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Tag: VW-Abgasskandal

Keine Nachbesserungsfrist von mehr als sechs Monaten im VW-Abgasskandal

  1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Gebrauchtwagen ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil er nicht die bei einem Gebrauchtwagen übliche und deshalb von einem durchschnittlichen Käufer zu erwartende Beschaffenheit aufweist. Das ergibt sich schon daraus, dass das Fahrzeug – wie vom Kraftfahrt-Bundesamt angeordnet – technisch überarbeitet werden muss und ein Verlust der Betriebserlaubnis droht, wenn die technische Überarbeitung (durch Installation eines Softwareupdates) unterbleibt.
  2. Bei einem Verbrauchsgüterkauf reicht es mit Blick auf Art. 3 V Spiegelstrich 2 der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie für einen mangelbedingten Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag aus, dass „der Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist Abhilfe geschaffen hat“. Eine Frist zur Mangelbeseitigung muss der Käufer (Vebraucher) dem Verkäufer (Unternehmer) nicht gesetzt haben.
  3. Eine Frist zur Nachbesserung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen – mangelhaften – Gebrauchtwagens von mehr als einem halben Jahr ist nicht mehr angemessen i. S. des § 323 I BGB, sondern unangemessen lang. Insoweit ist zwar zu berücksichtigen, dass der VW-Abgasskandal eine Vielzahl von Fahrzeugen betrifft und deshalb ein koordiniertes Vorgehen erforderlich ist, um sämtliche Nachbesserungen zu bewältigen. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass dieser Umstand nicht in die Risikosphäre eines mit meinem mangelhaften Fahrzeug belieferten Käufers fällt und diesem deshalb nicht zum Nachteil gereichen darf.
  4. Dass der Käufer ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug trotz des ihm anhaftenden Mangels uneingeschränkt nutzen kann, ändert nichts daran, dass eine Nachbesserungsfrist von mehr als sechs Monaten unangemessen lang ist. Denn dem Käufer ist es mit Blick auf die Verordnung (EG) Nr. 715/2007, die eine Verbesserung der Luftqualität zum Ziel hat, nicht zuzumuten, länger mit einem Fahrzeug zu fahren, dessen Schadstoffausstoß weit über den in der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 festgelegten Grenzwerten liegt.
  5. Die Pflichtverletzung des Verkäufers, die in der Lieferung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen – mangelhaften – Gebrauchtwagens liegt, ist schon deshalb nicht i. S. des § 323 V 2 BGB unerheblich, weil ein Mangel, dessen Beseitigung das Kraftfahrt-Bundesamt angeordnet hat und in die es involviert ist, nicht geringfügig sein kann.

LG Bielefeld, Urteil vom 30.06.2017 – 7 O 201/16

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Kein Anspruch auf Ersatzlieferung eines VW Tiguan II im VW-Abgasskandal

  1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil er nicht die Beschaffenheit aufweist, die ein durchschnittlicher Neuwagenkäufer erwarten kann. Denn der Durchschnittskäufer eines Neuwagens darf davon ausgehen, dass in seinem Fahrzeug keine als unzulässige Abschalteinrichtung zu qualifizierende Software zum Einsatz kommt, die erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand einen Emissionstest absolviert, und die (nur) in diesem Fall eine Verringerung insbesondere der Stickoxid(NOX)-Emissionen sorgt. Das gilt umso mehr, als die Verwendung einer den Schadstoffausstoß manipulierenden Software bei Fahrzeugen anderer Hersteller nicht bekanntermaßen üblich ist.
  2. Der Verkäufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen und bereits Anfang 2012 ausgelieferten VW Tiguan der ersten Generation (VW Tiguan I) ist nicht zur Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 2 BGB) verpflichtet. Denn die Lieferung eines mangelfreien fabrikneuen VW Tiguan I ist infolge eines Generationswechsels i. S. von § 275 I BGB unmöglich, und die Lieferung eines – nicht gleichartigen und gleichwertigen – Neuwagens der zweiten Generation (VW Tiguan II) kann der Käufer auch dann nicht mit Erfolg verlangen, wenn der Kaufvertrag einen Änderungsvorbehalt i. S. des § 308 Nr. 4 BGB enthält.

