1. Eine Arglisthaftung des Verkäufers wegen einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels setzt voraus, dass Verkäufer den Mangel kannte oder zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, dass Käufer den Mangel nicht kannte kannte und bei Offenbarung des Mangels den Kaufvertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Das Tatbestandsmerkmal der Arglist erfasst damit nicht nur ein von betrügerischer Absicht getragenes Verhalten des Verkäufers, sondern auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines „Fürmöglichhaltens“ und „Inkaufnehmens“ reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss.
  2. Einen Gebrauchtwagenhändler trifft keine generelle, anlassunabhängige Obliegenheit, ein Fahrzeug vor dem Verkauf umfassend zu untersuchen. Zu einer Überprüfung des Fahrzeugs kann er vielmehr nur aufgrund besonderer Umstände, die für ihn einen konkreten Verdacht auf Mängel begründen, gehalten sein, etwa dann, wenn er die Vorschädigung eines zu veräußernden Fahrzeugs kennt. Abgesehen von diesen Fällen ist der Händler grundsätzlich nur zu einer fachmännischen äußeren Besichtigung („Sichtprüfung“) verpflichtet (im Anschluss an BGH, Urt. v. 15.04.2015 – VIII ZR 80/14, juris Rn. 14 m. w. Nachw.; st. Rspr.).
  3. Es ist völlig lebensfremd anzunehmen, dass ein gewerblicher Gebrauchtwagenhändler den Kilometerstand eines Fahrzeugs so manipuliert, dass er eine um 500 km geringere Laufleistung als die tatsächliche Laufleistung anzeigt. Denn eine derart geringfügige Abweichung wirkt sich nicht auf den Verkaufspreis aus.

LG Itzehoe, Urteil vom 17.04.2024 – 10 O 68/22

Sachverhalt: Der Kläger kaufte von der Beklagten am 16.04.2019 einen gebrauchten Pkw SEAT Leon zum Preis von 24.070 € Euro.

Im schriftlichen Kaufvertrag ist die Laufleistung dieses Fahrzeugs mit 12.850 km angegeben. Unter der Überschrift „Unfallschäden“ heißt es im Kaufvertrag: „Stoßfänger hinten erneuert, 1.200,–“. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, die Bestandteil des Kaufvertrags wurden, sehen unter „VI. Haftung für Sachmängel“ unter anderem Folgendes vor:

„1. Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln verjähren in einem Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstandes an den Kunden.

2. Die in Ziffer 1 geregelte, auf 1 Jahr verkürzte Verjährungsfrist gilt nicht für Schadensersatzansprüche aus Sachmangelhaftung, die auf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verletzung von Pflichten des Verkäufers oder seines Erfüllungsgehilfen beruhen, sowie bei der Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit.

[…]

4. Unabhängig von einem Verschulden des Verkäufers bleibt eine etwaige Haftung des Verkäufers bei arglistigem Verschweigen eines Mangels, aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos und nach dem Produkthaftungsgesetz unberührt.“

Das streitgegenständliche Fahrzeug, das die Beklagte ihrerseits von V erworben hatte, wurde dem Kläger am 03.05.2019 übergeben.

Nachdem der Kläger gegenüber der Beklagten Schäden an dem Pkw reklamiert hatte, bot die Beklagte ihm schließlich an, das Fahrzeug für 16.500 € zurückzukaufen. Dies lehnte der Kläger ab.

Mit Schreiben vom 11.02.2022 erklärte der – anwaltlich vertretene – Kläger gegenüber der Beklagten die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung und forderte die Beklagte (erfolglos) zur Rückabwicklung des Vertrags auf.

Der Kläger behauptet, er habe nach der Übergabe des festgestellt, dass das Fahrzeug unrund läuft und laute Abrollgeräusche auftreten. Dies habe er gegenüber der Beklagten beanstandet. Die Beklagte habe geäußert, dass die Symptome vermutlich auf die montierten Sommerräder zurückzuführen seien. Die Symptome seien jedoch auch bei montierten Winterrädern aufgetreten. Darauf habe er – der Kläger – die Beklagte auch hingewiesen.

