1. Zu den rechtlichen und technischen Grundlagen und den erforderlichen Vorbereitungsmaßnahmen sowie zur Durchführung einer der EG-Richtlinie entsprechenden Ermittlung des Kraftstoffverbrauchs eines Fahrzeugs.
  2. Wird bei einem Neuwagenkauf in einem technischen Datenblatt der Kraftstoffverbrauch in Liter pro 100 km nach der Richtlinie 1999/100/EG dargestellt, so bedeutet dies nicht, dass diese Werte in der täglichen Fahrpraxis erreichbar sein müssen.
  3. Das Unterlassen eines Hinweises auf die Besonderheiten des nach der EG-Richtlinie ermittelten Kraftstoffverbrauchs und die Unterschiede zum Kraftstoffverbrauch in der täglichen Praxis begründet keine Haftung des Neuwagenverkäufers.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 01.02.2008 – 1 U 97/07

Sachverhalt: Der Kläger verlangt die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über ein neues Kraftfahrzeug. Er hat mit Vertrag vom 19.05.2006 einen Transporter geleast, den er zuvor bei der Beklagten ausgesucht und bestellt hatte. Die Leasinggeberin hat im Leasingvertrag sämtliche Mängel- und Garantieansprüche an den Kläger abgetreten; dieser hat die Abtretung angenommen.

Die Leasinggeberin hatte das Fahrzeug zu einem Preis von 13.097,77 € brutto von der Beklagten gekauft. Dem Kaufvertrag lag unstreitig die technische Betriebsanleitung, auch technisches Datenblatt genannt, zugrunde. In Nr. 6 „Technische Daten“ ist der Kraftstoffverbrauch nach der Richtlinie 1999/100/EG wie folgt angegeben: innerstädtisch 6,6–6,8 l/100 km, außerstädtisch: 4,4–4,6 l/100 km, gesamt: 5,2–5,4 l/100 km. Darunter befindet sich der Hinweis:

„Alle Werte beziehen sich auf das EU-Basismodell mit serienmäßiger Ausstattung. Die Verbrauchsermittlung nach Richtlinie 1999/100/EG berücksichtigt das in Übereinstimmung mit dieser Vorschrift festgelegte Fahrzeugleergewicht. Zusätzliche Ausstattungen können zu geringfügig höheren als den angegebenen Verbrauchs- sowie CO2-Werten führen. Sie können außerdem das Leergewicht und in manchen Fällen auch die zulässigen Achslasten sowie das zulässige Gesamtgewicht erhöhen bzw. die zulässige Anhängelast reduzieren. Folglich können sie die Höchstgeschwindigkeit vermindern und die Beschleunigungszeit erhöhen. Die angegebenen Fahrleistungen sind erreichbar bei Leergewicht (ohne Fahrer) plus 200 kg Zuladung.“

Das Fahrzeug wurde am 13.07.2006 ausgeliefert. Nach etwa 700 Kilometern hat der Kläger den Kraftstoffverbrauch getestet und als zu hoch empfunden. Mit Schreiben vom 25.08.2006 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass der Kraftstoffverbrauch 20 % über den angegebenen Werten liege. Mit Schreiben vom 27.10.2006 wurde die Beklagte zur Nacherfüllung aufgefordert. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 06.11.2006 mit, dass der Kraftstoffverbrauch in der zulässigen Toleranz liege. Hierauf erklärte der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 09.11.2006 den Rücktritt vom Kaufvertrag, den die Beklagte am 16.11.2006 ablehnte.

Mit Urteil vom 05.04.2007 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: II. … Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Der Kläger ist nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten (§§ 437 Nr. 2, 440, 323, 326 V BGB), sodass ihm ein Recht auf Rückabwicklung nach § 346 BGB nicht zusteht. Der Kläger vermochte nicht zu beweisen, dass das von ihm geleaste Fahrzeug einen Sachmangel gemäß § 434 BGB aufweist.

