Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kraftfahrzeughändlers, wonach der Käufer Schadensersatz in Höhe von pauschal zehn Prozent des Kaufpreises leisten muss, wenn er das gekaufte Fahrzeug – hier: einen Gebrauchtwagen – unberechtigt nicht abnimmt, ist wirksam. Eine solche Klausel verstößt insbesondere nicht gegen § 309 Nr. 5 lit. a BGB.

AG Duisburg-Hamborn, Urteil vom 10.01.2003 – 7 C 303/02

Sachverhalt: Der Beklagte bestellte bei der Klägerin am 14.03.2002 verbindlich einen gebrauchten Pkw Ford Focus zum Preis von 14.800 €. Gleichzeitig kaufte die Klägerin das Gebrauchtfahrzeug des Beklagten, einen Kia Shuma I, für 5.200 €. Nach den auf der Rückseite des Bestellformulars abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin kann diese, wenn ein bestelltes Fahrzeug nicht abgenommen wird, Schadensersatz in Höhe von pauschal zehn Prozent des Kaufpreises verlangen (Klausel IV 2).

Am 15.03.2002 teilte der Beklagte der Klägerin zunächst mündlich mit, dass er vom Kaufvertrag über den Ford Focus Abstand nehmen wolle. Dies wollte der Beklagte der Klägerin unter dem 18.03.2002 auch schriftlich mitteilen, doch verweigerte die Klägerin die Annahme des entsprechenden Schreibens.

Die Klägerin nahm die verbindliche Bestellung vom 14.03.2002 mit Schreiben vom 19.03.2002 an. Mit Schreiben vom 10.04.2002 forderte sie den Beklagten – erfolglos – auf, das bestellte Fahrzeug innerhalb von zehn Tagen abzunehmen.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin von dem Beklagten Schadensersatz in Höhe von insgesamt (1.480 € + 740 € =) 2.220 € nebst 12,75 % Zinsen verlangt. Zur Begründung dieses Verlangens hat die Klägerin behauptet, sie habe zum einen einen – pauschal mit 1.480 € bezifferten – Schaden dadurch erlitten, dass der Beklagte das bestellte Fahrzeug nicht abgenommen habe. Darüber hinaus sei ihr ein – mit der Klage zum Teil ersetzt verlangter – weiterer Schaden in Höhe von 3.487 € dadurch entstanden, dass das Altfahrzeug des Beklagten, das sie für 5.200 € brutto angekauft habe, tatsächlich 9.150 € wert gewesen sei. Sie, die Klägerin, habe den Wagen nur deshalb für nur 5.200 € angekauft, weil sie dem Beklagten einen entsprechenden Nachlass auf den Kaufpreis für den Ford Focus gewährt habe.

Der Beklagte hat geltend gemacht, er habe bei der Unterzeichnung der verbindlichen Bestellung darauf hingewiesen, dass er zur Finanzierung des Kaufpreises für den Ford Focus ein Darlehen seiner Hausbank benötige. Daraufhin habe der Verkäufer der Klägerin – was diese bestreitet – erklärt, dass sowohl der Kaufvertrag über den Ford Focus als auch der Kaufvertrag über den Kia Shuma I hinfällig seien, wenn dem Beklagten das Darlehen nicht gewährt werde. Nach Aussage des Verkäufers hätten die beiden Verträge lediglich der Reservierung des Fahrzeugs dienen sollen; nur unter dieser Bedingung habe er, der Beklagte, die Verträge unterzeichnet.

Dass sein Altfahrzeug einen Wert von 9.150 € gehabt habe, hat der Beklagte bestritten.

Außerdem hat der Beklagte behauptet, er sei – was die Klägerin bestreitet – im März 2002 geschäftsunfähig gewesen, da er bei einer Bypassoperation Ende 2000 einen Schlaganfall erlitten habe. Infolge dieses Schlaganfalls habe er ein halbes Jahr lang weder sprechen noch laufen können, und er habe sich einer Rehabilitation unterziehen müssen. Diesbezüglich hat der Beklagte ein Attest seines Hausarztes vom 18.11.2002 vorgelegt.

Die Klage hatte nur teilweise Erfolg.

