Der Verkäufer eines gestohlenen Kraftfahrzeugs, der dem Käufer wegen § 935 I BGB nicht das Eigentum an dem Fahrzeug verschaffen kann, ist dem Käufer gemäß Art. 45 I lit. b, Art. 74 CISG zum Schadensersatz verpflichtet. Von der Pflicht zum Schadensersatz ist der Verkäufer nicht deshalb gemäß Art. 79 I CISG befreit, weil er unter Angabe der Fahrzeug-Identifizierungsnummer sowohl bei der Polizei auch auch bei der Zulassungsstelle nachgeforscht hat, ob mit dem Fahrzeug alles in Ordnung oder ob es als gestohlen gemeldet ist. Denn die Erfüllung der einem Gebrauchtwagenhändler obliegenden strengen Nachforschungspflichten bezüglich der Verfügungsberechtigung des Veräußerers vermögen eine Haftungsbefreiung nach Art. 79 I CISG nicht zu begründen.

OLG München, Urteil vom 05.03.2008 – 7 U 4969/06

Sachverhalt: Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen Nichterfüllung eines Gebrauchtwagenkaufvertrags auf Schadensersatz in Höhe von 49.000 € in Anspruch. Beide Parteien handeln gewerblich mit Kraftfahrzeugen und stehen seit mehreren Jahren in Geschäftsbeziehungen.

Anfang August 2004 erhielt der Beklagte von dem ihm bekannten Autohändler H telefonisch die Information, dass V einen VW Touareg R5 zum Kauf anbiete. Da der Beklagte am Erwerb dieses Fahrzeugs interessiert war, kaufte H den Pkw am 03.08.2004 in seinem Auftrag. Noch am selben Tag brachte H das Fahrzeug von F., wo es abgestellt gewesen war, zu dem Beklagten nach M. und händigte dem Beklagten auch den Fahrzeugbrief aus. Am Folgetag fragte der Beklagte sowohl bei der örtlichen Polizei als auch bei der örtlichen Zulassungsstelle unter Angabe der Fahrzeug-Identifizierungsnummer nach, ob mit dem VW Touareg R5 alles in Ordnung sei. Nachdem ihm dies bestätigt worden war, genehmigte der Beklagte den am 03.08.2004 geschlossenen Kaufvertrag und zahlte den Kaufpreis von 37.000 € an H.

Am 08.09.2004 bot der Beklagte das Fahrzeug der Klägerin, die ihren Sitz in Italien hat, für 41.500 € zum Kauf an. Am selben Tag beantragte er bei der Zulassungsstelle ein Ausfuhrkennzeichen. In diesem Zusammenhang wurde erneut überprüft, ob der VW Touareg R5 als gestohlen gemeldet worden war, und auch diese Prüfung verlief negativ. Die Klägerin überführte das Fahrzeug daraufhin noch am 08.09.2004 nach Italien. Anlässlich eines Besuchs der Klägerin bei dem Beklagten in M. wurde am 22.09.2004 ein auf den 29.10.2004 vordatierter schriftliche Kaufvertrag über das Fahrzeug geschlossen.

Der VW Touareg R5 wurde am 19.11.2004 in Italien von den dortigen Ermittlungsbehörden sichergestellt, nachdem sich herausgestellt hatte, dass ein unbekannter Täter den Pkw zwischen dem 24.07. und dem 27.07.2004 einem VW-Vertragshändler gestohlen hatte. Dieser hat das Fahrzeug inzwischen zurückerhalten.

Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen, sie habe den VW Touareg R5 am 18.11.2004 in Italien zum Preis von 49.000 € an den Kunden K veräußert. K sei, nachdem das Fahrzeug am 19.11.2004 bei ihm sichergestellt worden sei, mit Schreiben vom 19.11. und vom 22.11.2004 vom Kaufvertrag zurückgetreten. Sie – die Klägerin – habe K deshalb seinen Scheck über 41.000 €, der noch nicht eingelöst gewesen sei, ebenso zurückgegeben wie ein in Zahlung gegebenes Fahrzeug, dessen Wert man mit 8.000 € veranschlagt habe. Die Klägerin meint, der Beklagte habe seine kaufvertraglichen Pflichten nicht erfüllt und müsse ihr deshalb Schadensersatz in Höhe des ihr entgangenen Gewinns leisten und ihr Rechtsanwaltskosten in Höhe von 699,90 € ersetzen.