Als er den Pkw habe weiterverkaufen wollen, sei bei einer flüchtigen Untersuchung des Fahrzeugs in weniger als einer Minute festgestellt worden, dass der SEAT Leon am Heck drei verschiedene Lackschichtendicken aufweist. Dies deute auf einen massiven Unfallschaden hin. Seine Nachforschungen hätten ergeben, dass das Fahrzeug nicht lediglich einen leichten Schaden erlitten habe und durch einen Austausch des hinteren Stoßfängers mit einem Kostenaufwand von 1.200 € instand gesetzt worden sei. Vielmehr habe der SEAT Leon im November 2018 einen massiven Heckschaden erlitten und sei am 12.11.2018 mit einem Kostenaufwand von mindestens 12.000 € repariert worden. Diese Fahrzeughistorie sei der Beklagten bekannt gewesen.

Zudem sei die Laufleistung des Pkw im Kaufvertrag vom 16.04.2019 falsch angegeben worden. In einem Gutachten vom 12.11.2018 sei ein Kilometerstand von 12.889 vermerkt, sodass die Laufleistung am 16.04.2019 denklogisch nicht nur 12.850 km habe betragen können.

Der Kläger meint, die Beklagte habe ihm den (behaupteten) Unfallschaden arglistig verschwiegen. Es sei davon auszugehen, dass die Beklagte als gewerbliche Händlerin, die im Internet mit besonderer Sachkunde und Kompetenz werbe, ein Fahrzeug beim Ankauf auf Unfallschäden untersuche. Bei dieser Untersuchung, die auch hier erfolgt sei, habe die Beklagte den (behaupteten) Unfallschaden ohne festgestellt.

Der Kläger hat zuletzt beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 23.010,70 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgewähr des streitgegenständlichen Fahrzeugs, zu verurteilen und den Annahmeverzug der der Beklagten festzustellen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und die Einrede der Verjährung erhoben. Sie hat geltend gemacht, dass sie in dem streitgegenständlichen Kaufvertrag alles angegeben habe, was ihr bekannt gewesen sei. Anhaltspunkte für (weitere) Unfallschäden des Fahrzeugs habe sie trotz einer äußeren Sichtprüfung nicht gehabt. Dagegen, dass der von dem Kläger behauptete Unfallschaden bereits bei Vertragsschluss vorhanden gewesen sei, spreche insbesondere, dass der Kläger in den knapp drei Jahren zwischen Mai 2019 und März 2022 keine Schäden bemerkt habe. Im Übrigen habe die vom Kläger behauptete Reparatur keineswegs einen Kostenaufwand von (mindestens) 12.000 € erfordert, sondern lediglich einen Kostenaufwand von 3.500 €.

Beim Verkauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs an den Kläger habe der Kilometerzähler 12.850 km angezeigt. Sie – die Beklagte – wisse nicht, wieso in einem nicht von ihr am 12.11.2018 erstellten Gutachten ein Kilometerstand von 12.899 angegeben sei. Insoweit dürfte es sich um einen Irrtum gehandelt haben. Unabhängig davon, dass nichts für die von dem Kläger behauptete Manipulation des Kilometerzählers spreche, sei es lebensfremd anzunehmen, dass sie – die Beklagte – den Kilometerzähler um 500 km „zurückgedreht“ habe. Eine derartige Manipulation hätte keine Auswirkungen auf den Verkaufsaufpreis des Pkw gehabt.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

I. Die Klage ist zulässig.

1. Das LG Itzehoe ist örtlich und sachlich zuständig gemäß §§ 12, 17 I ZPO, §§ 71 I, 23 Nr. 1 GVG.

2. Das für den Antrag zu 2 erforderliche Feststellungsinteresse i. S. des § 256 I ZPO folgt aus §§ 756 I, 765 Nr. 1 ZPO.

3. Die objektive Klagehäufung ist zulässig (§ 260 ZPO).

4. In der Umstellung des Klageantrags liegt keine Klageänderung; es handelte sich um die Korrektur eines Rechenfehlers i. S. des § 264 Nr. 1 ZPO.

II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags – weder aus Rücktritt (dazu unter 1) noch aufgrund einer Anfechtung (dazu unter 2).

1. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gemäß § 433 I 2 BGB, § 434 BGB a.F., § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 323 I, 326 V BGB.

a) Etwaige Gewährleistungsansprüche sind verjährt.

Bei Vertragsschluss haben die Parteien die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten in den Vertrag einbezogen. Danach sind etwaige Ansprüche ein Jahr nach Übergabe der Kaufsache, mithin am 04.05.2020 verjährt. Die Klausel hält aufgrund der Regelungen in Ziffer IV 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch den Anforderungen des § 309 Nr. 7 lit. a und lit. b BGB stand, sodass sie wirksam ist (vgl. BGH, Ur­t. v. 29.05.2013 – VI­II ZR 174/12, NJW 2013, 2584 Rn. 13 ff.).

