1. Angaben eines Kfz-Händlers zur Laufleistung eines Gebrauchtwagens können als Beschaffenheitsgarantie zu werten sein. Will der Händler dies vermeiden, ist er gehalten, eine entsprechende Einschränkung seines Willens zum Ausdruck zu bringen.
  2. Nennt ein Kfz-Händler in einem Kaufvertrag über einen Gebrauchtwagen dessen Kilometerstand ohne irgendwelche Zusätze oder Einschränkungen, darf der Käufer mangels gegenteiliger Hinweise davon ausgehen, dass diese Angabe sich auf die Gesamtfahrleistung bezieht. Die Erklärung des Händlers erstreckt sich aber nicht nur auf die zurückgelegte Fahrstrecke, sondern zugesagt wird auch ein bestimmter Erhaltungszustand des Fahrzeugs und insbesondere des Motors. Der Händler erklärt nämlich mit der einschränkungslosen Angabe des Kilometerstands zugleich, dass der Verschleißgrad des Fahrzeugs der mitgeteilten Gesamtfahrleistung entspreche, der Motor also nicht wesentlich stärker verschlissen sei, als es die angegebene Laufleistung erwarten lasse.

OLG Rostock, Urteil vom 11.07.2007 – 6 U 2/07

Sachverhalt: Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises für einen – drittfinanzierten – Gebrauchtwagen Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs geltend.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Rücktritt vom Kaufvertrag zu (§§ 437 Nr. 2 Fall 1, 440, 323, 346 I BGB), weil die Beklagte keine Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) verletzt habe.

Als Beschaffenheitsvereinbarung komme vorliegend nicht die Zusage in Betracht, das Fahrzeug sei abgesehen von einem unstreitigen Heckschaden unfallfrei. Denn die Angabe eines bestimmten Schadens führe nicht zu der Vereinbarung, andere Schäden seien nicht vorhanden. Zwar habe der in den Kaufvertrag aufgenommene Unfallschaden nicht dem tatsächlichen Schadensumfang entsprochen, denn der Zeuge B, ein Vorbesitzer des Fahrzeugs, habe geschildert, dass er selbst mit dem Pkw einen Totalschaden erlitten habe. Gleichwohl müsse die Beklagte für diesen Schaden nicht aufgrund einer Beschaffenheitsvereinbarung oder -garantie einstehen. Sie habe das Fahrzeug – unwidersprochen – nicht von dem Zeugen B, sondern einem Autohändler erworben. In dessen Inserat sei der Pkw mit einem Heckschaden und einer Gesamtlaufleistung von 77.600 km beschrieben worden. Die Beklagte habe das Fahrzeug mit diesem Heckschaden gekauft, repariert und anschließend dem TÜV vorgestellt, durch den keine Mängel festgestellt worden seien.

Aufgrund des ihr bekannten Heckschadens sei die Beklagte als Gebrauchtwagenhändlerin zwar verpflichtet gewesen, weitere Nachforschungen zu dem Schadensbild am Fahrzeug anzustellen. Mit der Reparatur des Fahrzeugs sei sie dieser Untersuchungspflicht indes nachgekommen, ohne dabei weitergehende Beschädigungen gefunden zu haben. Sie habe sich mithin durch die Reparatur Gewissheit über das Ausmaß des Schadens verschafft. Darüber habe sie im Kaufvertrag aufgeklärt. Die Beklagte habe somit keinen Wissensvorsprung gegenüber dem Kläger gehabt, weshalb nicht angenommen werden könne, sie habe über den Heckschaden hinaus für eine Unfallfreiheit des Fahrzeugs einstehen wollen. Der insofern beweispflichtige Kläger habe auch nicht nachzuweisen vermocht, dass die Beklagte den Schaden bagatellisiert oder Kenntnis vom tatsächlichen Schadensumfang gehabt habe. Die Beklagte treffe daher nicht der Vorwurf fahrlässiger Unkenntnis.