Das Landgericht hat die auf Zahlung von 49.699,90 € nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Es hat zwar angenommen, dass der Beklagte der Klägerin nicht das Eigentum an dem VW Touareg R5 verschafft habe und deshalb grundsätzlich Schadensersatz leisten müsse (Art. 45 I lit. b, Art. 74 ff. CISG). Von dieser grundsätzlichen Haftung sei der Beklagte jedoch gemäß Art. 79 I CISG befreit, da die Voraussetzungen dieser eng auszulegenden Vorschrift erfüllt seien. Der Beklagte habe nämlich bewiesen, dass die Vertragsverletzung außerhalb seines Verantwortungsbereichs gelegen habe und für ihn unvorhersehbar und unvermeidbar gewesen sei. Der Beklagte habe sich sowohl beim Ankauf als auch beim Verkauf des VW Touareg R5 vergewissert, dass mit dem Fahrzeug alles in Ordnung sei; er habe alles getan, um seine Vertragspflichten zu erfüllen und seinen strengen Nachforschungspflichten zu genügen. Dies rechtfertige es, einen Ausnahmefall von der nach der CISG grundsätzlich geltenden verschuldensunabhängigen Garantiehaftung des Veräußerers anzunehmen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die meint, das Landgericht habe zu Unrecht einen Hinderungsgrund i. S. des Art. 79 I  CISG angenommen. Das Rechtsmittel war zum Teil erfolgreich.

Aus den Gründen: II. … Der Klägerin steht ein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Beklagten in Höhe von 42.500 € aus Art. 45 I lit. b, Art. 74 CISG i. V. mit § 287 ZPO zu. Auf einen darüber hinausgehenden Anspruch kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen; insoweit war die Berufung zurückzuweisen und bleibt die Klage abgewiesen.

1. Zutreffend hat das Erstgericht gesehen, dass auf das vorliegende Rechtsverhältnis zwischen den Parteien die Vorschriften der CISG Anwendung finden. Die Haftung des Beklagten richtet sich nach dem UN-Kaufrechtsübereinkommen, der CISG, da diese gemäß Art. 1 CISG auf Kaufverträge über Waren zwischen Parteien anzuwenden ist, die ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben, wenn diese, wie vorliegend, Vertragsstaaten sind.

2. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 42.500 € gemäß Art. 45 I lit. b, Art. 30, 74 CISG i. V. mit § 287 ZPO zu.

a) Der Käufer, hier die Klägerin, kann gemäß Art. 45 I lit. b CISG grundsätzlich Schadensersatz nach Art. 74 bis 77 CISG verlangen, wenn der Verkäufer, hier der Beklagte, eine seiner Pflichten aus dem Vertrag oder dem Übereinkommen nicht erfüllt. Vorliegend hat der Beklagte der Klägerin unstreitig ausweislich des auf den 29.10.2004 vordatierten schriftlichen Kaufvertrags, der tatsächlich bereits am 08.09. bzw. am 22.09.2004 geschlossen worden war, einen gebrauchten Pkw VW Touareg R5 mit der Fahrgestellnummer … verkauft und übergeben. Der Beklagte übergab das Fahrzeug in M. der Klägerin, diese zahlte den Kaufpreis und verbrachte den Pkw nach Italien. Wie sich nach dem Verkauf herausstellte, handelte es sich um ein gestohlenes Kfz, das in Italien am 19.11.2004 durch dortige Sicherheitsbehörden sichergestellt und dem Eigentümer zurückgegeben wurde.

aa) Der Beklagte war aufgrund des Kaufvertrags gemäß Art. 30 CISG verpflichtet, der Klägerin Eigentum an der verkauften Ware zu verschaffen.

bb) Dieser Vertragspflicht kam er jedoch nicht nach; er hat der Klägerin den streitgegenständlichen Pkw nicht wirksam übereignet, da der Pkw abhandengekommen war und ein gutgläubiger Erwerb der Sache an § 935 I BGB scheitert. Gemäß Art. 4 Satz 2 lit. b CISG i. V. mit Art. 43, 28 EGBGB finden bezüglich der dinglichen Wirkung des Vertrags, der Eigentumsübertragung an der Sache, die Vorschriften des deutschen Sachenrechts Anwendung. Die lex rei sitae entscheidet über die Übertragung dinglicher Rechte, insbesondere über die Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Übereignung. Damit ist die Frage, ob ein gutgläubiger Erwerb des streitgegenständlichen Pkw möglich ist, nach dem deutschen Recht zu beurteilen (vgl. Ferrari, in: Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht – CISG, 4. Aufl., Art. 4 Rn. 29 f). Danach konnte der Beklagte, der selbst – obwohl gutgläubig – kein Eigentum an der gestohlenen Sache erworben hatte, der Klägerin gemäß § 935 I BGB das Eigentum an dem verkauften Pkw nicht verschaffen.