Der mit der Schuldrechtsmodernisierung eingeführte neue Sachmangelbegriff stellt formal nicht mehr auf Fehler und das Fehlen zugesicherter Eigenschaften ab, sondern auf die vereinbarte Beschaffenheit (und nur, wenn eine solche Vereinbarung fehlt, auf objektive Umstände [vgl. hierzu auch Palandt/Weidenkaff, BGB, 67. Aufl. § 434 Rn. 1 m. w. Nachw.]). Ein Sachmangel liegt somit unter anderem dann vor, wenn das erworbene Neufahrzeug bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Beschaffenheit ist hierbei mit dem tatsächlichen Zustand der Sache gleichzusetzen. Das umfasst die der Sache anhaftenden Eigenschaften wie zum Beispiel Motorkraft, Höchstgeschwindigkeit oder Energie- bzw. Kraftstoffverbrauch (z. B. OLG München, NJW 1987, 3012; OLG Zweibrücken, DAR 1984, 87, zum alten Kaufrecht). Hieran hat sich durch die Neuregelung des Schuldrechts nichts geändert. Vereinbart ist die Beschaffenheit, wenn der Inhalt des Kaufvertrags von vornherein oder nachträglich die Pflicht des Verkäufers bestimmt, die gekaufte Sache in dem Zustand zu übereignen und zu übergeben, wie ihre Beschaffenheit im Vertrag festgelegt ist.

1. Unstreitig lag den Kaufvertragsverhandlungen das technische Datenblatt zugrunde, in welchem sich Angaben zum Kraftstoffverbrauch finden, sodass von einer Vereinbarung auszugehen ist. Vereinbart waren im konkreten Fall die Daten im technischen Datenblatt so, wie sie nach der dort erwähnten EG-Richtlinie errechnet wurden. Es findet sich nämlich der Hinweis: „Die Verbrauchsermittlung nach Richtlinien 1999/100/EG …“. Damit wurden die Verbrauchszahlen Vertragsinhalt, die mittels der in der Richtlinie 1999/100/EG normierten Messmethode – das heißt im Laborversuch – ermittelt wurden. Dem Kläger als Erklärungsempfänger war damit jedenfalls erkennbar, dass die Herstellerangaben auf einer verobjektivierenden Grundlage beruhen, und dass sich der bei der individuellen Fahrweise erzielte Kraftstoffverbrauch mit den angegebenen Werten nicht decken musste (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 18.06.1997 – VIII ZR 52/96, BGHZ 136, 94). Auf den tatsächlichen Kraftstoffverbrauch im normalen Betrieb kann daher entgegen der Ansicht des Klägers nicht abgestellt werden, auch wenn der Käufer eines Neuwagens mehr an den Angaben über den tatsächlichen Kraftstoffverbrauch interessiert sein mag (vgl. BGH, Urt. v. 18.06.1997 – VIII ZR 52/96, BGHZ 136, 94).

Der Kläger hat nicht behauptet und unter Beweis gestellt, dass die Kaufvertragsparteien entgegen dem Wortlaut des Vertrags – gegebenenfalls mündlich – tatsächliche Verbrauchswerte zugrunde gelegt haben und nicht – wie augenscheinlich – Laborwerte nach der EG-Richtlinie. Selbst wenn der Kläger, wie er behauptet, bzw. die Leasinggesellschaft als Kaufvertragspartnerin über die Funktion der EG-Richtlinie nicht aufgeklärt wurde, kann dies nicht dazu führen, die der Beklagten zuzurechnenden Erklärungen in einem mit dem erkennbar Gewollten unvereinbaren Sinne auszulegen. Entgegen der Auffassung des Klägers schuldete die Beklagte nicht – trotz ihres Hinweises auf die Verbrauchsermittlung nach der EG-Richtlinie – die Auslieferung eines Fahrzeugs, das die genannten Werte in der Praxis auch tatsächlich erzielt.