Auch wegen des im Kaufvertrag angegebenen Kilometerstands könne der Kläger keine Rückabwicklung des Vertrages verlangen. Nach herrschender Rechtsprechung sei die einfache Kilometerangabe als Zusicherung einer annähernd großen, in gewissen Toleranzgrenzen variablen Fahrleistung zu behandeln. Die Zusicherung beziehe sich also nicht auf den exakten Kilometerstand. Der Käufer müsse redlich davon ausgehen, dass selbst einem Gebrauchtwagenhändler bei sorgfältiger Prüfung gewisse Abweichungen zwischen der Tachometerangabe und der tatsächlichen Gesamtfahrleistung unbekannt blieben und er dafür keine Gewähr übernehmen wolle. Bei der hier festgestellten Differenz von gut 7.000 km seien die Grenzen für eine tolerable Abweichung noch gewahrt. Hinzu komme, dass der Kilometerstand und die damit verbundene Gesamtfahrleistung für den Entschluss des Klägers zum Kauf nicht maßgeblich gewesen seien. Denn der Kläger habe nicht vorgetragen, dass bei den Kaufverhandlungen zwischen den Parteien über den Tachometerstand bzw. die Laufleistung des Fahrzeugs gesprochen worden sei. Im Übrigen lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte die bezeichnete Abweichung habe erkennen können.

Schließlich habe die Beklagte – entgegen der Auffassung des Klägers – den Rücktritt vom Kaufvertrag nicht durch das Angebot zur einvernehmlichen Aufhebung des Kaufvertrags anerkannt. Das Angebot selbst habe der Kläger nie angenommen.

Die Berufung des Klägers hatte zum Teil Erfolg.

Aus den Gründen: II. … 1. Auf den eigenen Berufungsvortrag vermag der Kläger den Teilerfolg seines Rechtsmittels indes nicht zu stützen. Ansprüche aus einer vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarung will der Kläger nach seiner eigenen Darstellung nicht geltend machen, weil die Anspruchsvoraussetzungen nicht gegeben sind. Entsprechend hat das Landgericht geurteilt, Rechtsfehler werden insoweit mit der Berufungsbegründung nicht thematisiert.

2. Der Kläger gibt an, sein Begehren auf Rückabwicklung des Kaufvertrags begründe sich stattdessen aus dem Auffangtatbestand des § 434 I 2 Nr. 2 BGB, und zwar sowohl bezüglich eines von ihm gerügten Unfallschadens (über den Heckschaden hinaus) sowie in Bezug auf die Abweichung von tatsächlicher Motorlaufleistung und dem Tachometerstand im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Ob dieser Ansicht zu folgen ist, woran nach Auffassung des Senats nicht unerhebliche Zweifel anzubringen sind, bedarf im Ergebnis keiner näheren Untersuchung.

3. Denn dem Kläger steht aus einer von der Beklagten abgegebenen Beschaffenheitsgarantie (§ 443 I BGB) zur Übereinstimmung von Tachometerstand und tatsächlicher Motorlaufleistung, die sich als tatsächlich fehlerhaft herausgestellt hat, ein Recht zum Rücktritt vom Kaufvertrag (§§ 437 Nr. 2 Fall 1, 440, 323, 326 V BGB) zu.

a) Im Rahmen eines Kaufvertrags ist die Garantie eine Vereinbarung, in der der Verkäufer oder ein Dritter die Gewähr dafür übernimmt, dass die verkaufte Sache zur Zeit des Gefahrübergangs eine bestimmte Beschaffenheit aufweist (Beschaffenheitsgarantie; vgl. Palandt/Putzo, BGB, 66. Aufl, § 443 Rn. 3). Die Garantiehaftung besteht neben und unabhängig von der Sachmängelhaftung aus § 437 BGB (Palandt/Putzo, a. a. O., § 443 Rn. 7). Dabei kann sich die Garantie auf die völlige Mängelfreiheit oder auf einzelne Beschaffenheitsmerkmale beziehen (Palandt/Putzo, a. a. O., § 443 Rn. 11).