cc) Dies hat zur Folge, dass der Klägerin gemäß Art. 45 I lit. b CISG grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch, der auch den entgangenen Gewinn umfasst, nach Art. 74 CISG zusteht. Dabei beruht der Schadensersatzanspruch gemäß Art. 45 I lit. b CISG auf dem Prinzip, dass den Verkäufer im Hinblick auf die Erfüllung der vertraglich übernommenen Pflichten kraft Gesetzes eine generelle Garantiehaftung trifft. Die Haftung ist daher von einem Verschulden oder von besonderen vertraglichen Garantiezusagen unabhängig (Müller-Chen, in: Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht – CISG, Art. 45 Rn. 23 m. w. Nachw.).

b) Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin ist – entgegen der Ansicht des Erstgerichts – nicht nach Art. 79 I CISG ausgeschlossen, da unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des vorliegenden Falles die Vertragsverletzung nicht außerhalb des Verantwortungsbereichs des Beklagten lag, nicht unvorhersehbar und unabwendbar war.

Voranzustellen ist zunächst, dass die Entlastungsmöglichkeit des Art. 79 CISG nicht zu einer Veränderung der vertraglichen Risikoverteilung führt. Nach dem Einheitskaufrecht liegt der Grund für die Haftung des Verkäufers darin, dass er sich verpflichtet hat, dem Käufer vertragsgemäß Ware und Eigentum hieran zu verschaffen. Nach Art. 79 CISG kommt eine Entlastung des Verkäufers von den Folgen nicht vertragsgerechter Erfüllung nur in Betracht, wenn diese seinem Einflussbereich nicht mehr zugeordnet werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 24.03.1999 – VIII ZR 121/98, NJW 1999, 2440, 2441). Als Hinderungsgrund i. S. des Art. 79 CISG kommen deshalb nur objektive, außerhalb der Person des Schuldners liegende Umstände in Betracht, die der Erfüllung entgegenstehen. Den Gegensatz bilden persönliche Umstände die das Leistungsvermögen des Schuldners beeinträchtigen (vgl. Schwenzer, in: Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht – CISG, Art. 79 Rn. 11). Der Verantwortungsbereich des Schuldners wird weit gezogen. Er umfasst insbesondere die für die Vertragserfüllung notwendige finanzielle Leistungsfähigkeit sowie das Beschaffungs-, das Bevorratungs-, das Produktions- und Mängelfreiheitsrisiko sowie das betriebliche Personal- und Organisationsrisiko (vgl. MünchKommentar-BGB/Huber, 4. Aufl., Art.  79 Rn. 7). Vor diesem Hintergrund stellt das Unvermögen des Beklagten, der Käuferin Eigentum an dem veräußerten Pkw zu verschaffen, einen in der Person des Beklagten liegenden Umstand dar, der nicht außerhalb seines Verantwortungsbereichs lag.

Da die Entlastungsmöglichkeit des Art. 79 CISG nicht zu einer Änderung der vertraglichen Risikoverteilung führt, kann sich der Beklagte auch nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe mit dem mehrmaligen Nachfragen bei Polizei und Zulassungsstelle alles getan, um seine Vertragspflichten einzuhalten. Dies gilt auch im Hinblick auf die Tatsache, dass Verkäufer und Halter im Kfz-Brief übereinstimmten und ein gefälschter Kfz-Brief vorgelegt wurde.

