1. Besteht der Mangel eines Gebrauchtwagens darin, dass das Fahrzeug einen Unfallschaden erlitten hat, ist eine Nacherfüllung (§ 439 I BGB) insgesamt unmöglich. Denn dass das Fahrzeug ein Unfallwagen ist, lässt sich nicht ändern, sodass eine Mangelbeseitigung (§ 439 I Fall 1 BGB) nicht in Betracht kommt. Auch die Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 2 BGB) eines mangelfreien Fahrzeugs scheidet bei einem Gebrauchtwagen regelmäßig aus.
  2. Ein Neuwagenkäufer, der sein Altfahrzeug in Zahlung gibt, muss über Karosserie-, Lack- und Motorschäden dieses Fahrzeugs, die auf ein Unfallereignis hindeuten und ihm nicht verborgen geblieben sein können, ungefragt aufklären.

LG Duisburg, Urteil vom 30.10.2007 – 6 O 179/07

Sachverhalt: Der Beklagte bestellte bei der Klägerin unter dem 27.09.2006 einen Neuwagen zum Preis von 41.950 €. Sein Altfahrzeug sollte zu einem Verrechnungspreis von 10.500 € in Zahlung gegeben werden. In dem in Kopie vorliegenden Neuwagen-Bestellformular ist die Eintragung „GW Inzahlungnahme vorbehaltlich technische Prüfung ohne Befund“ durchgestrichen, während in der Kopie des Ankaufsformulars für das Altfahrzeugs unter „sonstige Vereinbarungen“ steht: „Vorbehaltlich optische und technische Prüfung ohne Befund“.

Im Rahmen einer Zustandsbewertung des Altfahrzeugs stellte die Klägerin fest, dass der Pkw möglicherweise nachlackiert worden und entgegen der Zusicherung des Beklagten nicht unfallfrei war. Daraufhin lehnte sie das Angebot zur Inzahlungnahme des Altwagens ab. Dieser sollte am 04.01.2007 an den Beklagten mit der Maßgabe zurückgegeben werden, dass dieser den Restkaufpreis für den Neuwagen in Höhe von 10.500 € an die Klägerin zahlt.

Eine mit Schreiben der Klägerin vom 04.01.2007 gesetzte Frist zur Zahlung und Abholung des Fahrzeugs ließ der Beklagte verstreichen. Auch weiteren Zahlungsaufforderungen kam er nicht nach.

Die Klägerin behauptet, das Angebot, das Altfahrzeug des Beklagten in Zahlung zu nehmen, und die Annahme dieses Angebots durch sie hätten unter dem Vorbehalt einer noch durchzuführenden optischen und technischen Prüfung des Fahrzeugs gestanden. Vorbehaltlich dieser noch durchzuführenden Prüfung hätten sich die Parteien auf einen Ankaufspreis von 10.500 € geeinigt.

Ihre Klage auf Zahlung dieses Betrages hatte Erfolg.

Aus den Gründen: Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 10.500 € Zug um Zug gegen Rückgabe des Altfahrzeugs an den Beklagten.

Der Altwagen ist nicht als unbedingte Kaufpreisersatzleistung von der Klägerin in Zahlung genommen worden. Er war vielmehr als Teil des Kaufpreises unter Anrechnung von 10.500 € für den Neuwagen unter dem Vorbehalt einer noch vorzunehmenden optischen und technischen Prüfung ausgewiesen. Dementsprechend sollte dieser Betrag mit dem Kaufpreis für den Neuwagen (41.950 €) nur unter der Voraussetzung verrechnet werden, dass bei der Überprüfung des Altfahrzeugs keine (gravierenden) Mängel festgestellt würden, und stand daher unter einer entsprechenden auflösenden Bedingung.

Wenn es dem Beklagten – wie dieser reklamiert – auf eine abschließend und unbedingte Wertbestimmung der Inzahlungnahme in Höhe von 10.500 € für seinen Altwagen angekommen wäre, hätte er zunächst das Ergebnis der Prüfung abwarten können/müssen, um dann den Anrechnungsbetrag als festen Preis in die Urkunde aufzunehmen.

In Korrelation zu dieser Einordnung der Altwagenanrechnung als nur vorläufige und letztlich unverbindliche Anrechnungssumme steht auch der Text der Bestellurkunde bezüglich des Neuwagens. Dort ist unter dem Punkt „Zahlungsweise und sonstige Vereinbarungen“ ausgewiesen, dass der Kaufpreis „bar bei Auslieferung oder Überweisung vor Auslieferung“ zu zahlen ist. Selbst wenn man den Inhalt des durchgestrichenen Textes in diesem Dokument … als nicht vereinbart werten würde, wäre der Beklagte verpflichtet, der Klägerin die volle Höhe des Kaufpreises, mithin 41.950 €, als Entgelt für den Neuwagen zu zahlen.Sein Einwand, er habe den Neuwagenkauf von der Inzahlungnahme des Altwagens für einen Betrag von 10.500 € abhängig gemacht, entspricht weder dem Text der schriftlichen Vereinbarungen, noch ist er substanziiert beweisbar dargetan. Selbst wenn der handschriftliche Text einvernehmlich gestrichen worden wäre, hätte der Beklagte entsprechend der Bestellurkunde den gesamten Kaufpreis in Geld zahlen müssen.

