- Mit der Erklärung, ein Fahrzeug sei „fahrbereit“, übernimmt der Verkäufer die Gewähr dafür, dass das Fahrzeug bei einer Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO nicht als „verkehrsunsicher“ eingestuft werden müsste, weil es mit gravierenden Mängeln behaftet ist, die zu einer unmittelbaren Verkehrsgefährdung führen können. Ein Fahrzeug ist aber „fahrbereit“, wenn ihm die Prüfplakette wegen einer weniger schlechten Bewertung als „verkehrsunsicher“ zu verweigern wäre. Das gilt selbst dann, wenn das Fahrzeug die Bewertung „erhebliche Mängel“ erhalten müsste.
- Allein mit der Angabe, dass ein Fahrzeug „fahrbereit“ sei, übernimmt ein Verkäufer noch keine Gewähr im Sinne einer Haltbarkeitsgarantie (§ 443 BGB) dafür, dass das Fahrzeug auch noch nach Übergabe an den Käufer über einen längeren Zeitraum oder über eine längere Strecke fahrbereit bleibt.
- Je älter ein Gebrauchtwagen ist und je mehr Kilometer er zurückgelegt hat, desto stärker muss ein verständiger Käufer mit Fahr- und Bedienungsfehlern, aber auch mit unzulänglichen Reparaturen und Versäumnissen bei der Pflege und Wartung rechnen. Er kann nicht ohne Weiteres von der Einhaltung der vorgeschriebenen Wartungsintervalle während der gesamten bisherigen Nutzungszeit des Fahrzeugs ausgehen. Das Unterbleiben oder Verzögern derartiger Maßnahmen stellt daher nicht ohne Weiteres einen Sachmangel dar, falls nicht die Einhaltung von Inspektionen und Wartungsintervallen – etwa durch die Erklärung, das Fahrzeug sei scheckheftgepflegt – zugesagt worden ist.
- Der Käufer eines gebrauchten Pkw muss mit den typischen Verschleißerscheinungen eines Fahrzeugs dieses Alters und mit dieser Laufleistung rechnen. Er muss auch mit schon vorhandenen, aber noch nicht offenbar gewordenen Verschleißerscheinungen rechnen, die im weiteren Verlauf – sofern das Verschleißteil nicht erneuert wird – zur Funktionsunfähigkeit führen können. Ein alterstypischer Verschleiß, der sich nach Übergabe des Fahrzeugs verstärkt und ggf. zu dessen Funktionsunfähigkeit führt, löst daher keine Sachmängelhaftung aus.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.10.2008 – I-18 U 1/08
Sachverhalt: Der Kläger begehrt von der Beklagten, nachdem er den Rücktritt vom Vertrag erklärt hat, die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über ein gebrauchtes Kfz der Marke Jaguar.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 5.599,20 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe gem. §§ 437 Nr. 2, 440, 346 I BGB ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 4.800 € gegen Rückgabe des Pkw zu, weil das Fahrzeug mangelhaft sei, nämlich nicht die vereinbarte Beschaffenheit i. S. des § 434 I 1 BGB aufweise.
Nach dem Inhalt der „Verbindlichen Bestellung“ vom 05.11.2005 habe das Fahrzeug „fahrbereit“ sein sollen, was aber nach den Feststellungen des Sachverständigen H nicht der Fall gewesen sei. Danach habe das linke Achswellenlager am Ausgleichsgetriebe ca. 3,5–4 mm Axialspiel, was zum Ausreißen der Antriebswelle und damit zur Unlenkbarkeit des Fahrzeugs führe und deshalb einen technischen Mangel darstelle, der gefährliche Auswirkungen auf das Fahrverhalten habe. Dieser Mangel müsse nach den Feststellungen des Sachverständigen bereits bei Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger vorgelegen haben.
Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung sei gem. §§ 440, 323 II Nr. 1 BGB entbehrlich gewesen, da die Beklagte bei einem Telefonat mit dem Kläger eine Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert habe. Dem Rücktrittsrecht des Klägers stehe auch kein Gewährleistungsausschluss entgegen, da ein solcher zwischen den Parteien nicht wirksam vereinbart worden sei. Der Kaufvertrag über das Fahrzeug sei nämlich bereits am 05.11.2005 zustande gekommen, indem der Kläger die „verbindliche Bestellung“ unterschrieben und die Beklagte eine Anzahlung in Höhe von 500 € entgegen genommen habe. Dass die Rechnung der Beklagten vom 12.11.2005 einen Ausschluss der Sachmängelhaftung enthalten habe, führe zu keiner anderen Beurteilung. Der Rücktritt des Klägers vom Kaufvertrag sei nicht gem. § 442 BGB wegen Kenntnis des Käufers vom Mangel ausgeschlossen, da eine solche nicht vorgelegen habe.
Der vom Kläger geltend gemachte Kaufpreisrückzahlungsanspruch in Höhe von 4.850 € sei um eine Vergütung in Höhe von 50 € für die von dem Kläger gezogenen Nutzungen des Fahrzeugs zu reduzieren. Daneben stehe dem Kläger ein Anspruch aus § 280 I BGB in Höhe von insgesamt 799,20 € auf Ersatz der Kosten für die notwendige Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs sowie von An- und Abmeldekosten zu.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Das Rechtsmittel hatte Erfolg.