aa) Mit der Übernahme der Garantie für die Beschaffenheit einer Sache durch den Verkäufer ist – ebenso wie mit der Übernahme einer Garantie i. S. des § 276 I 1 BGB – zumindest auch die Zusicherung einer Eigenschaft der Sache nach früherem Recht (§ 459 II BGB a.F.) gemeint. Die Übernahme einer Garantie setzt daher – wie früher die Zusicherung einer Eigenschaft – voraus, dass der Verkäufer in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein der vereinbarten Beschaffenheit der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Beschaffenheit einzustehen. Diese Einstandspflicht erstreckt sich bei der Garantieübernahme – ebenso wie ehemals bei der Eigenschaftszusicherung – auf die Verpflichtung zum Schadensersatz, wobei Schadensersatz selbst dann zu leisten ist, wenn den Verkäufer hinsichtlich des Fehlens der garantierten Beschaffenheit kein Verschulden trifft (§ 276 I 1 BGB) oder dem Käufer der Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist (§ 442 I 2 BGB). Mit Rücksicht auf diese weitreichenden Folgen ist insbesondere bei der Annahme einer – grundsätzlich möglichen – stillschweigenden Übernahme einer solchen Einstandspflicht Zurückhaltung geboten (vgl. zu allem BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, NJW 2007, 1346 m. zahlreichen w. Nachw.). Ob diese Erwägungen in gleicher Weise auf den privaten Kfz-Verkauf Anwendung finden können (dazu BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, NJW 2007, 1346), bedarf hier keiner Entscheidung, da es sich bei der Beklagten unstreitig um eine gewerbliche Autoverkäuferin handelt.

bb) Vorliegend ist der Kilometerstand des verkauften Fahrzeugs von der Beklagten im Kaufvertragsformular mit 77.602 angegeben worden. Irgendwelche Zusätze oder Einschränkungen – wie etwa „lt. abgelesenem Tachometer“ oder „gemäß den Angaben des Vorbesitzers“ oder „ohne Gewähr“ – wurden hierbei nicht angebracht. Erteilt ein Kraftfahrzeughändler in dieser Weise eine Angabe über die Gesamtfahrleistung eines von ihm angebotenen Gebrauchtwagens, erstreckt sich diese Erklärung nicht ausschließlich auf die zurückgelegte Fahrstrecke. Zugesagt wird auch ein bestimmter Erhaltungszustand des Fahrzeugs und insbesondere des Motors. Es wird nämlich zugleich erklärt, dass der Verschleißgrad der mitgeteilten Gesamtfahrleistung entspreche, der Motor also nicht wesentlich stärker verschlissen sei, als es die angegebene Laufleistung erwarten lasse (vgl. BGH, Urt. v. 18.02.1981 – VIII ZR 72/80, NJW 1981, 1268, und in Abgrenzung dazu BGH, Urt. v. 15.02.1984 – VIII ZR 327/82, NJW 1984, 1454). Der Käufer kann bei einer solchen ohne Einschränkung oder einen deutlich gegenteiligen Hinweis erteilten Angabe davon ausgehen, dass die Kilometerangabe sich auf die entscheidende Gesamtfahrleistung bezieht (vgl. BGH, Urt. v. 25.06.1975 – VI­II ZR 244/73, NJW 1975, 1693 [1694]; OLG Bremen, Urt. v. 08.10.2003 – 1 U 40/03, NJW 2003, 3713; Palandt/Weidenkaff, BGB, 66. Aufl., § 434 Rn. 72). Denn die tatsächliche Laufleistung eines Fahrzeugs prägt regelmäßig die berechtigten Erwartungen des Käufers über den Wert des Fahrzeugs und den zu zahlenden Kaufpreis.

