrikneu, vollständig, ordnungsgemäß, funktionsfähig und der Beschreibung im o. g. Vertrag gemäß, sowie allen durch die [R-GmbH] diesbezüglich mit dem Hersteller bzw. Lieferanten getroffenen Vereinbarungen (z. B. güte-, technischer- und leistungsmäßiger Art) entsprechend übernommen hat“.

In der beigefügten Rechnung der Beklagten vom 27.10.2005 über 125.767 € brutto, die die Klägerin daraufhin zuzüglich einer Vermittlungsprovision von 5.659,52 € brutto an die Beklagte bezahlte, war zugleich ausgeführt, dass die Lieferung am 26.10.2005 erfolgt sei. Diese Angabe war genauso wie die Übernahmebestätigung unzutreffend. Die Anlage befand sich zu diesem Zeitpunkt vielmehr noch bei der Beklagten. Ob und in welchem Umfang die Beklagte in der Folgezeit die von ihr zu erbringenden Lieferungen und Leistungen, zu denen neben einer näher bezeichneter Hard- und Software auch 180 Stunden Installations- und Konfigurationsarbeiten sowie eine Einweisung vor Ort gehören sollten, gegenüber R erbracht hat, ist streitig.

Nachdem R die nach dem Mietkaufvertrag am 01.11.2005 fällige Mietkaufrate von 1.819,28 € brutto zuzüglich der sofort fälligen Gesamtmehrwertsteuer von 23.606,02 € ebenso wenig an die Klägerin gezahlt hatte wie die Dezemberrate, kündigte die Klägerin den Mietkaufvertrag mit Schreiben vom 15.12.2005. Gegenüber der Beklagten focht sie mit Schreiben vom 16.01.2006 „sämtliche Erklärungen und Verträge im Zusammenhang mit dem Abschluss des Mietkaufvertrags“ an und forderte von ihr die Rückzahlung des Kaufpreises und der Provision.

Auf ihre – unter Berücksichtigung einer nachträglich von R noch geleisteten Zahlung über 1.819,29 € – in Höhe von 129.607,24 € erhobene Zahlungsklage hat das Landgericht die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 123.947,27 € nebst Zinsen verurteilt. Den auf Rückzahlung der Provision gerichteten Anspruch hat es dagegen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage unter Einschluss eines erst im Berufungsrechtszug von der Klägerin gestellten Antrags auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten mit der Rücknahme der Vertragsgegenstände abgewiesen. Zugleich hat das Oberlandesgericht die hinsichtlich der Provisionszahlung eingelegte Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte zum ganz überwiegenden Teil Erfolg.

Aus den Gründen: [5]    I. Das Berufungsgericht hat – soweit hier von Interesse – ausgeführt:

[6]    Ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises könne entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht auf die Bestimmung des Kaufauftrags gestützt werden, wonach der Auftrag ohne weitere Erklärung als einvernehmlich aufgehoben gelte, wenn innerhalb einer Frist von sechs Monaten keine Übernahmebestätigung vorgelegt werde. Dieser ausdrücklich geregelte Fall der Aufhebung des Vertrags bei Nichterteilung der Übernahmebestätigung liege hier nicht vor. Denn die Erteilung einer inhaltlich falschen Übernahmebestätigung könne ihrer Nichterteilung nicht gleichgestellt werden. Zweck dieser Vertragsbestimmung sei es gewesen, dass die Klägerin sich nicht an einem Vertrag habe festhalten lassen wollen, der auf lange Sicht nicht erfüllt werde. Dabei sei an den für alle Beteiligten sofort erkennbaren Umstand angeknüpft worden, dass der Leasingnehmer sich nicht zu einer Vertragserfüllung bekenne und dementsprechend auch nicht die Übernahmebestätigung erteile. Einer inhaltlich unzutreffenden Bestätigung komme diese Klarstellungsfunktion hingegen nicht zu, zumal die inhaltliche Unrichtigkeit auch auf ganz anderen Ursachen wie etwa Mängeln in der Funktionsfähigkeit oder der Ausstattung beruhen könne. Wollte man die inhaltliche Unrichtigkeit deshalb einer Nichterteilung der Bestätigung gleichsetzen, würde der Bestand des Vertrags wegen der Vielzahl der für eine Unrichtigkeit in Betracht kommenden Konstellationen in einer Weise in der Schwebe bleiben, die mit der von den Beteiligten durch die Übernahmebestätigung erstrebten Klarstellungsfunktion nicht zu vereinbaren wäre.