In dem klägerseits vorgelegten Ankaufsformular für den Gebrauchtwagen ist der Ankaufspreis „vorbehaltlich optische und technische Prüfung ohne Befund“ auf 10.500 € festgesetzt.

Die Behauptung des Beklagten, er habe dieses Formular ohne Beachtung der Preisvorbehaltsklausel erst später in seinen Geschäftsräumen unterzeichnet in der Annahme, es handele sich um eine „bloße Formalität“, vermag die Kammer nicht nachzuvollziehen. Zum einen ist der Zusatztext schlicht nicht zu übersehen, zum anderen hat der Beklagte für seine Behauptungen keinerlei Beweis angetreten. Dementsprechend trägt die von ihm unstreitig selbst unterzeichnete Urkunde die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit in sich. Weder trägt der Beklagte substanziiert vor, wann sich der Vertreter der Klägerin in seine Geschäftsräume begeben haben soll, noch zeigt er Gründe oder sonstige Anknüpfungstatsachen auf, die erklären, warum die beiden Formulare auf denselben Tag datieren, obwohl eins davon erst später vorgelegt worden sein soll. Demgegenüber trägt die Klägerin die konkreten Umstände sowie den zeitlichen Ablauf der Verhandlungen und des Vertragsabschlusses unter Beweisantritt substanziiert und nachvollziehbar vor …

Die Inzahlungnahme des Altwagens für 10.500 € stand daher ausweislich dieser Urkunde zweifelsohne unter dem Vorbehalt einer noch vorzunehmenden – befundlosen – optischen und technischen Prüfung.

Selbst aber dann, wenn man mit dem Beklagten eine unbedingte Inzahlungnahme des Altwagens für 10.500 € annähme und daher für die Klägerin kein Grund zur Ablehnung des Altfahrzeuges bestanden hätte, so hätte der Beklagte jedenfalls über die klägerseits festgestellten Karosserie-, Lack- und Motorschäden, welche auf ein vorangegangenes Schadens-/Unfallereignis hinweisen und dem Beklagten schon aufgrund ihres Umfangs bzw. ihrer Intension nicht hätten verborgen bleiben können, aufklären müssen, was er jedoch verabsäumt hat. Der Klägerin stehen daher unabhängig von der Einordnung der Inzahlungnahme entweder als einheitlicher Kaufvertrag mit Ersetzungsbefugnis oder als Doppelkauf mit Verrechnungsabrede die Rechte aus § 437 BGB bezüglich des Altwagens zu. Für das Vorliegen eines Mischvertrages aus Kauf und Tausch findet sich kein Anhaltspunkt. Überdies bietet der Beklagte auch keinen Beweis dafür an, dass er das gesamte Geschäft durch konkrete vertragliche Vereinbarung oder zumindest mittels eindeutiger Erklärung gegenüber der Klägerin „ohne wenn und aber“ davon abhängig gemacht hat, dass sein Altfahrzeug durch den Festbetrag von 10.500 € als Teil des Kaufpreises in Zahlung genommen werden sollte.

Die Klägerin ist vom Ankauf des Altwagens wirksam zurückgetreten. Dieser hatte erhebliche Sachmängel, die jedenfalls hinsichtlich der Lackschäden auf einen vorangegangenen Unfall hindeuten. Insofern bestand für den Beklagten eine entsprechende Aufklärungspflicht gegenüber der Klägerin, der er unstreitig nicht nachgekommen ist. Daher konnte die Klägerin ohne das grundsätzlich vorrangige Nacherfüllungsverlangen (§ 439 BGB) von ihrem Rücktrittsrecht Gebrauch machen. Beide Arten der Nacherfüllung sind hier nach § 275 I BGB ausgeschlossen, da aus einem Unfallwagen kein unfallfreies Fahrzeug werden kann und bei einem Gebrauchtwagen als nicht ersetzbare Stückschuld keine Lieferung einer mangelfreien Sache möglich ist. Die Fristsetzung zur Nacherfüllung war hier gemäß § 326 V BGB entbehrlich, da der Beklagte nach § 275 I BGB nicht zur Leistung verpflichtet ist. Er hat die fehlende Unfallfreiheit verschwiegen, sodass darin eine erhebliche Pflichtverletzung liegt (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 66. Aufl., § 437 Rn. 23).

Die Rücktrittserklärung liegt vorliegend in der klägerischen Erklärung, der Beklagte solle die Differenz von 10.500 € zahlen und den Altwagen abholen. Dies hat zur Folge, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Kaufpreisdifferenz von 10.500 € an die Klägerin, Zug um Zug gegen Rücknahme des Altwagens, zu entrichten …

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