Nach der zitierten älteren höchstrichterlichen Rechtsprechung ist in einer derartigen Erklärung eines gewerblichen Gebrauchtwagenhändlers nicht nur eine bloße Beschaffenheitsangabe, sondern sogar eine Eigenschaftszusicherung i. S. des § 459 II BGB a.F. zu verstehen gewesen (so auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.05.2006 – 1 U 132/05, SP 2007, 32). Dementsprechend wertet der Senat mit der neuesten Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, NJW 2007, 1346) eine entsprechende Angabe nach neuem Kaufrecht nicht als reine Angabe der Beschaffenheit; vielmehr liegt darin zugleich eine Beschaffenheitsgarantie. Will der Verkäufer solche Rechtsfolgen nicht gegen sich gelten lassen, ist zu verlangen, dass er hinreichend deutlich eine dahin gehende Einschränkung der Bekundung seines Willens zum Ausdruck bringt, da anderenfalls der Käufer sich auf die besondere Erfahrung und Sachkunde des Händlers verlässt und in dessen Erklärungen die Übernahme einer Garantie sieht (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, NJW 2007, 1346).

Eine Beschränkung des Willens in dieser Art hat die Beklagte im hier streitgegenständlichen Falle weder bekundet noch sonst zu erkennen gegeben. Vielmehr hat sie noch im Kaufvertragsformular eine zwölfmonatige Gewährleistung auf den Zustand des Fahrzeugs erteilt.

b) Die von der Beklagten im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (25.03.2004) erteilte Garantieerklärung zu einer Gesamtfahrleistung des Pkw von 77.602 km war falsch. Der Kläger hat die von ihm aufgestellte Behauptung, das Fahrzeug habe bereits im Zeitpunkt einer letzten Hauptuntersuchung am 16.07.2003 einen Kilometerstand von 84.110 km aufgewiesen, bewiesen. Denn entsprechend hat der Untersuchungsführer bei der DEKRA, der Zeuge W, ausgesagt. Es ist also von einer Abweichung der garantierten Kilometerlaufleistung und dem tatsächlichen Motorverschleiß in Höhe von mind. 6.508 km (= 8,37 %) auszugehen. Angesichts des Umstands einer abgegebenen Beschaffenheitsgarantie kommt es auf die Frage eines Verschuldens der Beklagten und eine fahrlässige Unkenntnis ihrer Seite von der Abweichung von Tachometerstand und tatsächlicher Kilometerlaufleistung nicht an.

c) Wird in Rechnung gestellt, dass nicht nur eine Beschaffenheitsangabe, sondern eine Garantieerklärung vorliegt, so vermag der Senat die Pflichtverletzung der Beklagten – entgegen dem Landgericht – weiter nicht als unerheblich i. S. von § 323 V 2 BGB zu werten.

Die Erheblichkeitsprüfung erfordert eine umfassende Interessenabwägung. Zu berücksichtigen sind vor allem der für eine Mängelbeseitigung erforderliche Aufwand und bei einem nicht behebbaren Mangel die von ihm ausgehende funktionelle oder ästethische Beeinträchtigung, aber auch die Schwere des Verschuldens des Schuldners. In der Regel indiziert der Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung die Erheblichkeit. Anders wird es vor allem dann zu beurteilen sein, wenn die Beseitigung von Mängeln der Kaufsache im Verhältnis zum Kaufpreis lediglich geringe Aufwendungen erfordert bzw. bei unbehebbaren Mängeln eine nur geringe Wertminderung zum Ergebnis hat – wobei Prozentwerte von 1 % (BGH, Urt. v. 14.09.2005 – VIII ZR 363/04, NJW 2005, 3490 [3493]) oder 2–3 % (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.02.2004 – 3 W 21/04, NJW-RR 2004, 1060) noch tolerabel sein dürften –, wenn der Mangel innerhalb kurzer Zeit von selbst verschwindet oder ohne besonderen Aufwand vom Gläubiger selbst behoben werden kann (zu allem auch Palandt/Grüneberg, BGB, 66. Aufl., § 323 Rn. 32 m. w. Nachw.).