[7]    Ebenso wenig könne die Klägerin Ansprüche aus der Übernahmebestätigung selbst und ihrer Vorlage herleiten. Die Bestätigung sei zwar inhaltlich unzutreffend gewesen, weil die behauptete billigende Besichtigung der bei der Beklagten befindlichen und zunächst weiterhin verbliebenen Liefergegenstände durch R etwas anderes sei als die bestätigte ordnungsgemäße Übernahme der Gegenstände. Hierdurch habe die Beklagte auch vertragliche Nebenpflichten verletzt und sich schadensersatzpflichtig gemacht, soweit die Klägerin im Vertrauen auf die Richtigkeit der Übernahmebestätigung den Kaufpreis entrichtet habe. Einem theoretisch denkbaren Schadensersatzanspruch stehe aber der Gesichtspunkt des rechtsmäßigen Alternativverhaltens entgegen, da alle zu liefernden Komponenten der Anlage am 18.11.2005 an R gelangt seien und damit die Voraussetzungen für die Erteilung einer Übernahmebestätigung nachträglich eingetreten seien. Hätte die Beklagte sich also korrekt verhalten und erst an diesem Tage von R eine entsprechende Bestätigung eingeholt und an die Klägerin weitergeleitet, hätte die Klägerin gleichfalls sofort gezahlt, ohne dass sich etwas daran ändern würde, dass die Klägerin ihre Ansprüche gegen R nicht durchsetzen könne. Der einzig mögliche Schaden der Klägerin liege deshalb in einem Zinsnachteil infolge vorzeitiger Kaufpreiszahlung; hierfür sei jedoch nichts vorgetragen.

[8]    Zu einer Rückzahlung der geleisteten Provision sei die Beklagte gleichfalls nicht verpflichtet. Auch insoweit greife weder die erklärte Anfechtung durch, noch sei die Beklagte wegen eines entgegenstehenden rechtmäßigen Alternativverhaltens zum Schadensersatz verpflichtet. Ebenso wenig sei eine entsprechende Anwendung des § 87a II HGB angezeigt, da die Klägerin bei ihrer Provisionszusage nicht zum Ausdruck gebracht habe, dass sie ein Behaltendürfen der Provision von der Durchführung des Vertrags habe abhängig machen wollen.

[9]    II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

[10]   Die erhobenen Ansprüche auf Rückzahlung des Kaufpreises für die Callcenterausstattung und der neben dem Kaufpreis an die Beklagte gezahlten Provision können nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneint werden. Die Beklagte ist vielmehr gemäß § 323 I, II Nr. 3, § 346 I BGB zur Rückerstattung des Kaufpreises verpflichtet, weil sie die Klägerin durch Vorlage einer unzutreffenden Übernahmebestätigung der R über den Stand der Vertragsabwicklung und die davon abhängigen Fälligkeitsvoraussetzungen für die Kaufpreiszahlung getäuscht hat, sodass besondere Umstände gegeben sind, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen einen sofortigen Rücktritt der Klägerin vom Kaufvertrag rechtfertigen. Darüber hinaus ist die Beklagte gemäß § 812 I 1 BGB zur Rückerstattung der von der Klägerin erhaltenen Vermittlungsprovision verpflichtet, weil die Klägerin ihr Provisionsversprechen, zu dem sie durch diese Täuschung bestimmt worden ist, wirksam angefochten hat (§§ 123 I, 141 I BGB) und es deshalb für die Provisionszahlung am Rechtsgrund fehlt. Allerdings ist die Klägerin ihrerseits gemäß § 346 I BGB zur Rückgabe der in ihren Besitz gelangten Ausstattungsgegenstände verpflichtet, sodass ihr Zahlungsbegehren auf eine Verurteilung Zug um Zug einzuschränken ist (§§ 348, 320 I, 322 I BGB).

[11]   1. Die Klägerin kann die Rückzahlung des von ihr in Höhe von 125.767 € geleisteten Kaufpreises (§ 433 II BGB) beanspruchen, weil sie wirksam von dem mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag über die von ihr zu beschaffende Ausstattung des Callcenters der R zurückgetreten ist.

