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Tag: VW-Abgasskandal

Rücktritt vom Kaufvertrag wegen „Abschaltsoftware“ – VW-Abgasskandal

  1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Gebrauchtwagen, bei dem eine „Abschaltsoftware“ erkennt, dass das Fahrzeug auf einem Prüfstand einem Emissionstest unterzogen wird, und deshalb den Stickoxidausstoß reduziert, ist i. S. des § 434 I 2 Satz 2 BGB mangelhaft. Denn weder ist der Einsatz einer entsprechenden Software in vergleichbaren Fahrzeugen anderer Hersteller bekanntermaßen üblich, noch erwartet ein Durchschnittskäufer, dass die gesetzlich vorgegebenen Emissionsgrenzwerte nur scheinbar eingehalten werden. Darüber hinaus eignet sich ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug nicht zur gewöhnlichen Verwendung, weil es im Rahmen einer Rückrufaktion umgerüstet werden muss, um den Auflagen des Kraftfahrt-Bundesamtes zu genügen und nicht den Verlust der Allgemeinen Betriebserlaubnis zu riskieren.
  2. Die Beweislast dafür, dass die ihm vorzuwerfende Pflichtverletzung i. S. des § 323 V 2 BGB unerheblich ist und deshalb einen Rücktritt vom Kaufvertrag nicht rechtfertigt, trifft den Rücktrittsgegner.
  3. Der Mangel, der einem vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeug anhaftet, ist schon deshalb nicht i. S. des § 323 V 2 BGB geringfügig, weil das Kraftfahrt-Bundesamt die zur Mangelbeseitigung vorgesehenen Maßnahmen prüfen und genehmigen muss. Außerdem führt bereits das Risiko, dass trotz ordnungsgemäßer Nachbesserung ein merkantiler Minderwert dazu, dass der Mangel nicht als geringfügig angesehen werden kann.

LG Regensburg, Urteil vom 21.11.2016 – 6 O 409/16 (3)

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Rücktritt vom Kauf eines Audi Q3 2.0 TDI mit „Schummelsoftware“ – VW-Abgasskandal

  1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug (hier: ein Audi Q3 2.0 TDI), in dem eine Software die Optimierung der Stickoxidemissionen bewirkt, sobald sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befindet, ist unabhängig davon mangelhaft, ob es sich bei der „Schummelsoftware“ um eine verbotene Abschalteinrichtung handelt. Denn jedenfalls kann ein Käufer i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB erwarten, dass in dem Fahrzeug keine Software zum Einsatz kommt, deren einziger Sinn darin besteht, niedrige Abgaswerte vorzutäuschen.
  2. Die in der Lieferung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs liegende Pflichtverletzung des Verkäufers ist auch dann nicht i. S. von § 323 V 2 BGB unerheblich, wenn eine Nachbesserung durch Aufspielen eines Softwareupdates je Fahrzeug mit einem Kostenaufwand von nur 100 € verbunden ist. Denn weder dürfen die Kosten für die Entwicklung des Softwareupdates in Höhe von rund 70.000.000 € unberücksichtigt bleiben, wenn es um die Kosten der Nachbesserung geht, noch ist es zulässig, die Entwicklungskosten anteilig auf ein einzelnes Fahrzeug umzulegen.

LG Hamburg, Urteil vom 16.11.2016 – 301 O 96/16

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Erlöschen der Betriebserlaubnis eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Pkw

  1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft. Denn es entspricht dem Stand der Technik und ein Käufer kann deshalb auch erwarten, dass ein Fahrzeug die einschlägigen Emissionsgrenzwerte (hier: die Euro-5-Emissionsgrenzwerte) nicht nur dann softwaregesteuert einhält, wenn es auf einem Prüfstand einen Emissionstest absolviert.
  2. Die Software, die in vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugen zum Einsatz kommt und eine Reduzierung des Schadstoffausstoßes bewirkt, sobald die Fahrzeuge auf einem Prüfstand einem Emissionstest unterzogen werden, ist eine unzulässige Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 II i. V. mit Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007.
  3. Die Betriebserlaubnis der vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge ist gemäß § 19 II 2 Nr. 3 StVZO kraft Gesetzes – unabhängig von behördlichen Maßnahmen – erloschen.
  4. Ein Zuwarten von mehreren Monaten bis zu einer Nachbesserung und die Unwägbarkeiten, die mit einer Nachbesserung verbunden sind, sind dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs i. S. des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB unzumutbar. Insbesondere muss der Käufer nicht das Risiko eingehen, dass das von der Volkswagen AG vorgesehene Softwareupdate ihn im Gebrauch seines Fahrzeugs einschränkt, den Gebrauch erschwert oder sich negativ auf den Wert des Fahrzeugs auswirkt.
  5. Die Volkswagen AG trifft zwar eine sekundäre Darlegungslast, welche ihrer damaligen Vorstandsmitglieder Kenntnis von der Software hatten, die in vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugen zum Einsatz kommt. Zu berücksichtigen ist aber, dass sich die Vorgänge, auf die sich die sekundäre Darlegungslast bezieht, in den Jahren 2005 bis 2007 abgespielt haben, die Entwicklung moderner Motoren ein komplexes Zusammenwirken einer Vielzahl von Personen aus unterschiedlichen Bereichen erfordert und die Volkswagen AG nicht verpflichtet war, deren Kommunikationsinhalte über mehrere Jahre hinweg zu speichern. Angesichts dessen erscheint die pauschale Behauptung der Volkswagen AG, damalige Vorstandsmitglieder hätten keine Kenntnis von den Manipulationen gehabt, noch hinreichend nachvollziehbar.