Entgegen der Ansicht des Erstgerichts vermag die Erfüllung der einem Gebrauchtwagenhändler obliegenden strengen Nachforschungspflicht bezüglich der Verfügungsberechtigung des Veräußerers eine Haftungsbefreiung nach Art. 79 I CISG nicht zu begründen. In der vom Landgericht zitierten Entscheidung des BGH (BGH, Urt. v. 09.10.1991 – VIII ZR 19/91, NJW 1992, 310) ging es um die – für den vorliegenden Fall nicht relevante – Frage, ob ein sittenwidriges und infolgedessen nichtiges Hehlergeschäft vorliegt, wenn der Erwerber eines gestohlenen Pkw seinen strengen Nachforschungspflichten hinsichtlich der Verfügungsberechtigung des Veräußerers nicht nachkommt und damit grob fahrlässig handelt.

Hinzu kommt, dass nach Ansicht des Senats aufgrund der Gesamtumstände des Erwerbs des streitgegenständlichen Pkw nicht zweifelsfrei davon ausgegangen werden kann, dass für den Beklagten der „Mangel“ unvorhersehbar und unabwendbar war. Der Beklagte hat sich beim Erwerb des Fahrzeugs des Autohändlers H bedient; dessen Kenntnis und Handeln sind ihm zuzurechnen. Nachfolgende Umstände sprechen dafür, dass Zweifel an der Herkunft des Fahrzeugs und der Verfügungsberechtigung des Veräußerers hätten bestehen können bzw. aufseiten des Beklagten auch bestanden: Es handelt sich um einen Fahrzeugtyp, der nach den Erfahrungen des Senats diebstahlgefährdet ist. Der Kaufpreis des Fahrzeugs war im Hinblick auf dessen Alter und Fahrleistung sehr günstig. Der Beklagte selbst sah nach seinen eigenen Angaben Anlass, sich mehrfach zu erkundigen, ob das Fahrzeug als gestohlen gemeldet war. Der für den Beklagten handelnde H gab bei seiner Vernehmung im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren an, er habe das Fahrzeug auf einem Autostellplatz in einem ihm nicht mehr bekannten Stadtteil F. gesehen, dort hätten viele hochwertige Fahrzeuge zum Verkauf gestanden; der sich auf dem Gelände in einem Container aufhaltende „Verkäufer“ habe erklärt, er verkaufe den Touareg nicht, das Fahrzeug würde nur im Auftrag eines Kunden hier stehen. Das streitgegenständliche Fahrzeug habe Aufkleber mit dem VAG-Zeichen gehabt, es sei für 38.900 € angeboten worden, auf dem Verkaufsschild sei nur eine Handynummer angegeben gewesen. Bereits am Telefon habe er den Kaufpreis um 1.900 € herunterhandeln können. Er habe das Fahrzeug dann für 37.000 € von dem zwischenzeitlich erschienenen Verkäufer erworben. Der Vorname des Verkäufers stimmte nicht mit dem im Fahrzeugbrief angegebenen Namen überein. Hierauf hingewiesen, habe ihm der Verkäufer eine handschriftliche Vollmacht gezeigt und erklärt, das Fahrzeug gehöre seinem Vater, für den er es veräußere.

Da es dem Beklagten daher nicht gelungen ist nachzuweisen, dass die Nichterfüllung einer seiner Pflichten, hier der Pflicht, dem Erwerber Eigentum an der verkauften Ware zu verschaffen, auf einem außerhalb seines Einflussbereichs liegenden Hinderungsgrund beruht und dass von ihm nicht erwartet werden konnte, den Hinderungsgrund bei Vertragsabschluss in Betracht zu ziehen oder den Hinderungsgrund oder seine Folgen zu vermeiden oder zu überwinden, ist er von der Haftung nicht befreit und gemäß Art. 74 CISG zum Schadensersatz verpflichtet.

c) Ein Anspruch auf Schadensersatz scheitert auch nicht daran, dass der Klägerin der Schaden nicht infolge der Vertragsverletzung, sondern aufgrund anderer Umstände entstanden ist.

Ein Schadensersatzanspruch nach Art. 74 CISG setzt voraus, dass der Schaden kausal auf der Vertragsverletzung beruht. Hieran könnte es vorliegend fehlen, wenn die Klägerin ihrem Käufer K wirksam nach italienischem Recht Eigentum am Fahrzeug verschafft hat, dem Käufer ein Recht auf Rückabwicklung des Kaufvertrags nicht zustand und die Klägerin sich deshalb auf eine Rückabwicklung des Kaufvertrags verbunden mit Rückzahlung des Kaufpreises nicht hätte einlassen müssen.