Aus den Gründen: 1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus dem Kaufvertrag vom 14.03.2002 in Höhe von 1.480 € gemäß §§ 433 II, 280 I, III, 281 I 1, §§ 249 ff. BGB (n.F.). Auf den Kaufvertrag findet gemäß Art. 229 § 5 EGBGB das BGB in der ab dem 01.01.2002 geltenden Fassung Anwendung, da der Vertrag nach dem 01.01.2002 geschlossen wurde.

a) Der Beklagte hat durch die Nichtabnahme des Fahrzeugs eine Pflichtverletzung gemäß §§ 280 I, 281 I 1 BGB (n.F.) begangen. Der Beklagte war aus dem wirksam zustande gekommenen Kaufvertrag verpflichtet, das Fahrzeug abzunehmen. Bereits die Nichterfüllung einer Leistungspflicht stellt eine Pflichtverletzung i. S. von §§ 280 I, 281 I 1 BGB (n.F.) dar (vgl. Palandt/​Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 280 Rn. 13).

b) Zwischen den Parteien ist ein wirksamer Kaufvertrag (§ 433 BGB) über den Kauf eines Pkw vom Typ Ford Focus zu einem Preis von 14.800 € geschlossen worden. Unstreitig hat der Beklagte am 14.03.2002 eine verbindliche Bestellung unterzeichnet, an die er nach deren Wortlaut für zehn Tage gebunden war. Diese Vereinbarung stellt eine wirksame Annahmefrist gemäß § 148 BGB dar. Das Angebot des Beklagten hat die Klägerin unstreitig mit Schreiben vom 19.03.2002 angenommen. Unerheblich ist daher, wenn der Beklagte vorträgt, er habe sein Angebot sowohl mündlich als auch schriftlich vor Annahme durch die Klägerin widerrufen, da der Beklagte für zehn Tage an seine verbindliche Bestellung gebunden war.

c) Der Kaufvertrag war auch nicht gemäß § 158 II BGB auflösend bedingt.

Der Beklagte ist für seine Behauptung beweisfällig geblieben, die Parteien hätten mündlich vereinbart, dass der Vertrag im Fall des Nichtzustandekommens eines Darlehensvertrags zwischen der Hausbank und dem Beklagten aufgelöst werden sollte. Die mündliche Vereinbarung einer solchen Bedingung steht nach Beweisaufnahme nicht zur Überzeugung des Gerichts fest.

Gegen die Vereinbarung der Bedingung spricht zunächst die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der unterzeichneten verbindlichen Bestellung. Es wäre zu erwarten gewesen, dass die Parteien eine solche wesentliche Vereinbarung im schriftlichen Vertrag festgehalten hätten. Der Beklagte hat die Vermutung nicht erschüttern können. Zwar hat seine Ehefrau bei ihrer Vernehmung als Zeugin im Wesentlichen das Vorbringen des Beklagten bestätigt, jedoch war bereits aus der Aussage der Zeugin ersichtlich, dass eher ein Fall von Kaufreue vorliegt, da der Bankmitarbeiter nach ihren Angaben die Beklagten darauf hingewiesen hat, dass der vereinbarte Preis zu hoch sei. Darüber hinaus steht dieser Aussage die Aussage des Zeugen M, der als Verkäufer für die Klägerin tätig war, entgegen. Der Zeuge M hat glaubhaft und nachvollziehbar bekundet, dass eine solche Bedingung nicht vereinbart gewesen sei und er eine solche Absprache auch in die schriftliche Bestellung aufgenommen hätte. Das Gericht hat vorliegend keine Veranlassung, der einen oder der anderen Zeugenaussage mehr Gewicht beizumessen. Dabei ist insbesondere nicht ersichtlich, dass der Zeuge M als Angestellter der Klägerin ein größeres Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits hat als die Ehefrau des Beklagten.

Darüber hinaus gilt gemäß der verbindliche Bestellung vom 14.03.2002 ein Schriftformgebot, wonach alle Nebenabreden und Zusicherungen schriftlich niederzulegen sind.

d) Der Kaufvertrag ist nicht gemäß § 105 I BGB wegen Geschäftsunfähigkeit des Beklagten nichtig. Der Beklagte hat nicht ausreichend dargelegt, dass er sich gemäß § 104 Nr. 2 BGB in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden hat. Allein die Tatsache, dass der Beklagte Ende 2000 bei der Durchführung einer Bypassoperation einen Schlaganfall erlitten hat, rechtfertigt diese Annahme nicht. Nach seinen eigenen Vorbringen liegt zwischen dem Schlaganfall und dem Abschluss des streitgegenständlichen Kaufvertrags jedenfalls ein Zeitraum von fünfzehn Monaten. Auch aus dem von ihm vorgelegten Attest seines Hausarztes ist nicht ersichtlich, woraus sich die Geschäftsunfähigkeit des Beklagten ergeben soll. Insbesondere hat der Beklagte auch nicht dargelegt, dass er aufgrund von regelmäßig eingenommenen Medikamenten im März 2002 in seiner Geistestätigkeit eingeschränkt war. Auf diese Bedenken des Gerichts ist der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 22.11.2002 auch hingewiesen worden. Eine Beweisaufnahme kam daher insoweit nicht in Betracht.