[12]   a) Allerdings ist der Kaufpreis nicht schon deshalb gemäß § 812 I BGB zurückzugewähren, weil die Klägerin ihr im Kaufauftrag vom 27.10.2005 liegendes Angebot auch gemäß § 123 I BGB wegen Unrichtigkeit der ihr von der Beklagten vorgelegten Übernahmebestätigung angefochten hat. Denn die Übernahmebestätigung ist ihr, wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, erst nach Abgabe ihres Angebots vorgelegt worden, sodass sie schon nach dem zeitlichen Ablauf zur Abgabe dieser Willenserklärung nicht durch die unrichtige Übernahmeerklärung bestimmt worden ist.

[13]   b) Ebenso wenig steht die Unrichtigkeit der Übernahmebestätigung einem wirksamen Zustandekommen des Kaufvertrags deshalb entgegen, weil die Klägerin nach den von ihr gestellten Angebotsbedingungen gegenüber der Beklagten von allen Verbindlichkeiten und Verpflichtungen frei bleiben wollte, solange ihr die Übernahmebestätigung der R nicht ohne Einschränkung und rechtsverbindlich unterzeichnet vorgelegt war. Denn hierin hat ungeachtet der Frage, ob die inhaltlich unrichtige Bestätigung einer ausgebliebenen Bestäti-gung gleichgestellt werden kann, nach der Rechtsprechung des Senats keine aufschiebende Bedingung i. S. von § 158 I BGB gelegen. Die Klausel enthält vielmehr nur eine Fälligkeitsbestimmung und die Festlegung einer Vorleistungspflicht, sodass die Verpflichtung der Klägerin zur Kaufpreiszahlung von der vorherigen Beibringung der Übernahmebestätigung abhängig war (Senat, Urt. v. 17.02.1993 – VIII ZR 37/92, WM 1993, 955 unter I 2). Dass die Beklagte der Klägerin durch Vorlage der Übernahmebestätigung und ihre in der Rechnung vom 27.10.2005 abgegebene Erklärung, die Lieferung sei am 26.10.2005 erfolgt, eine fälligkeitsbegründende Übernahme des Kaufgegenstands der Wahrheit zuwider vorgespiegelt hat, hat deshalb das Zustandekommen des Kaufvertrags nicht verhindert. Auch der Umstand, dass die Klägerin die Kaufpreisschuld täuschungsbedingt vorzeitig erfüllt hat, kann einen Rückforderungsanspruch der Klägerin für sich allein nicht begründen (§ 813 II BGB).

[14]   c) Es kann dahinstehen, ob in der Angebotsklausel, wonach die Übernahmebestätigung der Klägerin spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten vorgelegt werden und danach der Auftrag ohne weitere Erklärung als einvernehmlich aufgehoben gelten sollte, eine auflösende Bedingung i. S. von § 158 II BGB liegt und ob – wie das Berufungsgericht angenommen hat – ein Bedingungseintritt zu verneinen ist, weil die Vorlage der unrichtigen Übernahmebestätigung einer ausgebliebenen Bestätigung nicht gleichgestellt werden kann. Denn zum Zeitpunkt eines möglichen Bedingungseintritts war die Klägerin bereits wirksam gemäß § 323 I, II Nr. 3 BGB vom Kaufvertrag zurückgetreten mit der Wirkung, dass die Vertragsparteien einander zur Rückgewähr der empfangenen Leistungen verpflichtet waren (§ 346 I BGB).

[15]   aa) Das Schreiben der Klägerin vom 16.01.2006, in dem "sämtliche Erklärungen und Verträge im Zusammenhang mit dem Abschluss des Mietkaufvertrags" angefochten werden und darauf hingewiesen wird, dass die Verträge rückabzuwickeln seien und die Beklagte den Kaufpreis und die Provision zurückzuzahlen habe, enthält zugleich eine auf die Unrichtigkeit der Übernahmebestätigung gestützte Rücktrittserklärung. Das Berufungsgericht hat die Erklärung zwar nicht unter diesem Gesichtspunkt gewürdigt. Der Senat kann die unterbliebene Würdigung aufgrund der seiner Nachprüfung unterliegenden tatsächlichen Grundlagen (§ 559 ZPO) aber nachholen, weil die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (vgl. Senat, Urt. v. 13.02.2008 – VIII ZR 105/07, NJW 2008, 1218 Rn. 18 m. w. Nachw.).