LG Heidelberg, Urteil vom 30.06.2017 – 3 O 6/17

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Rücktritt vom Kaufvertrag über einen Škoda-Neuwagen – VW-Abgasskandal

  1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug, bei dem eine Software für eine Verringerung der Stickoxidemissionen sorgt, sobald sie erkennt, dass das Fahrzeug auf einem Prüfstand einen Emissionstest absolviert, ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft.
  2. Eine Frist zur Nachbesserung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs von knapp zwei Monaten ist angemessen i. S. des § 323 I BGB. Denn zugunsten des Fahrzeugverkäufers ist zwar zu berücksichtigen, dass er darauf angewiesen ist, vom Fahrzeughersteller das für eine Mangelbeseitigung erforderliche Softwareupdate zu erhalten, und dass das betroffene Fahrzeug bis zur Installation dieses Updates uneingeschränkt benutzt werden kann und verkehrssicher ist. Der Verkäufer darf indes nicht zum Nachteil des Käufers geltend machen, dass im Rahmen des VW-Abgasskandals Millionen von Fahrzeuge manipuliert wurden und es viele Monate dauern wird, diese Manipulationen rückgängig zu machen.
  3. Eine Nachbesserung durch Installation eines Softwareupdates ist dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs unzumutbar (§ 440 Satz 1 Fall 3 BGB), wenn die begründete Befürchtung besteht, dass das Update den Mangel, der dem Fahrzeug anhaftet, nicht beseitigen oder zu Folgemängeln (z. B. einem höheren Kraftstoffverbrauch) führen wird. Dass Folgemängel entstehen werden, muss der klagende Käufer nicht beweisen oder auch nur als sicher behaupten; es genügt, wenn er konkrete tatsächliche Anhaltspunkte aufzeigt, die Folgemängel aus der Sicht eines verständigen Käufers möglich erscheinen lassen.
  4. Bei der Beurteilung, ob der Mangel, der einem vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeug anhaftet, i. S. von § 323 V 2 BGB geringfügig ist, kann nicht darauf abgestellt werden, mit welchem Kostenaufwand die Installation des zur Mangelbeseitigung erforderlichen Softwareupdates verbunden ist. Denn das ausschließlich vom Fahrzeughersteller angebotene Softwareupdate hat keinen Marktpreis, sodass allenfalls an die vom Fahrzeughersteller angegebenen Entwicklungs- und Installationskosten angeknüpft werden könnte. Dies verbietet sich jedoch, weil andernfalls der Fahrzeughersteller bestimmen könnte, ob ein vom ihm verursachter Mangel geringfügig ist oder nicht.

LG Stuttgart, Urteil vom 30.06.2017 – 20 O 425/16

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Rückabwicklung eines teilweise finanzierten Kfz-Kaufs – VW-Abgasskandal

