1. Das Recht des Käufers, wegen eines Sachmangels Schadensersatz zu verlangen, setzt regelmäßig voraus, dass der Käufer dem Verkäufer erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat (§ 437 Nr. 3 BGB i. V. mit §§ 280 I, III, 281 I BGB).
  2. Eine Frist zur Nacherfüllung muss der Käufer dem Verkäufer zwar unter anderem dann ausnahmsweise nicht setzen, wenn der Verkäufer die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert (§ 281 II Fall 1 BGB). Dafür genügt aber nicht schon das bloße Bestreiten eines Mangels oder eines Anspruchs. Erforderlich ist vielmehr, dass der Verkäufer unmissverständlich und eindeutig zum Ausdruck bringt, dass er seiner Pflicht zur Nacherfüllung unter keinen Umständen nachkommen werde, sodass ausgeschlossen erscheint, dass er sich durch eine Fristsetzung wird umstimmen lassen.

LG Wuppertal, Urteil vom 04.09.2015 – 5 O 173/15

Sachverhalt: Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz, nachdem er einen von dem Beklagten erworbenen Gebrauchtwagen hat reparieren lassen.

Der Beklagte bot am 05.07.2014 im Internet einen Aston Martin V8 Vantage mit einer Laufleistung von 47.055 km zum Kauf an. Ausweislich des Inserats war das Fahrzeug im März 2007 erstzugelassen worden. Der Kaufpreis sollte 46.900 € betragen. In dem Inserat des Beklagten war außerdem angegeben, dass für das Fahrzeug eine Garantie bestehe.

Der Kläger erwarb das angebotene Fahrzeug mit Kaufvertrag vom 25.07.2014 für 43.000 €, die er per Überweisung zahlte. Zudem schloss er eine einjährige Garantieversicherung bei der W-AG ab.

Nachdem ihm der Aston Martin am 31.07.2014 übergeben worden war, fuhr der Kläger damit nach Kopenhagen. Dort ging am Abend des 18.08.2014 der Motor des Fahrzeugs plötzlich aus. Nach dem erneuten Starten des Motors waren merkwürdige Geräusche zu hören, sodass der Kläger den Motor sofort wieder ausschaltete. Darüber berichtete der Kläger dem Beklagten in einer E-Mail vom selben Abend und schlug vor, das Fahrzeug zu einem Aston-Martin-Vertragshändler in Kopenhagen zu bringen. Gleichzeitig bat der Kläger den Beklagten, ihm mitzuteilen, ob er, der Beklagte, anders vorgehe wolle. Am 19.08.2014 erhielt der Kläger von dem Beklagten die Antwort, dass das von dem Kläger beschriebene Problem nicht bekannt sei.

Der Kläger brachte das Fahrzeug anschließend zu einem Aston-Martin-Vertragshändler in Kopenhagen. In einer E-Mail vom 05.09.2014 informierte er den Beklagten darüber, dass er das Ergebnis der ersten Untersuchung des Fahrzeugs erhalten habe. Es sei eine Einlassfeder im Motor gebrochen, wodurch ein Kolben beschädigt worden sei. Der Kläger schrieb, dass nun mehrere Optionen bestünden, nämlich die Reparatur des Fahrzeugs, falls diese möglich sei, der Austausch des Motors oder die Rückgabe des Fahrzeugs an den Beklagten.

Auf diese E-Mail antwortete der Beklagte am selben Tag wie folgt:

„We regret the error occurred. From our side of the case is closed. We have you pass a vehicle which were in perfect condition has.“

Darüber hinaus führte der Beklagte aus:

„With purchase you bought a warranty in addition, so you will need to contact the warranty in connection to everything else now to discuss or your workshop.“

Am 28.09.2014 setzte sich der Kläger per E-Mail mit der W-AG in Verbindung. Er schilderte ihr den Sachverhalt und gab an, welche Kosten für eine Reparatur anfallen würden. Mit Schreiben vom 29.09.2014 bat die W-AG den Kläger um einen detaillierten Kostenvoranschlag zur beabsichtigten Reparatur und wies darauf hin, dass der Kläger sein Fahrzeug jederzeit reparieren lassen könne; allerdings müssten die defekten Fahrzeugteile bis zur vollständigen Klärung des Schadensfalls aufbewahrt bzw. ihr zur Verfügung gestellt werden. Über eine Beteiligung an den anfallenden Kosten werde erst nach Schadensfeststellung entschieden.

Der Kläger ließ sein Fahrzeug daraufhin reparieren.