2. Es kommt also nicht darauf an, ob das Fahrzeug im täglichen Gebrauch einen höheren Kraftstoffverbrauch hat als im technischen Datenblatt ausgewiesen, sondern darauf, ob das Fahrzeug unter Zugrundelegung der in der EG-Richtlinie normierten Messmethode einen höheren Kraftstoffverbrauch als angegeben aufweist. Das Ergebnis der im Berufungsverfahren hierzu durchgeführten Beweisaufnahme hat unterstrichen, dass der Kläger nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt war und ist.

Der Kläger behauptete, der Kraftstoffverbrauch des Fahrzeugs liege um 20 % über den Prospektangaben, die wie folgt lauten: innerstädtisch: 6,6–6,8 l/100 km, außerstädtisch: 4,4–4,6 l/100 km, gesamt: 5,2–5,4 l/100 km. Über diese Behauptung wurde auf Antrag des Klägers gemäß § 358a ZPO Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Dem Sachverständigen wurde aufgegeben, den Verbrauch des genannten Fahrzeugs durch Messungen nach Maßgabe der Richtlinie 80/1268/EWG in der Fassung der Richtlinie 1999/100/EG zu ermitteln. Auf der Grundlage der Feststellungen und Ausführungen des Sachverständigen steht zur Überzeugung des Gerichts fest:

a) Grundlagen

In der Europäischen Union erfolgt seit dem 01.01.1996 die Ermittlung des Kraftstoffverbrauchs von Kraftfahrzeugen nach der EG-Richtlinie 80/1268/EWG in verschiedenen Fassungen entsprechend der erforderlichen Anpassung der Weiterentwicklung der Fahrzeuge. Hierzu werden mit dem zu messenden Fahrzeug ein genormter und eng definierter Fahrzyklus auf einem Rollenprüfstand abgefahren und die Abgasemission gemessen. Über die gemessene Abgasemission wird der Kraftstoffverbrauch berechnet. Der Fahrzyklus und die Vorgehensweise bei der Messung selbst ist in der Anlage 1 des Anhangs III der Richtlinie 91/441/EWG beschrieben.

Vor der eigentlichen Kraftstoffverbrauchsmessung werden die Fahrtwiderstände (Roll- und Luftwiderstand des Fahrzeugs) auf der Straße exakt ermittelt und dokumentiert. Diese meist vom Hersteller ermittelten Werte werden auf den Rollenprüfstand übertragen und dort vor Beginn der Messung nochmals überprüft. Der durchzuführende Fahrzyklus besteht aus einem City-Zyklus (städtische Bedingungen) und einem Überland-Zyklus (außerstädtischen Bedingungen). Das Gesamtergebnis berechnet sich unter der Berücksichtigung der zurückgelegten Fahrtstrecken des innerorts- und außerortsbezogenen Fahrzyklus.

Die bei den Messungen vorherrschende Umgebungstemperatur ist vorgegeben und wird bei den Messungen überprüft. Kaltstartbedingungen und Beschleunigungen und Verzögerungen werden erfasst und entsprechend interpoliert. Die rechtlich verbindlichen Kraftstoffverbrauchsmessungen werden von Prüflaboratorien durchgeführt, die von dem Kraftfahrtbundesamt zertifiziert sein müssen.

Bezüglich des Realitätsbezuges des genormten Fahrzyklusses auf dem Rollenprüfstand gilt Folgendes: Der durchzuführende Fahrzyklus realisiert reproduzierbare und vergleichbare Ergebnisse, die aus Sicht der Fahrzeughersteller Entwicklungssicherheit bieten. Auch zur Durchführung von Diagnosen ist der vorgegebene Fahrzyklus relevant, da während des Fahrzyklusses Diagnosen zu einem vorgegebenen Ergebnis kommen müssen. Die genormten Fahrzyklen sollen Durchschnittsprofile darstellen, um die Fahrzeuge untereinander respektive von Prospekt zu Prospekt vergleichen zu können. Eine Übereinstimmung mit dem Nutzungsprofil des Kunden ist in den meisten Fällen nicht gegeben, insbesondere dann, wenn viele Kurzstrecken und Stadtverkehr auftreten oder ein großer Anteil der Fahrtstrecken auf Autobahnen in hoher Geschwindigkeit zurückgelegt wird. Weiterhin ist zu beachten, dass die Zunahme der elektrischen Antriebe und Einrichtungen zur Erhöhung des Komforts in den Fahrzeugen und Einrichtungen, die der Sicherheit und der Unterhaltung dienen, Einfluss auf den Verbrauch ausüben und somit die Prospektangaben im realen Betrieb nur schwer erreichbar sind. Innerhalb der durchzuführenden Fahrzyklen werden Zusatzverbraucher wie zum Beispiel die Klimaanlage nicht berücksichtigt.