  1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug (hier: ein Audi Q3), bei dem eine Software für eine Reduzierung des Schadstoffausstoßes sorgt, sobald das Fahrzeug auf einem Prüfstand einen Emissionstest absolviert, ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft (im Anschluss u. a. an LG Bochum, Urt. v. 16.03.2016 – I-2 O 425/15). Das folgt schon daraus, dass das Kraftfahrt-Bundesamt dem VW-Konzern auferlegt hat, die Software aus allen vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugen zu entfernen, und diesen Fahrzeugen ein Verlust der Betriebserlaubnis droht, falls dies nicht geschieht.
  2. Die Pflichtverletzung des Verkäufers, die in der Lieferung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen – mangelhaften – Fahrzeugs liegt, ist schon deshalb nicht unerheblich i. S. des § 323 V 2 BGB, weil die vom VW-Konzern entwickelten Maßnahmen zur Beseitigung des Mangels einer umfassenden Prüfung und Genehmigung durch das Kraftfahrt-Bundesamt bedurften (im Anschluss an LG Aachen, Urt. v. 06.12.2016 – 10 O 146/16).
  3. Jedenfalls noch im November 2015 musste sich dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs die Befürchtung geradezu aufdrängen, dass sich das für eine Nachbesserung des Fahrzeugs erforderliche Softwareupdate negativ auf den Kraftstoffverbrauch, die Motorleistung, die Schadstoffemissionen oder die Haltbarkeit von Fahrzeugbauteilen auswirken werde. Zu diesem Zeitpunkt war dem Käufer eine Nachbesserung deshalb unzumutbar (§ 440 Satz 1 Fall 3 BGB).
  4. Bei der Prüfung, ob dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs eine Nachbesserung i. S. des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB unzumutbar ist, ist auch zu berücksichtigen, dass das Vertrauensverhältnis zwischen dem Käufer und dem Fahrzeughersteller nachhaltig erschüttert ist. Das gilt auch dann, wenn der Hersteller nicht Partei des Kaufvertrages ist, da nur er das für eine Nachbesserung erforderliche Softwareupdate zur Verfügung stellen kann. Insoweit ist ohne Belang, dass der Fahrzeughersteller nicht Erfüllungsgehilfe des Kfz-Verkäufers ist und diesem daher ein mögliches Verschulden des Herstellers nicht gemäß § 278 BGB zugerechnet werden kann.
  5. Ein Kfz-Käufer, der zur Finanzierung des Kaufpreises mit einer Bank einen Darlehensvertrag geschlossen hat, der mit dem Kfz-Kaufvertrag i. S. von § 358 III BGB verbunden ist, kann vom Verkäufer nach einem mangelbedingten Rücktritt vom Kaufvertrag die Rückzahlung des gesamten Kaufpreises verlangen. Sein Rückzahlungsanspruch ist nicht auf den Betrag beschränkt, der den bereits an die finanzierende Bank gezahlten Raten entspricht.
  6. Ein Kfz-Käufer, der zur Finanzierung des Kaufpreises ein Darlehen aufgenommen und das Fahrzeug der finanzierenden Bank zur Sicherung der Darlehensschuld übereignet hat, kann den Verkäufer nach einem Rücktritt vom Kaufvertrag nicht dadurch in (Annahme-)Verzug mit der Rücknahme des Fahrzeugs versetzen, dass er dem Verkäufer statt der Rückübereignung des Fahrzeugs anbietet, ihm seinen – des Käufers – Anspruch gegen die Bank auf Rückübereignung des Fahrzeugs abzutreten. Denn gemäß § 346 I BGB und ungeachtet der Sicherungsübereignung ist der Käufer verpflichtet, dem Verkäufer das Fahrzeug zurückzugeben und ihm und das Eigentum daran wieder zu verschaffen.
  7. Bei einer Zug-um-Zug-Verurteilung hat die Feststellung des Annahmeverzugs keinen eigenen wirtschaftlichen Wert.

LG Koblenz, Urteil vom 30.06.2017 – 15 O 205/16

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(Schadensersatzrechtliche) Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Neuwagen – VW-Abgasskandal

  1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen ist jedenfalls i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil er keine bei einem Neuwagen übliche und deshalb vom Käufer zu erwartende Beschaffenheit aufweist. Ein Neuwagenkäufer muss zwar damit rechnen, dass der Schadstoffausstoß des Fahrzeugs im realen Straßenverkehr höher ist als während eines Emissionstests auf einem Prüfstand. Er muss indes nicht davon ausgehen, dass in dem Fahrzeug eine Software zum Einsatz kommt, die (nur) in einer Testsituation den Schadstoffausstoß reduziert, sodass die auf dem Prüfstand ermittelten Werte keine Aussagekraft haben.
  2. Der Mangel, der einem vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeug anhaftet, ist schon deshalb nicht i. S. des § 323 V 2 BGB geringfügig, weil der Käufer praktisch nicht auf eine – zwischen der Fahrzeugherstellerin und dem Kraftfahrt-Bundesamt abgestimmte – Nachbesserung verzichten kann, ohne die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs zu gefährden.
  3. Eine Nachbesserung (§ 439 I Fall 1 BGB) ist dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs i. S. des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB unzumutbar, wenn das dafür erforderliche Softwareupdate erst noch entwickelt werden muss und der Käufer deshalb nicht absehen kann, wann sein Fahrzeug nachgebessert werden kann.
  4. Die berechtigte Befürchtung des Käufers, dass sein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug auch nach einer Nachbesserung durch Installation eines Softwareupdates nicht mangelfrei sein werde, sondern sich das Update etwa nachteilig auf den Kraftstoffverbrauch auswirken werde, macht eine Nachbesserung unzumutbar (§ 440 Satz 1 Fall 3 BGB).
  5. Der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Neuwagens hat gegen die – am Kaufvertrag nicht beteiligte – Volkswagen AG einen auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gerichteten Schadensersatzanspruch (§ 826 BGB i. V. mit § 31 BGB), wenn ein verfassungsmäßig berufener Vertreter (§ 31 BGB) der Volkswagen AG den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht hat. Insoweit trifft die Volkswagen AG eine sekundäre Darlegungslast, der sie insbesondere durch den Vortrag genügt, in welcher Organisationseinheit die im Zusammenhang mit dem VW-Abgasskandal maßgeblichen Entscheidungen getroffen worden und bis zu welcher höheren Ebene diese Entscheidungen kommuniziert worden sind.