[16]   Die im genannten Schreiben ausgesprochene Anfechtungserklärung lässt bereits nach ihrem Wortlaut unmissverständlich erkennen, dass die Klägerin ungeachtet des verwendeten Begriffs der Anfechtung den mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag auf jeden Fall und damit unter jedem in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkt rückabgewickelt wissen wollte. Da zur wirksamen Erklärung eines Rücktritts ein Gebrauch dieses Wortes nicht erforderlich ist, kann dem Schreiben – zumindest im Wege der Umdeutung (§ 140 BGB) – auch eine Rücktrittserklärung entnommen werden, die dem von der Klägerin erstrebten Ziel, den Vertrag zu beenden und den erfolgten Leistungsaustausch rückgängig zu machen, in gleicher Weise zum Erfolg verhilft (Erman/Röthel, BGB, 12. Aufl., § 349 Rn. 2 m. w. Nachw.; vgl. ferner BGH, Urt. v. 24.11.2006 – LwZR 6/05, NJW 2007, 1269 Rn. 14 m. w. Nachw.).

[17]   bb) Diese Rücktrittserklärung war wirksam. Die Beklagte hat die Klägerin über die erfolgte Leistungserbringung gegenüber R getäuscht und sie auf diese Weise zur vorzeitigen Auszahlung des Kaufpreises bestimmt. Dass die hierzu abgegebenen Erklärungen unzutreffend waren, hat das Berufungsgericht in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung festgestellt. Denn die von R bestätigte Übernahme der Ausstattungsgegenstände beschreibt eine Erlangung tatsächlicher Herrschaftsgewalt, der die von der Beklagten behauptete billigende Besichtigung der anschließend noch bei ihr verbliebenen Gegenstände durch R nicht untergeordnet werden kann. Das gilt genauso für die von der Beklagten selbst in ihrer Rechnung abgegebene Bestätigung, dass die Lieferung am 26.10.2005 erfolgt sei. Durch Vorlage/Abgabe dieser unzutreffenden Erklärungen hat die Beklagte die Klägerin pflichtwidrig veranlasst, den Kaufpreis in Umkehrung des vertraglichen Leistungsprogramms vorzuleisten, und dadurch die von ihr im Rahmen der Vertragsdurchführung geschuldeten Dokumentations- und Mitteilungspflichten in einer Weise verletzt, dass die Klägerin gemäß § 323 I, II Nr. 3 BGB zum sofortigen Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt war.

[18]   (1) Die aufgrund des Kaufauftrags der Klägerin vom 27.10.2005 vorleistungspflichtige Beklagte (dazu vorstehend unter II 1 b) war nach den hierin getroffenen Abreden zugleich gehalten, die bestellte Callcenterausstattung ohne Beteiligung der Klägerin unmittelbar an R auszuliefern und sich die damit einhergehende Übergabe der Gegenstände bestätigen zu lassen, um die Voraussetzungen der Kaufpreisfälligkeit zu dokumentieren. Die Vorlage der Bestätigung und die in diesem Zusammenhang abgegebenen Erklärungen waren deshalb darauf gerichtet, leistungsbezogene Nebenpflichten der Beklagten zur Abwicklung des zwischen den Parteien bestehenden Kaufvertrages zu erfüllen. Eine Verletzung derartiger Nebenpflichten beeinflusst regelmäßig die nach dem Vertrag vorgesehene Bewirkung der Hauptleistung, hier den Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung, und stellt daher eine nicht vertragsgemäße Leistungserbringung i. S. von § 323 I BGB dar. Dementsprechend beurteilen sich auch die Verletzungsfolgen – anders als bei den nach § 324 BGB zu behandelnden vertragsbegleitenden nicht leistungsbezogenen Nebenpflichten – hinsichtlich der Rücktrittsvoraussetzungen nach § 323 BGB (BT-Drs. 14/6040, S. 141, 187; BT-Drs. 14/7052, S. 182, 186, 192; ferner Zimmer, NJW 2002, 1, 6; MünchKomm-BGB/Kramer, BGB, 5. Aufl., § 241 Rn. 19; jeweils m. w. Nachw.). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, da besondere Umstände i. S. von § 323 II Nr. 3 BGB vorliegen, welche angesichts der beschriebenen Pflichtverletzung der Beklagten unter Abwägung der beiderseitigen Interessen einen sofortigen Rücktritt der Klägerin ohne vorherige Fristsetzung rechtfertigen.