b) Bei dem der Prüfung unterzogenen streitgegenständlichen Fahrzeug handelt es sich um folgenden Typ: … Kraftstoffart: Diesel … Der Kraftstoffverbrauch beläuft sich nach Herstellerangaben auf städtisch 6,6 l/100 km, außerstädtisch 4,4 l/100 km, gesamt 5,2 l/100 km. Diese Werte wurden der Betriebsanleitung des Fahrzeuges entnommen. Geringfügig abweichend ergeben sich die Werte aus dem Prospekt des Fahrzeuges wie folgt: …

c) Vorbereitungen

Als Grundlage für die mit dem Fahrzeug durchzuführenden Labormessungen zählt aus technischer Sicht die weitestgehende Übereinstimmung des Fahrzeuges mit den Herstellervorschriften. Um dies zu gewährleisten, ist die Durchführung eines Wartungsdienstes einschließlich aller hierbei erforderlichen Prüfarbeiten vor den Messungen erforderlich. Gegenstand des Wartungsdienstes ist weiterhin das Erneuern verschiedener Verschleißteile wie beispielsweise der Filterelemente. Hierdurch soll technisch folgerichtig ausgeschlossen werden, dass eine Beeinflussung der Verbrauchsdaten durch mangelhafte Wartung des Fahrzeuges stattfinden kann. Als weiterer Bestandteil des Wartungsdienstes zählt die Fehlerspeicherauslese. Moderne Fahrzeuge werden hinsichtlich ihrer fahrbetrieblichen und emissionsrelevanten Bedingungen durch fahrzeugeigene Steuergeräte permanent überwacht.

Ein von Herstellerdaten abweichender Mehrverbrauch eines Fahrzeuges kann aus technischer Sicht auch mit einer Veränderung des Abgasverhaltens einhergehen und wurde dementsprechend berücksichtigt. Eventuelle sporadische oder dauernd auftretende Fehler werden entsprechend in den Speichern der Steuergeräte abgelegt und können anlässlich des Wartungsdienstes innerhalb einer Diagnose ausgelesen werden. Mithin ist erst in der Kenntnis, dass keine Fehler abgespeichert sind, aus technischer Sicht von einer einwandfreien Funktion des Fahrzeugsystems auszugehen.

Um eventuelle Störeinflüsse, wie erhöhte Fahrtwiderstände durch das Fahrwerk ebenfalls ausschließen zu können, wurde das Fahrzeug im Rahmen des Wartungsdienstes zusätzlich optisch vermessen. Diese Verfahrensweise gewährleistet technisch aussagekräftige Messdaten auf Grundlage eines nachvollziehbaren ordnungsgemäßen Fahrzeugzustands.

d) Durchführung der Kraftstoffverbrauchsmessung

Die Vorbereitungen zu der Kraftstoffverbrauchsmessung umfassten danach Arbeiten zur Herstellung der Übereinstimmung des Fahrzeugs mit den Herstellervorschriften und zur Gewährleistung dessen ordnungsgemäßen Zustands. Nach einer Umbetankung des Fahrzeugs mit Prüfkraftstoff wurden im Labor im Vorfeld der gegenständlichen Messung definierte Fahrzyklen durchfahren, um eventuell wirkende Einflüsse zu minimieren, die durch eventuell vorangegangene unübliche Fahrtvorgänge nicht auszuschließen sind. Die folgende eigentliche Kraftstoffverbrauchsmessung vollzog sich in einer Klimakammer nach mehrstündiger Konditionierung des Fahrzeugs, mithin nach der Anpassung an die Vorgaben bezüglich der Temperaturbedingungen. Die Räder ruhten auf Rollenprüfständen, die der Ermittlung der Fahrzeuggeschwindigkeit dienen und somit dem durchführenden Laboringenieur die Möglichkeit schafften, den Fahrzyklus in der definierten Form durchfahren zu können.