LG Münster, Urteil vom 28.06.2017 – 02 O 165/16

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Kein Anspruch des Neuwagenkäufers auf Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 2 BGB) trotz Änderungsvorbehalt – VW-Abgasskandal

  1. Der Anspruch des Käufers eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Neuwagens auf Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs (§§ 437 Nr. 1, 439 I Fall 2 BGB) ist gemäß § 275 I BGB wegen Unmöglichkeit ausgeschlossen, wenn das Fahrzeug – hier: ein VW Tiguan 2.0 TDI BMT 4MOTION – so wie vom Käufer ursprünglich bestellt nicht mehr produziert wird, sondern nur noch ein optisch und technisch überarbeitetes Nachfolgemodell hergestellt wird. Darauf, ob die Änderungen einen „Modellwechsel“ begründen oder ob sie lediglich als „Facelift“ oder „Modellpflege“ bezeichnet werden, kommt es insoweit nicht an.
  2. In einem solchen Fall kann der Käufer auch dann nicht mit Erfolg die Ersatzlieferung eines Fahrzeugs der aktuellen Baureihe verlangen, wenn der Kaufvertrag einen Änderungsvorbehalt i. S. des § 308 Nr. 4 BGB enthält.

LG Stuttgart, Urteil vom 26.6.2017 – 2 O 26/17

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Unzumutbarkeit der Nachbesserung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Neuwagens

  1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen ist i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, ohne dass es darauf ankommt, ob die in dem Fahrzeug zum Einsatz kommende, seinen Schadstoffausstoß manipulierende Software eine (unzulässige) Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 II i. V. mit Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ist oder ob es sich dabei – pointiert betrachtet – um eine „Zuschalteinrichtung“ handelt.
  2. Eine angemessene Frist zur Nachbesserung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen – mangelhaften – Fahrzeugs beträgt zwei Wochen. Denn der Käufer eines solchen Fahrzeugs muss bei der Fristsetzung nicht berücksichtigen, dass es außer ihm noch zahlreiche andere Käufer gibt, die ebenfalls vom VW-Abgasskandal betroffen sind.
  3. Eine Nachbesserung durch die Installation eines von der Volkswagen AG entwickelten Softwareupdates ist dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Neuwagens auch dann i. S. von § 440 Satz 1 Fall 3 BGB unzumutbar, wenn ihn zwar nicht der Verkäufer, wohl aber die (am Kaufvertrag nicht beteiligte) Volkswagen AG arglistig getäuscht hat. Für eine Unzumutbarkeit genügt es nämlich, wenn derjenige, der vorsätzlich einen Mangel verursacht hat, auch maßgeblich den Ablauf und die Art der Nachbesserung bestimmt. Denn auch in diesem Fall kann der Käufer nicht mehr darauf vertrauen, dass die Nachbesserung ordnungsgemäß erfolgen wird.
  4. Der Mangel, der einem vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeug anhaftet, ist schon deshalb nicht geringfügig i. S. von § 323 V 2 BGB, weil er allenfalls im Anschluss an umfangreiche und zudem mit dem Kraftfahrt-Bundesamt abgestimmte Vorbereitungsmaßnahmen – insbesondere die Entwicklung eines Softwareupdates – beseitigt werden kann.

LG Wuppertal, Urteil vom 20.06.2017 – 6 O 50/16

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Schadensersatzpflicht der Volkswagen AG im VW-Abgasskandal – § 826 BGB