[19]   (2) Bereits vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes war in der Rechtsprechung des BGH anerkannt, dass sich eine Partei nicht am Vertrag festhalten zu lassen braucht, wenn der Vertragspartner bei der Abwicklung des Vertrags durch schuldhaftes Verhalten eine solche Unsicherheit in das Vertragsverhältnis hineinbringt, dass dem vertragstreuen Teil die Aufrechterhaltung des Vertrags nicht mehr zugemutet werden kann, namentlich wenn dieses Verhalten eine zur Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung führende geschäftliche Unzuverlässigkeit des Vertragspartners erkennen lässt (Senat, Urt. v. 19.02.1969 – VIII ZR 58/67, WM 1969, 499 unter III; Urt. v. 19.10.1977 – VIII ZR 42/76, WM 1977, 1423 unter II 3 a; jeweils m. w. Nachw.). Ein derart vertragsgefährdendes Verhalten konnte sich etwa auch aus einer Verletzung vertraglicher Nebenpflichten wie Auskunfts- und Anzeigepflichten oder sonstigen Mitwirkungspflichten ergeben (Senat, Urt. v. 19.10.1977 – VIII ZR 42/76, WM 1977, 1423 unter II 3 a). Hieran hat sich für die nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz geltende Rechtslage nichts Entscheidendes geändert (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 183, 185). Insbesondere in Fällen, in denen der Verkäufer den Käufer bei Vertragsschluss über die Beschaffenheit des Kaufgegenstands getäuscht hat, nimmt der BGH regelmäßig ein berechtigtes Interesse des Käufers an, von einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Verkäufer Abstand zu nehmen, um sich vor eventuellen neuerlichen Täuschungsversuchen zu schützen, und versagt dem Verkäufer deshalb gemäß § 440, § 281 II, § 323 II BGB eine Fortsetzung der Vertragsbeziehungen durch Nachbesserung zugunsten eines sofortigen Schadensersatz- oder Rücktrittsrechts des Käufers (Senat, Urt. v. 20.05.2009 – VIII ZR 247/06, NJW 2009, 2532 Rn. 17; Urt. v. 09.01.2008 – VIII ZR 210/06, NJW 2008, 1371 Rn. 19 f.; BGH, Beschl. v. 08.12.2006 – V ZR 249/05, WM 2007, 1076 Rn. 13, 15).

[20]   Nichts anderes gilt hier. Die Beklagte hat die Klägerin bereits bei Beginn des Vertragsvollzugs über die von ihr zu bewirkende (Vor-)Leistung getäuscht und die Klägerin zu einer nicht geschuldeten Vorleistung veranlasst. Der dadurch bewirkte Vertrauensverlust in die künftige Leistungstreue der Beklagten wiegt umso schwerer, als auch die Mietkäuferin durch Abgabe einer unzutreffenden Übernahmebestätigung an der Täuschungshandlung mitgewirkt hat, sodass zumindest der Eindruck eines kollusiven Zusammenwirkens beider zum Nachteil der Klägerin auf der Hand liegt. Es kommt hinzu, dass nach der leasing- und mietkauftypischen Vertragskonstruktion, wie sie auch hier gemäß Ziffer 1 und 11 der zwischen den Parteien des Mietkaufvertrags vereinbarten Vertragsbedingungen anzutreffen ist, die R treuhänderisch mit einer Reihe von Abwicklungsfunktionen von der Klägerin betraut worden ist. Insbesondere ist sie berechtigt worden, für die am Liefervorgang vertragstypisch nicht beteiligte Klägerin die Abnahme der zu liefernden Gegenstände von der Beklagten vorzunehmen und für die Klägerin zu bestätigen (vgl. dazu Senat, Urt. v. 20.10.2004 – VIII ZR 36/03, WM 2005, 756 unter II 2 a) sowie im weiteren Verlauf der Vertragsabwicklung für die Klägerin etwaige Gewährleistungsrechte auszuüben und geltend zu machen. Wenn die Mietkäuferin und die Lieferantin deshalb – wie hier – bereits bei Übergabe des Leasinggegenstands durch Abgabe einer falschen Übernahmebestätigung/Liefererklärung allem Anschein nach kollusiv zum Nachteil der Klägerin zusammengewirkt haben, musste diese greifbar befürchten, dass es auch im Zuge der weiteren Vertragsabwicklung zu gleichartigen Verhaltensweisen kommen würde und ihr Interesse an einer redlichen Vertragsdurchführung nachhaltig gefährdet war. Ein ins Gewicht fallendes gegenläufiges Interesse der Beklagten, trotz ihrer schwerwiegenden Verfehlung am Vertrag festhalten zu können, ist nicht zu erkennen. Die Klägerin war deshalb berechtigt, sich durch sofortigen Rücktritt von dem mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag über die zu liefernde Callcenterausstattung zu lösen und die Rückgewähr der von ihr bereits erbrachten Leistungen zu beanspruchen.