Der Senat hat aufgrund des vorgelegten Kaufvertrags vom 18.11.2004 keinen Zweifel am Abschluss eines wirksamen Kaufvertrags über den streitgegenständlichen Pkw zwischen der Klägerin und K. Aus den weiteren Anlagen ergibt sich zudem, dass der Käufer K der Klägerin einen Scheck in Höhe von 41.000 € ausgehändigt hat und ein Fahrzeug der Marke Toyota übergab, dessen Wert die Vertragsparteien mit 8.000 € veranschlagten. Der Senat hat auch keine Zweifel daran, dass der Käufer K nach Sicherstellung des Fahrzeugs vom Kaufvertrag zurücktrat und die Klägerin hierauf den noch nicht eingelösten Scheck sowie das Fahrzeug Toyota zurückgab (vgl. Anlagen zum Schriftsatz der Klägervertreterin vom 09.06.2006). Der Senat geht zudem davon aus, dass der Käufer K, ebenso wie die Klägerin, bei Abschluss des Vertrags gutgläubig war.

Das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Käufer K ist nach italienischem Recht zu beurteilen. Der Senat hat zu den oben dargestellten, umstrittenen und entscheidungserheblichen Rechtsfragen ein rechtswissenschaftliches Sachverständigengutachten zum anwendbaren italienischen Recht durch den Sachverständigen Prof. Dr. S erholt. Der Sachverständige hat ein präzises, ausführliches, auf alle Fragen überzeugend und nachvollziehbar eingehendes Gutachten erstellt, dessen Ergebnis von den Parteien nicht infrage gestellt wurde. Danach hat der Käufer K wirksam Eigentum an dem gestohlenen Pkw erworben. Diesem gutgläubigen Erwerb wurde jedoch nachträglich, aber rückwirkend die Grundlage entzogen, als der Käufer nach Beschlagnahme des Wagens von seinem Recht Gebrauch machte, vom Kaufvertrag zurückzutreten und Rückzahlung des Kaufpreises zu verlangen. Dem steht nicht entgegen, dass der Käufer K die Kaufsache selbst wegen deren Beschlagnahme nicht zurückgeben konnte.

Im Einzelnen ergibt sich zu den entscheidungserheblichen Punkten Folgendes:

aa) Die für die Frage des gutgläubigen Erwerbs maßgeblichen Normen des italienischen Rechts finden sich im dritten Buch des italienischen Zivilgesetzbuches (ZGB), Art. 815, 1153, 1147, 1156, 1162, 1376 und 1470. Der gutgläubige Eigentumserwerb ist nach der Grundregel des Art. 1153 I ZGB als Besitzfolge auch an abhandengekommenen Sachen möglich und statuiert eine klare gesetzgeberische Entscheidung zugunsten des Verkehrsschutzes. Erworben wird eine bewegliche, nicht in ein öffentliches Register eingetragene Sache; in ihrem gegenständlichen Anwendungsbereich erfasst die Vorschrift auch registerpflichtige Gegenstände wie etwa Kraftfahrzeuge (Art. 815 ZGB). Voraussetzung ist ein wirksamer Kaufvertrag, die Übergabe der Sache durch Übertragung des Besitzes sowie die Gutgläubigkeit des Erwerbers in Bezug auf die Eigentümerstellung des Veräußerers zum Zeitpunkt der Übergabe. Wie oben ausgeführt, sieht der Senat diese Voraussetzungen vorliegend als gegeben an. Einem gutgläubigen Erwerb des Pkw steht die fehlende Registereintragung nach Art. 1156 I, 815 ZGB nicht entgegen.

Nach italienischem Zulassungsrecht müssen im Straßenverkehr verwendete Fahrzeuge mit einer Zulassungsbescheinigung (carta di circolazione) ausgestattet und bei der Ispettorato Generale della Motorizzazione Civile e dei Trasporti in Concessione (Amt für den zivilen Kraftverkehr) zugelassen sein. Weiterhin gibt es zu Pkw nach Art. 93 V codice della strada eine Eigentumsbescheinigung, ein sogenanntes certificato di proprietà, die auf Antrag innerhalb von 60 Tagen nach Erhalt der Zulassungsbescheinigung vom Automobilregister (Pubblico Registro Automobilistico) ausgestellt wird.