  1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Gebrauchtwagen ist jedenfalls deshalb mangelhaft, weil er nicht die Beschaffenheit aufweist, die ein Käufer i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB erwarten kann. Denn bei einem vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeug wird der Stickoxidausstoß nur reduziert, wenn eine Software erkennt, dass das Fahrzeug auf einem Prüfstand einen Emissionstest absolviert. Ein durchschnittlicher Kfz-Käufer darf indes erwarten, dass die Prozesse, die in einer Testsituation die Stickoxidemissionen verringern, auch beim regulären Betrieb des Fahrzeugs im Straßenverkehr aktiv sind.
  2. Setzt der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Gebrauchtwagens dem Verkäufer gemäß § 323 I BGB eine Frist zur Nachbesserung, so muss er hinsichtlich der Angemessenheit dieser Frist berücksichtigen, dass der VW-Abgasskandal sehr viele Fahrzeuge in ganz Deutschland betrifft und diese nur sukzessive im Rahmen eines – noch dazu mit dem Kraftfahrt-Bundesamt abzustimmenden – Gesamtkonzepts nachgebessert werden können. Eine angemessene Frist zur Nachbesserung muss deshalb deutlich länger sein als die Nachbesserungsfrist bei einem „normalen“ Fahrzeugmangel. Das ist dem Käufer auch zuzumuten, da er das mangelhafte Fahrzeug bis zur Nachbesserung uneingeschränkt nutzen kann.
  3. Eine Nachbesserung (§ 439 I Fall 1 BGB) durch die Installation eines Softwareupdates ist dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Gebrauchtwagens i. S. des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB unzumutbar, wenn nicht auszuschließen ist, dass das Update negative Auswirkungen etwa auf die Schadstoffemissionen, den Kraftstoffverbrauch und die Motorleistung haben wird. Der Käufer muss weder behaupten, dass eine Nachbesserung sicher zu derartigen Folgemängeln führen werde, noch muss er dies gar beweisen; vielmehr genügt, dass aus Sicht eines verständigen Käufers Folgemängel aufgrund konkreter tatsächliche Anhaltspunkte ernsthaft zu befürchten sind.
  4. In der Lieferung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen – mangelhaften – Gebrauchtwagens liegt dann keine i. S. des § 323 V 2 BGB unerhebliche Pflichtverletzung des Verkäufers, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Käufers nicht abzusehen ist, wann das Fahrzeug nachgebessert werden kann, und außerdem zu befürchten ist, dass die Nachbesserung zu Folgemängeln führen wird. Auf den mit einer Nachbesserung verbundenen Kosten- und Zeitaufwand kommt es dann nicht an.
  5. Die – am Kaufvertrag nicht beteiligte – Volkswagen AG kann dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs gemäß § 826 BGB i. V. mit § 31 BGB Schadensersatz leisten müssen. Insoweit ist der klagende Fahrzeugkäufer zwar darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass ein i. S. des § 31 BGB verfassungsmäßig berufener Vertreter der Volkswagen AG den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht hat. Der Volkswagen AG obliegt als Beklagten aber eine sekundäre Darlegungslast. Dieser genügt sie durch den Vortrag, wer die Entscheidung, eine Manipulationssoftware zu entwickeln und einzusetzen, getroffen hat, wer von dieser Entscheidung Kenntnis hatte und wie die Software gegebenenfalls ohne Kenntnis des Vorstands der Volkswagen AG entwickelt und eingesetzt wurde.

LG Arnsberg, Urteil vom 14.06.2017 – 1 O 25/17

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Nacherfüllung durch Lieferung eines „aktualisierten“ Neuwagens – VW-Abgasskandal

  1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen – hier: ein Audi A1 1.6 TDI Ambition – ist mangelhaft. Denn ein durchschnittlicher Neuwagenkäufer kann i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB erwarten, dass das Fahrzeug die einschlägigen Emissionsgrenzwerte nicht nur während eines Emissionstests auf einem Prüfstand und dann auch nur deshalb einhält, weil eine Software die Testsituation erkennt und dafür sorgt, dass insbesondere weniger Stickoxid ausgestoßen wird als beim regulären Betrieb des Fahrzeugs im Straßenverkehr.
  2. Ob der Käufer eines mangelhaften Neuwagens nach §§ 437 Nr. 1, 439 I Fall 2 BGB einen Anspruch auf Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs hat, obwohl der Hersteller inzwischen nur noch ein verändertes Fahrzeugmodell produziert, ist nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Willen der Vertragsparteien bei Vertragsschluss zu beurteilen (§§ 133, 157 BGB). Danach kommt eine Ersatzlieferung eines „aktualisierten“ Fahrzeugs insbesondere in Betracht, wenn sich der Verkäufer im Kaufvertrag Änderungen während der Lieferzeit i. S. des § 308 Nr. 4 BGB vorbehalten hat und der Käufer es hätte hinnehmen müssen, wenn ihm ursprünglich statt des bestellten ein „aktualisiertes“ Fahrzeug geliefert worden wäre.
  3. Rechtsanwaltskosten, die ein mit einer mangelhaften Kaufsache belieferter Käufer aufgewendet hat, muss ihm der Verkäufer nur dann verschuldensunabhängig als zum Zwecke der Nacherfüllung erforderliche Aufwendungen ersetzen (§ 439 II BGB), wenn der Käufer die Kosten aufgewendet hat, um die Ursache der Mangelerscheinungen des Kaufgegenstandes aufzufinden (im Anschluss an BGH, Urt. v. 17.02.1999 – X ZR 40/96 [zu § 476a BGB a.F.]).