Die (inzwischen) unstreitige Abweichung von Kilometerstand laut Tacho und tatsächlicher Motorlaufleistung um mindestens 6.508 km lässt im hier zu entscheidenden Fall eine unerhebliche Pflichtverletzung ausschließen. Denn schon diese Differenz – in Prozentpunkten 8,37 % – liegt außerhalb eines noch zu akzeptierenden Toleranzbereichs. Von daher bedarf keiner näheren Untersuchung, ob zugunsten des Klägers von einer noch höheren Kilometerlaufleistung auszugehen ist. Es wirkt angesichts der Bedeutung der gelaufenen Kilometer für einen gebrauchten Pkw auch unmittelbar einsichtig, dass in einem solchen höheren Verschleißgrad des Motors (als nach der Garantieangabe anzunehmen) keine nur unerhebliche Wertminderung des Fahrzeugs liegt. Bei den dem gewerblichen Kfz-Händler gegebenen technischen Möglichkeiten, die tatsächliche Kilometerlaufleistung selbst zu überprüfen bzw. überprüfen zu lassen, muss in der Unterlassung entsprechender Untersuchungen zugleich auch ein nicht unerhebliches Verschulden erkannt werden. Nach alledem ist für die Anwendung von § 323 V 2 BGB kein Raum.

d) Aufgrund der hier zu treffenden Annahme einer von der Beklagten abgegebenen, aber nicht eingehaltenen Garantieerklärung zur tatsächlichen Kilometerlaufleistung des verkauften Fahrzeugs stehen dem Kläger sowohl die Rechte aus der Garantie wie die nach § 437 BGB zu; dazwischen hat er die Wahl (vgl. Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 443 Rn. 21). Bei der Verkäufergarantie kommen alle Rechte aus § 437 BGB in Betracht (Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 443 Rn. 22). Vorliegend kann der Kläger somit von dem von ihm beanspruchten Rücktrittsrecht nach §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 440, 323, 326 V BGB Gebrauch machen.

e) Da ein Anspruch auf Rücktritt vom Kaufvertrag schon aus den vorstehenden Erwägungen gegeben ist, bedarf keiner Entscheidung (mehr), ob auch die Tatsache, dass das Fahrzeug einen (reparierten) Totalschaden erlitten hatte, die Klage zu begründen vermochte.

4. Mit seiner Klage (hier dem Klageantrag zu 1) begehrt der Kläger die Rückzahlung des Kaufpreises (unter Abzug einer anzurechnenden Nutzungsentschädigung) Zug um Zug gegen Verschaffung des Eigentums an dem Fahrzeug (vgl. § 348 BGB). Unstreitig ist hierbei zwischen den Parteien, dass der Kaufpreis für den erworbenen Pkw nicht durch den Kläger selbst aufgebracht, sondern durch die B-Bank im Wege eines gewährten Darlehens drittfinanziert worden ist. Ob der Kläger deshalb Rückzahlung des Kaufpreises an sich verlangen kann (dazu kritisch Reinking/Eggert, Der Autokauf, 8. Aufl., Rn. 796 ff., s. auch Hinweisbeschluss des Landgerichts vom 23.06.2006) bedarf keiner näheren Befassung. Jedenfalls ist allgemein anerkannt, dass zur Übertragung des Eigentums an einem Fahrzeug neben diesem selbst die Aushändigung von Fahrzeugbrief und Fahrzeugschein rechnet; in der Übergabe des Fahrzeugbriefs liegt sogar eine vertragliche Hauptpflicht (vgl. Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 919 ff. m. w. Nachw.). Nicht strittig ist daneben auch, dass der Kläger nicht im Besitz des Fahrzeugbriefs ist, dieser ist vielmehr der kreditfinanzierenden Bank zu Sicherungszwecken überlassen worden; bei dem Kläger ist jedoch das Bewusstsein vorhanden – wie der Senat selbst in der mündlichen Verhandlung hat feststellen können –, dass zur Verschaffung des Eigentums die Übergabe des Fahrzeugbriefs rechnet.