Trotz Gutgläubigkeit hätte K nicht Eigentum an dem Fahrzeug erworben, wenn er bei dem Erwerb grob fahrlässig gehandelt hätte. Im vorliegenden Fall scheitert der Eigentumserwerb jedoch nicht daran, dass der Käufer K grob fahrlässig handelte, als er bei Vertragsschluss nicht die Identität der Verkäufers mit dem registrierten Eigentümer prüfte oder sich beim Erwerb eines vorschriftswidrig überhaupt nicht in Italien eingetragenen Fahrzeugs nicht die Eigentumsbescheinigung vorlegen ließ. Nach herrschender, auch von der Rechtsprechung des Corte Suprema di Cassazione geteilter Ansicht (vgl. sez. II civile, Entscheidung Nr. 9714 vom 06.10.1997) erwirbt der Käufer eines Pkw, der nicht in das Pubblico Registro Automobilistico eingetragen ist, gutgläubig Eigentum an dem Pkw nach Art. 1153 ZGB, wobei der gute Glaube nicht wegen des Fehlens der Dokumente ausgeschlossen ist, die zur Benutzung notwendig sind. Grund ist die bloß deklaratorische Natur der Eintragung im Automobilregister.

bb) Dem Käufer K, der zwar gutgläubig Eigentum an dem gestohlenen Pkw erworben hatte, stand nach den Vorschriften des Art. 1479 ZGB i. V. mit Art. 1483 I ZGB ein Recht auf Aufhebung des Kaufvertrags zu. Danach kann bei vollzogener Eviktion nach Art. 1483 I ZGB, die sowohl dann gegeben ist, wenn ein rechtskräftiger Herausgabetitel eines Dritten besteht, als auch wenn – wie hier – eine Beschlagnahmeanordnung der Polizei vorliegt, die Aufhebung des Vertrags nach den Vorschriften der Art. 1453 bis 1469 ZGB verlangt werden. Die Vertragsaufhebung wirkt demnach grundsätzlich ex tunc und stellt beim dinglich wirkenden Kaufvertrag (Art. 1376 ZGB) die ursprüngliche Eigentumslage wieder her. Empfangene Leistungen sind nach Bereicherungsrecht zurückzugewähren (Art. 1458 I, 1463 ZGB). Bei endgültiger Beschlagnahme der Kaufsache durch die Polizei, wie sie vorliegend gegeben ist, tritt die sogenannte vollzogene Eviktion ein. Da ein Recht auf Vertragsaufhebung sich gerade aus der Tatsache ergibt, dass die Besitzstörung eingetreten ist, ist eine Rückgabe der Kaufsache nicht mehr möglich. Ein entsprechendes Recht des Verkäufers entfällt.

Das Recht des Käufers nach Art. 1479 ZGB auf Vertragsaufhebung ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Voraussetzungen des Art. 1153 ZGB vorlagen und der Käufer bereits gutgläubig Eigentum an der Sache erworben hat. Das Verhältnis von Art. 1479 ZGB zu Art. 1153 ZGB ist in der italienischen Literatur und Rechtsprechung umstritten. Es wird teilweise vertreten, dass das Recht zur Vertragsaufhebung nach Art. 1479 ZGB ausgeschlossen sei, wenn die Voraussetzungen des Art. 1153 ZGB erfüllt seien, da der Käufer schlussendlich das Eigentum erlangt habe, wenn auch nur über die Regeln des gutgläubigen Erwerbs nach Art. 1153 ZGB. Somit sei kein Raum für eine Vertragsaufhebung. Nach anderer Ansicht, die auch in der Rechtsprechung vorherrscht, ist das Aufhebungsrecht nach Art. 1479 ZGB nicht generell wegen eines vorhergehenden gutgläubigen Eigentumserwerbs nach Art. 1153 ZGB ausgeschlossen, da Art. 1153 ZGB als Schutzvorschrift zugunsten des Käufers und des Verkehrsschutzes wirkt. Aus diesem Grund wird dem Käufer das Recht zugesprochen, auf die Wirkungen seiner Gutgläubigkeit zu verzichten und die Vertragsaufhebung nach Art. 1479 ZGB zu verlangen. Durch die Aufhebung des Kaufvertrags fällt die Voraussetzung eines gutgläubigen Erwerbs rückwirkend wieder weg. Nach der Entscheidung des Corte Suprema di Cassazione, sez. II civile, vom 06.12.1988, Nr. 6626, stellt die gutgläubige Übertragung von Eigentum an gestohlenen Gegenständen keine Vertragserfüllung dar, da eine andere als die vertraglich vereinbarte Sache übergeben worden ist. Gegenstand des Vertrags sei grundsätzlich eine redlich und nicht eine durch unerlaubte Handlung erlangte Sache. Nur durch eine Anerkennung der Aufhebbarkeit des Vertrags könne die Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände gefördert werden. Deshalb sei das Verhältnis von Art. 1153 ZGB zu Art. 1479 ZGB wie folgt zu verstehen: Art. 1153 ZGB nehme dem Käufer nicht das Recht, sich gegenüber dem Verkäufer vom Vertrag zu lösen, wenn er die Vertragsaufhebung als Rechtsfolge nach Kenntniserlangung von der Unrechtmäßigkeit der Herkunft der Sache vorzieht. Der Käufer kann daher auf einen Rechtserwerb nach Art. 1153 ZGB verzichten, indem er ihm durch Aufhebung des Kaufvertrags die Grundlage entzieht.