[21]   2. Die Beklagte ist weiterhin gemäß § 812 I 1 BGB zur Rückerstattung der von der Klägerin erhaltenen Vermittlungsprovision verpflichtet. Denn entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es am Rechtsgrund für die geleistete Provision, weil die Klägerin zu ihrem Provisionsversprechen durch eine arglistige Täuschung der Klägerin veranlasst worden ist und deshalb ihr von der Beklagten gemäß § 151 BGB durch Entgegennahme des Provisionsschecks angenommenes Angebot auf Leistung der Provisionszahlung wirksam angefochten hat (§§ 123 I, 142 I BGB). Das Berufungsgericht hat den Sachverhalt zwar auch unter diesem Gesichtspunkt nicht näher gewürdigt. Der Senat kann dies aufgrund der seiner Nachprüfung unterliegenden tatsächlichen Grundlagen (§ 559 ZPO) aber ebenfalls nachholen, weil die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (vgl. Senat, Urt. v. 13.02.2008 – VIII ZR 105/07, NJW 2008, 1218 Rn. 18 m. w. Nachw.).

[22] Dass die Klägerin der Beklagten – über eine allgemeine Bereitschaft zur Provisionszahlung hinaus – die geleistete Provision bereits vor Einreichung der Übernahmebestätigung vorab versprochen hat, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Dafür besteht auch sonst kein Anhalt. Die Provision ist der Beklagten vielmehr erst nach Vorlage der von ihr erteilten Rechnung vom 27.10.2005 und der Übernahmebestätigung der R in der Weise versprochen worden, dass die Klägerin zeitgleich mit der Anweisung des Kaufpreises der Beklagten durch Schreiben vom 31.10.2005 einen über den Provisionsbetrag ausgestellten Scheck „als sichtbares Zeichen unserer Anerkennung“ übersandt hat. Bestimmend für dieses Provisionsversprechen war mithin neben der unrichtigen Übernahmebestätigung der R die wahrheitswidrige Erklärung der Beklagten, dass die Lieferung der näher bezeichneten Callcenterausstattung am 26.10.2005 erfolgt sei. Dementsprechend hat die auch auf die gezahlte Provision gerichtete Anfechtungserklärung der Klägerin vom 16.01.2006 das zugrunde liegende Provisionsversprechen gemäß § 142 I BGB rückwirkend vernichtet, sodass der rechtsgrundlos geleistete Provisionsbetrag zurückzugewähren ist.

[23]   3. Die Klägerin ist jedoch ihrerseits gemäß §§ 348, 320 I, 322 I BGB zur Rückgabe der in ihren Besitz gelangten Ausstattungsgegenstände verpflichtet. Auf die dahin gehend von der Beklagten im Berufungsrechtszug vorsorglich erhobene Einrede ist der Zahlungsausspruch deshalb unter Zurückweisung der weitergehenden Revision auf eine Verurteilung zur Leistung Zug um Zug einzuschränken (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2008 – XII ZR 147/05, WM 2008, 1758 Rn. 13).

[24]   4. Da die Beklagte den Bestand des mit der Klägerin geschlossenen Kaufvertrags verteidigt und deshalb eine Verpflichtung zur Entgegennahme der ihr von der Klägerin mit Schriftsatz vom 28.12.2006 angebotenen Gegenstände in Abrede nimmt, ist auf Antrag der Klägerin festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Rücknahme im Annahmeverzug befindet, damit die Klägerin gemäß §§ 322 III, 274 II BGB ihren Anspruch ohne Bewirkung der ihr obliegenden Leistung im Wege der Zwangsvollstreckung verfolgen kann (vgl. Senat, Urt. v. 28.10.1987 – VIII ZR 206/86, WM 1987, 1496 unter III).

[25]   III. Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Es ist deshalb aufzuheben (§ 562 I ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da keine weiteren Feststellungen erforderlich sind und die Sache zu Endentscheidung reif ist (§ 563 III ZPO). Auf die Revision der Klägerin ist danach der Klage mit Ausnahme der durch den Zug-um-Zug-Vorbehalt bedingten Einschränkung insgesamt stattzugeben.

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