Der Kläger hat trotz Hinweises des Gerichts nicht dargelegt, dass Verhandlungen vor diesem Zeitpunkt geführt wurden. Die dargelegten Verhandlungen haben erst am 11.02.2022 begonnen (vgl. Anlage K3) begonnen. Zu diesem Zeitpunkt wären die Ansprüche auch nach der allgemeinen Gewährleistung gemäß § 438 I Nr. 3, II BGB am 04.05.2021 verjährt gewesen. Dass er schon davor mit der Beklagten in Verhandlung war, hat der Kläger trotz Hinweises in der mündlichen Verhandlung auf die Verjährung nicht dargelegt.

b) Eine regelmäßige Verjährung von drei Jahren gemäß § 438 III BGB i. V. mit §§ 195, 199 I BGB kommt hier nicht zur Anwendung.

Nach § 438 III BGB verjähren die Ansprüche abweichend von § 438 I Nr. 2 und Nr. 3 und II BGB in der regelmäßigen Verjährungsfrist,wenn der Verkäufer den Mangel arglistig i. S. des § 123 I Fall 1 BGB verschwiegen hat.

Darüber, ob der behauptete Schaden bei Kaufvertragsschluss vorgelegen hat, musste kein Beweis erhoben werden. Darauf kommt es im Ergebnis nicht an; denn selbst wenn der Schaden vorgelegen hätte, ist nicht zu erkennen, dass die Beklagte den Kläger arglistig getäuscht hat.

Ein arglistiges Verhalten der Beklagten konnte der Kläger nicht zur Überzeugung des Gerichts beweisen.

Gemäß § 286 I 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. Diese Überzeugung von der Wahrheit erfordert keine absolute oder unumstößliche Gewissheit, da eine solche nicht zu erreichen ist (BGH, Urt. v. 17.02.1970 – III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 255 f. = NJW 1970, 946, 948 – „Anastasia”). Das Gericht darf also nicht darauf abstellen, ob jeder Zweifel und jede Möglichkeit des Gegenteils ausgeschlossen ist. Es genügt vielmehr ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urt. v. 14.12.1993 – VI ZR 221/92, NJW-RR 1994, 567, 568, mit Verweis auf BGH, Urt. v. 17.02.1970 – III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 256 = NJW 1970, 946, 948 – „Anastasia”; BGH, Urt. v. 18.04.1977 – VIII ZR 286/75, VersR 1977, 721 = juris Rn. 6). Kann sich das Gericht nach ordnungsgemäßer Würdigung sämtlicher Ergebnisse der Beweisaufnahme und der mündlichen Verhandlung von der zu beweisenden Tatsache nicht in dem erforderlichen Maß überzeugen (non liquet), hat es bei seiner Entscheidung vom Nichtvorliegen der betroffenen Tatsache zu Ungunsten der beweisbelasteten Partei auszugehen (HK-ZPO/Saenger, 10. Aufl. [2023], § 286 Rn. 34).

Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen von Arglist ist der Vertragsschluss.

Eine Arglisthaftung wegen der Täuschung durch Verschweigen offenbarungspflichtiger Mängel setzt voraus, dass dem Verkäufer Fehler bekannt waren oder er sie zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, dass dem Käufer diese Fehler nicht bekannt waren oder er bei deren Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Das Tatbestandsmerkmal der Arglist erfasst damit nicht nur ein Verhalten des Veräußerers, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines „Fürmöglichhaltens“ und „Inkaufnehmens“ reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.1991 – V ZR 215/90, NJW-RR 1992, 333, 334; Urt. v. 14.06.1996 – V ZR 105/95 NJW-RR 1996, 1332; Urt. v. 12.04.2002 – V ZR 302/00, juris Rn. 9; OLG Koblenz, Beschl. v. 09.11.2006 – 10 U 952/06, BeckRS 2010, 7892; Beschl. v. 19.01.2009 – 2 U 422/08, BeckRS 2009, 87833; Beschl. v. 20.02.2009 – 2 U 848/08, BeckRS 2009, 87836; Beschl. v. 04.10.2012 – 2 U 1020/11, juris Rn. 21). Eine Aufklärungspflicht der Beklagten kommt danach nur in Betracht, soweit die Beklagte Kenntnis von einem – nicht reparierten – Unfallschaden hatte oder einen solchen für möglich hielt.