LG Landau (Pfalz), Urteil vom 13.06.2017 – 2 O 259/16

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Unzumutbarkeit der Nachbesserung wegen unredlichen (Prozess-)Verhaltens des Fahrzeugherstellers – VW-Abgasskandal

  1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil er „unter normalen Betriebsbedingungen“ i. S. des § 5 I der Verordnung (EG) Nr. 715/2007, das heißt „bei normalem Fahrzeugbetrieb“ i. S. des Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007, der genannten Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen nicht entspricht. Vielmehr verfügt das Fahrzeug über eine unzulässige Abschalteinrichtung i. S der Art. 3 Nr. 10, Art. 5 II der Verordnung (EG) Nr. 715/2007.
  2. Ein Mangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB liegt darüber hinaus deshalb vor, weil dem Halter eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Neuwagens nachteilige verwaltungsrechtliche Maßnahmen bis hin zu einem Entzug der Betriebserlaubnis des Fahrzeugs drohen, wenn das Fahrzeug nicht durch Installation eines von der Volkswagen AG entwickelten und vom Kraftfahrt-Bundesamt freigegebenen Softwareupdates technisch überarbeitet wird.
  3. Eine Nachbesserung ist dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Neuwagens jedenfalls deshalb i. S. des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB unzumutbar, weil sich die Volkswagen AG im Umgang mit den Käufern der vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge widersprüchlich und unredlich verhält und so ein trotz ihres bisherigen Verhaltens etwa noch verbliebenes Vertrauen in ihre Redlichkeit zerstört. Diesen Vertrauensverlust muss ein VW-Vertragshändler als Verkäufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs gegen sich gelten lassen, da eine Nachbesserung des Fahrzeugs in den Händen der Volkswagen AG läge. Darauf, ob diese hinsichtlich der Nachbesserung Erfüllungsgehilfin (§ 278 BGB) des Vertragshändlers ist, kommt es nicht an.
  4. Es ist schlechthin unmöglich, dass die vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge – was die Volkswagen AG im Verwaltungsverfahren akzeptiert hat – nicht vorschriftsmäßig sind und deshalb einer „technischen Überarbeitung“ bedürfen, aber gleichzeitig keinen Mangel im kaufrechtlichen Sinne aufweisen. Gleichwohl diktiert der VW-Konzern seinen Vertragshändlern als Verteidigungsstrategie in Rechtsstreiten, in denen es um Gewährleistungsansprüche im Zusammenhang mit dem VW-Abgasskandal geht, das Vorliegen eines Mangels explizit in Abrede zu stellen. Angesichts dessen sieht sich ein Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs in seiner Erwartung, die Volkswagen AG stehe zu ihren Fehlern und Versäumnissen und bemühe sich nach Kräften, mehr als nur den Imageschaden für das eigene Unternehmen wieder gutzumachen, enttäuscht. Dem Käufer muss sich vielmehr der Eindruck aufdrängen, die Volkswagen AG nehme ihn nicht ernst.
  5. Die Pflichtverletzung des Verkäufers, die in der Lieferung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Neuwagens liegt, ist schon deshalb nicht unerheblich i. S. des § 323 V 2 BGB, weil das Fahrzeug nicht vorschriftsmäßig ist, sondern sein ordnungsgemäßer Zustand erst durch Entfernung der unzulässigen Abschalteinrichtung hergestellt werden und das Kraftfahrt-Bundesamt die dafür erforderlichen technischen Maßnahmen freigeben muss.

LG Trier, Urteil vom 07.06.2017 – 5 O 298/16

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