Da Klageanträge grundsätzlich der Auslegung fähig sind (vgl. Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., Einl. II Rn. 16a; § 253 Rn. 11), sieht sich der Senat nicht nur nicht gehindert, sondern – unter den vorbezeichneten Umständen – vielmehr gehalten, den Klageantrag zu 1 dahin gehend auszulegen, dass zur Rückzahlung des Kaufpreises an ihn zugleich mit der Zug-um-Zug-Verurteilung zur Verschaffung des Eigentums auch die Übergabe des Fahrzeugbriefes rechnet. Darin liegt einerseits kein (kostenmäßig ohnehin neutrales) unzulässiges „Mehr“, sondern ein „Weniger“ (§ 308 ZPO) gegenüber dem gestellten Antrag (vgl. auch Reichold, in: Thomas/Putzo, a. a. O., § 308 Rn. 3), andererseits kann der Kläger von Rechts wegen nur auf diesem Wege seine Rückübertragungsverpflichtung wirksam erfüllen. In welcher Weise er sich dabei selbst Besitz von dem Fahrzeugbrief verschafft, ist kein Gegenstand der vorliegenden Entscheidung (sondern ihm selber überlassen).

5. Auf das ausgeübte Rücktrittsrecht finden die §§ 346 ff. BGB Anwendung (vgl. Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 323 Rn. 33). Dementsprechend hat der Kläger nach § 346 II Nr. 2 BGB auf die von ihm mit dem Fahrzeug – während des Besitzes – gezogenen Nutzungen Wertersatz zu leisten bzw. sich solchen auf den rückzuzahlenden Kaufpreis anrechnen zu lassen. Die Höhe kann nach § 287 ZPO geschätzt werden. Sie kann für die Nutzung beweglicher Sachen im Wege der zeitanteiligen linearen Wertminderung ermittelt werden, wobei bei Kfz grundsätzlich auf eine Berechnung der gefahrenen Kilometer abzustellen ist (vgl. dazu sowie zu den gebräuchlichen Berechnungsmethoden Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 346 Rn. 10 m. w. Nachw.).

Der Kläger geht bei seiner Berechnung der Nutzungsentschädigung, der grundsätzlich eine zulässige Methodik zugrunde liegt, von einer voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer des Fahrzeugs aus, die er mit 250.000 km angesetzt hat. Eine solche Laufleistung erscheint dem Senat angesichts des Alters des Fahrzeugs und der Tatsache, dass es über einen längeren Zeitraum stillgelegt worden war, übersetzt. Bei einer Schätzung nach § 287 ZPO geht der Senat lediglich von einer Leistung von 200.000 km aus. Auch übersieht der Kläger, dass er von der Gesamtlaufleistung nicht den vom Tachometer abgelesenen (falschen) Kilometerstand (77.602 km) in Abzug zu bringen hat, sondern die tatsächliche Motorlaufleistung von 84.110 km. Wird die Berechnung mit dem entsprechend korrigierten Zahlenwerk vorgenommen, so hat sich der Kläger (für die von ihm – unstreitig – gefahrenen 31.500 km) eine Nutzungsentschädigung von 4.107,60 € anrechnen zu lassen. Ausgehend vom Kaufpreis von 14.995 € ergibt sich mithin ein Rückzahlungsanspruch von 10.887,40 €.

6. Der Antrag des Klägers festzustellen, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befindet, ist unbegründet. Der Annahmeverzug des Gläubigers (§ 293 BGB) setzt voraus, dass der Schuldner zur Leistung bereit und imstande ist (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 293 Rn. 8, § 297 Rn. 1). Der Kläger war zur Zeit des Angebots zur Rücknahme des Fahrzeugs – nach seiner Darstellung mit Schriftsatz vom 15.09.2004 – jedoch außerstande, die geschuldete Leistung zu bewirken. Denn zur Rückgabe des Fahrzeugs und zur Verschaffung des Eigentums daran war der Kläger nicht in der Lage. Denn das Fahrzeug war an die kreditgebende B-Bank sicherungsübereignet, diese befand sich im Besitz des Fahrzeugbriefs. Wirksam in Annahmeverzug konnte er die Beklagte somit nicht setzen. Auf diesen Umstand hat die Beklagte wiederholt aufmerksam gemacht und darauf ihren Einwand fehlender Aktivlegitimation gestützt. …

PDF erstellen