aa) Es ist schon keine Täuschung darüber erfolgt, dass das Auto unfallfrei sei. Die Beklagte hat im Kaufvertrag angegeben, dass ein reparierter Unfallschaden „lt. Vorbesitzer“ vorliegt und der Stoßfänger erneuert worden ist. Der Kläger hätte sich aufgrund dieser Angaben selbst über den Umfang des Schadens kundig machen können. Er hat offenbar noch nicht einmal die Beklagte dazu weiter befragt. Es ist daher mehr als zweifelhaft, ob überhaupt eine Aufklärungspflicht über den Umfang des Schadens bestand.

bb) Darauf kommt es im Ergebnis aber nicht an. Anders als der Kläger meint, liegt auch keine arglistige Täuschung durch die Beklagte hinsichtlich des Umfangs des Schadens vor.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH trifft den Gebrauchtwagenhändler keine generelle, anlassunabhängige Obliegenheit, das Fahrzeug vor dem Verkauf umfassend zu untersuchen (BGH, Urt. v. 15.04.2015 – VIII ZR 80/14, juris Rn. 14; Urt. v. 19.06.2013 – VIII ZR 183/12, NJW 2014, 211 Rn. 24; Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 15; Urt. v. 03.11.1982 – VIII ZR 282/81, NJW 1983, 217 unter II 2 b; Urt. v. 21.01.1981 – VIII ZR 10/80, WM 1981, 323 unter II 3 b aa; Urt. v. 11.06.1979 – VIII ZR 224/78, BGHZ 74, 383, 388 f.; Urt. v. 16.03.1977 – VIII ZR 283/75, NJW 1977, 1055 unter III 1 a m. w. Nachw.). Vielmehr kann er zu einer Überprüfung des Fahrzeugs nur aufgrund besonderer Umstände, die für ihn einen konkreten Verdacht auf Mängel begründen, gehalten sein (BGH, Urt. v. 15.04.2015 – VIII ZR 80/14, juris Rn. 14; Urt. v. 21.01.1981 – VIII ZR 10/80, WM 1981, 323 unter II 3 b aa; Urt. v. 21.01.1975 – VIII ZR 101/73, BGHZ 63, 382, 386 f.; Urt. v. 11.06.1979 – VIII ZR 224/78, BGHZ 74, 383, 388 f.), etwa dann, wenn er die Vorschädigung eines zu veräußernden Fahrzeugs kennt (BGH, Urt. v. 15.04.2015 – VIII ZR 80/14, juris Rn. 14; Urt. v. 14.04.2010 – VIII ZR 145/09, NJW 2010, 2426 Rn. 29 m. w. Nachw.). Abgesehen von diesen Fällen ist der Händler grundsätzlich nur zu einer fachmännischen äußeren Besichtigung („Sichtprüfung“) verpflichtet (BGH, Urt. v. 15.04.2015 – VIII ZR 80/14, juris Rn. 14; Urt. v. 15.04.2015 – VIII ZR 80/14, juris Rn. 14; Urt. v. 19.06.2013 – VIII ZR 183/12, NJW 2014, 211 Rn. 24 m. w. Nachw.).

Dass bei einer Sichtprüfung der Schaden erkennbar gewesen wäre, hat der Kläger trotz Hinweises des Gerichts nicht vorgetragen.

Die Behauptung, die Beklagte habe die Fahrzeughistorie eingeholt, erfolgte „ins Blaue hinein“. Anhaltspunkte dafür sind nicht ersichtlich. Die Behauptung, dass davon auszugehen sei, weil es sich bei der Beklagten um einen Fachbetrieb handele, die mit ihrer Kompetenz im Internet werbe, ist für sich genommen zur Beurteilung des Einzelfalls nicht ausreichend und entbindet den Kläger auch nicht von substanziiertem Vortrag.

Die Tatsache, dass der Zeuge V ausgesagt hat, er habe das streitgegenständliche Fahrzeug zunächst in unrepariertem Zustand bei der Beklagten vorgestellt, um es in Zahlung zu geben, führt in dem hier zu entscheidenden Sachverhalt nicht dazu, der Beklagten eine über eine Sichtprüfung hinausgehende Untersuchungsobliegenheit aufzuerlegen. Der Zeuge hat nämlich auch ausgesagt, dass er auf die Mitteilung der Beklagten, er solle das Fahrzeug zunächst reparieren lassen, bevor es in Zahlung gebe, dieses bei F habe reparieren lassen. Ferner hat er ausgesagt, dass er keine Aussage dazu treffen könne, in welchem Umfang das Fahrzeug repariert worden sei, weil es über die Versicherung abgerechnet worden sei und ihn deshalb nicht weiter interessiert habe. Es gibt keine Veranlassung, dem Zeugen hinsichtlich des Reparaturgeschehens bei F nicht zu glauben. Er hat das Fahrzeug als Versicherungsfall tatsächlich reparieren lassen und nicht lediglich fiktiv gegenüber der Versicherung abgerechnet und das Fahrzeug in Eigenregie günstiger repariert. Bei F handelt es sich auch um einen Fachhändler.