LG München II, Urteil vom 15.11.2016 – 12 O 1482/16

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Kein „sofortiger“ Rücktritt vom Kaufvertrag im VW-Abgasskandal

  1. Der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen – und deshalb möglicherweise mangelhaften – Neuwagens ist grundsätzlich allenfalls zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt, nachdem er dem Verkäufer erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat.
  2. Eine Nachbesserung (§ 439 I Fall 1 BGB) ist dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Neuwagens nicht deshalb unzumutbar, weil er sich von der – am Kaufvertrag nicht beteiligten – Fahrzeugherstellerin arglistig getäuscht fühlt.
  3. Die bloße Befürchtung des Käufers eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Pkw, dass sich sein Fahrzeug durch ein Softwareupdate nicht in einen vertragsgemäßen Zustand versetzen lasse, sondern das Softwareupdate (unter anderem) zu einem höheren Kraftstoffverbrauch und höheren CO2-Emisssionen führen werde, rechtfertigt keinen „sofortigen“ Rücktritt vom Kaufvertrag. Vielmehr ist der Käufer zunächst gehalten, sich auf eine Nachbesserung einzulassen und abzuwarten, ob diese erfolgreich ist.

LG Düsseldorf, Urteil vom 24.10.2016 – 21 O 10/16

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Keine Ersatzlieferung eines Neuwagens im VW-Abgasskandal

  1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen ist zwar i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, sodass der Käufer grundsätzlich die Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs verlangen kann (§§ 437 Nr. 1, 439 I Fall 2 BGB). Diese Art der Nacherfüllung darf der Verkäufer jedoch gemäß § 439 III BGB verweigern, wenn sie mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist.
  2. Bei der Prüfung, ob die Lieferung eines Neufahrzeugs im Vergleich zur Nachbesserung durch Installation eines Softwareupdates mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist, muss mit Blick auf die in § 439 III 2 BGB genannten Kriterien (auch) berücksichtigt werden, dass der Mangel, an dem ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen leidet, für den Kläger objektiv nur eine sehr geringe Bedeutung hat. Denn der Käufer kann und darf das Fahrzeug uneingeschränkt nutzen, und er würde den Mangel nicht einmal bemerken, wenn er nicht darauf aufmerksam gemacht worden wäre. Auch für Dritte ist der Mangel bei einer Besichtigung oder beim Gebrauch des Fahrzeugs nicht feststellbar.
  3. Aus jetziger Sicht kann auf eine Nachbesserung durch Installation eines Softwareupdates ohne erhebliche Nachteile für den Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Neuwagens zurückgegriffen werden.
  4. Es besteht kein vernünftiger Anlass, den Kauf eines Pkw emotional derart aufzuladen, dass schon das Vorliegen eines unwesentlichen Mangels, wie er einem vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeug anhaftet, zu der Annahme führt, das Vertrauensverhältnis zwischen den Kaufvertragsparteien sei zerrüttet.

LG Bamberg, Urteil vom 24.10.2016 – 2 O 21/16

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Rücktritt vom Kaufvertrag wegen „Schummelsoftware“ – VW-Abgasskandal

  1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug (hier: ein Audi A3 2.0 TDI), bei dem eine Software für eine Verringerung der Stickoxidemissionen sorgt, sobald das Fahrzeug einem Emissionstest unterzogen wird, ist auch dann i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, wenn es (noch) über alle zum Betrieb erforderlichen Genehmigungen verfügt.
  2. Fordert der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs den Verkäufer zur Nachbesserung auf und wartet er anschließend fünf Monate ab, bevor er den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt, stand dem Verkäufer eine i. S. des § 323 I BGB angemessene Frist zur Nachbesserung zur Verfügung.

LG Frankfurt a. M., Urteil vom 20.10.2016 – 2-23 O 149/16

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Mangelhaftigkeit eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Gebrauchtwagens

Ein Käufer, der vor Bekanntwerden des VW-Abgasskandals einen 2011 erstzugelassenen Gebrauchtwagen von einem Kfz-Händler erwarb, konnte i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB erwarten, dass in dem Fahrzeug keine Software dafür sorgt, dass der Schadstoffausstoß während eines Emissionstests auf dem Prüfstand geringer ist als im realen Fahrbetrieb. Daran ändert nichts, dass sich das reale Emissionsverhalten eines Fahrzeugs vom Verhalten „unter Laborbedingungen“ unterscheidet. Denn jedenfalls entspricht es der objektiv berechtigten Käufererwartung, dass Emissionen im realen Fahrbetrieb mit derselben Effektivität wie auf dem Prüfstand vermieden werden.