Das entstandene Abgas bei der Kraftstoffverbrauchsmessung wurde über die gesamte Testdauer aufgefangen und analysiert. Aus den enthaltenen Kohlenstoffatomen wurde über chemisch-mathematische Formelzusammenhänge der Kraftstoffverbrauch auf 1/100 Liter je 100 Kilometer genau ermittelt. Gleichzeitig konnte die Emission an Kohlendioxid in Gramm je Kilometer berechnet werden. Erst die Übereinstimmung aller dieser Parameter beim jeweiligen Einzelfahrzeug bewirkt demnach aus technischer Sicht die Vergleichbarkeit von Verbrauchswerten verschiedener Fahrzeuge untereinander, wie sie beispielsweise in den Verkaufsprospekten oder den Übereinstimmungserklärungen angegeben werden. Die Bestandteile des Fahrzyklusses, seine Stillstands-, Beschleunigungs- und Endgeschwindigkeitswerte in ihrer Abfolge dienen nicht der Reproduzierbarkeit für den Vergleich mit dem Realverkehr.

Messergebnisse

Die gemäß EWG-Richtlinien durchgeführte Kraftstoffverbrauchsmessung ergab folgende aufgeführte Werte des streitgegenständlichen Fahrzeugs: innerstädtisch 6,76 l/100 km, außerstädtisch 4,47 l/100 km, gesamt 5,31 l/100 km. Im Vergleich zu den Hersteller- bzw. Prospektdaten lag weder in der innerstädtischen Phase noch in der außerstädtischen Phase noch im Gesamtverbrauch ein Mehrverbrauch des streitgegenständlichen Fahrzeugs vor.

3. Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellen wollte, dass vorliegend gar keine Beschaffenheit vereinbart wurde, sodass es allein auf objektive Umstände ankommen würde, womit die Anwendbarkeit des § 434 I 2 und 3 BGB eröffnet wäre, so änderte dies im Ergebnis nichts. § 434 I 3 BGB führt dazu, dass öffentliche Äußerungen des Herstellers eines Neufahrzeuges dem Verkäufer zurechenbar sein können. Entgegen der Auffassung des Klägers enthalten jedoch die „Werksangaben“ zum Kraftstoffverbrauch weder unrichtige noch haftungsbegründende irreführende Angaben. Auch wenn es sicherlich im Sinne eines weitergehenden Verbraucherschutzes wünschenswert wäre, wenn in deutlicher Form bei den Angaben zum Kraftstoffverbrauch auf die Besonderheiten der Ermittlung und den Unterschied zum Verbrauch in der täglichen Praxis auf der Straße hingewiesen würde, so ist ein solcher Hinweis doch zivilrechtlich nicht unverzichtbar und seine Unterlassung nicht haftungsbegründend. Dies gilt umso mehr, als die Vorschriften über die Angaben zum Kraftstoffverbrauch und CO2-Angaben sehr detailliert sind und wenig Spielraum zuzulassen scheinen: Zum 01.11.2004 ist die Energieverbrauchs-Kennzeichnungs-Verordnung (Pkw-EnVKV) in Kraft getreten. Sie schreibt vor, dass alle Hersteller, Importeure und Händler verpflichtet sind, Angaben über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emmissionen zu machen, wenn sie neue Kraftfahrzeuge ausstellen, zum Verkauf oder Leasing anbieten oder für diese werben. Beim Kraftstoffverbrauch sind die Werte des Testzyklus innerorts und außerorts sowie kombiniert anzugeben. Bei den CO2-Emmissionen sind die Angaben nur im kombinierten Testzyklus zu machen.