Aus den Gründen: II. … Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch aus §§ 434 I 1, 2 Nr. 2, 437 Nr. 2, 323, 346 I, 348 BGB auf Rückzahlung des Kaufpreises für den Pkw Jaguar XJ 40 Sovereign 4.0 Zug um Zug gegen Rückübereignung dieses Fahrzeuges an die Beklagte zu. Der Kläger ist nicht nach diesen Vorschriften wirksam von dem zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag zurückgetreten.
Dabei ist mit dem Landgericht davon auszugehen, dass der Kaufvertrag über den Pkw Jaguar bereits am 05.11.2005 mit Unterzeichnung der „Verbindlichen Bestellung“ durch den Kläger und die Entgegennahme einer Anzahlung des Klägers in Höhe von 500 € durch die Beklagten zu Stande gekommen ist. Ob und inwieweit dieser Kaufvertrag durch die [Rechnung] vom 12.11.2005 eine einvernehmliche Abänderung im Hinblick auf die Höhe des Kaufpreises, einen Ausschluss der Sachmängelhaftung sowie darauf, dass der Kläger den Kauf nunmehr in der Eigenschaft als Unternehmer und nicht als Privatmann tätigte, erfahren hat, kann dahinstehen. Es liegen nämlich schon die Voraussetzungen der §§ 434 I 1, 2 Nr. 2, 437 Nr. 2, 323 BGB für ein Rücktrittsrecht des Klägers nicht vor, weil das verkaufte Fahrzeug keinen Sachmangel aufweist.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts fehlte dem Pkw Jaguar bei Übergabe an den Kläger keine vereinbarte Beschaffenheit i. S. des § 434 I 1 BGB oder eine garantierte Beschaffenheit i. S. des § 443 BGB unter dem Gesichtspunkt, dass in der „Verbindlichen Bestellung“ vom 05.11.2005 die Rubrik „Das Fahrzeug ist fahrbereit“ mit „Ja“ angekreuzt ist. Das Fahrzeug war nämlich bei Übergabe an den Kläger, der mit dem Fahrzeug in der Folgezeit noch 2.237 km zurückgelegt hat, tatsächlich fahrbereit. Dem steht nicht entgegen, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen H in dessen schriftlichem Gutachten vom 14.12.2006 das linke Achswellenlager am Ausgleichsgetriebe ca. 3,5–4 mm Axialspiel hatte, was bei nicht umgehender Behebung dieses Defekts zum Ausreißen der Antriebswelle und damit zur Unlenkbarkeit des Fahrzeugs führen konnte. Durch die Erklärung, ein verkauftes Fahrzeug sei „fahrbereit“, übernimmt der Verkäufer die Gewähr dafür, dass das Fahrzeug nicht mit verkehrsgefährdenden Mängeln behaftet ist, aufgrund derer es bei einer Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO als „verkehrsunsicher“ eingestuft werden müsste, weil es mit gravierenden Mängeln behaftet ist, die zu einer unmittelbaren Verkehrsgefährdung führen können (BGH, Urt. v. 22.11.2006 – VIII ZR 72/06, NJW 2007, 759 [761]; Urt. v. 21.04.1993 – VIII ZR 113/92, NJW 1993, 1854 [1855]; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rn. 1340). Bei der Beurteilung eines Fahrzeugs als „verkehrsunsicher“ handelt es sich nach der Anlage VIII zu § 29 StVZO um die schlechtestmögliche Beurteilung; daneben gibt es die Prüfergebnisse „geringe Mängel“ (das in Rede stehende Fahrzeug wurde bei einer von der DEKRA am 07.11.2005, also wenige Tage vor dem Verkauf durchgeführten Hauptuntersuchung ausweislich der darüber ausgestellten Prüfbescheinigung so beurteilt) bei solchen Mängeln, die sich zunächst nur geringfügig auf die Verkehrssicherheit auswirken, und „erhebliche Mängel“, welche eine Verkehrsgefährdung bedeuten, von welchen jedoch nicht zu erwarten ist, dass sie unmittelbar beim Weiterbetrieb zu einem Verkehrsunfall führen können. Vorliegend hat der Sachverständige H den Mangel am linken Hinterachsdifferential als „erheblichen Mangel“, nicht aber als „verkehrsunsicher“ eingestuft, weil das Fahrverhalten des Fahrzeugs dadurch erheblich beeinträchtigt werde, wohingegen eine unmittelbare Bruchgefahr am linken Differentiallager nicht festgestellt werden könne. Ist aber die Prüfplakette – wie vorliegend – wegen einer weniger schlechten Note als „verkehrsunsicher“ zu verweigern, steht dies der Eigenschaft des Fahrzeugs als „fahrbereit“ nicht entgegen, und zwar auch bei der Benotung „erhebliche Mängel“ (LG Aachen, Urt. v. 23.11.2001 – 5 S 156/01, NJW-RR 2002, 1207 [1208]; Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1340).