Die W-AG verweigerte allerdings unter dem 06.11.2014 die Übernahme der Reparaturkosten. Dies teilte der Kläger dem Beklagten mit und forderte ihn auf, ihm die Reparaturkosten in Höhe von 116.755,13 DKR zu erstatten. Der Beklagte antwortete mit Schreiben vom 14.11.2014, dass das vom Kläger erworbene Fahrzeug diesem in einwandfreiem Zustand übergeben worden sei. Zahlungen an den Kläger leistete der Beklagte nicht.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 15.01.2015 forderte der Kläger den Beklagten deshalb zur Zahlung von 16.162,04 € zuzüglich Zinsen und Rechtsanwaltskosten bis spätestens zum 26.01.2015 auf. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass an sich ein Betrag von 15.691,65 € hätte gefordert werden müssen. Weil der Beklagte keine Zahlung leistete, wurde ihm in einem anwaltlichen Schreiben vom 27.01.2015 eine Frist zur Zahlung von 16.162,04 € nebst Zinsen und Kosten bis zum 03.02.2015 gesetzt. Der Beklagte wies die Ansprüche mit anwaltlichem Schreiben vom 28.01.2015 zurück und wurde deshalb mit anwaltlichem Schreiben vom 16.02.2015 zur Zahlung von insgesamt 17.454,82 € bis zum 26.02.2015 aufgefordert.

Die auf Zahlung von 15.691,65 € nebst Zinsen und Kosten gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Die Klage ist unbegründet, weil dem Kläger die gegen den Beklagten geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung von 15.691,65 € nebst Zinsen … und auf Zahlung von 1.100,51 € … nebst Zinsen … nicht zustehen.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch aus §§ 437 Nr. 3, 434, 433 BGB i. V. mit §§ 280 I, III, 281 BGB auf Zahlung der Reparaturkosten in Höhe von 15.691,65 € zu.

Die Parteien haben einen wirksamen Kaufvertrag gemäß § 433 BGB geschlossen.

Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob der Aston Martin im Zeitpunkt der Übergabe am 31.07.2014 mangelhaft i. S. des § 434 BGB war, kommt es nicht an. Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs gemäß §§ 437 Nr. 3, 434, 433 BGB i. V. mit §§ 280 I, III, 281 BGB sind unabhängig von der Frage zu verneinen, ob es sich bei dem Aston Martin um eine mangelhafte Kaufsache handelte.

Ein Schadensersatzanspruch aus kaufrechtlichem Gewährleistungsrecht gemäß §§ 437 Nr. 3, 434, 433 BGB i. V. mit §§ 280 I, III, 281 BGB erfordert nämlich, dass der Kläger dem Beklagten erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat (§ 281 I 1 BGB). Erst danach kann der Käufer einen bestehenden bzw. behaupteten Mangel selbst beseitigen oder beseitigen lassen (BGH, Urt. v. 20.01.2009 – X ZR 45/07, NJW-RR 2009, 667). An einer solchen Fristsetzung fehlt es nach dem nunmehr unstreitigen Vortrag der Parteien.

Die Fristsetzung war auch nicht entbehrlich gemäß § 281 II BGB. Nach dieser Vorschrift ist die Fristsetzung entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.

Der Kläger dringt mit seinem … Vorbringen, der Beklagte habe in seiner E-Mail vom 05.09.2014 endgültig und abschließend eine Nachbesserung abgelehnt, nicht durch. Anders als der Kläger meint, hat der Beklagte mit der Formulierung

„We regret the error occured. From our side of the case is closed. We have you pass a vehicle which were in perfect condition has.“

und den danach folgenden Ausführungen nicht unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass die Ablehnung aller von dem Kläger zuvor angebotenen Optionen sein letztes Wort sei und eine Nachbesserung unter keinen Umständen in Betracht komme.

Nach der Rechtsprechung des BGH sind an das Vorliegen einer ernsthaften und endgültigen Verweigerung der Nacherfüllung strenge Anforderungen zu stellen. Eine solche Verweigerung liegt nur vor, wenn der Schuldner unmissverständlich und eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde seinen Vertragspflichten unter keinen Umständen nachkommen. Dafür reicht das bloße Bestreiten des Mangels oder eines Anspruchs gegen den Schuldner nicht aus. Vielmehr müssen weitere Umstände hinzutreten, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Schuldner seinen Vertragspflichten unter keinen Umständen nachkommen will und es damit ausgeschlossen erscheint, dass er sich von einer Fristsetzung umstimmen lassen würde (BGH, Urt. v. 13.07.2011 – VIII ZR 215/10, juris Rn. 24 m. w. Nachw.).