Den Angaben darf der Hinweis hinzugefügt werden, dass sie sich nicht auf ein einzelnes Fahrzeug beziehen und nicht Bestandteil des Angebots sind, sondern allein Vergleichszwecken zwischen den verschiedenen Fahrzeugtypen dienen. Weil damit eine aus § 434 I 3 BGB drohende Haftung für die zu erteilenden Informationen ausgeschlossen werden soll, wird indessen die Vereinbarkeit der Pkw-EnVKV mit der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 1999/44/EG bezweifelt, welche die Haftung des Verkäufers für öffentlich mitgeteilte Eigenschaften zwingend vorschreibt. Zivilrechtlich enthalte der Hinweis keine Korrektur einer unzutreffenden Information, sondern solle allein deren rechtliche Unverbindlichkeit bewirken, was eine Umgehung von § 475 BGB darstelle (vgl. dazu Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rn. 547 m. w. Nachw.).

In den Anlagen 1 bis 4 zu § 3 I Nr. 1 Pkw-EnVKV werden äußerst genau die äußere Gestaltung, Form und Größe der Hinweisschilder geregelt. Die Hinweisschilder, die an den Fahrzeugen oder in deren unmittelbarer Nähe anzubringen sind, müssen DIN A4-Format aufweisen und einheitlich wie das Formblatt in Anlage 1 Abschnitt 2 zu § 3 I Nr. 1 Pkw-EnVKV gestaltet sein. Darüber hinaus muss am Verkaufsort (Ausstellungsraum und gegebenenfalls auch Freifläche) deutlich sichtbar ein Aushang angebracht werden, in dem die Werte aller im Betrieb ausgestellten oder über den Betrieb beziehbaren neuen Kraftfahrzeuge aufgelistet werden. Weiterhin ist interessierten Kunden ein sogenannter Leitfaden zu den Verbrauchs- und Emissionswerten aller Modelle neuer Pkw, die in Deutschland angeboten oder ausgestellt werden, kostenlos zur Verfügung zu stellen. Dieser Leitfaden ist mindestens einmal jährlich von den Herstellern zu aktualisieren. Angaben in der Werbung müssen auch für einen flüchtigen Leser leicht verständlich, gut lesbar und nicht weniger hervorgehoben sein als der Hauptteil der Werbebotschaft. Ein Hinweis durch „Sternchen“ genügt nicht. Verstöße werden gemäß § 7 Pkw-EnVKV als Ordnungswidrigkeiten geahndet. Die von der Pkw-EnVKV vorgeschriebenen Angaben haben einen wettbewerbsrelevanten Wertgehalt. Wer die Angabepflichten missachtet, muss damit rechnen, auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Mit solchen Ansprüchen wurden ahnungslose Händler alsbald nach Inkrafttreten der Verordnung konfrontiert, weil sie sich noch nicht darauf eingestellt hatten. Ihnen stand § 8 Pkw-EnVKV zur Seite, der eine Schonfrist von drei Monaten für die Weiterverwendung vorhandenen Werbematerials zubilligte (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 547).

Unter diesen Gegebenheiten ist es jedenfalls im Hinblick auf die kaufvertragliche Haftung nicht zu beanstanden, wenn Händler und Hersteller auf eine freiwillige nähere Erläuterung ihrer Angaben zu Kraftstoffverbrauch und CO2-Gehalt verzichten. Die Angabe des nach der Richtlinie ermittelten Verbrauchs ist für den Verbraucher auch nicht völlig wertlos. Zwar muss er damit rechnen, dass der tatsächliche Verbrauch erheblich höher liegt. Das Messverfahren ermöglicht es ihm aber, verschiedene infrage kommende Modelle auf objektivierter Basis zu vergleichen und sich für dasjenige Modell zu entscheiden, das den geringsten Verbrauch aufweist.

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