Die Beklagte durfte mithin von einer sach- und fachgerechten Reparatur des Versicherungsschadens ausgehen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, warum dies nicht erfolgt sein soll. Hinsichtlich des Schadens hat der Zeuge ausgesagt, dass bei dem Unfall die Stoßstange offenbar eingedrückt worden und dann wieder in ihre Ursprungsform zurückgegangen sei. So sei das Nummernschild verbeult und der Lack geplatzt gewesen, jedoch nicht massiv abgeplatzt, sondern eher gestaucht und gerissen, wie es beim Aufschieben eben passiere. Der Austausch des Stoßfängers erscheint damit auch denklogisch als geeigneter Reparaturschritt. Bei einem Versicherungsfall darf auch davon ausgegangen werden, dass alles repariert wird, was erforderlich ist.

Auch die Tatsache, dass der Zeuge V der Beklagten mitgeteilt hat, dass das Fahrzeug zuvor schon einen Auffahrunfall erlitten habe, bei dem eine alte Frau ganz leicht auf sein Fahrzeug „angeruckt“ sei, was zu und Kratzern unter dem Nummernschild geführt habe, ändert diese Bewertung nicht. Der Zeuge V hat auch diesen Schaden bei F reparieren lassen. Bei F sei ihm auch gesagt worden, dass eine Wertminderung aufgrund des geringen Schadens nicht erfolgt sei. Von dem Schaden und der Reparatur bei F habe er der Beklagten auch erzählt. Auch bei diesem Schaden sei die Zahlung durch die Versicherung beziehungsweise die Unfallgegnerin erfolgt, weswegen er sich über den Reparaturweg keine Gedanken gemacht habe.

Der Zeuge M war nicht mehr zu hören. Zwar könnten die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 11.3.2024 vorgetragenen zeitlichen Zusammenhänge vermuten lassen, dass die Erinnerung des Zeugen aufgrund der verstrichenen Zeit nicht mehr ganz akkurat war. Unabhängig davon, dass der Zeuge in sich schlüssig und widerspruchsfrei unter unumwundener Mitteilung von Erinnerungslücken ausgesagt hat und auch keine Gründe ersichtlich sind, warum er wahrheitswidrig aussagen sollte, kommt es darauf nicht an. Selbst wenn man die Aussagen des Zeugen als wahr unterstellt, ist ein Arglistvorwurf gegen die Beklagte aus den soeben dargelegten Gründen nicht gegeben.

cc) Der hier zu entscheidende Fall unterscheidet sich auch von dem von der Klägerseite angeführten Sachverhalt, über den der BGH mit Urteil vom 15.04.2015 entschieden hat (BGH, Urt. v. 15.04.2015 – VIII ZR 80/14, juris). Dort war das Fahrzeug nicht zuvor von einem anderen (Fach-)Betrieb repariert worden.

dd) Dass das Fahrzeug von der Beklagten im Rahmen der Preisschätzung untersucht worden ist, konnte der Zeuge nicht bestätigen, da er bei diesem Vorgang nicht dabei war. Seine Aussage war insoweit unergiebig.

ee) Soweit der Kläger auf den abweichenden Kilometerstandsanzeiger zum Vorgutachten hinweist, trägt er schon nicht vor, die Beklagte habe den Tachostand verändert. Selbst wenn man in seinen Vortrag diese Behauptung hineinlesen wollte, ist das Gericht davon nicht überzeugt. Nach unbestrittenem Vortrag hätte eine Abweichung von 500 km nicht zu einem veränderten Kaufpreis geführt. Einen Grund hätte es für die Beklagte mithin nicht gegeben. Die Unterstellung eines solchen Vorgehens erscheint völlig lebensfremd. Für deutlich wahrscheinlicher erachtet das Gericht ein Schreibversehen. Beweis hat der Kläger nicht angeboten.

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rückabwicklung nach den §§ 812 ff. BGB i. V. mit § 123 I Fall 1 BGB. Eine arglistige Täuschung liegt nicht vor. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

III. Mangels Hauptforderung sind auch die Nebenforderungen unbegründet. …

 

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