Gegen eine Verweigerung der Nacherfüllung spricht zunächst, dass dem betreffenden Schreiben schon keine klare Aufforderung des Beklagten vorausgegangen ist, den beanstandeten Mangel zu beseitigen. Vielmehr hat der Kläger in seiner E-Mail vom 05.09.2014 verschiedene Optionen dargestellt, unter die auch, so ist die E-Mail zu verstehen, eine Rückabwicklung fällt. Die Formulierung

„They will provide me with the price on an replacement engine next week.“

schafft zudem die Grundlage für weiteren Austausch über den Umgang mit dem vermeintlichen Mangel. Das Gleiche gilt für den letzten Satz in der E-Mail

„Please let me know what you want to do.“

Die genannten Sätze des Klägers in der E-Mail an den Beklagten sind nach der Auffassung des Gerichts nicht als ein Verlangen der Nacherfüllung anzusehen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 13.07.2011 – VIII ZR 215/10, juris Rn. 28).

Zudem ist bei der Gesamtbetrachtung der E-Mail-Korrespondenz zwischen den Parteien im Zeitraum vom 18.08.2014 bis 05.09.2014 davon auszugehen, dass der Beklagte die angebotenen Optionen deshalb ablehnte, weil er die Sache nicht als im maßgeblichen Zeitpunkt mangelhaft ansah. Das folgt schon aus der mehrmaligen Betonung, dass das Fahrzeug vor bzw. bei der Übergabe fehlerfrei funktioniert und es keine Anzeichen für Fehler gegeben habe. Die Berufung auf die Mangelfreiheit der Kaufsache berechtigte den Käufer jedoch nicht dazu, die Mängelbeseitigung selbst vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen, weil diese nicht völlig ausschloss, dass der Beklagte im Falle einer Fristsetzung den Versuch unternehmen würde, den vermeintlichen Mangel selbst zu beheben. Das Bestreiten eines Mangels ist das prozessuale Recht des Schuldners, weshalb weitere Umstände hinzutreten müssen, die einer von Anfang an bestehenden Weigerungshaltung Ausdruck geben (vgl. BGH, Urt. v. 20.01.2009 – X ZR 45/07, NJW-RR 2009, 668). Solche Umstände liegen nicht vor.

Weiter spricht das Bemühen des Beklagten im Hinblick auf die Regulierung der Schäden durch die Versicherung gegen die Tatsache, dass der Vorgang für den Beklagten tatsächlich endgültig abgeschlossen war. Angesichts dessen konnte der Kläger nicht annehmen, dass eine angemessene Fristsetzung zur Nacherfüllung chancenlos war und eine bloße Förmelei darstellen würde.

Soweit der Beklagte einer Verwertung der in englischer Sprache abgefassten Korrespondenz zwischen den Parteien widerspricht, greifen die Einwände nicht durch. Daraus, dass die Gerichtssprache nach § 184 GVG deutsch ist, folgt nicht, dass eine in fremder Sprache abgefasste Beweisurkunde nicht verwerten werten dürfte, soweit das Gericht selbst der Fremdsprache mächtig ist. Die Beibringung einer Übersetzung liegt nach § 142 III ZPO im Ermessen des Gerichts (Armbrüster, NJW 2011, 812 m. w. Nachw.). Das Gericht hat sein Ermessen dahin gehend ausgeübt, dass eine Übersetzung der vorgelegten Dokumente nicht erfolgen musste, da der Beklagte den Inhalt der betreffenden E-Mails kannte und verstanden hat.

Ein anderes materiell-rechtliches Ergebnis ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte den Kläger in der Situation bezüglich der Reparatur allein ließ oder aber daraus, dass der Beklagte dem Kläger die W-AG als Garantieversicherung vorgeschlagen hatte. Diese Tatsachen lassen die Obliegenheit des Klägers zur Nachfristsetzung nicht entfallen. Insbesondere muss sich der Beklagte nicht zurechnen lassen, dass die W-AG dem Kläger eine mögliche Übernahme der Reparaturkosten in Aussicht stellte. Auch das Verhalten der W-AG, die dem Kläger freigestellt hat, ob er den Schaden am Wagen reparieren lässt, ließ das Recht des Beklagten zur zweiten Andienung nach §§ 437 Nr. 1, 439 BGB nicht entfallen. Für eine Zurechnung, wegen der die Fristsetzung gemäß § 281 II BGB als entbehrlich erachtet werden könnte, fehlt es an einer rechtlichen Grundlage.

Da dem Kläger gegen den Beklagten ein materiell-rechtlicher Schadensersatzanspruch auch nicht aus einem anderen rechtlichen Grund zusteht, kann der Kläger von dem Beklagten keinen Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.100,51 € verlangen.

Aus demselben Grund scheidet ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen … sowohl hinsichtlich des geltend gemachten Reparaturschadens als auch der vorgerichtlichen Anwaltskosten aus …

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