LG Hagen, Urteil vom 18.10.2016 – 3 O 66/16

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Rücktritt vom Kaufvertrag über einen fabrikneuen Škoda Fabia – VW-Abgasskandal

  1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen (hier: ein Škoda Fabia) ist jedenfalls i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft. Denn dass in einem Pkw eine Software zum Einsatz kommt, die den Schadstoffausstoß reduziert, sobald das Fahrzeug auf einem Prüfstand einem Emissionstest unterzogen wird, ist nicht üblich.
  2. Die in diesem Mangel zum Ausdruck kommende Pflichtverletzung des Verkäufers ist nicht i. S. des § 323 V 2 BGB unerheblich, zumal die insoweit erforderliche Interessenabwägung nicht auf das Verhältnis von Kaufpreis und Mängelbeseitigungskosten reduziert werden kann. Vielmehr ist zugunsten des Käufers auch zu berücksichtigen, dass eine Mangelbeseitigung (vorübergehend) unmöglich ist, bis die dafür benötigte Software zur Verfügung steht. Die Unsicherheit, ob und wann eine vollständige Nachbesserung möglich ist, geht zulasten des Verkäufers.
  3. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass seine Pflichtverletzung i. S. des § 323 V 2 BGB unerheblich ist und deshalb einen Rücktritt vom Kaufvertrag nicht rechtfertigt, trägt der Verkäufer als Rücktrittsgegner.

LG Braunschweig, Urteil vom 12.10.2016 – 4 O 202/16

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Zumutbarkeit einer Nachbesserungsfrist von rund 14 Monaten im VW-Abgasskandal

Dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs kann zugemutet werden, dem Verkäufer für die Beseitigung des dem Fahrzeug (möglicherweise) anhaftenden Mangels eine Frist von mindestens 14 Monaten zu setzen. Denn der (mögliche) Mangel des Fahrzeugs besteht allein darin, dass sein Stickoxidausstoß softwaregesteuert reduziert wird, sobald das Fahrzeug unter Laborbedingungen einen Emissionstest absolviert. Im regulären Fahrbetrieb sind hingegen keine Einschränkungen festzustellen, und auch von außen ist dem Fahrzeug kein Mangel anzumerken.

LG Traunstein, Urteil vom 10.10.2016 – 3 O 709/16
(nachfolgend: OLG München, Beschluss vom 23.03.2017 – 3 U 4316/16)

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Rücktritt vom Kauf eines Leasingfahrzeugs – VW-Abgasskandal

  1. Eine i. S. des § 434 I 2 Nr. 1 BGB nach dem Kaufvertrag vorausgesetzte Verwendung der Kaufsache kann auch deren Weiterveräußerung durch den Käufer sein.
  2. Ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug, bei dem die Schadstoffemissionen (nur) optimiert werden, sobald sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befindet, eignet sich weder zur gewöhnlichen Verwendung, noch weist es eine Beschaffenheit auf, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Es ist deshalb i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft.
  3. Mit Blick darauf, dass der Verkäufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs für eine Nachbesserung auf die Unterstützung der Fahrzeugherstellerin angewiesen ist und es wegen der Vielzahl betroffener Fahrzeuge einer Koordinierung der Nachbesserungsmaßnahmen bedarf, mag eine Frist zur Nacherfüllung von einem Monat unangemessen kurz sein. Durch das Setzen einer zu kurzen Frist wird jedoch eine angemessene Frist in Gang gesetzt, die kein halbes Jahr oder gar länger beträgt.
  4. Liefert der Verkäufer dem Käufer eine mangelhafte Sache, ist die Erheblichkeit der darin liegenden Pflichtverletzung nicht nur dann indiziert, wenn der Mangel darin besteht, dass der Kaufsache eine vereinbarte Beschaffenheit fehlt (vgl. BGH, Urt. v. 06.02.2013 – VIII ZR 374/11, NJW 2013, 1365 Rn. 16). Vielmehr ist die Pflichtverletzung des Verkäufers in der Regel auch dann nicht i. S. des § 323 V 2 BGB unerheblich, wenn sich die Kaufsache nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung eignet.
  5. Ob die Pflichtverletzung des Verkäufers, der dem Käufer ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug geliefert hat, i. S. des § 323 V 2 BGB unerheblich ist, darf nicht mit Blick auf die Kosten und den Aufwand für die Nachbesserung eines einzelnen Fahrzeugs bestimmt werden.

LG Bonn, Urteil vom 07.10.2016 – 15 O 41/16

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