e) Die Klägerin hat den Beklagten weiterhin gemäß § 281 I 1 BGB wirksam eine Frist zur Abnahme des Pkw gesetzt. Diese Fristsetzung wäre außerdem gemäß § 281 II Fall 1 BGB auch wegen endgültiger Erfülllungsverweigerung des Beklagten entbehrlich gewesen. Der Beklagte hatte nämlich unstreitig der Klägerin sowohl mündlich als auch schriftlich mitgeteilt, er fühle sich an den Vertrag nicht gebunden.

f) Diese Pflichtverletzung hat der Beklagte auch zu vertreten, da er gemäß § 280 I 2 BGB (n.F.) entlastende Umstände nicht dargelegt hat.

g) Durch die Pflichtverletzung des Beklagten ist der Klägerin gemäß §§ 249 ff. BGB jedoch lediglich ein adäquat-kausaler Schaden in Höhe von 1.480 € entstanden.

Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, die vorliegend durch Bezugnahme im Vertrag und Abdruck auf der Rückseite der verbindlichen Bestellung gemäß § 305 II BGB (n.F.) wirksam in den Vertrag einbezogen wurden, hat die Klägerin gemäß Ziffer IV 2 einen Anspruch auf pauschalierten Schadensersatz in Höhe von zehn Prozent des Kaufpreises. Dieser Klausel stehen keine Bedenken gemäß § 309 Nr. 5 BGB (n.F.) entgegen. Eine solche Pauschale darf den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden nicht übersteigen. Dabei ist auf den branchentypischen Durchschnittsgewinn abzustellen (vgl. Palandt/​Heinrichs, a. a. O., § 309 Rn. 24 ff.). Ein durchschnittlicher Gewinn bei Gebrauchtwagenkaufverträgen von zehn Prozent übersteigt nach Auffassung des Gerichts den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden nicht.

Angesichts des vereinbarten Kaufpreises in Höhe von 14.800 € errechnet sich daher ein pauschal berechneter Schaden der Klägerin in Höhe von 1.480 €.

Ein darüber hinausgehender Schaden ist der Klägerin nicht entstanden. Die Klägerin behauptet vorliegend, ihr Schaden ergebe sich daraus, dass das von ihr eingekaufte Gebrauchtfahrzeug des Beklagten niedriger bewertet worden sei und gleichzeitig ein entsprechender Nachlass auf den von ihr verkauften neueren Gebrauchtwagen gegeben worden sei. Dieser Betrachtungsweise steht jedoch der ausdrückliche Wille der Parteien bei Abschluss der Kaufverträge entgegen. Die Parteien waren sich über die angemessenen Preise bei Abschluss der Verträge einig. Es ist auch nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin von einem einheitlichen Geschäft und damit von einer Gesamtbetrachtung der Verträge auszugehen (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 7. Aufl., Rn. 351 f.). Dies ergibt sich daraus, dass der Ankauf des Altfahrzeugs und der Verkauf des Neufahrzeugs für den Autohändler eine wirtschaftliche Gesamtkalkulation darstellt, die von der Klägerin nicht offengelegt wurde. Es kann daher nicht lediglich der Preis eines der Fahrzeuge aufgrund eines möglicherweise bestehenden höheren Verkehrswerts nach oben angepasst werden, während der andere Preis unverändert bleibt. Darüber hinaus wäre es auch unbillig, wenn diese „steuersparende“ Vertragsvariante der Klägerin, die durch diese Vertragsgestaltung möglichst geringe zu versteuernde Einnahmen hatte, im Nachhinein zu ihrem Vorteil ausfiele (§ 242 BGB).

2. Die Entscheidung über die Zinsen beruht auf §§ 286 I 1, 288 IV BGB (n.F.). Der Beklagte hat den von der Klägerin behaupteten Zinsschaden in Höhe von 12,75 % nicht bestritten.

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