Der Käufer K konnte danach von der Klägerin die Aufhebung des Kaufvertrags verlangen mit der Folge, dass die Klägerin zur Rückzahlung des Kaufpreises verpflichtet war. Dem Käufer ist der Kaufpreis auch dann zurückzuerstatten, wenn er aufgrund der Eviktion zur Herausgabe des Pkw nicht mehr in der Lage ist.

d) Damit steht der Klägerin ein Schadensersatzanspruch nach Art. 45 I lit. b, Art. 74 CISG gegen den Beklagten zu, der auch den entgangenen Gewinn umfasst, jedoch den Verlust nicht übersteigen darf, den die vertragsbrüchige Partei bei Vertragsabschluss als mögliche Folge der Vertragsverletzung vorausgesehen hat oder hätte voraussehen müssen (Art. 74 Satz 2 CISG).

Zunächst hat der Senat keine Bedenken, einen Schaden der Klägerin in Höhe des von der Klägerin geleisteten Kaufpreises in Höhe von 41.500 € zu bejahen.

Soweit die Klägerin einen weiteren Schaden als entgangenen Gewinn in Höhe von 7.500 € geltend macht, ist ihr grundsätzlich zuzugeben, dass nach Art. 74 Satz 1 CISG der Schadensersatzanspruch auch den entgangenen Gewinn, nämlich jede durch die Vertragsverletzung verhinderte Vermögensmehrung (Schwenzer, in: Schlechtriem/Schwenzer, a. a. O., Art. 74 Rn. 22) umfasst. Der Senat hat jedoch erhebliche Zweifel, ob der von der Klägerin für den entgangenen Gewinn herangezogene schriftlich vereinbarte Kaufpreis in Höhe von 49.000 € maßgeblich sein kann. Dies insbesondere deshalb, weil nach dem eigenen Vortrag der Klägerin für den über den gezahlten Betrag von 41.000 € hinausgehenden Kaufpreis ein Pkw Toyota in Zahlung gegeben worden war. Zwar gingen die Parteien ausweislich des Kaufvertrags von einem Wert des Fahrzeugs in Höhe von 8.000 € aus. Einen Nachweis dahin gehend, dass das Fahrzeug, dessen Eigenschaften nicht näher bestimmt sind, tatsächlich diesen Wert hatte, vermochte die Klägerin nicht zu erbringen. Da genaue Angaben zum Pkw, die einer Schadensschätzung nach § 287 ZPO zugrunde zu legen sind, fehlen, hat der Senat den der Klägerin entstandenen Mindestschaden zu schätzen (vgl. BGH, Urt. v. 26.07.2005 – X ZR 134/04, NJW 2005, 3348 f.; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 287 Rn. 1, 7). Der Senat geht von einem Wert des Pkw Toyota von 1.500 € aus, dies hat zur Folge, dass der der Klägerin entgangene Gewinn sich auf 1.000 € beläuft.

Der Klägerin stehen auch die hinsichtlich des zuerkannten Schadensersatzanspruchs entstandenen außerprozessualen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 653,10 € zu (vgl. Schwenzer, in: Schlechtriem/Schwenzer, a. a. O., Art. 74 Rn. 22).

Die Klägerin hat Anspruch auf Verzugszinsen in geltend gemachter Höhe ab Rechtshängigkeit nach §§ 291, 288 I 2 BGB. …

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