Bezogen auf den gem. § 446 BGB für den Gefahrübergang maßgeblichen Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger fehlte dem verkauften Fahrzeug die Beschaffenheit „fahrbereit“ auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unmittelbar bevorstehenden Betriebsunfähigkeit. Abgesehen davon, dass der Kläger nach Übergabe an ihn mit dem Fahrzeug mehr als 2.000 km zurückgelegt hat, hat die Beklagte im Kaufvertrag keine Garantie dafür übernommen, dass das Fahrzeug auch noch nach der Übergabe an den Kläger eine längere Strecke fahrbereit bleiben würde. Allein mit der Angabe im Kaufvertrag, dass ein Fahrzeug „fahrbereit“ sei, übernimmt ein Verkäufer noch nicht die Gewähr im Sinne einer solchen Haltbarkeitsgarantie (§ 443 BGB) dafür, dass das Fahrzeug auch noch nach Gefahrübergang über einen längeren Zeitraum oder über eine längere Strecke fahrbereit bleibt (BGH, Urt. v. 22.11.2006 – VIII ZR 72/06, NJW 2007, 759 [761]).
Das dem Kläger verkaufte Fahrzeug wies auch keinen Sachmangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB auf. Da es „fahrbereit“ war, eignete es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung (§ 434 I 2 Nr. 1 BGB). Ebenso eignete es sich für die gewöhnliche Verwendung und wies eine Beschaffenheit auf, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB). Der Senat teilt auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen H nicht die Auffassung des Landgerichts, der Käufer eines mehr als zehn Jahre alten Pkw brauche nicht damit zu rechnen, dass das Fahrzeug mit einem technischen Mangel behaftet sei, der ein derartiges Gefährdungspotenzial besitze. Der Käufer eines gebrauchten Pkw muss die typischen Verschleißerscheinungen eines Fahrzeugs dieses Alters und dieser Laufleistung in Rechnung stellen und mit schon vorhandenen, jedoch noch nicht offenbar gewordenen Verschleißerscheinungen rechnen, die im weiteren Verlauf zur Funktionsunfähigkeit führen können, wenn das Verschleißteil nicht erneuert wird. Daher löst ein alterstypischer Verschleißmangel, der sich nach Übergabe verstärkt und ggf. zur Funktionsunfähigkeit führt, keine Sachmängelhaftung aus (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1234 ff.). So lag es hier mit dem Verschleiß des Achswellenlagers am Ausgleichsgetriebe bei einer Laufleistung des Fahrzeugs von 187.403 km. Der Sachverständige hat hierzu in seinem schriftlichen Ergänzungsgutachten vom 04.04.2007 festgestellt, ein derartiger Verschleiß könne bei einer solchen Laufleistung durchaus schon einmal vorkommen.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aufgrund der weiteren Feststellung des Sachverständigen, aus dem bei der Begutachtung vorgefundenen Verschleißzustand des linken Achswellenlagers lasse sich schließen, dass dessen Austausch schon längst fällig gewesen sei, d. h. bei ordnungsgemäßer Wartung des Fahrzeugs. Je älter nämlich ein Fahrzeug ist und je mehr Kilometer es zurückgelegt hat, desto stärker muss ein verständiger Käufer mit Fahr- und Bedienungsfehlern, aber auch mit unzulänglichen Reparaturen und Versäumnissen bei der Pflege und Wartung rechnen. Der Käufer kann deshalb nicht ohne Weiteres von der Einhaltung der vorgeschriebenen Wartungsintervalle während der gesamten bisherigen Nutzungszeit des Fahrzeugs ausgehen (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1238); das Unterbleiben oder Verzögern derartiger Maßnahmen stellt daher nicht ohne Weiteres einen Sachmangel des Fahrzeugs dar, sofern nicht die Einhaltung von Inspektionen und Wartungsintervallen zugesagt worden ist, etwa durch die Erklärung, das Fahrzeug sei scheckheftgepflegt (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1277). Dies ist vorliegend aber nicht der Fall.
Entsprechendes wie für das defekte Achswellenlager gilt auch für die weiteren vom Kläger geltend gemachten Mängel, nämlich den Verschleiß von zwei Stoßdämpfern und die Undichtigkeit eines Simmerringes (Wellendichtring am Fahrzeugmotor), der zu einem Austreten von Motoröl führt. Auch der Verschleiß dieser Teile ist bei einer Laufleistung von 187.403 km nicht ungewöhnlich, wie der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten festgestellt hat, und stellt daher keinen Sachmangel dar, auch wenn ein Austausch dieser Teile bei üblicher Wartung des Fahrzeugs bereits einige Zeit vor dem Verkauf angezeigt gewesen wäre.
Lag ein Sachmangel des vom Kläger gekauften Pkw i. S. des § 434 BGB bei Übergabe an den Kläger folglich nicht vor, steht dem Kläger damit auch nicht der ihm vom Landgericht zuerkannte Schadensersatz in Höhe von 799,20 € für die Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs sowie für die für die An- und Abmeldung des gekauften Fahrzeugs gezahlten Gebühren zu …